Index
L4 Innere VerwaltungNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung einer Bestimmung in einer ProstitutionsV wegen Nichtzuständigkeit des VfGH; keine Änderung des Verordnungsinhaltes nach einer allfälligen Aufhebung der im Antrag umschriebenen WortfolgeSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Die Antragstellerin begehrt mit dem vorliegenden, auf Art139 (Abs1 letzter Satz) B-VG gegründeten Antrag,
"die Verordnung der Marktgemeinde Stegersbach vom 4.9.1992 im §1 bezüglich der Worte 'im gesamten Gemeindegebiet der Marktgemeinde Stegersbach' als gesetzwidrig aufzuheben."
Die Antragstellerin hegt primär das Bedenken, daß §6 Abs1 des Burgenländischen Landes-Polizeistrafgesetzes, LGBl. 35/1986, die Gemeinden nicht dazu ermächtige, eine für ein ganzes Gemeindegebiet geltende Prostitutionsverordnung zu erlassen.
2. Die erwähnte Verordnung hat folgenden Wortlaut (der zur Aufhebung beantragte Passus ist hervorgehoben):
"Verordnung
des Gemeinderates der Marktgemeinde Stegersbach vom 4.9.1992 über ein Verbot der Anbahnung und Ausübung der Prostitution und über ein Verbot der Kennzeichnung von Gebäuden, in denen die Prostitution angebahnt oder ausgeübt wird.
Auf Grund des §6 Abs1 des Burgenländischen Landes-Polizeistrafgesetzes, Bgld. Pol.StG., LGBl. 35/1986 wird verordnet:
§1
Die Anbahnung, die Ausübung der Prostitution und die Kennzeichnung von Gebäuden, in denen die Prostitution angebahnt oder ausgeübt wird, ist im gesamten Gemeindegebiet der Marktgemeinde Stegersbach verboten.
§2
Wer die Prostitution entgegen des §1 anbahnt oder ausübt, begeht eine Verwaltungsübertretung und wird nach §13 des Burgenländischen Polizeistrafgesetzes bestraft.
§3
Diese Verordnung tritt mit Ablauf der Kundmachungsfrist in Kraft."
Die Verordnung wurde durch Anschlag an der Gemeindeamtstafel vom 7. bis 22. September 1992 kundgemacht.
3. Der Gemeinderat der Marktgemeinde Stegersbach erstattete eine Äußerung, in der er der Sache nach die Gesetzmäßigkeit der Verordnung verteidigt.
Die gleichfalls zur Stellungnahme eingeladene Burgenländische Landesregierung sah davon ab, eine Äußerung abzugeben.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Umfang einer zu prüfenden Verordnungsbestimmung ist im Antrag jedenfalls derart abzugrenzen, daß für den Fall, daß die aufgezeigten Bedenken gegeben sind und die Bestimmung aufgehoben würde, die dargestellten Bedenken nicht mehr zuträfen.
Im vorliegenden Antrag hat die Einschreiterin zwar unter der Überschrift "Prüfungsgegenstand" ausgeführt:
"Ich bekämpfe gem. Artikel 139 B-VG die Verordnung der Marktgemeinde Stegersbach vom 4.9.1992 und zwar zur Gänze wegen Gesetzeswidrigkeit."
Nach Darstellung der Bedenken, die sich darauf beziehen, daß es gesetzwidrig sei, für das ganze Gemeindegebiet die Prostitution zu verbieten, wird aber abschließend ausdrücklich der Antrag gestellt, die in Rede stehende Verordnung
"im §1 bezüglich der Worte 'im gesamten Gemeindegebiet der Marktgemeinde Stegersbach' als gesetzwidrig aufzuheben".
Auf den Inhalt dieses - klar und eindeutig formulierten - Antrages kommt es an, nicht jedoch auf vorangehende Ausführungen.
Würde nun die erwähnte Wortfolge aufgehoben, so änderte sich am Inhalt der Verordnung gar nichts. Denn §1 der Verordnung würde auch nach einer solchen Aufhebung nichts anderes normieren, als daß die Prostitution verboten ist, und zwar - weil dann kein örtlicher Anwendungsbereich ausdrücklich umschrieben wäre - eben für das ganze Gemeindegebiet.
Der Antrag war daher wegen Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen.
Bei diesem Ergebnis brauchte nicht darauf eingegangen zu werden, ob noch weitere Prozeßhindernisse bestehen.
2. Der Zurückweisungsbeschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, VfGH / Zuständigkeit, Prostitution, VfGH / FormerfordernisseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1996:V356.1994Dokumentnummer
JFT_10039686_94V00356_00