TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/29 G314 2226220-1

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Veröffentlicht am 29.05.2020
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Entscheidungsdatum

29.05.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z7

Spruch

G314 2226220-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, albanischer Staatsangehöriger, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreichs (VMÖ) und durch Alket ÇELA, Rechtsanwalt in Durrës, Albanien, gegen Spruchpunkt IV. des Bescheids des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX.11.2019, Zl. XXXX, betreffend die Erlassung eines Einreiseverbots zu Recht:

A) Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids wird teilweise Folge gegeben und dieser Spruchpunkt dahingehend abgeändert, dass es zu lauten hat: "Gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 7 FPG wird gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen".

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) wurde am 15.11.2019 im Zuge einer Kontrolle der Finanzpolizei bei der Beschäftigung als Arbeiter auf einer Baustelle ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung betreten und festgenommen. Noch am selben Tag wurde er vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot vernommen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde dem BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen ihn gemäß § 10 Abs 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.) und gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Albanien zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 7 FPG wurde ein fünfjähriges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Das Einreiseverbot wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der BF im Inland bei der Ausübung einer Erwerbstätigkeit ohne die dafür erforderliche arbeitsmarktrechtliche Genehmigung betreten worden sei und sein Aufenthalt daher eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle.

Der BF wurde von XXXX. bis XXXX.11.2019 im Polizeianhaltezentrum XXXX in Schubhaft angehalten und am XXXX.11.2019 nach Albanien abgeschoben.

Ausdrücklich nur gegen Spruchpunkt IV. des Bescheids richtet sich die wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde mit den Anträgen, den angefochtenen Spruchpunkt ersatzlos zu beheben, in eventu, die Dauer des Einreiseverbots zu reduzieren. Der BF begründet die Beschwerde zusammengefasst damit, dass er einsichtig sei und das Bundesgebiet zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung bereits verlassen habe. Er sei nicht mittellos. Seine in Österreich lebende Lebensgefährtin sei schwanger und erwarte im Juli 2020 das gemeinsame Kind. Ein fünfjähriges Einreiseverbot sei angesichts seines Privat- und Familienlebens unverhältnismäßig.

Das BFA legte die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor und beantragte, den angefochtenen Bescheid zu bestätigen.

Am 09.12.2019 wurde die gegen den BF wegen § 31 Abs 1 und Abs 1a iVm § 120 Abs 1a FPG erlassene Strafverfügung nachgereicht.

Der BF legte dem BVwG in der Folge auftragsgemäß seine Heiratsurkunde und ein Schreiben seiner früheren Lebensgefährtin und nunmehrigen Ehefrau vor.

Am 18.05.2020 langte beim BVwG eine für den BF von einem von ihm bevollmächtigten albanischen Rechtsanwalt beim BFA eingebrachte Eingabe ein, mit der er die Verkürzung oder Aufhebung des Einreiseverbots wegen der im Juli erwarteten Geburt seines Kindes beantragt und dazu diverse Urkunden vorlegt.

Feststellungen:

Der BF ist albanischer Staatsangehöriger und wurde am XXXX im albanischen Ort XXXX geboren. Seine Muttersprache ist Albanisch, weitere Sprachkenntnisse können nicht festgestellt werden. Er besuchte in seinem Herkunftsstaat zwölf Jahre lang die Grundschule und im Anschluss daran zwei Jahre lang die Universität, ohne ein Studium abzuschließen. Ab 2018 war er in Griechenland erwerbstätig, wo er sich vor der Einreise in das Bundesgebiet zuletzt zwischen XXXX.04.2019 und XXXX.06.2019 aufhielt. Seine Eltern und zwei Schwestern leben in Albanien, wo er eine Wohnmöglichkeit in seinem Elternhaus in XXXX hat (Reisepasskopie AS 3; Niederschrift BFA AS 37 ff).

Der BF verfügt über einen albanischen Reisepass mit Gültigkeit von XXXX.08.2016 bis zum XXXX.08.2026, mit dem er am 25.07.2019 mit dem Flugzeug in das Bundesgebiet einreiste. Hier nahm er ohne Wohnsitzmeldung in der Wohnung seiner nunmehrigen Ehefrau in XXXX Unterkunft. Er hat auch weiterhin die Möglichkeit, bei ihr zu wohnen (Reisepasskopie AS 3 mit Einreisestempel AS 5; Niederschrift BFA AS 43 f; ZMR-Auszug; Stellungnahme XXXX OZ 12).

Am XXXX.11.2019 wurde der BF in XXXX bei einer Kontrolle durch die Finanzpolizei auf einer Baustelle angetroffen, als er in Arbeitskleidung gemeinsam mit einem anderen albanischen Staatsangehörigen Erdarbeiten (Abgraben und Verbringen von Erde mit Kübeln zu einer Kippmulde) für ein Gartenbauunternehmen vornahm. Er wurde festgenommen, weil er weder über ein Visum noch über eine Aufenthaltsberechtigung oder eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung verfügte (Niederschrift Finanzpolizei AS 21 ff; Niederschrift BFA AS 37 ff; IZR-Auszug). Wegen seines nicht rechtmäßigen Aufenthalts (Verstoß gegen § 31 Abs 1 und Abs 1a iVm § 120 Abs 1a FPG) wurde über ihn mit Strafverfügung vom 20.11.2019 eine Geldstrafe von EUR 600 verhängt (Strafverfügung OZ 2).

Der BF hatte keine finanziellen Mittel, als er aufgegriffen wurde. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet wurde von seinen Eltern finanziert (Niederschrift BFA AS 43; Aufenthaltsinformation vom 17.11.2019 AS 113 f).

Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Er ging in Österreich nie einer legalen Erwerbstätigkeit nach (Versicherungsdatenauszug). Er wurde in Österreich noch nie strafgerichtlich verurteilt (Strafregisterauszug) und ist auch in Albanien unbescholten (Eingabe OZ 12).

Am XXXX.11.2019 wurde der BF nach Albanien abgeschoben (Abschiebebericht AS 137). Am XXXX heiratete er dort die in XXXX wohnhafte österreichische Staatsbürgerin XXXX, mit der schon er während des Aufenthalts in Österreich zusammengelebt hatte. Im XXXX erwartet das Paar die Geburt ihres ersten gemeinsamen Kindes. Abgesehen von dieser familiären Anbindung hat der BF keine weiteren familiären, sozialen, beruflichen oder gesellschaftlichen Bindungen in Österreich (Niederschrift BFA AS 41 ff; Kopie Heiratsurkunde und Mutter-Kind-Pass, OZ 10 und OZ 12).

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG.

Die Feststellungen basieren jeweils auf den in den Klammerzitaten angegebenen Beweismitteln, wobei sich die angegebenen Aktenseiten (AS) auf die Nummerierung der Verwaltungsakten beziehen.

Die Identität des BF (Name, Geburtsdatum und Staatsangehörigkeit) wird durch die vorliegende Kopie aus seinem Reisepass bestätigt, aus dem auch sein Geburtsort hervorgeht (AS 3). Der Ort XXXX, der in der Heiratsurkunde als sein Wohnort aufscheint, liegt in XXXX (siehe z.B. http://www.maplandia.com/albania/XXXX/; Zugriff am 28.05.2020). Albanische Sprachkenntnisse sind aufgrund seiner Herkunft naheliegend und können auch deshalb festgestellt werden, weil eine Verständigung mit dem vom BFA beigezogenen Dolmetsch für Albanisch problemlos möglich war. Es sind keine Hinweise auf weitere Sprachkenntnisse des BF aktenkundig. Vor dem BFA verneinte er, Deutsch zu sprechen oder einen Deutschkurs besucht zu haben.

Die Ausbildung des BF und Aufenthalte in Griechenland ergeben sich aus seien Angaben vor dem BFA. Letztere werden durch die Grenzkontrollstempel in seinem Reisepass belegt, wobei der letzte Einreisestempel vom XXXX.04.2019 und der letzte Ausreisestempel vom XXXX.06.2019 datiert (siehe AS 5). Der BF schilderte seine in Albanien lebenden Angehörigen und die Wohnmöglichkeit im Haus seiner Eltern vor dem BFA schlüssig und nachvollziehbar. Die Einreise und der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet gehen aus seinen Angaben und dem damit korrespondierenden Einreisestempel in seinem Reisepass hervor. In ihrem mit der Eingabe OZ 8 vorgelegten Schreiben vom 24.12.2019 bestätigte XXXX, dass er bei ihr gelebt habe und diese Wohnmöglichkeit weiterhin besteht. Aus dem Zentralen Melderegister (ZMR) ergibt sich lediglich eine Wohnsitzmeldung des BF im Polizeianhaltezentrum zwischen XXXX. und XXXX.11.2019. Vor dem BFA gab er zu, sich ohne Wohnsitzmeldung in XXXX aufgehalten zu haben.

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass dem BF in Österreich ein Visum, ein Aufenthaltstitel oder eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung erteilt wurde. Dies wird weder von ihm selbst behauptet noch ergibt es sich aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR). Ein Nachweis für das vor dem BFA angegebene "Arbeitsvisum" für Griechenland liegt nicht vor.

Die Feststellung, dass der BF am XXXX.11.2019 in XXXX bei Erdbewegungsarbeiten im Auftrag von XXXX ohne entsprechende Bewilligung angetroffen wurde, beruht auf der vor dem BFA aufgenommenen Niederschrift vom selben Tag und steht im Einklang mit den Angaben des Auftraggebers der Arbeiten bei der Einvernahme durch Organe der Finanzpolizei (AS 21 ff). Der BF trat diesem Vorwurf auch in der Beschwerde nicht entgegen.

Dass der BF über keine finanziellen Mittel oder Rücklagen verfügt, ergibt sich aus seiner Aussage vor dem BFA und der Aufenthaltsinformation vom 17.11.2019 aus der hervorgeht, dass er im Polizeianhaltezentrum weder Wertgegenstände noch Barmittel hatte (AS 115). Der BF behauptet in der Beschwerde zwar, nicht mittellos zu sein, ohne dazu nähere Angaben zu machen und ohne einen Rechtsanspruch auf auf legalem Weg erworbene finanzielle Mittel nachzuweisen. Seien Darstellung vor dem BFA, wonach er seinen Aufenthalt in Österreich mit Geld finanzierte, dass ihm seine Eltern aus Albanien schickten, spricht ebenfalls für das Fehlen eigener finanzielle Mittel des BF.

Das Verfahren hat keine Anhaltspunkte für gesundheitliche Probleme oder Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit des BF ergeben. Aufgrund seines erwerbsfähigen Alters, der Arbeit auf einer Baustelle und seiner Aussage vor dem BFA, er könne in seinem Heimatland einer Beschäftigung nachgehen (AS 45), ist davon auszugehen, dass er gesund und arbeitsfähig ist. Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF geht aus dem Strafregister und dem von seinem Anwalt übermittelten Führungszeugnis (OZ 12) hervor. Im Versicherungsdatenauszug scheint keine der österreichischen Sozialversicherung gemeldete Beschäftigung des BF auf. Dies korrespondiert mit dem Fehlen einer Aufenthaltsgenehmigung und einer arbeitsmarktrechtlichen Bewilligung.

Die Feststellungen zur Eheschließung des BF beruhen auf seinen insoweit plausiblen und nachvollziehbaren Angaben vor dem BFA und der übermittelten Kopie der Heiratsurkunde. XXXX ist laut ZMR mit Hauptwohnsitz nach wie vor in XXXX gemeldet. Die bevorstehende Geburt des gemeinsamen Kindes ergibt sich aus der Kopie aus dem Mutter-Kind-Pass. Anhaltspunkte für über die Feststellungen hinausgehende Anbindungen des BF im Bundesgebiet sind nicht aktenkundig.

Rechtliche Beurteilung:

Die Beschwerde richtet sich ausdrücklich nur gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids.

Der BF ist als Staatsangehöriger von Albanien Fremder iSd § 2 Abs 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG.

Gemäß § 53 FPG kann das BFA mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot, also die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU (außer Irlands), Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten, erlassen, wenn der Drittstaatsangehörige die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. Die Dauer des Einreiseverbots ist abhängig von seinem bisherigen Verhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. § 53 Abs 2 FPG enthält eine demonstrative Aufzählung von Tatbeständen, deren Vorliegen eine Gefährdung öffentlicher Interessen indiziert. Dies ist demnach zB dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, er hätte nach den Bestimmungen des AuslBG für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der er betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen (§ 53 Abs 2 Z 7 FPG). In diesem Fall kann ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens fünf Jahren erlassen werden.

Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden, sondern steht im Ermessen der Behörde. Es soll bestimmte, mit dem Aufenthalt des betroffenen Fremden, potentiell verbundene Gefährdungen öffentlicher Interessen hintanhalten. Dabei ist im Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, inwiefern private und familiäre Interessen des Fremden der Verhängung des Einreiseverbots in der konkreten Dauer allenfalls entgegenstehen. Ein Einreiseverbot ist dann zu verhängen, wenn die Gefährdungsprognose eine zukünftige Gefährdung relevanter öffentlicher Interessen ergibt und eine Interessenabwägung nach Art 8 EMRK zu Lasten des betroffenen Drittstaatsangehörigen ausgeht (vgl Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10 ff; vgl. auch VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0062).

Das gegen den BF erlassene Einreiseverbot wurde auf § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 7 FPG gestützt und mit der Betretung bei einer Beschäftigung entgegen dem AuslBG im November 2019 begründet.

Für die Erfüllung des Tatbestands des § 53 Abs 2 Z 7 FPG bedarf es der Feststellung der nach dem AuslBG nicht zulässigen Beschäftigung auf Grund einer Nachschau durch die dafür berufenen Behörden (VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311). Eine vorsätzliche Vorgehensweise ist keine Voraussetzung der Erfüllung dieses Tatbestandes. Da es sich bei der Tätigkeit, bei der der BF betreten wurde (Grabungsarbeiten in einem Garten gemeinsam mit einer anderen Person) nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt (§ 2 Abs 4 AuslBG) um einfache manipulative Tätigkeiten handelt, deutet dies auf eine Stellung als Arbeitnehmer (oder zumindest auf eine arbeitnehmerähnliche Stellung) hin (vgl. VwGH 24.03.2011, 2008/09/0052). Das BFA ist somit zu Recht davon ausgegangen, dass § 53 Abs 2 Z 7 FPG hier erfüllt ist.

Die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs 2 FPG indiziert, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährdet. Diese Gefährdungsannahme ist beim Tatbestand des § 53 Abs 2 Z 7 FPG auch bereits bei einmaliger Verwirklichung berechtigt. Ein unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet und eine ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung ausgeübte Erwerbstätigkeit stellen eine Gefährdung öffentlicher Interessen dar (siehe VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0371). Auf Grund des Verhaltens des BF, der die zulässige visumfreie Aufenthaltsdauer überschritt, melderechtliche Vorschriften missachtete und im Bundesgebiet einer Beschäftigung ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung, ohne entsprechenden Aufenthaltstitel und ohne Anmeldung zur Sozialversicherung nachging, gefährdet sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Wegen seiner finanziellen Lage ist konkret zu befürchten, dass er dieses Verhalten auch in Zukunft fortsetzt. Dem BFA ist vor diesem Hintergrund darin beizupflichten, dass Wiederholungsgefahr besteht und für den BF keine günstige Zukunftsprognose erstellt werden kann.

Eine weitere Voraussetzung für die Erlassung eines Einreiseverbots ist, dass es den privaten und familiären Verhältnissen des BF entspricht, zumal in § 53 Abs 2 und 3 FPG in Bezug auf die Bemessung der Dauer auch die Abwägung nach Art 8 EMRK angesprochen wird. Daher ist die Verhältnismäßigkeit eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer, das in das Privat- und Familienleben des BF eingreift, am Maßstab des § 9 BFA-VG zu prüfen. Dabei ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an dem Einreiseverbot mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des BF, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (siehe z.B. VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0062).

Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Bestimmungen und an der Verhinderung von unerlaubter Erwerbstätigkeit kommt zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zur Verhinderung von Schäden für die österreichische Wirtschaft ein hoher Stellenwert zu. Dieses öffentliche Interesse überwiegt in der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung das persönliche Interesse des BF an einem Aufenthalt in den vom Einreiseverbot umfassten Staaten. Der BF hat gemäß § 9 Abs 2 Z 5 BFA-VG relevante Bindungen zu seinem Heimatstaat, wo sich bislang sein Lebensmittelpunkt befand. Sein Familienleben mit einer Österreicherin entstand in einem Zeitpunkt, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war, zumal die Ehe erst nach der Erlassung des Einreiseverbots geschlossen wurde, was ihr Gewicht maßgeblich relativiert (§ 9 Abs 2 Z 8 BFA-VG). Auch wenn nach der Geburt des gemeinsamen Kindes regelmäßige persönliche Kontakte zu beiden Elternteilen in dessen Interesse liegen (siehe § 138 Z 9 ABGB), ist doch zu berücksichtigen, dass der BF nie von der Erlaubnis zu einer Niederlassung in Österreich ausgehen durfte. Es ist ihm angesichts seiner nach § 9 Abs 2 Z 7 BFA-VG maßgeblichen Verstöße gegen die öffentliche Ordnung zumutbar, den Kontakt zu Ehefrau und Kind vorerst bei Besuchen in Albanien (oder in anderen, nicht vom Einreiseverbot betroffenen Staaten) zu pflegen; zu ersterer kann er auch über Kommunikationsmittel wie Telefon oder Internet in Kontakt bleiben.

Im Ergebnis liegen daher grundsätzlich die Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbots von bis zu fünf Jahren vor. Das Ausschöpfen der vorgesehenen Höchstfristen darf jedoch nicht regelmäßig schon dann erfolgen, wenn einer der Fälle des § 53 Abs 2 oder Abs 3 FPG vorliegt; eine einzelfallbezogene Bemessung ist vielmehr unabdingbar (vgl. VwGH 30.06.2015, Ra 2015/21/0002).

Um der durch die Eheschließung und die bevorstehende Geburt des gemeinsamen Kindes begründeten familiären Anknüpfung des BF Rechnung zu tragen, ist die Dauer des Einreiseverbots - in teilweiser Stattgebung der Beschwerde - auf zwei Jahre zu reduzieren, zumal dies auch dem Fehlverhalten des unbescholtenen und kooperativen BF und der von ihm ausgehenden Gefährdung entspricht. Dadurch bleibt auch eine Steigerung der Sanktion bei einem neuerlichen, allenfalls schwerwiegenderen Fehlverhalten möglich. Der angefochtene Spruchpunkt ist in diesem Sinn abzuändern. Mit seinem Antrag auf Aufhebung oder Verkürzung der Dauer des Einreiseverbots ist der BF auf diese Entscheidung zu verweisen.

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt werden konnte, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG nicht erforderlich, zumal ohnedies den Behauptungen des BF zu seinen Anknüpfungen im Bundesgebiet gefolgt wird.

Die Revision ist nicht zu zulassen, weil das BVwG bei der vorliegenden Einzelfallentscheidung keine qualifizierte Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen hatte und sich an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte.

Schlagworte

Einreiseverbot Herabsetzung Milderungsgründe Unbescholtenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G314.2226220.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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