TE OGH 2020/5/27 7Ob218/19p

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Veröffentlicht am 27.05.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Höllwerth, Dr. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** L*****, vertreten durch die MMMag. Dr. Franz Josef Giesinger Rechtsanwalt GmbH in Götzis, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Achammer & Mennel Rechtsanwälte OG in Feldkirch, wegen 30.000 EUR sA und Feststellung, über den Rekurs und die Revision der beklagten Partei gegen den Beschluss und das Teilzwischenurteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 10. Oktober 2019, GZ 2 R 110/19x-37, womit das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 16. Mai 2019, GZ 5 Cg 49/18p-32, teilweise aufgehoben und teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Revision wird Folge gegeben, die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger ist Zimmermann beim Unternehmen Holzbau F*****, das von S***** E***** F***** (in Hinkunft Arbeitgeber) geführt wird. Im Jahr 2017 wurde dieses Unternehmen mit Holzarbeiten am Dachstuhl am B***** beauftragt. Die Beklagte war für das Bauvorhaben als Baustellenkoordinatorin bestellt. Für die Wahrnehmung der Baustellenkoordinationsaufgaben war der Baustellenkoordinator der Beklagten, J***** A***** (in Hinkunft: Baustellenkoordinator), zuständig.

Noch vor Beginn der Bauarbeiten wurde von der Beklagten ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan erstellt, der an alle beauftragten Bauunternehmen zugestellt und mit ihnen besprochen wurde. Während der Bauarbeiten lag ein Exemplar auf der Baustelle zur Einsicht auf. Der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan weist – soweit hier relevant – folgenden Inhalt auf:

Mitgeltende Dokumente:

Mitgeltende Dokumente in der jeweils gültigen Fassung:

[…]

Baustellenordnung Zubau und Sanierung [...]

1. Die Inhalte des Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes und der Unterlage für spätere Arbeiten sind umzusetzen.

2. Der Auftragnehmer ist als Arbeitgeber oder Selbstständiger im Sinn der Baustellenverordnung verpflichtet, die gesetzlichen Arbeitnehmerschutzbestimmungen einzuhalten. […]

Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan

Bereich: Gemeinsame Sicherheitseinrichtungen

[…]

Gefährdung: Schützgerüste

Maßnahme: Auffangnetze

Dauer: 2. 5. 2017 bis 26. 6. 2017, 8 Wochen

Regelwerk: BauV Abschnitt 1 § 10. Schutzeinrichtungen, Baumappe E 6

Maßnahme: Dachfanggerüst

Dauer: 2. 5. 2017 bis 26. 6. 2017, 8 Wochen

Regelwerk: BauV Abschnitt 11 § 88. Schutzeinrichtungen, Baumappe D 14 [...]“.

Der Kläger ist gelernter Tischler und absolvierte anschließend eine Ausbildung zum Zimmermann. Etwa Mitte Mai 2017 begannen der Kläger und seine Arbeitskollegen mit den Arbeiten am Gebäudedach, wobei sie sich vom nordwestlichen zum südwestlichen Gebäuderand vorarbeiteten und dabei ein Dachfanggerüst entsprechend dem Baufortschritt sukzessive von Nordwesten nach Südwesten ergänzten. Dabei verwendeten sie aufgrund einer entsprechenden Anweisung ihres Vorgesetzten (Arbeitgeber) ein Dachfanggerüst der Marke „B*****“. Die Aufbau- und Verwendungsanleitung dieses Dachfangs weist – soweit hier wesentlich – folgenden Inhalt auf:

[…] 1. Verwendung

Der B***** darf verwendet werden als Schutzwand im Sinn der UVV 'Bauarbeiten' (GBV C22) bei Arbeiten an und auf Dächern bis zur 60° Neigung.

Die zu sichernden Arbeitsplätze und Verkehrswege dürfen jedoch – lotrecht gemessen – nicht höher als 5 Meter über dem Fuß der Schutzwand liegen. […]

2. Aufbau

2.1.1 Die Montage […] ist nur Personen gestattet, die mit dieser Aufbau- und Verwendungsanleitung hinreichend vertraut sind. [...]

2.2 Anbringen der Schutzwandhalter

[…]

2.2.2 Der Abstand der Schutzwandhalter untereinander darf nicht größer als 2,10 m sein […].

2.3 Einhängen des Netzes

2.3.1 […] Schutznetze dürfen ohne Prüfung nur innerhalb von 12 Monaten nach Herstellung verwendet werden. Sollen ältere Schutznetze eingesetzt werden, muss nachgewiesen werden, dass die Bruchkraft des Prüfseils die vom Hersteller angegebene Mindestbruchkraft nicht unterschreitet. […]. Die Prüfung der Mindestbruchkraft des Prüfseiles muss nach DIN EN 1263-1 erfolgen und darf nicht länger als 12 Monate zurückliegen.

2.3.2 Das Netz ist mit seinem eingearbeiteten Randseil straff gespannt in den oberen Haltebügel eines jeden Schutzwandhalters und über die anhängenden Karabinerhaken am Klemmstück einzuhängen. Außerdem ist an jedem Schutzwandhalter ein Maschenknoten ebenfalls in den dort angebrachten Karabinerhaken einzuhängen. [...].“

Es kann nicht festgestellt werden, ob die Aufbau- und Verwendungsanleitung des verwendeten Dachfanggerüsts zu irgendeinem Zeitpunkt im Baustellenbereich zur Einsicht aufgelegt war. Der Baustellenkoordinator kannte diese Anleitung nicht, forderte sie zu keinem Zeitpunkt vom Arbeitgeber an, nahm daher zu keinem Zeitpunkt Einsicht in diese und überprüfte auch nie, ob die Montage des Gerüsts anleitungskonform erfolgte. Auch dem Kläger war diese Anleitung unbekannt, er forderte sie ebenfalls nie an.

Die Montage durch die Mitarbeiter des Arbeitgebers erfolgte ohne Einsichtnahme in die Montageanleitung des Dachfanggerüsts. Dabei entschieden sie nach Gefühl, in welchem Abstand sie die Steher des Dachfanggerüsts montierten, ohne auf etwaig vorgeschriebene Maximalabstände zu achten. Der Kläger selbst half bei der Montage des Dachfanggerüsts bis zur Gebäudemitte mit, anschließend war er nicht mehr in die Montage des Dachfanggerüsts involviert.

Der Baustellenkoordinator besichtigte die Baustelle regelmäßig, etwa alle drei bis vier Tage, zu unterschiedlichen Tageszeiten. Im Mai 2017 suchte er die Baustelle am 8. 5., am 11. 5., am 16. 5., am 18. 5. am 23. 5., am 26. 5. sowie am 30. 5. auf und füllte dabei jeweils Baustellen-Koordinationsberichte aus. Den Inhalt dieser Koordinationsberichte, was die Zimmermannarbeiten anlangte, erörterte er mit dem Arbeitgeber, wobei sie zu diesem Zweck etwa alle zwei bis drei Tage miteinander telefonierten oder persönlich miteinander auf der Baustelle sprachen. Im Rahmen dieser Gespräche wies der Baustellenkoordinator den Arbeitgeber mehrmals auf die Notwendigkeit eines Ortganggeländers hin. Bis zum Unfallszeitpunkt hatte dieser ein solches dann auch talseitig montieren lassen. Hinsichtlich der Bergseite versicherte der Arbeitgeber, dass ein Fassadengerüst aufgestellt werde, sobald die Dachfläche geschlossen sei. Dieses hätte die Montage eines Ortganggeländers erübrigt. Grundsätzlich kann ein Ortganggeländer auch immer nur entsprechend dem Baufortschritt am Dach bzw der Dachfläche montiert werden.

Am 30. 5. 2017 begannen der Kläger und seine Arbeitskollegen gegen 7:00 Uhr morgens mit den Arbeiten, wobei sie zunächst die Dachsparren montierten. An jenem Tag kam der Baustellenkoordinator gegen 9:00 Uhr auf die Baustelle und blieb bis etwa 10:00 Uhr. Im Rahmen dieser Baustellenbesichtigung besichtigte er auch das Dachfanggerüst, das zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht vollständig montiert war. Es reichte lediglich bis zur Gebäudemitte, sodass die Steher am südwestlichen Gebäuderand noch nicht am Dach befestigt waren. Zu diesem Zeitpunkt waren sie erst am Boden vormontiert; der Fortschritt der Vormontage konnte nicht festgestellt werden. Für den Baustellenkoordinator war daher bei seinem Besuch auf der Baustelle am 30. 5. 2017 der Abstand zwischen den letzten beiden Stehern am südwestlichen Gebäuderand noch nicht zu erkennen. Die im Zeitpunkt seines Besuchs am 30. 5. 2017 bislang montierten Steher wiesen allesamt einen Abstand von 2,1 m auf. Er kontaktierte noch am Vormittag des 30. 5. 2017 den Arbeitgeber und teilte diesem mit, dass das Fangnetz in Richtung Südwesten noch zu ergänzen sei.

Nachdem er gegen 10:00 Uhr die Baustelle verlassen hatte, stellten die Mitarbeiter des Arbeitgebers das Dachfanggerüst fertig und montierten auch am südwestlichen Gebäuderand die fehlenden Steher sowie das Fangnetz. Gegen Mittag des 30. 5. 2017 war das Dachfanggerüst vollständig fertig montiert und der Kläger und seine Arbeitskollegen setzten die Arbeiten am Dach fort. Die südwestlichsten (= äußerst rechten) beiden Steher des Dachfanggerüsts wiesen nach Fertigstellung durch die Mitarbeiter des Arbeitgebers im Gegensatz zu den anderen Stehern einen Abstand von 2,8 m auf.

Nachdem das Dachfanggerüst am 30. 5. 2017 zur Mittagszeit komplett montiert war, wurde es bis zum 1. 6. 2017 nicht noch einmal vom Baustellenkoordinator in Augenschein genommen. Hätte er das Dachfanggerüst samt Netz in vollständig montiertem Zustand nochmals besichtigt, dann hätte ihm auffallen müssen, dass die beiden letzten Steher am südwestlichen Gebäuderand einen Abstand von 2,8 m aufwiesen.

Am 1. 6. 2017 war der Kläger am Nachmittag gemeinsam mit einem Arbeitskollegen mit Holzarbeiten am Dachstuhl beschäftigt. Das Dachfanggerüst befand sich seit Fertigstellung am 30. 5. 2017 in unverändertem Zustand. Als gegen 16:30 Uhr ein Gewitter aufzog und es zu tröpfeln begann, beschlossen der Kläger und der Arbeitskollege über dem teilweise offenen Dach eine Regenplane zu befestigen. Zu diesem Zweck legten sie zunächst die Plane über die offene Dachluke und beabsichtigten, diese anschließend mittels einer Latte am Dachbalken zu fixieren. Dabei befand sich der Arbeitskollege in der Nähe des Dachfirsts. In der Folge glitt er aus, verlor das Gleichgewicht und rutschte dachabwärts auf den unter ihm befindlichen Kläger zu. Als er in den Kläger rutschte, verlor dieser ebenfalls das Gleichgewicht und begann neben seinem Arbeitskollegen bodenwärts zu rutschen. Während sich der Arbeitskollege an einem Steher festhalten konnte, fiel der Kläger zwischen Netz und Traufe hindurch zu Boden, wodurch er sich Verletzungen zuzog.

Die Dachneigung lag unter 60°, die zu sichernden Arbeitsplätze lagen lotrecht gemessen 6,35 m über dem Fuß der Schutzwand. Die verwendete Dachschutzwand wurde zuletzt am 21. 9. 2010 von der zuständigen Prüf- und Zertifizierungsstelle geprüft. Die entsprechende Prüfbescheinigung wies eine Gültigkeitsdauer bis 20. 9. 2015 auf. Nach diesem Zeitpunkt hätte das Dachfanggerüst aus technischer Sicht entweder komplett ausgetauscht oder neu geprüft werden müssen. Der Baustellenkoordinator forderte zu keinem Zeitpunkt die Prüfbescheinigung für das verwendete Dachgerüst an und nahm nie Einsicht in diese.

Hätte er in die Aufbau- und Verwendungsanleitung Einsicht genommen und diese mit der tatsächlich ausgeführten vollständig montierten Dachfangkonstruktion verglichen, dann wäre für ihn erkennbar gewesen, dass einerseits die maximal zulässige Verwendungshöhe und andererseits der maximal zulässige Abstand zwischen den beiden äußeren Stehern überschritten war. Wenn er in die Prüfbescheinigung für das Dachgerüst Einsicht genommen hätte, wäre für ihn erkennbar gewesen, dass für das Gerüst keine gültige Prüfbescheinigung vorhanden war.

Weder der Umstand, dass die zu sichernden Arbeitsplätze lotrecht gemessen 6,35 m über dem Fuß der Schutzwand lagen, noch die Tatsache, dass die Prüfbescheinigung im Zeitpunkt 1. 6. 2017 bereits abgelaufen war, hatten Einfluss auf das Unfallgeschehen. Wären hingegen die letzten beiden Steher am südwestlichen Gebäuderand in einem Abstand von maximal 2,1 m angebracht worden, dann hätte das Netz eine höhere Spannung aufgewiesen. In diesem Fall wäre der Kläger nicht zwischen Netz und Traufe hindurch gerutscht. Die Überschreitung der Maximalabstände zwischen den letzten beiden Schutzwandhaltern (= Steher) und die Überschreitung der maximalen Verwendungshöhe um 1,35 m stellen aus technischer Sicht schwerwiegende Sicherheitsmängel dar.

Zum Unfallszeitpunkt war im Unfallbereich (bergseitig) keine Absturzsicherung im Bereich des Ortgangs montiert. Aus technischer Sicht wäre eine solche zu montieren gewesen; ohne sie hätten in diesem Bereich keine Arbeiten durchgeführt werden dürfen. Es kann nicht festgestellt werden, ob eine entsprechende Absturzsicherung im Bereich des Ortgangs den Unfall verhindert hätte.

Der Kläger begehrt die Zahlung von 30.000 EUR sA und die Feststellung, dass die Beklagte ihm für sämtliche künftige Folgen aus dem Arbeitsunfall vom 1. 6. 2017 zu haften habe. Ursache für den Sturz vom Dach sei gewesen, dass das Dachfanggerüst nicht korrekt nach der Aufbau- und Verwendungsanleitung des Herstellers montiert gewesen sei, insbesondere sei im Bereich des Dachsaums das Netz nicht in sämtliche Karabiner eingehängt gewesen und es seien die Maximalabstände zwischen den Haltepfosten von 2,10 Meter mehrfach überschritten worden. Das Netz sei, nicht wie vorgeschrieben, regelmäßig überprüft worden und hätte lediglich bis zum 20. 9. 2015 verwendet werden dürfen. Es sei keine Abnahme des Dachfanggerüsts erfolgt und kein Abnahmeprotokoll erstellt worden. Auch hätte das Dachfanggerüst nicht verwendet werden dürfen, wenn – wie hier – die zu sichernden Arbeitsplätze und Verkehrswege lotrecht mehr als fünf Meter über dem Fuß der Schutzwand gelegen seien. Eine Absturzsicherung im Bereich des Ortgangs habe ebenfalls gefehlt. Zum Pflichtenkreis des Baustellenkoordinators hätte es gehört, bei der Neuerstellung von Baustelleneinrichtungen, wozu das Dachfanggerüst gehöre, zu prüfen, ob die relevanten Arbeitnehmerschutzvorschriften eingehalten worden seien. Diesen Prüfpflichten sei die Beklagte offenkundig nicht nachgekommen. Bereits bei oberflächlicher Prüfung hätten die genannten Sicherheitsmängel am Gerüst auffallen müssen und es wäre für sie ersichtlich gewesen, dass das konkrete Dachfanggerüst im Hinblick auf dessen Verwendungsbestimmungen beim vorliegenden Bauvorhaben überhaupt nicht verwendet hätte werden dürfen. Das bergseitige Dachfanggerüst sei am 29. 5. 2017 montiert worden, es wäre der Beklagten daher rechtzeitig vor dem Unfall des Klägers am 1. 6. 2017 eine Überprüfung möglich gewesen. Sie hätte das Fehlen einer Montage- und Bedienungsanleitung des Dachfanggerüsts auf der Baustelle bemängeln und sich nach der Evaluierung des Arbeitgebers für die Baustelle gemäß § 7 ASchG erkundigen müssen. Ein Mitverschulden des Klägers liege nicht vor, dieser habe selbst keine Fehler beim Aufstellen des Fangnetzes gemacht.

Die Beklagte wendet ein, dass die ordnungsgemäße Montage des Fangnetzes dem ausführenden Unternehmen obliege, das Fangnetz sei bergseitig vor Beginn der Arbeiten auf der Dachseite montiert, der Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan nach § 7 BauKG somit eingehalten worden. Es sei nicht Aufgabe des Baustellenkoordinators zu prüfen, ob die Montage entsprechend der Verwendungs- und Bedienungsanleitung erfolgt sei. Er habe auch regelmäßig mehrmals pro Woche Kontrollen auf der Baustelle durchgeführt und diese dokumentiert. Er habe die jeweiligen Arbeitgeber angewiesen, für die vorgeschriebenen Schutzeinrichtungen zu sorgen und habe die Einhaltung der Schutzvorschriften kontrolliert. Eine nicht bedienungsanleitungsgemäße Montage hätte ihm nicht auffallen müssen, zudem seien allfällige Mängel nicht unfallkausal. Dass die letzten beiden Steher in zu weitem Abstand montiert worden seien, sei ihm nicht erkennbar gewesen, da sie erst nach seinem letzten Besuch auf der Baustelle montiert worden seien. Das fehlende Ortganggeländer sei nicht unfallkausal gewesen. Das Dachfanggerüst sei für eine Arbeitshöhe von 5 m bei einer Dachneigung von 60° zu verwenden, bei der gegebenen Arbeitshöhe von 6,35 m und Dachneigung von 23° wäre bei richtiger Montage der Unfall des Klägers jedenfalls verhindert worden. Das Fangnetz sei dem äußeren Anschein nach in Ordnung gewesen und hätte auch über den September 2015 hinaus Verwendung finden können; eine allfällige mangelnde Überprüfung sei daher nicht unfallkausal. Das Gerüst sei vom Kläger selbst und ein bis zwei weiteren Mitarbeitern aufgebaut worden; der Kläger sei in die korrekte Handhabung und Montage des Gerüsts eingewiesen worden und habe im Jahr 2016 eine Schulung bezüglich Maschinen und Sicherheit absolviert. Sollte das Gerüst und das dazu gehörige Fangnetz mangelhaft montiert worden sein, müsse sich der Kläger ein erhebliches Mitverschulden anrechnen lassen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Baustellenkoordinator habe darauf zu achten, dass die Arbeitgeber den Sicherheits- bzw Gesundheitsschutzplan und die allgemeinen Grundsätze der Gefahrenverhütung nach § 7 ASchG anwendeten. Der Baustellenkoordinator sei nicht zur laufenden Überprüfung der einzelnen Arbeitnehmer im täglichen Arbeitsverlauf verpflichtet. Er habe eine Baustelle in einem angemessenen – hier eingehaltenen – Prüfungsintervall zu besichtigen. Konkret sei er zwei Tage vor dem Unfall auf der Baustelle gewesen, das Gerüst habe keine augenscheinlichen Mängel aufgewiesen. Der Umstand, dass er bis zum Unfall des Klägers nicht mehr auf der Baustelle anwesend gewesen sei, stelle keine objektive oder subjektive Sorgfaltswidrigkeit dar. Auch sei er nicht verpflichtet gewesen, in die Montageanleitung Einsicht zu nehmen und diese mit der tatsächlichen Gerüstkonstruktion zu vergleichen. Er habe auch nicht prüfen müssen, ob das Dachfanggerüst überhaupt für ein derartiges Bauvorhaben verwendet werden habe dürfen und ob die Prüfbescheinigung noch gültig sei. Diese Umstände lägen in der Sphäre des jeweiligen Arbeitgebers und Gerüstaufstellers, der insoweit diese Gefahr auch tatsächlich beherrsche.

Das Berufungsgericht erkannte mit Teilzwischenurteil das Klagebegehren, die Beklagte sei schuldig, dem Kläger 30.000 EUR samt 4 % Zinsen seit 23. 5. 2018 zu zahlen, als dem Grunde nach zu Recht bestehend. Im Übrigen, sohin im Umfang der Abweisung des Feststellungsbegehrens und im Kostenpunkt hob es das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Hinsichtlich des fehlenden Ortganggeländers habe das Erstgericht zur Frage der Kausalität eine negative Feststellung getroffen, die hier zu Lasten des Klägers gehe. Der Anscheinsbeweis sei nicht gelungen, weil ein typischer Geschehensablauf nicht nachgewiesen worden sei. Allerdings habe die Beklagte für die fehlerhafte Montage der letzten beiden Steher in einem Abstand von 2,8 m anstatt 2,1 m einzustehen. Sie bzw ihr Baustellenkoordinator wäre verpflichtet gewesen, in die Montageanleitung Einsicht zu nehmen und daraus den maximal zulässigen Abstand der Steher des Dachfanggerüsts erkennen zu können. Daraus, dass die beiden Steher zum Zeitpunkt des letzten Besuchs auf der Baustelle noch nicht montiert gewesen seien, sei für die Beklagte nichts zu gewinnen. Zur Änderung der Baustelleneinrichtung gehöre auch die Errichtung des Dachfanggerüsts, das hier sukzessive entsprechend dem Baufortschritt von Nordwesten nach Südwesten ergänzt worden sei. Der Baustellenkoordinator hätte daher seine Anwesenheit auf der Baustelle so einrichten müssen, dass er das Gerüst in Augenschein nehmen und einer Prüfung unterziehen hätte können, bevor auf dem entsprechenden Dachabschnitt mit den Bauarbeiten begonnen wurde. Die Haftung der Beklagten sei daher sowohl nach deliktischen, als auch nach vertraglichen Grundsätzen dem Grunde nach für den dem Kläger entstanden Schaden zu bejahen. Ein Mitverschulden des Klägers sei nicht gegeben, weil dieser an der Montage des Dachfanggerüsts im späteren Unfallbereich nicht beteiligt gewesen sei. Davon ausgehend sei das Leistungsbegehren dem Grunde nach als zu Recht bestehend festzustellen, die Entscheidung über das Feststellungsbegehren hingegen mangels entsprechender Tatsachengrundlage aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen gewesen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig seien, weil keine Rechtsprechung vorliege, ob ein Baustellenkoordinator lediglich das Vorhandensein vorgeschriebener Baustelleneinrichtungen an sich zu prüfen habe oder ob er auch ihre weitergehende Prüfung vorzunehmen habe.

Gegen diese Entscheidung wendet sich (erkennbar) der Rekurs und die Revision der Beklagten mit einem Abänderungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger begehrt, die Rechtsmittel zurückzuweisen; hilfsweise ihnen keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs und die Revision sind zulässig, der Rekurs ist nicht, die Revision ist im Sinne des Aufhebungsantrags auch berechtigt.

1.1 Durch die Vorschriften des BauKG soll den Gefahren begegnet werden, die aufgrund der gleichzeitigen oder aufeinanderfolgenden Tätigkeit von Arbeitnehmern verschiedener Unternehmen infolge fehlender oder fehlerhafter Einrichtungen oder Sicherheitsvorkehrungen eines anderen auf der Baustelle tätigen Unternehmens entstehen (vgl RS0119449 [insb T1]).

1.2 Konkret wurde über die nach dem ASchG bestehende Verantwortung des Arbeitgebers für den Arbeitnehmerschutz seiner Arbeitnehmer hinaus auch eine Verantwortung von Dritten für Belange des Arbeitnehmerschutzes geschaffen. Die Verpflichtungen nach dem BauKG werden grundsätzlich dem Bauherrn auferlegt, der daher die erforderlichen Sicherheits- bzw Koordinationsmaßnahmen durchzuführen bzw zu veranlassen hat. Durch § 1 Abs 5 BauKG hat der Gesetzgeber klargestellt, dass die neben den Bestimmungen des BauKG auch im ASchG geregelten Verpflichtungen des Arbeitgebers für Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei der Arbeit zu sorgen, weiterhin bestehen, sie somit von ihren eigenen Sicherheitsverpflichtungen nicht enthoben werden (10 Ob 112/05a, 3 Ob 44/07b je mwN). Neu ist lediglich, dass der Arbeitgeber durch den Baustellenkoordinator dabei unterstützt und überwacht wird (3 Ob 44/07b).

2.1 Gemäß § 3 Abs 1 BauKG hat der Bauherr einen Planungskoordinator für die Vorbereitungsphase und einen Baustellenkoordinator für die Ausführungsphase zu bestellen, wenn auf einer Baustelle gleichzeitig oder aufeinanderfolgend Arbeitnehmer mehrerer Arbeitgeber tätig werden.

2.2 Den so bestellten Baustellenkoordinator treffen im Interesse des Arbeitnehmerschutzes gemäß § 5 BauKG Koordinationspflichten (Abs 1), Überwachungspflichten (Abs 2) und Organisationspflichten (Abs 3). Nach dem hier interessierenden § 5 Abs 2 BauKG hat er darauf zu achten, dass die Arbeitgeber den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan (Z 1), und die allgemeinen Grundsätze der Gefahrenverhütung gemäß § 7 ASchG (Z 2) anwenden, sowie dass die auf derselben Baustelle tätigen Selbständigen den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan und die allgemeinen Grundsätze der Gefahrenverhütung gemäß § 7 ASchG anwenden, wenn dies zum Schutz der Arbeitnehmer erforderlich ist (Z 3).

2.3 Stellt der Baustellenkoordinator bei Besichtigungen der Baustelle Gefahren für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer fest, hat er unverzüglich den Bauherrn oder den Projektleiter sowie den Arbeitgeber und die allenfalls auf der Baustelle tätigen Selbständigen zu informieren. Der Baustellenkoordinator hat das Recht, sich an das Arbeitsinspektorat zu wenden, wenn er der Auffassung ist, dass die getroffenen Maßnahmen und bereitgestellten Mittel nicht ausreichen, um die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz sicherzustellen, nachdem er erfolglos eine Beseitigung dieser Missstände verlangt hat (§ 5 Abs 4 BauKG).

2.4.1 Die Haftung für eine allfällige Pflichtverletzung des Baustellenkoordinators ist mangels besonderer Regelung nach allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen. Demnach stellt sich der Pflichtenkatalog des BauKG als Schutzgesetz zugunsten der Arbeitnehmer – iSd § 1311 ABGB – dar (RS0119450 [T1]).

2.4.2 Derjenige, der die Aufgaben als Baustellenkoordinator übernommen hat, haftet nach dem Maßstab des § 1299 ABGB für die sachgerechte Erledigung seiner Aufgaben (RS0124230). Der vom Sachverständigen einzuhaltende Sorgfaltsmaßstab wird durch die typischen und demnach objektiv bestimmten Fähigkeiten eines Angehörigen des betreffenden Verkehrskreises bestimmt (RS0026541, RS0022711 [T1], vgl auch RS0026524). Durch § 1299 ABGB wird der Sorgfaltsmaßstab auf den Leistungsstandard der jeweiligen Berufsgruppe erhöht (RS0026541 [T5]).

2.4.3 Der Baustellenkoordinator haftet den auf der Baustelle eingesetzten Arbeitnehmern für Pflichtwidrigkeiten aber nicht nur deliktisch, sondern auch vertraglich nach dem Koordinationsvertrag; bedient er sich für die Erfüllung seiner (vertraglichen) Pflichten selbst eines Gehilfen, haftet er für diesen gemäß § 1313a ABGB (RS0015253).

3.1 Zu prüfen ist hier Art und Intensität der Überwachungspflicht des Baustellenkoordinators nach § 5 Abs 2 Z 2 BauKG.

3.2 Nach dieser Bestimmung hat der Baustellenkoordinator darauf zu achten, dass die Arbeitgeber die allgemeinen Grundsätze der Gefahrenverhütung gemäß § 7 ASchG anwenden. Da dem Baustellenkoordinator keine Weisungsbefugnis gegenüber den auf der Baustelle tätigen Personen zukommt, ist die Wendung „darauf zu achten“ als „hat zu beobachten“ auszulegen (Steinmaurer/Wenusch, Bauarbeitenkoordinationsgesetz [BauKG] 51).

Die Pflichten des Baustellenkoordinators im Verhältnis zu den Arbeitnehmern auf der Baustelle sind keine Erfolgsverbindlichkeiten in dem Sinn, dass sie für jedes Risiko, das sich auf der Baustelle verwirklicht, haften (Egglmeier-Schmolke, Das Bauarbeiterkoordinationsgesetz in bbl 2000, 47; Steinmaurer/Wenusch, aaO 56 f).

Im Einzelnen werden die Überwachungspflichten des Baustellenkoordinators in Rechtsprechung und Lehre wie folgt umschrieben: Besonderes Augenmerk hat der Baustellenkoordinator auf die Anpassung und Einhaltung der Fristen für die einzelnen Arbeiten, die Zusammenarbeit der Arbeitgeber und Selbständigen hinsichtlich gemeinsam herzustellender und beanspruchter Schutzmaßnahmen, die Aufrechterhaltung von Ordnung und Sauberkeit auf der Baustelle, die gefahrlose Lagerung bzw Zwischenlagerung von Material sowie den sicheren Zustand der Verkehrswege und dabei besonders auf die allgegenwärtige Gefahr eines Absturzes von Arbeitnehmern zu legen. Der Baustellenkoordinator kommt seiner Überwachungspflicht dann ausreichend nach, wenn er den für den Sicherheitsmangel Verantwortlichen bzw wenn das nichts nützt, den Arbeitgeber selbst auf den Missstand hinweist und ihn zur Beseitigung anhält bzw auffordert. Eine laufende ständige Kontrolle der Sicherheitsvorkehrungen ist nicht notwendig, er kann im Allgemeinen darauf vertrauen, dass sich die stets vor Ort befindenden Sicherheitsfachkräfte und Sicherheitsvertrauenspersonen der einzelnen bauausführenden Unternehmer, um die Erfüllung der Sicherheitsvorschriften kümmern (Egglmeier-Schmolke, aaO).

Die in § 5 Abs 4 BauKG genannte Pflicht, die Beseitigung festgestellter Missstände zu verlangen, kann dabei nicht auf bloße Zufallsbefunde reduziert werden. Zwar ist im Allgemeinen die ständige Anwesenheit des Baustellenkoordinators nicht erforderlich, es müssen die Intervalle der Baustellenbesuche aber, je nach Beschaffenheit der Baustelle, nach Art und Intensität der Tätigkeiten eine effektive Gefahrenverhütung ermöglichen. Aufgabe des Baustellenkoordinators ist es, auf Veränderungen auf der Baustelle und bei Baustelleneinrichtungen zu reagieren, um sicherzustellen, dass auch bei einer wesentlichen Änderung der Arbeitsabläufe oder der Änderung oder Neuerstellung von Baustelleneinrichtungen Arbeitnehmerschutzvorschriften eingehalten werden (1 Ob 233/03a; 2 Ob 272/03v; vgl auch Gartner/Kothbauer/Poschalko, Haftung für Gebäudesicherheit, 286; Petri/Steinmaurer, Baukoordination 35; Egglmeier-Schmolke, Haftung für Unfälle auf Baustellen bbl 2007, 82 [90]; Weselik, Bauarbeitenkoordinationsrecht 32 f; Steinmaurer/Wenusch aaO 56 f).

3.3 Bei der Frage nach dem konkreten Umfang der Prüfpflicht eines Baustellenkoordinators handelt es sich um Fragen des Einzelfalls (Petri/Steinmaurer, aaO 32).

3.4 Der Baustellenkoordinator hat demnach Einrichtungen zur effektiven Gefahrenverhütung vorzusehen und die Einhaltung seiner diesbezüglichen Vorgaben zu überwachen, doch darf diese Überwachungspflicht nicht überspannt werden. Der Baustellenkoordinator muss weder jeden einzelnen Arbeitsschritt erklären noch ihn beaufsichtigen.

4. Dem Baustellenkoordinator wird hier die Nichtvornahme der Einsicht in die Montageanleitung und die Prüfbescheinigung, der Kontrolle der anleitungskonformen Errichtung des Dachfanggerüsts und der Abnahme des Gerüsts vor Inbetriebnahme im Hinblick auf den Abstand der Steher und die mangelhafte Befestigung des Netzes an den Stehern sowie das Fehlen eines Ortfanggeländers vorgeworfen.

4.1 Der Unfall ereignete sich zwei Tage nachdem der Baustellenkoordinator zuletzt die Baustelle besichtigt hatte. Die zu diesem Zeitpunkt montierten Steher waren ordnungsgemäß – und zwar mit einem Abstand von 2,1 Meter – aufgestellt. Die Steher mit den unfallursächlich zu großen Abständen wurden erst nach seinem Verlassen der Baustelle montiert. Im Hinblick auf die bisher ordnungsgemäß erfolgte Aufstellung der Steher hatte der Baustellenkoordinator zum Zeitpunkt seiner Besichtigung keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass im Zuge der Fortsetzung der Errichtung des Gerüsts hier ein allfälliger Montagefehler begangen werden würde. Vor diesem Hintergrund stellt die Unterlassung einer noch zeitnäheren Kontrolle jedenfalls keinen Sorgfaltsverstoß dar.

4.2.1 Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt verneinten die Vorinstanzen die Kausalität der Überschreitung der maximal zulässigen Verwendungshöhe, des Nichtvorliegens einer gültigen Prüfungsbescheinigung und des Fehlens des Ortganggeländers, wogegen sich der Kläger auch nicht wendet.

4.2.2 Der Kläger meint jedoch, dass ein beachtenswerter Kausalzusammenhang zwischen dem Unterbleiben der Einsichtnahme in die Montage- und Verwendungsanleitung sowie in die Prüfbescheinigung und der Verwendung des Dachfanggerüsts. Wie auch vor dem Hintergrund des fehlenden Ortganggeländers an sich bestehe. Im Hinblick auf die getroffenen Feststellungen zeigt der Kläger hier aber keinen haftungsrelevaten Zusammenhang auf (vgl RS0023150, RS0022933).

4.3 Soweit sich der Kläger auf das Fehlen einer Arbeitsplatzevaluierung nach §§ 5 iVm 7 ASchG mit dem Hinweis beruft, dass das Dachfanggerüst in mehrfacher Hinsicht falsch montiert, die zulässige Verwendungshöhe überschritten, das Prüfdatum abgelaufen gewesen sei und ein Gerüstabnahmeprotokoll gefehlt habe, weshalb die Durchführung der Arbeiten untersagt werden hätte müssen, wiederholt er lediglich seine bisherigen Ausführungen.

4.4.1 Das Berufungsgericht bejahte zu der Frage, ob – unabhängig von dem als Sicherheitsmangel geltend gemachten Abstand zwischen den Stehern – eine unrichtige Befestigung des Fangnetzes an den Stehern vorgelegen sei, und ob dies kausal für den Sturz war, den Rechtsmittelgrund der Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens durch Unterlassung einer Ergänzung des Sachverständigen-gutachtens, sodass die Sachverhaltsgrundlage in diesem Umfang noch nicht gesichert ist.

4.4.2 Folgt aus der Ergänzung des Sachverständigengutachtens, dass bei der Besichtigung der Baustelle durch den Baustellenkoordinator der behauptete Montagefehler vorlag, ist weiters zu klären, ob dieser einen Sicherheitsmangel darstellte, der dem Baustellenkoordinator auffallen musste und dem er mit entsprechenden Hinweisen gegenüber dem Arbeitgeber hätte begegnen müssen sowie ob der allfällige Sicherheitsmangel kausal für den Absturz des Klägers war. In diesem Zusammenhang kann daher noch keine abschließende Beurteilung vorgenommen werden.

5. Da die Sachverhaltsgrundlage im Zusammenhang mit der Befestigung des Netzes an den Stehern zu verbreitern ist, ist dem Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss keine Folge zu geben. Der Revision ist hingegen Folge zu geben, die Entscheidungen der Vorinstanzen sind aufzuheben und das Verfahren ist an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückzuverweisen.

6. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Textnummer

E128649

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0070OB00218.19P.0527.000

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.07.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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