TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/26 W147 1306574-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.05.2020
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Entscheidungsdatum

26.05.2020

Norm

AsylG 2005 §6 Abs1 Z3
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W147 1306574-2/40E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Kanhäuser als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. am XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch Mag. Thomas KLEIN, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Sackstraße 21/II, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 2. November 2017, Zl. 61986705-170732475/BMI-BFA_STM, nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen am 20. März 2018 und am 17. September 2019 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1, 2 und 5 Verwaltungs-gerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 164/2013, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, reiste im Januar 2006 unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 17. Januar 2006 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der niederschriftlichen Erstbefragung am 18. Januar 2006 gab der Beschwerdeführer befragt zu seinen Fluchtgründen an, dass er im Heimatland vom Geheimdienst verfolgt werde. In Einem brachte der Beschwerdeführer einen russischen Inlandsreisepass und einen russischen Führerschein in Vorlage.

2. Am 6. Februar 2006 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt im Beisein einer Dolmetscherin für die russische Sprache niederschriftlich einvernommen und gab eingangs an, verheiratet zu sein und zwei Kinder zu haben. Zu seinen Fluchtgründen führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass sein Onkel väterlicherseits zur Zeit des Präsidenten Maskhadov Innenminister gewesen sei. Aufgrund der Verwandtschaft sei der Beschwerdeführer im Jahr 2003 verschleppt und geschlagen worden. Im gleichen Jahr seien dann noch seine Ehefrau und der Vater des Beschwerdeführers bedroht worden.

3. In einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme am 20. September 2006 wurde der Beschwerdeführer erneut vor dem Bundesasylamt einvernommen und führte zu seinen Fluchtgründen weitestgehend aus, dass er gedrängt worden sei, für die Kadyrow-Regierung zu arbeiten. Im Herbst 2003 sei der Beschwerdeführer von russischen Soldaten gefangen und misshandelt worden.

4. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 3. Oktober 2006, Zahl: 06 00.871-BAG, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF abgewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Absatz 1 Z 1 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Absatz 1 Z 1 AsylG 2005 wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer sein Heimatland wegen des Bürgerkrieges bzw. wegen der mit diesem Bürgerkrieg im direkten Zusammenhang stehenden Folgen verlassen habe. Andere Gründe habe der Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht und habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer sein Heimatland aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen habe.

5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht mit Schriftsatz vom 18. Oktober 2006 Berufung.

6. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 16. Dezember 2009, Zl. D13 306574-1/2008/5E, wurde der Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes stattgegeben und dem Beschwerdeführer Asyl gewährt.

7. Am 28. April 2014 wurde der Beschwerdeführer aufgrund einer Hausdurchsuchung eines islamischen Glaubensvereins, der XXXX , von der Landespolizeidirektion XXXX einvernommen.

8. Am 2. Dezember 2015 reiste der Beschwerdeführer mit seinem Vater XXXX beim ungarischen Grenzübergang in die Ukraine ein. In Ermangelung eines gültigen Visums wurden beide wieder von ungarischen Grenzpolizisten nach Ungarn zurückgeschickt.

9. Am 2. Februar 2016 wurde der Beschwerdeführer hinsichtlich seiner Reisetätigkeiten von einem Organ der Landespolizeidirektion XXXX einvernommen, wonach dieser am 16. September 2015 in der Bundesrepublik Deutschland in der Nähe von XXXX einer Lenker- und Verkehrskontrolle unterzogen worden sei. Der Beschwerdeführer wurde auch hinsichtlich seiner Reisebewegung in die Ukraine befragt, wobei dieser im Wesentlichen ausführte, dass er in der Ukraine ein Geschäft eröffnen habe wollen, da er bereits ein Geschäft in der Ukraine geführt habe. In letzter Zeit habe der Beschwerdeführer jedoch kein ukrainisches Visum mehr erhalten, weshalb er sich einen russischen Auslandsreisepass gekauft habe. Mit diesem habe der Beschwerdeführer ohne Visum in die Ukraine einreisen können. Zu dem Reisepass befragt gab der Beschwerdeführer an, dass er diesen für ? 1.600,00 gekauft habe. Der Pass sei in seiner Heimat ausgestellt worden. Wie der Beschwerdeführer jedoch an diesen Pass gekommen sei, wolle er nicht angeben.

10. Am 20. April 2017 wurde der Beschwerdeführer neuerlich von einem Organ der Landespolizeidirektion XXXX einvernommen und wurde ihm vorgehalten, dass im Zuge einer Anhaltung am 16. Oktober 2016 bei der Grenze XXXX in seinem Fahrzeug vier russische Reisepässe, nämlich des Beschwerdeführers, seiner Ehegattin und seiner Eltern, gefunden worden seien. Anhand der in den Reisepässen sowie den Konventionspässen vermerkten Stempel habe man die Reiseroute nachvollziehen können. Auch habe der Beschwerdeführer bei der Befragung durch die Beamten am 16. Oktober 2016 angegeben, dass er sich vier Wochen in Tschetschenien aufgehalten habe. Der Beschwerdeführer leugnete im Wesentlichen zusammengefasst, in die Russische Föderation gereist zu sein

11. Am 28. April 2017 wurde der Beschwerdeführer nach einer Hausdurchsuchung beim islamischen Glaubensverein " XXXX " durch das LVT als Beschuldigter zum Tatbestand der Gutheißung terroristischer Straftaten (§ 282a StGB) einvernommen.

12. Am 24. Juli 2017 leitete die belangte Behörde das Aberkennungsverfahren gegen den Beschwerdeführer und dessen Ehegattin ein.

13. Im Zuge des nunmehr verfahrensgegenständlichen Aberkennungsverfahrens wurde der Beschwerdeführer am 31. August 2017 von einem Organ des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen und gab zu Beginn der Befragung an, dass er keinerlei gesundheitlichen Probleme habe, an keiner lebensbedrohenden physischen und psychischen Erkrankung leide und brachte der Beschwerdeführer in einem diverse Dokumente in Vorlage.

Nach Darlegung des wesentlichen Verfahrensstandes und dem Vorhalt, dass sich im Zuge der Grenzkontrolle am 16. Oktober 2016 ergeben habe, dass der Beschwerdeführer aufgrund der vorliegenden Ein- und Ausreisestempel am 17. September 2016 über Lettland in die Russische Föderation eingereist sei, rechtfertigte er sich im Wesentlichen, dass dieser Vorhalt nicht stimmen könne. Seine Frau und seine Eltern hätten sich für bestimmt zwei Wochen in "Russland" aufgehalten. Befragt, ob der Vater des Beschwerdeführers bei seiner Russlandreise keinerlei Probleme mit dem Geheimdienst oder den Behörden gehabt habe, gab der Beschwerdeführer an, er glaube nicht, dass sie sich nach so vielen Jahren noch auf der Fahndungsliste befinden würden. Der Beschwerdeführer selbst könne sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal in die Russische Föderation gereist sei. Er schätze aber vor zwölf Jahren das letzte Mal. Zu seinem russischen Reisepass befragt, führte der Beschwerdeführer aus, dass er Fotos und Geld einem Verwandten, dem Sohn des Cousins seines Großvaters, nach Tschetschenien geschickt habe. Sein Verwandter hätte noch nie Probleme mit den Behörden im Heimatland gehabt. Die Probleme würden auch nicht jeden aus der Familie treffen. Der Geheimdienst habe auch nur den Beschwerdeführer und dessen Brüder im Visier gehabt. Sein politisch tätiger Onkel XXXX habe ein Kind, das versteckt worden sei. Dessen Gattin sei glaublich im Jahre XXXX ermordet worden. Der Onkel des Beschwerdeführers sei letztlich auch von den Russen umgebracht worden, weil der Onkel Kommandant in XXXX gewesen sei. Der Onkel sei auf der Seite von Maschadov gestanden und habe gegen Russen gekämpft. Auf die Frage, weshalb dem Beschwerdeführer nunmehr Verfolgung seitens Kadyrov drohen würde, führte der Beschwerdeführer aus, dass Kadyrov Senior den Widerstand verraten habe und auf der Seite der Russen gestanden sei. Der Beschwerdeführer selbst habe außerhalb des Wehrdienstes keine Waffe getragen oder an Kampfhandlungen teilgenommen. Auch könne der Beschwerdeführer nicht mehr angeben, weshalb der Geheimdienst noch Interesse an ihm haben sollte. Zu den Reisebewegungen seiner Ehefrau befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass seine Frau sich als geschieden ausgegeben hätte, weshalb sie auch bei ihrem Aufenthalt im Heimatland keine Probleme gehabt habe. Zu seinem Reisepass führte der Beschwerdeführer aus, dass er schon vor 2015 immer wieder in die Ukraine und die Türkei gereist sei. Mit dem Konventionspass habe er sich immer wieder ein Visum besorgen können. Nachdem die Ukraine vor der Revolution zu einem pro russischen Staat geworden sei, habe der Beschwerdeführer kein Visum mehr bekommen. Deshalb habe der Beschwerdeführer nur mehr mit seinem Reisepass einreisen können. In der Ukraine habe der Beschwerdeführer ein Geschäft eröffnen wollen, nachdem er bereits ein Second-Hand-Geschäft in der Ukraine geführt habe. Beweise dafür könne der Beschwerdeführer aber nicht vorlegen. Die Frage, weshalb die Angehörigen des Beschwerdeführers nicht im gleichen Maße wie der Beschwerdeführer durch die russischen Behörden oder Anhänger Kadyrovs betroffen seien, konnte der Beschwerdeführer nicht beantworten. Auch auf die Frage, weshalb der Beschwerdeführer trotz seiner geltend gemachten Probleme mit den Behörden des Heimatstaates, problemlos einen Reisepass habe ausstellen lassen können, antwortete der Beschwerdeführer lediglich, dass viele Rückkehrer getötet worden seien. Auch hinsichtlich die Einleitung seines Aberkennungsverfahrens durch belangten Behörde gab der der Beschwerdeführer an, dass er im Heimatland von den Anhängern Kadyrovs umgebracht werden würde.

Die belangte Behörde befragte den Beschwerdeführer auch zu seiner Tätigkeit im Verein " XXXX ", wobei dieser im Wesentlichen zusammengefasst ausführte, dass es sich dabei um eine Moschee als tschetschenisches Kulturzentrum handle und Religion einen sehr hohen Stellenwert für den Beschwerdeführer habe. Auf Vorhalt, dass das genannte XXXX für die Lehre des Salafismus stehe, gab der Beschwerdeführer an, dass ein Salafist derjenige sei, der die reine Richtung des Islams praktikziere. Somit sei der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben als Salafist anzusehen.

14. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde dem Beschwerdeführer der mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aberkannt. Gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.).

Unter Spruchpunkt II. wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt.

Unter Spruchpunkt III. wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Z 4 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt III.). Weiters wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt IV.) und wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 9 FPG ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.).

Die belangte Behörde stellte im Wesentlichen zusammengefasst fest, dass der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben als Salafist anzusehen sei, da er als gläubiger Moslem dazu verpflichtet sei nach der Scharia zu leben. Bei dem Beschwerdeführer handle es sich um ein Gründungsmitglied des im Jahr XXXX geschlossenen islamischen Glaubensvereines " XXXX " und der Beschwerdeführer habe als Obmann dieses Vereins fungiert. Bei diesem Verein habe es sich um eine radikal-salafistische Moschee gehandelt. Der ehemalige Imam dieser Moschee sei mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX , XXXX , rechtskräftig ua wegen § 278b Abs. 2 StGB und § 278a StGB zu einer mehrjährigen unbedingten Haftstrafe verurteilt worden. Nach der Schließung des islamischen Glaubensvereines XXXX im Jahr XXXX sei der Nachfolgeverein " XXXX " eröffnet worden. Dabei handle es sich um einen radikal-salafistischen Moscheeverein und sei der Beschwerdeführer wiederrum als Obmann tätig. Der Bruder des Beschwerdeführers sei in diesem Verein als Funktionär beschäftigt und sein Sohn betreibe in den Räumlichkeiten des Vereins ein Bekleidungsgeschäft.

Zu den Gründen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten und die Erlassung eines Einreiseverbotes führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass der Beschwerdeführer als Obmann des Vereines nicht nur Radikalisierung ermöglicht und begünstigt habe, sondern entsprächen die Ansichten des Beschwerdeführers seiner Logik der Legitimität eines defensiven Jihads. Auch sei gegen den Beschwerdeführer ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachtes nach § 292a StGB eingeleitet worden. Des Weiteren sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer einen Reisepass der Russischen Föderation freiwillig und aus eigenen Stücken beantragt habe und auch selbst in der Russischen Föderation abgeholt habe. Dadurch habe sich der Beschwerdeführer unter den Schutz seines Heimatlandes gestellt. Es sei daher davon auszugehen, dass die Gründe, die zur Anerkennung des Beschwerdeführers als Flüchtling geführt haben, nicht mehr vorliegen.

Rechtlich folgerte die belangte Behörde weiters, dass im Falle des Beschwerdeführers ein Ausschlussgrund nach § 6 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 vorliege. Es stehe fest, dass der Beschwerdeführer Gründungsmitglied des radikal-salafistischen Moscheevereins, der XXXX , und bis dessen Schließung Obmann des Vereins gewesen sei. Des Weiteren handle es sich bei dem Beschwerdeführer um den Obmann des ebenso radikal-salafistischen Nachfolgevereins " XXXX ". Es stehe außer Zweifel, dass der Beschwerdeführer die Verbreitung staatsfeindlicher und jihadistischer Lehren im Rahmen seiner Funktionstätigkeiten in beiden Vereinen ermöglicht und begünstigt habe und auch fortwährend getan habe.

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 sei der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in sein Herkunftsland eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In Falle des Beschwerdeführers drohe ihm keine der obgenannten Gefahren.

Es seien keine persönlichen Umstände ersichtlich, dass der Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr nicht eine Arbeit aufnehmen und seinen Lebensunterhalt aus Eigenem bestreiten könne oder es ihm nicht zumutbar sei.

Die Gesamtbeurteilung des Verhaltens des Beschwerdeführers, seine Lebensumstände sowie seine familiären und privaten Anknüpfungspunkte hätten daher im Zuge der von der belangten Behörde vorgenommenen Abwägungsentscheidung ergeben, dass die Erlassung eines Einreiseverbotes gerechtfertigt und notwendig sei, die von ihm ausgehende schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Das ausgesprochene unbefristete Einreiseverbot scheine der erkennenden Behörde in diesem Rahmen nicht nur erforderlich und adäquat, sondern - zumal eine Änderung der jihadistisch-salafistischen Überzeugungen nicht absehbar sei - zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.

15. Mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG vom 2. November 2017 wurde dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht der "Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20/5 (Mezzanin), 1090 Wien" als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

16. Gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 2. November 2017, Zl. 61986705-170732475/BMI-BFA_STM, wurde mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2017 fristgerecht verfahrensgegenständliche Beschwerde erhoben und die erstinstanzliche Erledigung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften in vollem Umfang angefochten.

17. Die Beschwerdevorlage der belangten Behörde vom 7. Dezember 2017 langte am 18. Dezember 2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

18. Am 20. März 2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers, ein Vertreter der belangten Behörde sowie eine Dolmetscherin für die russische Sprache teilgenommen haben. Im Zuge der Beschwerdeverhandlung wurde dem Rechtsvertreter zur Frage der rechtlichen Beurteilung des verfahrensgegenständlichen Beschwerdeverfahrens eine Frist zur Stellungnahme von 14 Tagen gewährt.

19. Mit am 4. April 2018 beim Bundesverwaltungsgericht einlangendem Schriftsatz nahm der Beschwerdeführer zur rechtlichen Beurteilung fristgerecht Stellung.

20. Mit weiterem Schreiben vom 9. April 2018 brachte der Beschwerdeführer eine Vollmacht betreffend die an eine dritte Person übertragene Berechtigung zur Lenkung seines Kraftfahrzeuges in Vorlage.

21. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24. Juni 2018, Zahl W147 1306574-2/18E, wurde der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben. Begründend hielt das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen fest, dass aufgrund der strafrechtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers die belangte Behörde durch ihre Feststellung, dass es sich bei dem Beschwerdeführer um ein Mitglied einer terroristischen Vereinigung handle bzw. einer terroristische Vereinigung unterstütze, ihre Kompetenzen überschritten habe. Auch die Schlussfolgerungen des LVT betreffend die Nähe zu einer terroristischen oder extremistischen Gruppe seien mit einer strafrechtlichen Verurteilung nicht gleichzusetzen, sodass die von der belangten Behörde aufgrund der durchgeführten Gefährlichkeitsprognose getroffenen Feststellungen rechtswidrig seien. Das Bundesverwaltungsgericht erklärte die Revision für zulässig.

22. Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die erhobene ordentliche Revision der belangten Behörde.

23. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. April 2019, Zahl Ro 2018/01/0014-3, wurde das angefochtene Erkenntnis vom Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24. Juni 2018, Zahl W147 1306574-2/18E, behoben. Der Verwaltungsgerichtshof begründete seine Entscheidung im Wesentlichen, dass das Vorliegen stichhaltiger Gründe gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 6 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 weder eine - im Gegensatz zum Asylaberkennungstatbestand des § 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 6 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 - rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung des Fremden, noch sonst die Verwirklichung eines gerichtlichen Straftatbestands voraussetze. Die Beurteilung, ob der Fremde eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstelle, erfordere im jeweiligen Einzelfall eine Gefährdungsprognose, wobei das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen ist, ob und in Hinblick auf welche Umstände die Annahme gerechtfertigt sei, dass der Fremde eine Gefahr für die Sicherheit der Republik darstelle.

24. Mit als Beschwerdenachreichung bezeichnetem Schreiben legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht per E-Mail vom 26. Juni 2019 einen Anlassbericht der Landespolizeidirektion XXXX vom 25. März 2019 betreffend den Beschwerdeführer wegen Verdachts auf Terrorismusfinanzierung vor.

25. Eine weitere Beschwerdenachreichung der belangten Behörde langte am 2. August 2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurde ein Anlassbericht II vom 26. Juni 2019 betreffend den Beschwerdeführer und seine Ehefrau wegen des Verdachtes auf Terrorismusfinanzierung und gewerbsmäßigen Betruges samt Beilagen übermittelt.

26. Am 17. September 2019 fand eine weitere eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers, ein Vertreter der belangten Behörde sowie eine Dolmetscherin für die russische Sprache teilgenommen haben. In der Verhandlung wurde festgehalten, dass gegen den Beschwerdeführer ein Strafverfahren wegen des Verdachtes gemäß §§ 146, 147 StGB anhängig sei und weitere Ermittlungen im Zusammenhang mit § 278 StGB stattfinden würden.

27. Mit Schreiben vom 23. Oktober 2019 erstattete die belangte Behörde eine Stellungnahme und führte im Wesentlichen zusammengefasst zur Gefährdung des Beschwerdeführers aus, dass auf Basis der Erkenntnisse und der Risikoanalyse des LVT XXXX sowie darüber hinaus aufgrund der eingehenden niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers durch das Bundesamt im Hinblick auf seine religiösen und ideologischen Überzeugungen auszugehen sei, dass dieser den demokratischen und pluralistischen Rechtsstaat ablehne, dessen Werte nicht anerkenne und sich mit Personen mit radikal islamistischen Hintergründen umgebe. Dem Schreiben schloss die belangte Behörde einen Sozialversicherungsdatenauszug vom 22. Oktober 2019, einen Vereinsregisterauszug vom 15. September 2019 und Ausführungen zur XXXX der XXXX bei.

28. Mit am 3. Januar 2020 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangtem Schreiben reichte die belangte Behörde eine Berichterstattung des LVT vom 30. Dezember 2020 nach, demnach der Beschwerdeführer und dessen Ehefrau (gemeinschaftliche Tatbegehung mit zwei weiteren Staatsangehörigen der Russischen Föderation) im Verdacht stünden, durch Unterlassung der gebotenen Aufklärung (Nichtbeachtung von Änderungen - wie etwa Wohnsitzwechsel, Zusatzeinkommen, Auslandsreisen über 14 Tage - zum Teil in ihre Heimat Tschetschenien etc.) über das zuständige Sozialamt und das zuständige AMS Sozialleistungen in der Höhe von ? 123.712,00 unrechtmäßig erworben zu haben.

29. Mit verfahrensanleitender Anordnung des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. März 2020, Zahl Fr 2020/14/0014-2, wurde dem Bundesverwaltungsgericht aufgetragen, binnen drei Monaten die Entscheidung zu erlassen und eine Ausfertigung, Abschrift oder Kopie derselben sowie eine Kopie des Nachweises über die Zustellung der Entscheidung an die antragstellende Partei dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat zur vorliegenden Beschwerde wie folgt erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, dessen Identität feststeht, ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation sowie muslimischen Glaubens, gehört der tschetschenischen Volksgruppe an und reiste im Januar 2006 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am 17. Januar 2006 einen Antrag auf internationalen Schutz einbrachte. Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat sechs Kinder.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 3. Oktober 2006, Zahl: 06 00.871-BAG, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 16. Dezember 2009, Zl. D13 306574-1/2008/5E, stattgegeben und dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Der Beschwerdeführer war von XXXX bis zum XXXX Obmann des Vereins " XXXX ". Dieser Verein wurde mit XXXX rechtskräftig aufgelöst. Seitdem hat der Beschwerdeführer keine in einem Vereinsregister geführte Vereinsfunktion inne.

Mit 24. Juli 2017 wurde gegen den Beschwerdeführer und dessen Gattin ein Aberkennungsverfahren eingeleitet.

Am 20. April 2017, 28. April 2017 und am 23.Juli 2019 wurde der Beschwerdeführer durch das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) XXXX als Beschuldigter einvernommen.

Der Beschwerdeführer war von 4. Dezember 2018 bis 30. Juni 2019 geringfügig beschäftigt und vom 1. Juli 2019 bis zum 3. September 2019 als Arbeiter bei einer Personaldienstleistungs GmbH angemeldet.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten und befindet sich im österreichischen Bundesgebiet.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und den vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes sowie des Asylgerichtshofes. Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Richter auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und der mündlichen Beschwerdeverhandlungen. Die Feststellungen zur persönlichen und familiären Situation des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Einvernahme vor der belangten Behörde im Zuge des Zuerkennungsverfahrens sowie des Aberkennungsverfahrens und aus den mündlichen Beschwerdeverhandlungen.

Die Feststellungen zu den beruflichen Tätigkeiten beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers und dem Versicherungsdatenauszug, in Zusammenschau mit den im Akt einliegenden schriftlichen Bestätigungen hinsichtlich seiner beruflichen Tätigkeit.

Die Feststellung zur rechtskräftigen freiwilligen Auflösung des XXXX und die Beendigung der Vereinsfunktion des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem vorgelegten Vereinsregisterauszug.

Im österreichischen Strafregister scheint keine Eintragung des Beschwerdeführers auf.

Insoferne die belangte Behörde zum Beweiswert der Einschätzungen des LVT bzw. zur "Stichhaltigkeit" der Gründe auf zwei Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27. Dezember 2017, W198 2166873-1/15E und vom 14. September 2017, W111 2169631-1/3E, verweist, ist grundsätzlich auf die gebotene, auf den Einzelfall bezogene Gefährdungsprognose hinzuweisen. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass in beiden genannten Fällen die Beschwerdeführer Auslandsreisen in Richtung Krisengebiete Irak und Syrien vorgenommen haben und bei erstgenanntem Erkenntnis der Beschwerdeführer per Europäischen Haftbefehl wegen § 272b Abs. 2 StGB gesucht wurde und in Österreich nicht mehr gemeldet war. Den jeweiligen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts lagen daher vollkommen andere Sachverhalte zu Grunde.

Der Basis der Erkenntnisse und der Risikoanalyse des LVT XXXX zum jeweiligen Zeitpunkt der Berichterstattung wird auch nicht jeglicher Beweiswert abgesprochen. Wie der VwGH jedoch betont hat, hat das Bundesverwaltungsgericht - auf Grundlage der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Rechtslage und vor allem bestehenden Sachlage - eine eigenständige Gefährdungsprognose zu treffen.

Der persönliche Eindruck des Beschwerdeführers in der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 17. September 2019 spricht jedoch nicht für den Anschein einer potentiell konkreten Gefährdung der Sicherheit der Republik Österreichs. So gab der Beschwerdeführer auf die Frage des erkennenden Richters, ob er Personen kenne, die die Aktivitäten in Syrien von Österreich aus unterstützt haben an, dass er von Anfang an Gegner des Krieges gewesen sei (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17. September 2019, Seite 6). Zur Gleichberechtigung befragt, antwortete der Beschwerdeführer, dass er die Gleichberechtigung für richtig empfinde und deswegen in Österreich lebe, es gebe normale Gesetze (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17. September 2019, Seite 7). Auf die Frage des Richters, wie der Beschwerdeführer zur Pflichtreligion stehe, führte dieser aus, dass jeder Mensch das Recht habe seine eigene Religion auszusuchen, dies sei eine persönliche Angelegenheit und hätten Personen das früher nicht verstanden und ihre leitende Position ausgenutzt. Zur Gruppierung des Islamischen Staates, gab der Beschwerdeführer weiters an, dass diese sich nicht nur gegen Christen - sondern gegen alle Menschen - richte. Als Moslem betrachte er den IS als Feinde und als Mensch sehe er sie als Terroristen (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17. September 2019, Seite 7). Auf die weitere Frage des Richters, wie der Beschwerdeführer sehe, dass in Österreich das Recht vom Volk ausgehe, antwortete dieser, dass es sich um Demokratie handeln würde und dies so sein solle (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17. September 2019, Seite 9). Aus den Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung kann in Zusammenschau nicht geschlossen werden, dass er sich generell gegen die in Österreich geltenden (westlichen) Grundwerte, die demokratische Grundordnung und die rechtsstaatlichen Normen richtet. Die Annahme einer per se staatsfeindlichen Grundhaltung ist den Ausführungen des Beschwerdeführers nicht zu entnehmen.

Diese Anschauung wird auch dadurch untermauert, dass seit erstmaliger Einvernahme des Beschwerdeführers beim LVT XXXX am 20. April 2017 eine dahingehende Verurteilung unterblieb, daraus folgend auch den Justizbehörden stichhaltige Beweise für eine Verurteilung wegen eines Naheverhältnisses zu terroristischen oder extremistischen Gruppierungen offensichtlich nicht vorliegen.

Diese Schlussfolgerung wird weiters dadurch bestärkt, dass die belangte Behörde zuletzt eine Berichterstattung des LVT vom 30. Dezember 2019 betreffend den Beschwerdeführer und seine Gattin (sowie zwei weitere amtsbekannte Staatsangehörige der Russischen Föderation) vorlegte, demnach der Beschwerdeführer und seine Gattin des unrechtmäßigen Erwerbs von Sozialleistungen beschuldigt werden. Im Gegensatz zu den zwei weiteren angeführten Angehörigen der Russischen Föderation wurden weder der Beschwerdeführer noch dessen Gattin des Verdachtes der Terrorismusfinanzierung beschuldigt. Diese Ermittlungsergebnisse stützen sich "u.a. auf vorgenommene Kontoöffnungen sowie Ergebnisse aus gerichtlich bewilligten Hausdurchsuchungen der StA XXXX vom XXXX ".

In Zusammenschau des persönlichen Eindrucks des Beschwerdeführers in der mündlichen Beschwerdeverhandlung und des gewonnenen Gesamtbildes sowie des nicht weiter gegen ihn fortgeschrittenen Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft oder des LVT stellt der Beschwerdeführer zum Entscheidungszeitpunkt keine Gefahr für die Sicherheit der Republik dar.

Das Bundesverwaltungsgericht übersieht nicht, dass sich der Beschwerdeführer einen Reisepass seines Herkunftsstaates ausstellen ließ und gegen ihn ein strafrechtliches Vorverfahren wegen des Verdachts des schweren Betruges (infolge des vermeintlich ungerechtfertigten Bezugs von Sozialleistungen) stattfindet. Die Frage von Endigungsgründen bzw. die Beurteilung, ob der Beschwerdeführer eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt, hat jedoch im konkreten Fall zu unterbleiben. Vielmehr ist im Zuge der gegenständlichen Gefahrenprognose zu beurteilen gewesen, ob vom Beschwerdeführer eine unmittelbare Gefahr für die demokratischen Einrichtungen der Republik Österreich ausgeht; dies war auf Grund der zur Verfügung stehenden Ermittlungsergebnisse zu verneinen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

3.1.1. Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.

Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFAVG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

3.2. Zu Spruchteil A) Aufhebung:

3.2.1. Rechtsnormen:

Die maßgeblichen § 6 Abs. 3 und 4 AsylG 2005, BGBLl I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, und § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, lauten (wortwörtlich) wie folgt:

"Ausschluss von der Zuerkennung und Aberkennung des Status des Asylberechtigten

Ausschluss von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten

§ 6. (1) Ein Fremder ist von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn

[...]

3. aus stichhaltigen Gründen angenommen werden kann, dass der Fremde eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt, oder

4. er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.

[...]

Aberkennung des Status des Asylberechtigten

§ 7. (1) Der Status des Asylberechtigten ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

1. ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt;

[...]"

3.2.2. Gemäß Artikel 33 Abs. 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (kurz Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), BGBl. Nr. 55/1955, darf kein vertragschließender Staat einen Flüchtling in irgendeiner Form in ein Gebiet ausweisen oder zurückweisen, wo sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre. Der Vorteil dieser Bestimmung kann von einem Flüchtling jedoch nicht in Anspruch genommen werden, der aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit seines Aufenthaltslandes darstellt oder der, wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt, eine Gefahr für die Gemeinschaft des betreffenden Landes bedeutet (Abs. 2).

Die Genfer Flüchtlingskonvention selbst unterscheidet im Rahmen der Durchbrechung des Refoulementsverbotes einerseits zwischen Fremden, die aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit des Aufenthaltslandes darstellen und rechtskräftig Verurteilten andererseits, die zudem eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeuten.

3.2.2 In Umsetzung von Art. 33 GFK können die Mitgliedstaaten der Europäischen Union einem Flüchtling die ihm von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannte Rechtsstellung gemäß Art. 14 Abs. 4 der Status-RL aberkennen, diese beenden oder ihre Verlängerung ablehnen, wenn

a) es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält;

b) er eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedstaats darstellt, weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde.

Gemäß Art. 14 Abs. 5 der Status-RL können in den in Absatz 4 genannten Fällen die Mitgliedstaaten entscheiden, einem Flüchtling eine Rechtsstellung nicht zuzuerkennen, solange noch keine Entscheidung darüber gefasst worden ist.

Gerade Art. 14 der Richtlinie 2004/83/EG wurde wegen Zweifeln an ihrer völkerrechtlichen Vereinbarkeit sehr umstritten betrachtet, führt dies nämlich dazu, dass Art. 33 Abs. 2 GFK und die darin genannten Einschränkungen des Refoulementverbotes den in Art. 1 F GFK enthaltenen Ausschlussgründen als weitere Ausschlussgründe hinzugefügt werden. Die GFK jedoch trennt diese beiden Themenkreise strikt. Die abschließende Aufzählung der Ausschlussgründe in Art 1 F GFK beruhen auf einem Verhalten des Antragsstellers; bei gewissen schwerwiegenden Handlungen hat der Täter keinen internationalen Schutz verdient.

Demgegenüber regelt Art. 33 Abs. 2 GFK die Behandlung von Flüchtlingen und die Definition von Umständen, unter denen diese dennoch abgeschoben werden könnten. Der Zweck der Bestimmung des Art. 33 Abs. 2 GFK besteht in der Gewährleistung der Sicherheit des Aufnahmestaates oder der Allgemeinheit (Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie Flüchtlingsanerkennung und subsidiärer Schutzstatus, S 639ff).

Im Erwägungsgrund Nr. 37 der Richtlinie wird ausgeführt, dass der Begriff der nationalen Sicherheit und öffentlichen Ordnung auch für die Fälle gilt, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt (vgl. grundsätzlich zum Begriff der "nationalen Sicherheit": Kälin, Grundriss des Asylverfahrens, S 350ff).

Der EuGH hat hiezu in seinem Urteil vom 24. Juni 2015, H. T. gegen Land Baden-Württemberg, Rs. C-373/13, ausgesprochen: "Die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung, die in der Liste im Anhang des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 aufgeführt ist, kann einen der "zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung" im Sinne von Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83 darstellen, auch wenn die in Art. 21 Abs. 2 dieser Richtlinie vorgesehenen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Um den Aufenthaltstitel eines Flüchtlings mit der Begründung, dieser unterstütze eine solche terroristische Vereinigung, gemäß Art. 24 Abs. 1 dieser Richtlinie widerrufen zu können, müssen die zuständigen Behörden gleichwohl unter der Kontrolle der nationalen Gerichte eine auf den Einzelfall bezogene Prüfung der spezifischen tatsächlichen Umstände vornehmen, die sich sowohl auf die Handlungen der betroffenen Vereinigung als auch auf die des betroffenen Flüchtlings beziehen."

3.2.3. Zu oben zitierter Bestimmung des § 6 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 führt die Regierungsvorlage 582 XXV. GP (wortwörtlich) Folgendes aus: "Vor dem Hintergrund aktueller Vorkommnisse und Herausforderungen ist zu beachten, dass unter den Tatbestand der Gefahr für die Sicherheit auch extremistische und terroristische Handlungen bzw. das Unterstützen einer extremistischen oder terroristischen Vereinigung fallen können. In dieser Hinsicht stellt auch Erwägungsgrund 37 der Statusrichtlinie klar: -Der Begriff der nationalen Sicherheit und öffentlichen Ordnung gilt auch für die Fälle, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt."

Der Verfassungsgerichtshof sprach mit Erkenntnis vom 13. Dezember 2011, U 1907/19 (VfSlg. 19591), aus, dass eine Gefahr für die Sicherheit und Allgemeinheit eines Landes nur dann gegeben sei, wenn die Existenz oder territoriale Integrität eines Staates gefährdet sei oder wenn besonders qualifizierte strafrechtliche Verstöße (z.B. Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Drogenhandel, bewaffneter Raub) vorlägen. Zur Begründung verwies er darauf, dass § 9 Abs. 2 (Z 2) AsylG 2005 in Umsetzung der Statusrichtlinie ergangen sei und daher richtlinienkonform interpretiert werden müsse. Gemäß Art. 17 Abs. 1 der Statusrichtlinie seien Personen vom Genuss des subsidiären Schutzes auszuschließen, die Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit (lit. a) bzw. schwere Straftaten (lit. b) begangen hätten oder sich Handlungen zuschulden kommen ließen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen (lit. c). Angesichts der schweren Natur dieser Ausschluss bzw. Aberkennungstatbestände könne nach dem Grundsatz der richtlinienkonformen Interpretation Art. 17 Abs. 1 lit. d leg. cit. (Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit eines Landes) nur dahingehend verstanden werden, dass zur Verwirklichung dieser Bestimmung zumindest die Begehung einer Straftat von vergleichbarer Schwere wie die in lit. a - c der Statusrichtlinie genannten Handlungen vorliegen müsse. Diese Sicht werde auch dadurch bestätigt, dass die Statusrichtlinie selbst bzw. die Materialien zur Statusrichtlinie auf die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) Bezug nehmen würden und sich aus der zu den einschlägigen Bestimmungen der GFK ergangenen Judikatur bzw. Literatur ergebe, dass eine "Gefahr für die Sicherheit oder für die Allgemeinheit eines Landes" nur dann gegeben sei, wenn die Existenz oder territoriale Integrität eines Staates gefährdet sei oder wenn besonders qualifizierte strafrechtliche Verstöße (z.B. Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Drogenhandel, bewaffneter Raub) vorlägen.

Sowohl für die Bestimmung des § 6 Abs. 1 Z 3 und 4 AsylG 2005 ist daher die vom Betroffenen ausgehende Gefahr - im Falle der Z 3 für die Sicherheit der Republik Österreich und im Falle der Z 4 für die Allgemeinheit - maßgeblich und nicht für sich alleine - wie dies die Ausschlussgründe des Art. 1 F GFK vorsehen - das Vorliegen eines strafrechtlichen Delikts.

In der Literatur wird zur Bestimmung des § 6 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 stets darauf hingewiesen, dass Handlungen durch den Betroffenen vorliegen müssen, die eine Gefahr für den Staat selbst darstellen, also für dessen Bestand und Sicherheit. Bespielhaft wird in diesem Zusammenhang die Gefahr eines Umsturzes, Spionage für einen fremden Staat oder einer Revolution genannt (Rohrböck, Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl: § 13 / Rz 453, Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht: § 6 AsyG 2005 / K17).

Der von der belangten Behörde angenommene Tatbestand der "gewichtigen Gründe" dafür, dass der Flüchtling eine "Gefahr für die Sicherheit (seines) Aufenthaltslandes" darstelle, bildet den ersten der beiden Fälle des Art. 33 Abs. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention und ist von dessen zweitem Fall streng zu unterscheiden. Er bezieht sich auf Umstände, die den Bestand des Staates gefährden (VwGH 15.12.1993, 93/01/0900, VwGH 10.10.1996, 95/20/0247).

Der belangten Behörde ist somit vorab zuzustimmen, dass es für die Anwendung der Bestimmung des § 6 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 grundsätzlich keiner strafgerichtlichen Verurteilung zu einem besonders schweren Verbrechen bedarf. Jedoch ist diese Bestimmung nicht losgelöst von der Ziffer 4 sowie Art 14 Abs. 4 Rl 2004/83/EG und insbesondere Art. 33 Z 2 GFK zu betrachten.

Auch hat der EuGH mehrfach betont, dass in Anwendung des Sekundärrechts die GRC und die EMRK zur Auslegung heranzuziehen sind.

3.2.4. Ob der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt, erfordert eine Gefährdungsprognose, wie sie in ähnlicher Weise auch in anderen asyl- und fremdenrechtlichen Vorschriften zugrunde gelegt ist (vgl. etwa § 6 Abs. 1 Z 3 und § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005; §§ 53 und 66 Abs. 1 FPG). Dabei ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die Annahme gerechtfertigt ist, der Fremde stelle eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich dar. Strafgerichtliche Verurteilungen des Fremden sind daraufhin zu überprüfen, inwieweit sich daraus nach der Art und Schwere der zugrunde liegenden Straftaten und der Tatumstände der Schluss auf die Gefährlichkeit des Fremden für die Allgemeinheit oder die Sicherheit der Republik Österreich ziehen lässt (VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0155).

Die Gefährdungsprognose (hier: § 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 6 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005) ist von der Behörde und im Beschwerdeverfahren aufgrund der Pflicht, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG 2014 in der Sache selbst zu entscheiden, vom VwG als Voraussetzung für die zu prüfende Erlassung der administrativrechtlichen Maßnahme der Aberkennung des Status eines Asylberechtigten eigenständig aus dem Blickwinkel des Asylrechts vorzunehmen. Dabei hat die Asylbehörde (bzw. das VwG im Beschwerdeverfahren) eigenständig konkrete Feststellungen zum Gesamtverhalten des Fremden zu treffen und im Hinblick auf eine allfällige Gefährdung der Sicherheit der Republik Österreich zu beurteilen. Dem steht der Umstand, dass strafgerichtliche Ermittlungen gegen den Fremden bisher zu keiner Anklage geführt haben, ebenso wenig entgegen wie eine allfällige Einstellung eines gerichtlichen Strafverfahrens, zumal dies für die Asylbehörde im Aberkennungsverfahren keine Bindungswirkung für die Beurteilung der Gefährlichkeit eines asylberechtigten Fremden für die Sicherheit der Republik Österreich entfaltet (vgl. etwa VwGH 31.03.2017, Ra 2016/03/0121, zur Bindungswirkung der Einstellung eines gerichtlichen Strafverfahrens für die Waffenbehörde bei der Beurteilung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit).

Wenngleich von einem asylberechtigten Fremden allfällig begangene gerichtliche Straftaten unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Tatumstände bei der von der Asylbehörde vorzunehmenden Gefährdungsprognose einzufließen haben, lässt sich daraus nicht der Umkehrschluss ziehen, dass die strafgerichtliche Unbescholtenheit eines Fremden in jedem Fall zu einer positiven Prognose führen muss. Vielmehr kann sich auch aus besonderen Umständen in dessen Person eine Gefährlichkeit iSd § 6 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ergeben, die bislang noch zu keinem Konflikt mit dem Strafgesetz geführt haben (vgl. VwGH 19.09.2017, Ra 2017/01/0258 - 0261, in Bezug auf das Vorliegen der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Z 6 StbG 1985 für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft) (siehe VwGH 04.04.2019, Ro 2018/01/0014).

Im Lichte dieser Rechtsprechung ist aufgrund einer Einzelfallprüfung eine Gefährdungsprognose zu erstellen.

3.2.5. Die einschlägigen Auszüge aus dem Strafgesetzbuch lauten (wortwörtlich):

"Terroristische Vereinigung

§ 278b. (1) Wer eine terroristische Vereinigung (Abs. 3) anführt, ist mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu fünfzehn Jahren zu bestrafen. Wer eine terroristische Vereinigung anführt, die sich auf die Drohung mit terroristischen Straftaten (§ 278c Abs. 1) oder Terrorismusfinanzierung (§ 278d) beschränkt, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.

(2) Wer sich als Mitglied (§ 278 Abs. 3) an einer terroristischen Vereinigung beteiligt, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.

(3) Eine terroristische Vereinigung ist ein auf längere Zeit angelegter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen, der darauf ausgerichtet ist, dass von einem oder mehreren Mitgliedern dieser Vereinigung eine oder mehrere terroristische Straftaten (§ 278c) ausgeführt werden oder Terrorismusfinanzierung (§ 278d) betrieben wird.

Terroristische Straftaten

§ 278c. (1) Terroristische Straftaten sind

1. Mord (§ 75),

2. Körperverletzungen nach den §§ 83 bis 87,

3. erpresserische Entführung (§ 102),

4. schwere Nötigung (§ 106),

5. gefährliche Drohung nach § 107 Abs. 2,

6. schwere Sachbeschädigung (§ 126) und Datenbeschädigung (§ 126a), wenn dadurch eine Gefahr für das Leben eines anderen oder für fremdes Eigentum in großem Ausmaß entstehen kann,

7. vorsätzliche Gemeingefährdungsdelikte (§§ 169, 171, 173, 175, 176, 177a, 177b, 178) oder vorsätzliche Beeinträchtigung der Umwelt (§ 180),

8. Luftpiraterie (§ 185),

9. vorsätzliche Gefährdung der Sicherheit der Luftfahrt (§ 186),

9a. Aufforderung zu terroristischen Straftaten und Gutheißung terroristischer Straftaten (§ 282a) oder

10. eine nach § 50 des Waffengesetzes 1996 oder § 7 des Kriegsmaterialgesetzes strafbare Handlung,

wenn die Tat geeignet ist, eine schwere oder längere Zeit anhaltende Störung des öffentlichen Lebens oder eine schwere Schädigung des Wirtschaftslebens herbeizuführen, und mit dem Vorsatz begangen wird, die Bevölkerung auf schwerwiegende Weise einzuschüchtern, öffentliche Stellen oder eine internationale Organisation zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation ernsthaft zu erschüttern oder zu zerstören.

(2) Wer eine terroristische Straftat im Sinne des Abs. 1 begeht, ist nach dem auf die dort genannte Tat anwendbaren Gesetz zu bestrafen, wobei das Höchstmaß der jeweils angedrohten Strafe um die Hälfte, höchstens jedoch auf zwanzig Jahre, hinaufgesetzt wird.

(3) Die Tat gilt nicht als terroristische Straftat, wenn sie auf die Herstellung oder Wiederherstellung demokratischer und rechtsstaatlicher Verhältnisse oder die Ausübung oder Wahrung von Menschenrechten ausgerichtet ist.

Terrorismusfinanzierung

§ 278d. (1) Wer Vermögenswerte mit dem Vorsatz bereitstellt oder sammelt, dass sie, wenn auch nur zum Teil, zur Ausführung

1. einer Luftpiraterie (§ 185) oder einer vorsätzlichen Gefährdung der Sicherheit der Luftfahrt (§ 186),

2. einer erpresserischen Entführung (§ 102) oder einer Drohung damit,

3. eines Angriffs auf Leib, Leben oder Freiheit einer völkerrechtlich geschützten Person oder eines gewaltsamen Angriffs auf eine Wohnung, einen Dienstraum oder ein Beförderungsmittel einer solchen Person, der geeignet ist, Leib, Leben oder Freiheit dieser Person zu gefährden, oder einer Drohung damit,

4. einer vorsätzlichen Gefährdung durch Kernenergie oder ionisierende Strahlen (§ 171), einer Drohung damit, eines unerlaubten Umgangs mit Kernmaterial oder radioaktiven Stoffen (§ 177b), einer sonstigen strafbaren Handlung zur Erlangung von Kernmaterial oder radioaktiven Stoffen oder einer Drohung mit der Begehung eines Diebstahls oder Raubes von Kernmaterial oder radioaktiven Stoffen, um einen anderen zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zu nötigen,

5. eines erheblichen Angriffs auf Leib oder Leben eines anderen auf einem Flughafen, der der internationalen Zivilluftfahrt dient, einer Zerstörung oder erheblichen Beschädigung eines solchen Flughafens oder eines darauf befindlichen Luftfahrzeugs oder einer Unterbrechung der Dienste des Flughafens, sofern die Tat unter Verwendung einer Waffe oder sonstigen Vorrichtung begangen wird und geeignet ist, die Sicherheit auf dem Flughafen zu gefährden,

6. einer strafbaren Handlung, die auf eine in den §§ 185 oder 186 geschilderte Weise gegen ein Schiff oder eine feste Plattform, gegen eine Person, die sich an Bord eines Schiffes oder auf einer festen Plattform befindet, gegen die Ladung eines Schiffes oder eine Schifffahrtseinrichtung begangen wird,

7. der Beförderung eines Sprengsatzes oder einer anderen tödlichen Vorrichtung an einen öffentlichen Ort, zu einer staatlichen oder öffentlichen Einrichtung, einem öffentlichen Verkehrssystem oder einer Versorgungseinrichtung oder des Einsatzes solcher Mittel mit dem Ziel, den Tod oder eine schwere Körperverletzung eines anderen oder eine weitgehende Zerstörung des Ortes, der Einrichtung oder des Systems zu verursachen, sofern die Zerstörung geeignet ist, einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden herbeizuführen,

8. einer strafbaren Handlung, die den Tod oder eine schwere Körperverletzung einer Zivilperson oder einer anderen Person, die in einem bewaffneten Konflikt nicht aktiv an den Feindseligkeiten teilnimmt, herbeiführen soll, wenn diese Handlung auf Grund ihres Wesens oder der Umstände darauf abzielt, eine Bevölkerungsgruppe einzuschüchtern oder eine Regierung oder eine internationale Organisation zu einem Tun oder Unterlassen zu nötigen,

verwendet werden, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.

(1a) Ebenso ist zu bestrafen, wer Vermögenswerte für

1. eine andere Person, von der er weiß, dass sie Handlungen nach Abs. 1 begeht, oder

2. ein Mitglied einer terroristischen Vereinigung, von der er weiß, dass sie darauf ausgerichtet ist, Handlungen nach Abs. 1 zu begehen,

bereitstellt oder sammelt.

(2) Der Täter ist nach Abs. 1 oder Abs. 1a nicht zu bestrafen, wenn die Tat nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist.

Ausbildung für terroristische Zwecke

§ 278e. (1) Wer eine andere Person in der Herstellung oder im Gebrauch von Sprengstoff, Schuss- oder sonstigen Waffen oder schädlichen oder gefährlichen Stoffen oder in einer anderen ebenso schädlichen oder gefährlichen spezifisch zur Begehung einer terroristischen Straftat nach § 278c Abs. 1 Z 1 bis 9 oder 10 geeigneten Methode oder einem solchen Verfahren zum Zweck der Begehung einer solchen terroristischen Straftat unterweist, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen, wenn er weiß, dass die vermittelten Fähigkeiten für diesen Zweck eingesetzt werden sollen.

(2) Wer sich in der Herstellung oder im Gebrauch von Sprengstoff, Schuss- oder sonstigen Waffen oder schädlichen oder gefährlichen Stoffen oder in einer anderen ebenso schädlichen oder gefährlichen spezifisch zur Begehung einer terroristischen Straftat nach § 278c Abs. 1 Z 1 bis 9 oder 10 geeigneten Methode oder einem solchen Verfahren unterweisen lässt, um eine solche terroristische Straftat unter Einsatz der erworbenen Fähigkeiten zu begehen, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen. Die Strafe darf jedoch nach Art und M

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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