TE Lvwg Erkenntnis 2020/5/18 VGW-031/007/12540/2019

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Veröffentlicht am 18.05.2020
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Entscheidungsdatum

18.05.2020

Index

90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §5 Abs1
StVO 1960 §5 Abs4a
StVO 1960 §5 Abs6
StVO 1960 §99 Abs1b

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Köhler über die Beschwerde des A. B. gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien (Polizeikommissariat …) vom 06.08.2019, Zl. VStV/..., betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung (§ 5 Abs. 1 iVm § 99 Abs. 1b StVO), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.01.2020 zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 180,– Euro (das sind 20% der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

III. Gemäß § 52 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 05.05.2020, VGW-KO-..., bestimmten Barauslagen in Höhe von 856,80 Euro zu ersetzen.

Dieser Betrag ist der Stadt Wien durch Banküberweisung auf das Konto IBAN AT16 1200 0006 9621 2729, BIC BKAUATWW, lautend auf „MA6 BA40“ mit dem Verwendungszweck „VGW-KO-...“ binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Beschwerdegegenstand

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 06.08.2019 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 99 Abs. 1b StVO wegen einer Übertretung des § 5 Abs. 1StVO am 17.10.2018, um 23:05 Uhr, in Wien, C.-Straße, Kreuzung D. bestraft, weil er ein näher bezeichnetes Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Der Test am geeichten Alkomaten habe einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,46 mg/l ergeben. Es wurde eine Geldstrafe in Höhe von 900,– Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 8 Tage und 4 Stunden) verhängt und ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben.

Verfahrensgang

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende (form- und fristgerechte) Beschwerde.

Die belangte Behörde erließ keine Beschwerdevorentscheidung und legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Verwaltungsgericht vor.

Mit Schreiben vom 03.10.2019 ersuchte das Verwaltungsgericht die belangte Behörde allfällige vorhandene Dokumente betreffend das gegenständlich relevante Messgerät (Alkomat) zu übermitteln. Im Akt enthalten sei eine „Mitteilung“ des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen (in der Folge: BEV) vom 19.07.2017 betreffend das Gerät der Marke Dräger, MK III A 7110 mit der ID .... Es werde ersucht die zuvor gültige Bestätigung der Eichung dieses Gerätes sowie allfällige Kalibrierungs- oder Überprüfungsberichte zu übermitteln.

Mit Schreiben vom 10.10.2019 ersuchte das Verwaltungsgericht das BEV allfällige vorhandene Dokumente (Kalibrierungs- oder Überprüfungsberichte) betreffend das gegenständlich relevante Messgerät (Alkomat) zu übermitteln und eine ergänzende Stellungnahme zu Fragen bezüglich Messungenauigkeit bzw. Abweichung oder sonstige Einschränkungen der technischen Funktionsfähigkeit abzugeben.

Mit Schreiben vom 08.11.2019 ergingen Ladungen zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 15.01.2020 und zwar an den Beschwerdeführer, die belangte Behörde sowie die Zeuginnen E. F. und G. H..

Mit Schreiben vom 07.11.2019 übermittelte das BEV eine Bestätigung der letzten Eichung und verweis in Bezug auf Überprüfungsberichte auf den Gerätehersteller.

Mit Schreiben vom 11.11.2019 ersuchte das Verwaltungsgericht die Dräger Austria GmbH allfällige vorhandene Dokumente (insbesondere die Protokolle der halbjährlichen Überprüfung) betreffend das gegenständlich relevante Messgerät zu übermitteln.

Mit Schreiben vom 15.11.2019 übermittelte Dräger einen Servicebericht vom 02.05.2019 und einen Überprüfungsbericht vom 08.11.2019.

Mit Schreiben vom 15.11.2019 ersuchte das Verwaltungsgericht Dräger in Bezug auf den Tatzeitpunkt (17.10.2018) um ergänzende Übermittlung des Prüfberichtes.

Mit Schreiben vom 21.11.2019 übermittelte Dräger einen Überprüfungsbericht vom 25.01.2018.

Mit Schreiben vom 28.11.2019 übermittelte die belangte Behörde ein Konvolut von Überprüfungs- und Serviceberichten von Dräger sowie Eichbestätigungen des BEV.

Mit Schreiben vom 27.12.2019 entschuldigte sich die Zeugin G. H. für die mündliche Verhandlung am 15.01.2020.

Das Verwaltungsgericht führte am 15.01.2020 eine mündliche Verhandlung durch, in der der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer sowie E. F. als Zeugin einvernommen wurden. Es wurde die Sache- und Rechtslage erörtert. Der Ablauf der Amtshandlung und andere Umstände wurden geklärt oder außer Streit gestellt. Zur Klärung technischer Fragen wurden Fragestellungen, Gutachtensbeauftragung und Kostentragung (Barauslagen für nichtamtliche Sachverständige) erörtert.

Mit Schreiben vom 15.01.2020 bestätigte der Beschwerdevertreter die Bereitschaft zur Kostenübernahme und übermittelte ergänzende Fragen, die an den physikalisch-technischen Prüfdienst des BEV (in der Folge: PTP des BEV) zu richten seien.

Mit Gutachtensauftrag vom 16.01.2020 ersuchte das Verwaltungsgericht den PTP des BEV um Beantwortung eines umfangreichen Kataloges von technischen Fragen zu Messgenauigkeiten und deren Überprüfung.

Mit Schreiben vom 16.01.2020 ersuchte das Verwaltungsgericht Dräger (ebenfalls) um eine Stellungnahme zu diversen technischen Fragen betreffend Messgenauigkeiten und deren Überprüfung sowie die Überprüfung und die Funktionsweise des gegenständlichen Messgerätes.

Mit Schreiben vom 17.01.2020 teilte Dräger mit, dass im Jänner 2018 und im Oktober 2018 festgestellt worden sei, dass die Messwertabweichungen des Gerätes innerhalb der Eichfehlergrenzen lagen. Es sei nicht vorstellbar, dass bei einer zwischen diesen Terminen liegende Messung eine größere Abweichung als jene der Eichfehlergrenzen aufgetreten sei. Eine allfällige Messungenauigkeit sei innerhalb der Eichfehlergrenze gewesen. Die technische Funktionsweise des gegenständlichen Gerätes sei in der Beschwerdekonstellation (Überschreitung des halbjährlichen Überprüfungsintervalls) nicht beeinträchtigt. Aus technischer und gerätephysikalischer Sicht würden bei der halbjährlichen Genauigkeitsüberprüfung durchgeführt: allgemeine Sichtkontrolle, Prüfung der Eichsiegel und Plomben auf ordnungsgemäßen Zustand, Kontrolle diverser Geräteparameter und Temperaturen, Messgenauigkeit, Protokollausdruck, Probennummer, Zählerstand für Justagen, Datum und Uhrzeit. Es finde dabei eine Kalibrierung des IR-Detektors statt dabei werde die Abweichung zum Sollwert festgestellt. Diese sei bei einem Viertel der Eichfehlergrenze gelegen. Die Langzeitstabilität des IR-Detektors werde im Zuge der Eichzulassung durch das Eichamt geprüft und sei zumindest so weit vorhanden, dass die daraus resultierende Abweichung über den Zeitraum eines Eichzyklus, ohne zwischenzeitliche Durchführung einer Justage, innerhalb der Eichfehlergrenzen liege.

Mit Schreiben vom 24.01.2020 übermittelte der PTP des BEV die Preisinformation zum Gutachtensauftrag vom 16.01.2020.

Mit Schreiben vom 27.01.2020 ersuchte das Verwaltungsgericht den Beschwerdevertreter um Stellungnahme zu dieser Preisinformation.

Mit Schreiben vom 29.01.2020 bestätige der Beschwerdevertreter die Preisinformation und ersuchte um Bestätigung der erfolgten Gutachtensbeauftragung.

Mit Schreiben vom 30.01.2020 bestätigte das Verwaltungsgericht den Gutachtensauftrag an den PTP des BEV.

Mit Schreiben vom 20.04.2020 übermittelte der PTP des BEV sein Gutachten. Dieses kommt zusammengefasst zum Ergebnis, dass keine Mängel am Gerät vorlagen und dass auch die Verkehrsfehlergrenzen eingehalten wurden. Die Langzeitstabilität werde bereits bei den Eichregeln berücksichtigt.

Mit Schreiben vom 23.04.2020 räumte das Verwaltungsgericht dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde schriftliches Parteiengehör ein (dabei wurden auch jeweils die vollständigen technischen Fragestellungen offengelegt). Als Beilagen wurden das Schreiben von Dräger vom 17.01.2020 sowie das Gutachten des PTP des BEV übermittelt.

Mit Schreiben vom 14.05.2020 führte der Beschwerdevertreter aus, dass die übermittelten Unterlagen zur Kenntnis genommen würden und auf eine Erörterung in einer mündlichen Verhandlung verzichtet werde.

Feststellungen

Der Beschwerdeführer lenkte am 17.10.2018, um 23:05 Uhr, in Wien, C.-Straße, Kreuzung D., das Fahrzeug mit dem Kennzeichen W-... im Straßenverkehr. Er lenkte das Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand. Der Alkoholgehalt der Atemluft betrug 0,46 mg/l.

Der Alkovortest hatte einen Wert von 0,48mg/l ergeben. Der Alkomattest ergab Werte von 0,49 und 0,46 mg/l.

Der gegenständliche Alkomat wurde vor dem Tatzeitpunkt (17.10.2018) zuletzt am 19.07.2017 geeicht (BEV); davor fand am 29.04.2016 eine Eichung statt (Nacheichfrist bis 31.12.2018). Die Nacheichfrist lief infolge der Prüfung am 19.07.2017 bis 31.12.2019, die nächste Eichung erfolgte tatsächlich am 02.05.2019.

Das Messgerät (Alkomat) war innerhalb der Nacheichfrist und voll und fehlerfrei funktionsfähig und wurde auch ordnungsgemäß durch die geschulten Organe der Bundespolizei E. F. und G. H. bedient. Weder dem Grunde noch der Höhe nach wurde ein falscher Wert ermittelt. Es gab keine Funktionsstörung oder Fehlermeldung. Die Untersuchung der Atemluft war möglich, korrekt, rechtskonform und es gab keinen Grund, an der Gültigkeit und Richtigkeit des Ergebnisses zu zweifeln. Der Beschwerdeführer hatte keine Einwände, unterschrieb den Teststreifen und verlangte keine Blutabnahme.

Weiters gibt es Serviceberichte des Herstellers (Dräger) vom 29.05.2017, 19.07.2017, 25.01.2018, 24.10.2018, 02.05.2019, 08.11.2019 über an diesen Tagen dort erfolgte Überprüfungen. Es wurden Genauigkeitsüberprüfungen durchgeführt; das Gerät wurde immer als „in Ordnung befunden“, es wurden im relevanten Zeitraum um den Tatzeitpunkt nie Mängel oder Ungenauigkeiten festgestellt.

Aus den vorliegenden Überprüfungsberichten der Dräger Austria GmbH ergibt sich insbesondere, dass am 24.10.2018 (also eine Woche nach der gegenständlichen Messung vom 17.10.2018) eine Genauigkeitsüberprüfung durchgeführt und das Gerät für in Ordnung befunden wurde. Zuvor war die letzte Überprüfung (Bericht mit demselben Inhalt/Ergebnis) am 25.01.2018 durchgeführt worden.

Beweiswürdigung

Das Verwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt der belangten Behörde, Durchführung einer mündlichen Verhandlung samt Einvernahme des anwaltlich vertretenen Beschwerdeführers und des Zeugin E. F., die als Organ der öffentlichen Sicherheit die Amtshandlung am 17.10.2018 durchführte, sowie durch Einholung umfassender technischer Auskünfte.

Die Feststellungen zum Ablauf der Amtshandlung/Verkehrskontrolle ergeben sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers sowie der Zeugin E. F.. Diese stimmen überein. Es gab keine Widersprüche oder Gründe für Zweifel an der Glaubwürdigkeit. Dass es keine Fehlermeldung und keine technischen Probleme bei der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt gekommen ist, haben beide glaubwürdig angegeben. Auch sind keine Hinweise darauf hervorgekommen, dass es bei der Atmung/Testung sonstige Hindernisse gegeben hätte. Solche wurden auch nicht behautet. Auch ein Verlangen nach einer Blutuntersuchung gab es unstrittig nicht.

Die Feststellungen zu den Überprüfungen bei Dräger und Eichungen durch das BEV ergeben sich aus den unbedenklichen Bescheinigungen hierüber. Die Urkunden hierüber sind echt und richtig. Die Termine und Ergebnisse der Überprüfungen und Eichungen stehen außer Streit und werden vom Verwaltungsgericht in keiner Weise angezweifelt.

Aus den genannten Unterlagen sowie aus der zeitlichen Nähe der gegenständlichen Testung am 17.10.2018 und der Überprüfung bei Dräger am 24.10.2018 ergibt sich, dass ein gültiges und richtiges Messergebnis vorlag. Es ist – auch bei Verständnis für die grundsätzliche technische Fragestellung des Beschwerdeführers, die eine Relevanz seines Beweisantrages (Gutachten) erkennen ließen – letztendlich nach detaillierter Prüfung kein belastbares Indiz für die Annahme einer Fehlfunktion oder Messungenauigkeit des Alkomats hervorgekommen. Wäre das Gerät am 17.10.2018 ungenau oder nicht voll funktionsfähig gewesen, wäre der Überprüfungsbericht durch den Hersteller am 24.10.2018 nicht positiv gewesen. Auch aus den vorliegenden Ausführungen von Dräger zum Inhalt von Überprüfungen und Messgenauigkeiten sowie aus dem Gutachten des PTP des BEV und der zuvor ergangenen Stellungnahme des BEV ergibt sich, dass im Beschwerdefall eine gültige und richtige Messung erfolgt ist. Der mit dem Alkomat ermittelte und letztlich vorgehaltene Alkoholgehalt der Atemluft ist richtig und nicht zu beanstanden.

Die Feststellungen ergeben sich schließlich auch aus den angeführten Beweismitteln sowie aus dem mit der Beschwerde vorgelegten Verwaltungsakt (insbesondere Messstreifen des Alkotests und Anzeige).

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde bringt (zusammengefasst) vor, dass das halbjährliche Überprüfungsintervall nicht eingehalten worden sei. Es sei der Alkomat nicht fristgerecht beim Hersteller überprüft worden. Damit seien die Zulassungsbedingungen verletzt worden. Der gemessene Wert sei unrichtig ermittelt worden und dürfe nicht vorgehalten werden. Der Beschwerdeführer hätte über die Möglichkeit einer Blutabnahme belehrt werden müssen. Auch die Ermächtigung der handelnden Organe zur Amtsluftuntersuchung wurde in Zweifel gezogen.

In der Verhandlung am 15.01.2020 schränkte der Beschwerdevertreter das Vorbringen insofern ein, als die konsumierte Menge von Getränken (drei kleine Bier und ein Schnaps) nicht bestritten und auch die Strafhöhe nicht beanstandet werde. Zur Rechtsfrage der korrekten Ermittlung eines Alkotestergebnisses verwies der Beschwerdevertreter auf § 47 Abs. 2 Eich- und Messgesetz, aus dem sich ergebe, dass ein Gerät zu überprüfen sei, wenn gemäß lit. b dieser Bestimmung die für die Zulassung festgelegten Bedingungen für die richtige Verwendung des Geräts nicht eingehalten würden. Am gegenständlichen Messgerät müsse zumindest halbjährlich eine Kontrolle durchgeführt werden.

Die Beschwerde ist nicht berechtigt:

Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf gemäß § 5 Abs. 1 StVO ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

Eine gesonderte Ermächtigung zur Durchführungen einer Atemluftuntersuchung ist nicht erforderlich für Organe der Polizei (§ 5 Abs. 2 und 2a StVO sowie § 2 Abs. 1 Z 1 Alkomatverordnung und § 2 Abs. 1 Z 1 Alkoholvortestgeräteverordnung; VwGH 27.11.2018, Ra 2018/02/0293).

Im Beschwerdefall bestehen keine Bedenken gegen die Vornahme der Amtshandlung durch geschulte Organe.

Es gibt kein Recht auf eine Belehrung über die Möglichkeit, die Vorführung zur Blutabnahme zu verlangen (§ 5 Abs. 4a ff StVO). Es ist auch nicht erforderlich, einen geprüften Fahrzeuglenker über die Rechtsfolgen einer allfälligen Verweigerung der Atemluftprobe zu belehren, da ihm die Bestimmungen der StVO bekannt sein müssen (VwGH 23.05.2006, 2006/02/0039; 31.01.2014, 2012/02/0012; 09.10.2017, Ra 2017/02/0138).

Eine wesentliche Voraussetzung für die Verbringung des Probanden zu einem Arzt zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes nach § 5 Abs. 4a iVm Abs. 6 StVO wären Gründe, die in der Person des Probanden gelegen sind und die eine Untersuchung nach § 5 Abs. 2 StVO unmöglich machen (VwGH 18.06.2007, 2007/02/0170; 16.02.2007, 2006/02/0092). Sowohl die Erläuterungen (ErläutRV 1580 BlgNR 28. GP) als auch die Rechtsprechung stellen als wesentliche Voraussetzung für die Verbringung des Probanden zu einem Arzt darauf ab, dass eine Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt aus „medizinischen Gründen“, die in der Person des Probanden gelegen sein müssen, nicht möglich ist.

Möglich ist eine Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt immer dann, wenn keine gesundheitlichen Gründe dem entgegenstehen, dass der Proband durch Blasen in den Alkomaten ein korrektes Ergebnis zu erzielen vermag. War ein Proband aus gesundheitlichen (physischen oder psychischen) Gründen nicht in der Lage, hinsichtlich Blasvolumen, Blaszeit oder Atmung so auszuatmen, dass der Alkomat ein korrektes Ergebnis anzeigt, war die Untersuchung gemäß § 5 Abs. 2 StVO aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen nicht möglich. Umso mehr gilt dies, wenn das Beblasen des Alkomaten - etwa wegen schwerer Verletzungen oder Bewusstlosigkeit - gar nicht möglich ist (VwGH 25.09.2017, Ra 2017/02/0135).

Die Blutuntersuchung soll nur dort zum Zug kommen, wo die Durchführung eines Alkotests faktisch nicht möglich ist, d.h. wenn die Durchführung des Alkotests „aus gesundheitlichen Gründen“ nicht möglich war (VwGH 25.09.217, Ra 2017/02/0135).

Für eine Blutuntersuchung gab es im Beschwerdefall keine Veranlassung. Es kam ein gültiges Messergebnis zustande, es gab kein Verlangen nach einer Blutuntersuchung durch den Beschwerdeführer. Für eine diesbezügliche Information/Belehrung gab es weder eine faktische Veranlassung (insbesondere trat keine Messunmöglichkeit auf und gab es keine „medizinischen Gründe“ iSd zitierten Rechtsprechung) noch eine rechtliche Grundlage.

Im Beschwerdefall war die Eichfrist-, nicht aber die Nacheichfrist abgelaufen. Es wurde das halbjährliche Überprüfungsintervall beim Gerätehersteller Dräger nicht eingehalten; allerdings wurde dort exakt eine Woche nach der gegenständlichen Atemluftkontrolle eine Überprüfung des Messgerätes durchgeführt. Es wurden keine Messfehler, Messungenauigkeiten oder sonstigen Defekte festgestellt. Das Gerät war bei dieser Überprüfung sowie bei der gegenständlichen Amtshandlung voll funktionsfähig.

Auch aus dem Maß- und Eichgesetz (MEG) ergeben sich keine Bedenken gegen die gegenständliche Messung des Alkoholgehalts der Atemluft und den ermittelten Messwert. Insbesondere ergibt sich aus dem Gutachten des PTP des BEV, dass die Verkehrsfähigkeit des Messgerätes vorlag (§ 47 MEG). Es wurden die Verkehrsfehlergrenzen nicht überschritten, weshalb das Gerät auch nicht „unrichtig geworden“ iSd § 45 MEG war. Das Gerät war geeicht und voll funktionsfähig. Es lag auch kein Fall des § 48 MEG vor (dazu VwGH 28.03.2014, 2012/02/0078), der zu einem Ungültigwerden der Eichung geführt hätte. Insbesondere ist zu bedenken, dass die gesetzliche Nacheichfrist (§ 15 MEG; Messgerät iSd § 13 Abs. 1  Z 8 MEG; vgl. VwGH 10.09.2014, 2001/02/0235) nicht abgelaufen war.

Der Alkovortest hatte einen Wert von 0,48 mg/l ergeben. Der Alkomattest ergab Werte von 0,49 und 0,46 mg/l. Der Alkoholgehalt scheint auch in Anbetracht der angegeben Getränke/Menge (drei kleine Bier und ein Schnaps) plausibel und in Einklang mit diesen Messwerten.

Aus den vorliegenden Umständen (zeitliche Abläufe, Alkoholmenge, Messvorgang, Ablauf der Amtshandlung, Messgerät) lassen sich – insbesondere aufgrund der technischen Stellungnahme von Dräger und des Gutachtens des PTP des BEV – keine Zweifel an der Echtheit und Richtigkeit des Messergebnisses erkennen. Eine Messungenauigkeit innerhalb der Nacheichfrist wurde von diesen Stellen ausgeschlossen, das Einhalten der Fehlergrenzen wurde bestätigt oder als höchst wahrscheinlich dargestellt. Soweit eine abschließende Beurteilung der Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht überlassen wurde, hat das Verwaltungsgericht – wie dargestellt – keine Zweifel oder Bedenken.

Der Beschwerdeführer hat technische Fragen aufgeworfen, deren Beantwortung er in keiner Weise entgegengetreten ist. Das Gutachten des PTP des BEV vom 17.03.2020 ist schlüssig. Ergänzend liegt die Stellungnahme von Dräger vom 17.01.2020 vor.

Das Verwaltungsgericht hat auch angesichts der Eichfehlergrenze von 5 % keine Bedenken, zumal der gegenständliche Tatbestand (§ 99 Abs. 1b iVm § 5 Abs. 1 StVO) von einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l ausgeht. Zieht man vom niedrigen Messergebnis des Alkomattest (0,46 mg/l) 5 % ab, ergeben die 0,437 mg/l noch immer einen tatbildmäßigen Wert. Für das Tatbild, die Strafbemessung oder sonstige Elemente der rechtlichen Beurteilung ist diese Abweichung jedoch in keiner Weise entscheidungsrelevant. Die Vornahme eines Abzuges vom festgestellten Atemalkoholgehalt im Ausmaß von Fehler- oder Toleranzgrenzen (§ 39 Abs 2 Z 2 und 3 MEG) ist nämlich nicht vorgesehen. Vielmehr kommt es auf die vom Gerät gemessenen und angezeigten Werte an (VwGH 28.05.1993, 93/02/0092; 20.12.2002, 2000/02/0225).

Die Untersuchung der Atemluft erfolgte rechtmäßig. Die Ermittlung des konkreten Alkoholgehalts der Atemluft entspricht den rechtlichen Vorgaben.

Die vorgehaltene Tathandlung ist zutreffend und nicht zu beanstanden.

Der objektive Tatbestand, der dem angefochtenen Straferkenntnis zugrunde gelegt wurde, wurde erfüllt und die Tat ist unzweifelhaft auch subjektiv vorwerfbar.

Zur subjektiven Tatseite ist auszuführen, dass es sich bei der dem Beschwerdeführer angelasteten Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG handelt. Demzufolge genügt zur Strafbarkeit bereits fahrlässiges Verhalten.

Das Trinken von Alkohol, auch im vorgehaltenen Ausmaß, wurde vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Es sind keine Umstände hervorgekommen, aus denen sich ein fehlendes Verschulden ergeben hätte. Dass es zu einer versehentlichen oder nicht vorhersehbaren Übertretung bzw. Erfüllung des objektiven Tatbestandes gekommen wäre, wurde nicht behauptet. Wer (noch dazu im Wissen, nachher Auto zu fahren) Alkohol trinkt und dann ein Fahrzeug lenkt, hat – jedenfalls bei der vorliegenden Menge (drei kleine Bier und ein Schnaps) – (sogar, weil nicht bloß fahrlässig handelnd) zumindest den bedingten Vorsatz, dass er ein Tatbild des § 5 StVO (Lenken/Inbetriebnahme trotz Beeinträchtigung durch Alkohol) verwirklichen wird. Aus besonderen Umständen des Einzelfalles müsste sich ergeben, dass der Beschuldigte keinen Grund zur Annahme gehabt hätte, dass es zur Tatbildverwirklichung kommen könnte.

Der Strafrahmen für die gegenständliche Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO beträgt gemäß § 99 Abs. 1b StVO 800,– bis 3.700,– Euro. Die gegenständliche Strafe beträgt 900,– Euro. Die Strafbemessung der belangten Behörde ist nicht zu beanstanden:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Tat schädigte in nicht unerheblichem Ausmaße das öffentliche Interesse an der Sicherheit im Straßenverkehr. Der Unrechtsgehalt der Tat war daher nicht gering. Der Gesetzgeber misst wegen der hohen Gefahrengeneigtheit einer Verkehrsteilnahme in durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand dem öffentlichen Interesse durch entsprechende hohe Strafdrohungen (jedenfalls in Relation zu anderen Übertretungen) eine ebenso hohe Bedeutung zu (gegenständlich Strafrahmen mit 800,– Euro Mindeststrafe in § 99 Abs. 1b StVO).

Es sind im Beschwerdefall keine Umstände hervorgekommen, die die Voraussetzungen für eine außerordentliche Strafmilderung nach § 20 VStG oder die bloße Erteilung einer Ermahnung (§ 45 Abs. 1 Z 4 VStG) erkennen hätten lassen. Insbesondere ist das Verschulden nicht bloß gering und das verletzte öffentliche Interesse von hoher Bedeutung.

Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kommt dem Beschwerdeführer nicht zu Gute. Der Beschwerdeführer weist zwei verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen auf. Auch andere Milderungsgründe sind im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht hervorgekommen.

Die Strafbemessung (100,– Euro mehr als die Mindeststrafe) ist nicht zu beanstanden und wurde (siehe Einschränkung in der mündlichen Verhandlung) auch nicht bekämpft.

Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses zeigt die Beschwerde nicht auf. Auch von Amts wegen kann eine Rechtswidrigkeit nicht erkannt werden.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung (Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Strafverfahrens) ergibt sich aus § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG.

Gemäß § 52 Abs. 3 VwGVG hat der Bestrafte Barauslagen iSd § 76 AVG zu ersetzen. Der Beschwerdeführer stützte sein Beschwerdevorbringen auf diverse technische Fragen, zu deren Beantwortung dem Verwaltungsgericht kein amtlicher Sachverständiger zur Verfügung stand. Es wurde daher – wie in der mündlichen Verhandlung am 15.01.2020 erörtert und vom Beschwerdeführer explizit und unter ausdrücklicher Bereitschaft zur Übernahme dieser Kosten gewünscht (auch die „Preisinformation“ wurde zur Stellungnahme übermittelt) – der Gutachtensauftrag an den PTP des BEV gerichtet. Der PTP des BEV übermittelte Gutachten und Honorarnote. Die verzeichneten Gebühren hat das Verwaltungsgericht geprüft und in der im Spruch genannten Höhe für in Ordnung befunden (Beschluss vom 05.05.2020, VGW-KO-...). Die Buchhaltungsabteilung der Stadt Wien wurde zur Bezahlung der Gebühr aus Amtsmitteln angewiesen. Der Ersatz der Barauslagen war daher nunmehr dem Beschwerdeführer aufzuerlegen.

Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass die Vollstreckung von Geldstrafen und sonstigen in Geld bemessenen Unrechtsfolgen (Spruchpunkt I und II) in die Zuständigkeit der Behörde fällt. Die Bezahlung hat binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu erfolgen (§ 1 Abs. 2 und § 1 Abs. 1 Z 3 VVG iVm § 54b Abs. 1 VStG).

In der gegenständlichen Beschwerdesache wurde eine mündliche Verhandlung zwecks Erörterung der Sach- und Rechtslage am 15.01.2020 abgehalten. Die weiteren Beweisergebnisse (Schreiben von Dräger und Gutachten des PTP des BEV) wurden im Wege des schriftlichen Parteiengehörs zu Kenntnis gebracht. Der Beschwerdeführer verzichtete ausdrücklich auf eine weitere mündliche Erörterung. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde am 15.01.2020 abschließend und zweifelsfrei geklärt. Es waren nunmehr (nach Klärung rein technischer Fragestellungen) lediglich Rechtsfragen, insbesondere zur Frage der Messgenauigkeit bzw. Richtigkeit des Gerätes, zu klären (deren Einschätzung wurde am 15.01.2020 ebenfalls bereits offengelegt). Eine nochmalige Erörterung hätte keine weitere Klärung bringen können; schon deshalb war eine weitere mündliche Verhandlung nicht erforderlich (§ 44 Abs. 4 VwGVG).

Die ordentliche Revision an den VwGH ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die Rechtslage ist aufgrund der zitierten Gesetzeslage klar und durch die angeführte Rechtsprechung geklärt. Der gegenständlich vorgenommenen Würdigung kommt keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Es wurde ein vollständiges, unzweifelhaftes und verständliches Gutachten gewürdigt; es wurden einzelfallbezogene Schlussfolgerungen aus technischen Prüfberichten auf die gegenständliche Messung getroffen. Diese Beweiswürdigung erfolgte im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben. Schließlich liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Eine Klärung der entscheidungsrelevanten Rechtsfragen durch den VwGH ist nicht erforderlich.

Schlagworte

Lenken eines Fahrzeuges; Inbetriebnahme; Alkoholisierung; Verdacht; Atemluftkontrolle; Blutabnahme; Belehrung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.031.007.12540.2019

Zuletzt aktualisiert am

27.07.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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