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63 Allgemeines Dienst- und BesoldungsrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung des §109 BDG 1979 betreffend die Disziplinaranzeige mangels Eingriff dieser ausschließlich an die Dienstvorgesetzten und die Dienstbehörde gerichteten Bestimmung in die Rechtssphäre der antragstellenden BeamtenSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Die Antragsteller stehen als Kriminalbeamte der Bundespolizeidirektion Wels in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Sie begehren mit dem vorliegenden, auf Art140 (Abs1 letzter Satz) B-VG gestützten Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge
"1. §109 BDG (= Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979) zur Gänze als verfassungswidrig aufheben;
in eventu:
2. im §109 (2) BDG die Worte '... oder Ermahnung ...' als verfassungswidrig aufheben;
in eventu
3. §109 (2) BDG zur Gänze (als) verfassungswidrig aufheben;
4. in jedem Falle die belangte Behörde in den Kostenersatz dieser Beschwerde (richtig: dieses Antrages) verfällen."
2. Der unter der Überschrift "Disziplinaranzeige" stehende §109 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 - BDG 1979, BGBl. 333, lautet:
"§109.(1) Der unmittelbar oder mittelbar zur Führung der Dienstaufsicht berufene Vorgesetzte (Dienstvorgesetzte) hat bei jedem begründeten Verdacht einer Dienstpflichtverletzung die zur vorläufigen Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Erhebungen zu pflegen und sodann unverzüglich im Dienstwege der Dienstbehörde Disziplinaranzeige zu erstatten. Erweckt der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung auch den Verdacht einer von Amts wegen zu verfolgenden gerichtlich strafbaren Handlung, so hat sich der Dienstvorgesetzte in dieser Eigenschaft jeder Erhebung zu enthalten und sofort der Dienstbehörde zu berichten. Diese hat gemäß §84 der Strafprozeßordnung 1975, BGBl. Nr. 631, vorzugehen.
(2) Von einer Disziplinaranzeige an die Dienstbehörde ist abzusehen, wenn nach Ansicht des Dienstvorgesetzten eine Belehrung oder Ermahnung ausreicht.
(3) Die Dienstbehörde hat, sofern es sich nicht um eine Selbstanzeige handelt, eine Abschrift der Disziplinaranzeige unverzüglich dem Beschuldigten zuzustellen."
3. Zur Zulässigkeit des Antrages bringen die Antragsteller (zusammengefaßt) vor:
Mit Schreiben vom 4. Juli 1994 habe ihnen der Polizeidirektor von Wels gemäß §109 Abs2 BDG eine Ermahnung erteilt. Diese sei nicht als Bescheid zu werten. Durch §109 BDG und die darauf gestützte Ermahnung werde sohin unmittelbar in die Rechtssphäre der Antragsteller eingegriffen; die im jeweiligen Personalakt erliegende Ermahnung werde nämlich im Fall von Personalentscheidungen mitberücksichtigt.
Die Regelung des §109 BDG erachten die Antragsteller für verfassungswidrig, weil keine ausreichenden Rechtsschutzmöglichkeiten bestünden.
4. Die Bundesregierung erstattete aufgrund ihres Beschlusses vom 28. März 1995 eine Äußerung, in der sie primär begehrt, den Antrag mangels Antragslegitimation zurückzuweisen.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Frage der Zulässigkeit des Antrages erwogen:
1. Voraussetzung für die Legitimation, einen sogenannten Individualantrag gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG zu stellen, ist, daß das bekämpfte Gesetz für den Antragsteller nicht bloß behaupteterweise, sondern tatsächlich ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist (VfSlg. 8009/1977). Zu untersuchen ist vom Verfassungsgerichtshof hiebei lediglich, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Rechtswirkungen vorliegen (VfSlg. 8060/1977, 8587/1979, 10593/1985, 11453/1987).
2. §109 BDG wendet sich ausschließlich an die Dienstvorgesetzten und die Dienstbehörden. Er begründet weder Rechte noch Pflichten des (unterstellten) Beamten, greift also nicht in die Rechtssphäre der Antragsteller ein.
3. Der Antrag war sohin mangels Legitimation der Antragsteller gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Dienstrecht, Disziplinarrecht Beamte, Einleitung (Disziplinarverfahren), DisziplinaranzeigeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1996:G262.1994Dokumentnummer
JFT_10039686_94G00262_00