TE Bvwg Beschluss 2020/5/28 G313 2215096-1

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Veröffentlicht am 28.05.2020
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Entscheidungsdatum

28.05.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

G313 2215096-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Rumänien, vertreten durch RA Mag. Stefan ERRATH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.01.2019, Zl. XXXX, beschlossen:

A) Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit einem Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA oder belangte Behörde) von September 2018, vom Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) persönlich übernommen, wurde dem BF die behördliche Absicht, gegen ihn ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, vorgehalten, und ihm die Möglichkeit dazu gegeben, binnen gesetzter Frist Stellung dazu zu nehmen.

Eine Stellungnahme binnen der dem BF dafür gesetzten Frist und darüber hinaus ist beim BFA jedoch nicht eingelangt.

2. Mit Bescheid des BFA vom 23.01.2019 wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und Abs. 2 ein für die Dauer von sieben Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs. 3 FPG dem BF kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.), und einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

3. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

4. Am 26.02.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist rumänischer Staatsangehöriger.

1.2. Mit Spruchpunkt I. des im Spruch angeführten Bescheides vom 23.01.2019 wurde gegen den BF ein für die Dauer von sieben Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Die belangte Behörde stellte fest, dass der BF im Bundesgebiet im Zeitraum von September 2017 bis September 2018 in Haft gemeldet war, im September 2018, rechtskräftig mit Oktober 2018, von einem inländischen Strafgericht wegen schweren, gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch und im Rahmen einer kriminellen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten unbedingt strafrechtlich verurteilt und mit der strafrechtlichen Verurteilung des BF von September 2018 nach Verbüßung von zwei Dritteln der Haftstrafe bedingt entlassen wurde.

Unter den Feststellungen wurde des Weiteren auf "fortgesetzte Diebstähle in Kenntnis eines in Rumänien auf Bewährung ausgesetzten Urteils" und auf eine vom BF bekanntgegebene Zustelladresse in Rumänien hingewiesen.

Im Zuge der Beweiswürdigung wurde "betreffend die Feststellungen zu den Gründen für die Erlassung des Aufenthaltsverbots" auf die strafrechtliche Verurteilung des BF von September 2018 und sein sonstiges Verhalten im Bundesgebiet nach seiner Einreise hingewiesen.

Die Rechtliche Beurteilung "Zu Spruchpunkt I.:" war kurzgehalten. Nach Wiedergabe von § 67 Abs. 1 und Abs. 2 FPG wurde Folgendes ausgeführt:

"Diese Voraussetzungen treffen für Sie zu:

Mit Urteil des Landesgerichtes (...) vom (...)09.2018 (...), rechtskräftig mit (...)10.2018, wurden Sie wegen des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch und im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 5, 129 Abs. 1 Z. 1 und 2, 130 Abs. 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 zweiter Fall, sowie als Beteiligter nach § 12 dritter Fall - 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.

Aufgrund des vorangeführten Sachverhaltes sieht die Behörde jedenfalls eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, zu deren Verhinderung die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eine notwendige Maßnahme darstellt.

Es besteht die erhebliche Gefahr, dass Sie aufgrund des bereits gesetzten Verhaltens auch weiterhin eine Gefährdung für fremdes Vermögen darstellen, in dem Sie auch in Zukunft Verstöße gegen die österreichische Rechtsordnung, insbesondere gegen fremdes Vermögen begehen werden. Diesbezüglich ist abermals auf Ihre Vorstrafe in Rumänien hinzuweisen. Bei Ihrem bisherigen Aufenthalt begründeten Sie zwar laut zentralem Melderegister einen Hauptwohnsitz in Österreich, trafen zuerst auch Maßnahmen sich im österreichischen Arbeitsmarkt zu integrieren. Nach Beendigung des kurzen Arbeitsverhältnisses zogen Sie es vor, sich durch die Begehung von Strafrechtsdelikten eine fortlaufende Einnahmequelle zu erwirtschaften.

Als Unionsbürger wäre Ihnen die Ausübung einer erlaubten Erwerbstätigkeit weiterhin offen gestanden, Sie hätten eine Anmeldebescheinigung als Arbeitnehmer beantragen können.

Die Möglichkeit der weiteren legalen Beschäftigungsaufnahme oder die Niederlassung war offensichtlich nicht von Bedeutung für Sie, und somit haben Sie klar zum Ausdruck gebracht, dass Sie an einem legalen Aufenthalt im Bundesgebiet kein Interesse hegen.

Etwaige persönliche Bestrebungen, in Österreich beruflich Fuß zu fassen, werden dadurch relativiert, dass Sie strafrechtlich verpönte Handlungen bzw. Verbrechen in Form von schwerem, gewerbsmäßig durch Einbruch und im Rahmen einer kriminellen Vereinigung verübten Diebstahls begangen haben.

Wie bereits dargelegt, konnten keine familiären oder privaten Anknüpfungspunkte festgestellt werden, die den Interessen der Republik Österreich am Aufenthaltsverbot eines rechtskräftig verurteilten Straftäters gegenüber gestellt werden könnten.

Aufgrund der fortgesetzten Missachtung der Rechtsordnung sowie aufgrund Ihrer insgesamten Lebenssituation in Österreich ist davon auszugehen, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch einen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet wird.

Sie haben durch Ihr Verhalten gezeigt, dass Sie kein Interesse daran haben, die Gesetze Österreichs zu respektieren. Ihr bisheriger Aufenthalt in Österreich beeinträchtigte ein Grundinteresse der Gesellschaft, nämlich jenes an Ruhe, an Sicherheit für die Person und ihr Eigentum und an sozialem Frieden.

Es besteht die erhebliche Gefahr, dass Sie aufgrund des bereits gesetzten Verhaltens auch in Zukunft Verstöße gegen die österreichische Rechtsordnung, insbesondere gegen fremdes Vermögen, begehen werden. Diese Annahme wird dadurch erhärtet, dass Sie wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls rechtskräftig verurteilt wurden und im Heimatland bereits eine gerichtliche Vorstrafe aufweisen. Darüber hinaus sind Sie laut bisheriger Aktenlage beschäftigungs- und vermögenslos.

Die beeinträchtigten öffentlichen Interessen sind maßgeblich für das Wohlergehen und -befinden der Bevölkerung und können daher als erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung bezeichnet werden."

Es wurde des Weiteren angeführt, der BF habe keine aktenkundigen familiären, sozialen, beruflichen oder sonstigen privaten Bindungen in Österreich, demgegenüber in seinem Heimatland zweifelsfrei verwandtschaftliche, soziale und private Anknüpfungspunkte. Der BF habe in Rumänien eine achtjährige Schulbildung absolviert und weise eine dreijährige Berufsschulausbildung zum Maurer auf. Er könne seinen Lebensunterhalt in Rumänien selbst bestreiten. Der BF sei ein gerichtlich verurteilter Rechtsbrecher und in Rumänien vorbestraft. Er sei von einem rumänischen Gericht im Jänner 2014 wegen Straftaten in Zusammenhang mit Drogen und Drogenausgangsstoffen und anderen Straftaten gegen die Volksgesundheit für schuldig befunden und zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt worden.

Es wurde folgender Schluss gezogen:

"Bei den Abwägungsüberlegungen bezüglich der erforderlichen Dauer des zu erlassenden Aufenthaltsverbotes wurden vom Bundesamt Ihr Gesamtverhalten berücksichtigt. Außerdem brachten Sie, trotz Gelegenheit im Rahmen des gewährten Parteiengehörs, keine Gründe vor, die der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in der ausgesprochenen Dauer entgegenstünden.

Die Gesamtbeurteilung Ihres Verhaltens, Ihrer Lebensumstände sowie Ihrer familiären und privaten Anknüpfungspunkte haben daher im Zuge der von der Behörde vorgenommenen Abwägungsentscheidung ergeben, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig ist, die von Ihnen ausgehende, erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern.

(...) Es ist auch zu erwarten, dass dieser Zeitraum erforderlich ist, um in Ihnen einen positiven Gesinnungswandel Ihrer Einstellung zur österreichischen Rechtsordnung zu bewirken. (...)."

2. Beweiswürdigung:

Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die unter Punkt II. getroffenen Feststellungen ergaben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.

Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA-VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Anmerkung: sog. Bescheidbeschwerden) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).

3.2. Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg cit. nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1

B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Das Modell der Aufhebung des Bescheids und Zurückverweisung des Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 28 VwGVG Anm11). Gemäß dieser Bestimmung kann die Berufungsbehörde, sofern der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen. Wie oben ausgeführt, ist aufgrund von § 17 VwGVG die subsidiäre Anwendung von § 66 Abs. 2 AVG durch die Verwaltungsgerichte ausgeschlossen.

Im Gegensatz zu § 66 Abs. 2 AVG setzt § 28 Abs. 3 VwGVG die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung nicht mehr voraus.

Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063 (Waffenverbot), in Bezug auf die grundsätzliche Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte nach § 28 VwGVG und die Möglichkeit der Zurückverweisung ausgesprochen, dass angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte darstellt. So kommt eine Aufhebung des Bescheides nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Das Verwaltungsgericht hat nachvollziehbar zu begründen, wenn es eine meritorische Entscheidungszuständigkeit nicht als gegeben annimmt, etwa weil es das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und Z 2 des § 28 Abs. 2 VwGVG verneint bzw. wenn es von der Möglichkeit des § 28 Abs. 3 erster Satz VwGVG nicht Gebraucht macht.

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt ist, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0156; 13.10.1991, Zl. 90/09/0186; 28.07.1994, Zl. 90/07/0029).

3.3. Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch einen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet wurde. (...)

Gemäß Abs. 2 kann ein Aufenthaltsverbot, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

3.4. Mit Spruchpunkt I. des im Spruch angeführten Bescheides vom 23.01.2019 wurde gegen den BF ein für die Dauer von sieben Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Die belangte Behörde hielt fest, dass der BF zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist, im Bundesgebiet "fortgesetzte Diebstähle in Kenntnis eines in Rumänien auf Bewährung ausgesetzten Urteils" begangen hat, im Zeitraum von September 2017 bis September 2018 in Haft gemeldet war, im September 2018, rechtskräftig mit Oktober 2018, von einem inländischen Strafgericht wegen schweren, gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch und im Rahmen einer kriminellen Vereinigung zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten unbedingt strafrechtlich verurteilt und mit der strafrechtlichen Verurteilung des BF von September 2018 nach Verbüßung von zwei Dritteln der Haftstrafe bedingt aus der Haft entlassen wurde, und seine Zustelladresse in Rumänien bekanntgegeben hat.

Die belangte Behörde legte sich nicht auf eine bestimmte Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet und nicht auf einen zur Anwendung gelangenden bestimmten Prüfungsmaßstab fest.

Der einfache Prüfungsmaßstab nach § 67 Abs. 1 S. 2 FPG fordert eine vorliegende "tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr", "die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt", der erhöhte Prüfungsmaßstab nach § 67 Abs. 2 S. 5 FPG stellt auf eine "nachhaltige und maßgebliche" Gefährdung der öffentlichen Sicherheit der Republik Österreich ab.

Es wurde im angefochtenen Bescheid auf eine vom BF im Bundesgebiet ausgehende "erhebliche Gefahr" für die öffentliche Ordnung (Bescheid, S. 18) bzw. auf eine "erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit" (Bescheid, S. 20) geschlossen, demgegenüber jedoch offenbar unter Bedachtnahme des bei einem Aufenthalt im Bundesgebiet seit zehn Jahren zur Anwendung gelangenden erhöhten Prüfungsmaßstab nach 67 Abs. 1 S. 5 FPG Folgendes ausgeführt:

"Aufgrund der fortgesetzten Missachtung der Rechtsordnung sowie aufgrund Ihrer insgesamten Lebenssituation in Österreich ist davon auszugehen, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch einen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet wird." (Bescheid, S. 18).

Die Einordnung der Aufenthaltsdauer über oder unter zehn Jahren wäre wegen des bei einem Aufenthalt im Bundesgebiet seit zehn Jahren zur Anwendung gelangenden anderen Prüfmaßstab (nach § 67 Abs. 1 S. 5 FPG) als bei einer geringeren Aufenthaltsdauer jedenfalls notwendig gewesen, muss doch bei einer längeren, mindestens zehnjährigen Aufenthaltsdauer eine "nachhaltige und maßgebliche" und damit vom BF eine viel schwerwiegendere Gefahr - für die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich - ausgehen, um gegen ihn ein Aufenthaltsverbot verhängen zu können, als bei einer darunter liegenden Aufenthaltsdauer, bei welcher das persönliche Verhalten eine "tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche" Gefahr (nach § 67 Abs. 1 S. 2 FPG) für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen muss.

Es wurde im Zuge der Rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt I. zudem zwar auf die strafrechtliche Verurteilung des BF von September 2018 zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten und auf seine Vorstrafe aus Rumänien wegen Straftaten in Zusammenhang mit Drogen und Drogenausgangsstoffen und anderen Straftaten gegen die Volksgesundheit, nicht jedoch, wie davor im Bescheid auch festgehalten, auch auf die zusammen mit der strafrechtlichen Verurteilung von September 2018 ausgesprochene, auf die Dauer von drei Jahren bedingte Haftentlassung des BF nach Verbüßung von zwei Dritteln der Haftstrafe hingewiesen oder sich näher mit den der Verurteilung in Österreich zugrunde liegenden strafbaren Handlungen des BF auseinandergesetzt.

Im angefochtenen Bescheid wurde nach Anführung der strafrechtlichen Verurteilung des BF zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten auf den "vorangeführten Sachverhalt" verwiesen, aufgrund welchen die Behörde eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit sehe, zu deren Verhinderung die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eine notwendige Maßnahme darstelle.

Die der strafrechtlichen Verurteilung von September 2018 zugrunde liegenden strafbaren Handlungen von Juni, Juli 2016 wurden zwar in der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides "betreffend die Feststellungen zu den Gründen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes" (Bescheid, S. 8 ff), nicht mehr jedoch in der Rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides angeführt. Deren Berücksichtigung in der Rechtlichen Beurteilung wäre jedoch für eine hinreichende, allumfassende Gefährdungsprognose notwendig gewesen.

Im weiteren Begründungsverlauf wurde stets auf das öffentliche Interessen beeinträchtigende persönliche Verhalten des BF hingewiesen, ohne konkret angeführt zu haben, welches konkrete Verhalten bzw. welche konkreten (strafbaren) Handlungen auf eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit schließen lassen.

Es wurde von keiner positiven Zukunftsprognose ausgegangen und ausgeführt:

"Es besteht die erhebliche Gefahr, dass Sie aufgrund des bereits gesetzten Verhaltens auch in Zukunft Verstöße gegen die österreichische Rechtsordnung, insbesondere gegen fremdes Vermögen, begehen werden. Diese Annahme wird dadurch erhärtet, dass Sie wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls rechtskräftig verurteilt wurden und im Heimatland bereits eine gerichtliche Vorstrafe aufweisen. Darüber hinaus sind Sie laut bisheriger Aktenlage beschäftigungs- und vermögenslos.

Die beeinträchtigten öffentlichen Interessen sind maßgeblich für das Wohlergehen und -befinden der Bevölkerung und können daher als erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung bezeichnet werden." (Bescheid, S. 18)

Eine hinreichend begründete Gefährdungsprognose mit allumfassender Berücksichtigung des konkreten (Fehl-) Verhaltens des BF im Bundesgebiet samt den der strafrechtlichen Verurteilung von September 2018 konkret zugrundeliegenden strafbaren Handlungen liegt damit nicht vor.

Dass in der Rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Bescheides vom 23.01.2019 anfangs eine im September 2018 erfolgte strafrechtliche Verurteilung des BF zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten angeführt wurde, deutete auf eine zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 23.01.2019 immer noch andauernde Haft hin. Laut den unter den Feststellungen wiedergegebenen behördlichen Meldungen des BF im Bundesgebiet war der BF jedoch nur im Zeitraum von September 2017 bis September 2018 in Haft, bevor er, wie im Bescheid ebenso festgestellt, zusammen mit der strafrechtlichen Verurteilung im September 2018 bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren aus der Haft entlassen wurde.

Ein allfälliger Gesinnungswandel eines Straftäters ist in erster Linie daran zu messen, innerhalb welchen Zeitraumes er sich nach der Entlassung aus der Strafhaft wohlverhalten hat (vgl. VwGH 19.05.2011, Zl. 2008/21/0486).

Auch wenn der BF keine schriftliche Stellungnahme zur Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme abgegeben hat, hätten zeitnah vor Erlassung des angefochtenen Bescheides vom 23.01.2019 über die Rechtsvertretung des BF erneute Ermittlungen zu den individuellen - familiären und privaten - Verhältnissen des BF angestellt und gegebenenfalls Informationen bzw. Nachweise über ein Wohlverhalten des BF nach bedingter Haftentlassung eingeholt werden können, zumal, wie im Verfahrensgang des angefochtenen Bescheides festgehalten, am 15.10.2018 bei der belangten Behörde eine mit 03.10.2018 datierte Vollmachtbekanntgabe der Kooperation selbstständiger Rechtsanwälte Ralf Heinrich Höfler/Stefan Errath eingelangt ist.

Mangels hinreichender Ermittlungen und einer nicht hinreichend begründeten Gefährdungsprognose war Spruchpunkt I. samt fortfolgende Spruchpunkte II. und III. des im Spruch angeführten Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung und Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Da im gegenständlichen Fall bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Ermittlungspflicht individuelle Verhältnisse Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G313.2215096.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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