TE Lvwg Beschluss 2020/7/14 LVwG-AV-722/001-2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.07.2020
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Entscheidungsdatum

14.07.2020

Norm

ForstG 1975 §17
VwGVG 2014 §31 Abs1
B-VG Art132 Abs1 Z1

Text

BESCHLUSS

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Franz Kramer über die Beschwerde des A, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 05. Juni 2020, Zl. ***, betreffend Rodungsbewilligung nach dem Forstgesetz 1975, beschlossen:

I.   Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§§ 14 Abs. 3, 17, 18 Abs. 1 und 19 ForstG (Forstgesetz 1975, BGBl. Nr. 440/1975 i.d.g.F.)

§ 13 Abs. 1 AVG (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idgF)

§§ 9 Abs. 1, 24, 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz,

BGBl. Nr. 33/2013 i.d.g.F.)

§ 25a Abs. 1 VwGG (Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 i.d.g.F.)

Art. 130 Abs. 1, 132, 133 Abs. 4 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz,

BGBl. Nr. 1/1930 i.d.g.F)

Begründung

1.   Sachverhalt

1.1. Mit Bescheid vom 05. Juni 2020, ***, bewilligte die Bezirkshauptmannschaft Scheibbs (in der Folge: die belangte Behörde) der Wassergenossenschaft *** auf deren Antrag die Rodung auf mehreren Grundstücken in den Katastralgemeinden *** und *** im Gesamtausmaß von etwa 2.085 m², wobei die Rodung teils befristet, teils auf Dauer, mit Nebenbestimmungen genehmigt wurde. Gleichzeitig wurden Einwendungen des A (in der Folge: der Beschwerdeführer) als unbegründet abgewiesen. Weiters wurde die Wassergenossenschaft *** zur Bezahlung von Verfahrenskosten verpflichtet.

Die Sachentscheidung stützte die Behörde auf die §§ 17 Abs. 3 bis 5, 18 Abs. 1 Z 1 und 2 sowie 19 Forstgesetz 1975.

1.2. Begründend gab die belangte Behörde ein im Verfahrensverlauf eingeholtes forstfachliches Gutachten wörtlich wieder, wie auch die Stellungnahme des A vom 26. Mai 2020.

Dazu bemerkte die belangte Behörde, dass diese Einwendungen „soweit nachvollziehbar“ im gegenständlichen Verfahren irrelevant wären und jedenfalls zu keiner Änderung im Ergebnis des schlüssigen und nachvollziehbaren forstfachlichen Gutachtens führten und „deshalb als unbegründet abgewiesen“ würden. Schließlich finde sich noch der Formelsatz, dass die Behörde aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens zur Auffassung gelangt sei, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Rodungsbewilligung vorlägen. Durch die Bedingungen, Fristen und Auflagen sei gewährleistet, dass die Walderhaltung über das bewilligte Ausmaß hinaus nicht beeinträchtigt würde.

1.3. Der Erlassung des Bescheides war – den dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich vorgelegten Akten zufolge – ein Ermittlungsverfahren vorausgegangen, in welchem das im Bescheid zitierte Gutachten eingeholt und mehreren Personen, darunter auch dem Beschwerdeführer zur Äußerung zugestellt worden war, worauf dieser die ebenfalls im Bescheid angeführte Äußerung abgegeben hatte.

1.4. Gegen den obgenannten Bescheid vom 05. Juni 2020 richtet sich die entscheidungsgegenständliche Beschwerde des A, welche „hilfsweise und aus prozessualer Vorsicht“ mit einem Wiederaufnahmeantrag verbunden ist.

Der Beschwerdeführer erklärt, den Bescheid seinem gesamten Inhalt nach aus Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung anzufechten.

Zusammengefasst ergibt sich aus den Ausführungen des Beschwerdeführers, dass dieser das Verfahren der belangten Behörde wie auch den Bescheid für mangelhaft erachtet. Inhaltlich wird dessen (erkennbar gemeint: objektive) Rechtswidrigkeit geltend gemacht, da im Rahmen der Abwägung öffentlicher Interessen Aspekte wie „Klimawandel – Schutz – Klimaausgleich bzw. Umwelt - Umweltverträglichkeit wie Lebensraum – Raumordnung bzw. geologischer Aspekte u.a. forstfachlicher Agenden sowie Natur – Ökosystemfragen“ unberücksichtigt geblieben seien. Weiters kritisiert der Beschwerdeführer das eingeholte Gutachten, die vermeintliche Voreingenommenheit der Behörde sowie das seiner Ansicht nach nicht mehr zeitgemäße Forstgesetz 1975. Im Zusammenhang mit den geltend gemachten Verfahrensmängeln bringt der Beschwerdeführer auch vor, dass der Bescheid nicht den Vorschriften des AVG entspreche, insbesondere auch die Erledigung seiner Einwendungen.

Schließlich stellt der Beschwerdeführer die Anträge, das Verwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung anberaumen, den bekämpften Bescheid aufheben und das Verwaltungsverfahren einstellen, in eventu den bekämpften Bescheid aufheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die „erstinstanzliche“ Behörde zurückverweisen.

„Hilfsweise und aus prozessualer Vorsicht“ wird überdies ein Wiederaufnahmeantrag gestellt.

1.5. Die Behauptung der Verletzung eines konkreten dem Beschwerdeführer zustehenden subjektiven Rechtes sowie die Darlegung, inwieweit die beantragte Rodung in dieses Recht eingreift, ist dem Beschwerdevorbringen – wie auch der im angefochtenen Bescheid zitierten Stellungnahme – nicht zu entnehmen.

1.6. Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich unter gleichzeitigem Verzicht auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Entscheidung vor.

2.   Erwägungen des Gerichts

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat sich bei seiner Entscheidung von folgenden Erwägungen leiten lassen:

2.1. Feststellung und Beweiswürdigung

Die unter 1. (Sachverhalt) getroffenen Feststellungen zum Verfahrensablauf und Inhalt von Schriftstücken ergeben sich aus den unbedenklichen Akten der belangten Behörde. Weiterer Feststellungen bedarf es, wie sich aus der rechtlichen Beurteilung ergeben wird, nicht.

2.2. Anzuwendende Rechtsvorschriften

ForstG

§ 14. (…)

(3) Der Deckungsschutz ist jedem Eigentümer des angrenzenden Waldes sowie den Eigentümern etwaiger an diesen angrenzender Wälder zu gewähren, sofern die jeweilige Entfernung von der Eigentumsgrenze des zum Deckungsschutz Verpflichteten weniger als 40 Meter beträgt; allfällige zwischen den Waldflächen liegende, unter § 1a Abs. 1 nicht fallende Grundflächen von weniger als 10 Meter Breite sind hiebei nicht einzurechnen.

(…)

§ 17. (1) Die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) ist verboten.

(2) Unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 1 kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald nicht entgegensteht.

(3) Kann eine Bewilligung nach Abs. 2 nicht erteilt werden, kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung dann erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.

(4) Öffentliche Interessen an einer anderen Verwendung im Sinne des Abs. 3 sind insbesondere begründet in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- oder öffentlichen Straßenverkehr, im Post- oder öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung, im Siedlungswesen oder im Naturschutz.

(5) Bei der Beurteilung des öffentlichen Interesses im Sinne des Abs. 2 oder bei der Abwägung der öffentlichen Interessen im Sinne des Abs. 3 hat die Behörde insbesondere auf eine die erforderlichen Wirkungen des Waldes gewährleistende Waldausstattung Bedacht zu nehmen. Unter dieser Voraussetzung sind die Zielsetzungen der Raumordnung zu berücksichtigen.

(6) In Gebieten, die dem Bundesheer ständig als militärisches Übungsgelände zur Verfügung stehen (Truppenübungsplätze), bedürfen Rodungen für Zwecke der militärischen Landesverteidigung keiner Bewilligung. Dies gilt nicht für Schutzwälder oder Bannwälder. Der Bundesminister für Landesverteidigung hat zu Beginn jeden Jahres dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft jene Flächen bekannt zu geben, die im vorangegangenen Jahr gerodet wurden.

§ 18. (1) Die Rodungsbewilligung ist erforderlichenfalls an Bedingungen, Fristen oder Auflagen zu binden, durch welche gewährleistet ist, dass die Walderhaltung über das bewilligte Ausmaß hinaus nicht beeinträchtigt wird. Insbesondere sind danach

      1. ein Zeitpunkt festzusetzen, zu dem die Rodungsbewilligung erlischt, wenn der Rodungszweck nicht erfüllt wurde,

      2. die Gültigkeit der Bewilligung an die ausschließliche Verwendung der Fläche zum beantragten Zweck zu binden oder

      3. Maßnahmen vorzuschreiben, die

         a) zur Hintanhaltung nachteiliger Wirkungen für die umliegenden Wälder oder

         b) zum Ausgleich des Verlustes der Wirkungen des Waldes (Ersatzleistung)

geeignet sind.

(…)

§ 19. (1) Zur Einbringung eines Antrags auf Rodungsbewilligung sind berechtigt:

1.   der Waldeigentümer,

2.   der an der zur Rodung beantragten Waldfläche dinglich oder obligatorisch Berechtigte in Ausübung seines Rechtes unter Nachweis der Zustimmung des Waldeigentümers,

3.   die zur Wahrnehmung der öffentlichen Interessen im Sinne des § 17 Abs. 3 Zuständigen,

4.   in den Fällen des § 20 Abs. 2 auch die Agrarbehörde,

5.   in den Fällen von Rodungen für Anlagen zur Erzeugung, Fortleitung, Verteilung und Speicherung von Energieträgern die Unternehmen, die solche Anlagen betreiben, soweit zu ihren Gunsten enteignet werden kann oder Leitungsrechte begründet werden können, vorbehaltlich der Zustimmung des gemäß Z 3 Zuständigen,

6.   in den Fällen von Rodungen für Eisenbahnzwecke die Inhaber von Konzessionen gemäß § 14 Abs. 1 des Eisenbahngesetzes 1957, BGBl. Nr. 60, oder gemäß § 25 des Seilbahngesetzes 2003, BGBl. I Nr. 103.

(2) Der Antrag hat zu enthalten:

1.   das Ausmaß der beantragten Rodungsfläche,

2.   den Rodungszweck,

3.   im Fall der Belastung der Rodungsfläche mit Einforstungsrechten oder Gemeindegutnutzungsrechten die daraus Berechtigten und

4.   die Eigentümer nachbarlich angrenzender Grundstücke (Anrainer).

Dem Antrag sind ein Grundbuchsauszug, der nicht älter als drei Monate sein darf und eine Lageskizze, die eine eindeutige Feststellung der zur Rodung beantragten Fläche in der Natur ermöglicht, anzuschließen. Die Lageskizze, deren Maßstab nicht kleiner sein darf als der Maßstab der Katastralmappe, ist in dreifacher Ausfertigung, in den Fällen des § 20 Abs. 1 in vierfacher Ausfertigung vorzulegen; von diesen Ausfertigungen hat die Behörde eine dem Vermessungsamt, im Fall des § 20 Abs. 1 eine weitere der Agrarbehörde zu übermitteln.

(3) Anstelle von Grundbuchsauszügen kann auch ein Verzeichnis der zur Rodung beantragten Grundstücke - beinhaltend deren Gesamtfläche und die beanspruchte Fläche sowie deren Eigentümer unter gleichzeitiger Anführung von Rechten, die auf den zur Rodung beantragten Flächen lasten - treten. Dieses Verzeichnis ist von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person zu bestätigen. Im Fall des § 20 Abs. 2 ist dieses Verzeichnis, in dem auch die Weginteressenten anzuführen sind, von der Agrarbehörde zu bestätigen.

(4) Parteien im Sinne des § 8 AVG sind:

1.   die Antragsberechtigten im Sinn des Abs. 1 im Umfang ihres Antragsrechtes,

2.   der an der zur Rodung beantragten Waldfläche dinglich Berechtigte,

3.   der Bergbauberechtigte, soweit er auf der zur Rodung beantragten Waldfläche nach den bergrechtlichen Vorschriften zum Aufsuchen oder Gewinnen bergfreier oder bundeseigener mineralischer Rohstoffe befugt ist,

4.   der Eigentümer und der dinglich Berechtigte der an die zur Rodung beantragten Waldfläche angrenzenden Waldflächen, wobei § 14 Abs. 3 zweiter Halbsatz zu berücksichtigen ist, und

5.   das zuständige Militärkommando, wenn sich das Verfahren auf Waldflächen bezieht, die der Sicherung der Verteidigungswirkung von Anlagen der Landesverteidigung dienen.

(5) Im Rodungsverfahren sind

1.   die Gemeinde, in der die zur Rodung beantragte Fläche liegt, zur Wahrnehmung von örtlichen öffentlichen Interessen und

2.   die Behörden, die in diesem Verfahren zur Wahrnehmung sonstiger öffentlicher Interessen berufen sind,

zu hören.

(6) Das Recht auf Anhörung gemäß Abs. 5 Z 1 wird von den Gemeinden im eigenen Wirkungsbereich wahrgenommen.

(7) Werden im Verfahren zivilrechtliche Einwendungen erhoben, so hat die Behörde auf eine gütliche Einigung der Parteien hinzuwirken. Kommt eine solche nicht zustande, so hat die Behörde in ihrer Entscheidung über den Rodungsantrag die Parteien unter ausdrücklicher Anführung der durch den Bescheid nicht erledigten zivilrechtlichen Einwendungen zur Austragung derselben auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.

(8) Wird auf Grund eines Antrags gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 eine Rodungsbewilligung erteilt, so darf die Rodung erst durchgeführt werden, wenn derjenige, zu dessen Gunsten die Rodungsbewilligung erteilt worden ist, das Eigentumsrecht oder ein sonstiges dem Rodungszweck entsprechendes Verfügungsrecht an der zur Rodung bewilligten Waldfläche erworben hat.

AVG

§ 13. (1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen. Erscheint die telefonische Einbringung eines Anbringens der Natur der Sache nach nicht tunlich, so kann die Behörde dem Einschreiter auftragen, es innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich oder mündlich einzubringen.

(…)

VwGVG

§ 9. (1) Die Beschwerde hat zu enthalten:

1.     die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,

2.    die Bezeichnung der belangten Behörde,

3.    die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4.    das Begehren und

5.    die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

(…)

§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche

mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1.    der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.    die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;

3.    wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen.

Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag

auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der

anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines

Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere

Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum

Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union

entgegenstehen.

(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien

ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die

Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(…)

§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

(…)

VwGG

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision

gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(…)

B-VG

Art. 130. (1) Die Verwaltungsgerichte erkennen über Beschwerden

1.   gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2.   gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3.   wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4.   gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

(…)

Art. 132. (1) Gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben:

1.   wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;

2.   der zuständige Bundesminister in Rechtssachen in einer Angelegenheit der Art. 11, 12, 14 Abs. 2 und 3 und 14a Abs. 3 und 4 oder in Rechtssachen, in denen dem Bescheid eines Landesschulrates ein kollegialer Beschluss zugrunde liegt.

(2) Gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt kann wegen Rechtswidrigkeit

Beschwerde erheben, wer durch sie in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

(3) Wegen Verletzung der Entscheidungspflicht kann Beschwerde erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur

Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt zu sein behauptet.

(4) Gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4 kann der Landesschulrat auf Grund eines Beschlusses des Kollegiums

Beschwerde erheben.

(5) Wer in anderen als den in Abs. 1 und 2 genannten Fällen und in den Fällen, in denen ein Gesetz gemäß Art. 130 Abs. 2 eine

Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte vorsieht, wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben kann, bestimmen die Bundes-

oder Landesgesetze.

(6) In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde kann Beschwerde beim Verwaltungsgericht erst

nach Erschöpfung des Instanzenzuges erhoben werden.

Art. 133. (…)

(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage

abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des

Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen

Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe

Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

(…)

2.3. Rechtliche Beurteilung

Die Verwaltungsgerichte wurden dazu eingerichtet, um bestimmte Akte der Verwaltung auf Grund einer Beschwerde auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Das Wesen einer – wie gegenständlich nur in Betracht kommenden – Bescheid-beschwerde in Form einer Parteibeschwerde besteht in der Geltendmachung der Verletzung subjektiv- öffentlicher Rechte durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde. Demgemäß kann nach Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Essentiell für eine Bescheidbeschwerde ist somit die Behauptung einer Rechtsverletzung, welche zumindest möglich sein muss. Insoweit ist hierauf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Beschwerde/Revision (vgl. zB 11.9.2017, Ro 2017/17/0019; 30.4.2018, Ra 2017/01/0418) übertragbar.

Demgegenüber obliegt einer auf die Geltendmachung der Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten beschränkten Partei die Verletzung des objektiven Rechts nicht.

Daher ist eine Parteibeschwerde nur insoweit zu prüfen, als die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes, welches dem Beschwerdeführer zukommt, behauptet wird (vgl. zB VwGH 16.02.2017, Ra 2015/05/0060).

Die Beschwerdelegitimation setzt daher unter anderem voraus, dass eine solche Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte möglich ist; ob dies der Fall ist, ist nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheides zu bestimmen (zB VwGH 11.11.2016, Ro 2016/12/0010).

Zusammengefasst folgt daraus, dass die objektive Rechtswidrigkeit eines Bescheides von einer auf die Wahrnehmung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte beschränkten Partei im Beschwerdeverfahren nicht mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden kann; mit anderen Worten: Selbst wenn das Gericht zum Ergebnis käme, dass die angefochtene Entscheidung rechtswidrig ist, darf es dies nicht aufgreifen, wenn eine Verletzung der geltend gemachten subjektiv-öffentlichen Rechte des Beschwerdeführers damit nicht verbunden ist; umso weniger, wenn der Beschwerdeführer – wie im vorliegenden Fall – im Rodungsbewilligungsverfahren geschützte subjektiv-öffentliche Rechte gar nicht geltend gemacht hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Parteien-erklärungen ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, also wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der Aktenlage objektiv verstanden werden muss (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, 2. Auflage 2014, § 13, RZ 38, Stand 1.1.2014, rdb.at. und die dort zit. Judikatur).

Im vorliegenden Fall ist – bei der gebotenen objektiven Auslegung - eine Behauptung der Verletzung eines konkreten subjektiv-öffentlichen Rechtes des Beschwerde-führers weder der Beschwerde noch dem im verwaltungsbehördlichen Verfahren abgegebenen Schriftsatz zu entnehmen. Vielmehr macht der Beschwerdeführer Verfahrensmängel geltend und behauptet – im Übrigen mangels Konkretisierung und ohne einen näheren Bezug zu Vorhaben herzustellen, nicht näher nachvollziehbar – die Rechtswidrigkeit der Abwägung öffentlicher Interessen.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass – sollte der Beschwerdeführer seine Legitimation aus der Betroffenheit benachbarter Grundstücke im Sinne des § 19 Abs. 4 Z 4 Forstgesetz 1975 ableiten (offenbar wurde er von der belangten Behörde als Rechtsnachfolger der im Projekt als Eigentümerin einer benachbarten Liegenschaft angeführten B dem Verfahren beigezogen) – die Eigentümer von Waldflächen, die an die zur Rodung beantragten Flächen angrenzen, im Rodungsverfahren zum Zwecke der Abwehr allfälliger ihnen durch eine Rodungsbewilligung drohender Rechtsnachteile aus dem Titel der ihren Interessen verbundenen öffentlichen Interessen im Wege von Einwendungen gegen den Rodungsantrag das öffentliche Interesse an der Walderhaltung geltend machen können. Als subjektives-öffentliches Recht in diesem Sinn kommt dabei das Recht auf Versagung der Rodungsbewilligung wegen Missachtung des Deckungsschutzes in Betracht (zB VwGH 31.07.2009, 2006/10/0063). Die Nachbarn haben – bei sonstiger Unbeachtlichkeit – darzutun, inwiefern die beantragte Rodung in ihr die Parteistellung begründendes subjektives Recht auf Erhaltung der ihnen gehörenden benachbarten Waldflächen bzw. auf Abwehr der ihren Waldbestand beeinträchtigenden Maßnahmen eingreift (VwGH 21.12.1987, 87/10/0051).

Weder hat der Beschwerdeführer ein solches ihm zukommendes subjektives Recht behauptet, noch hat er dargetan, wie im konkreten Fall durch die Rodungsbewilligung in dieses Recht eingegriffen würde. Die bloße – aus dem Beschwerdevorbringen erkennbare – Behauptung einer nicht gesetzeskonform erfolgten Abwägung der öffentlichen Interessen genügt diesen Anforderungen nicht, sondern ist bloß als (dem Beschwerdeführer nicht zustehende) Wahrnehmung des objektiven Rechtes zu beurteilen. Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit mangels der für eine Parteibeschwerde essentiellen Behauptung der Verletzung eines subjektiv- öffentlichen Rechtes des Einschreiters als unzulässig.

Soweit der Beschwerdeführer die Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt, ist darauf hinzuweisen, dass eine solche losgelöst von der Verletzung subjektiv- öffentlicher Rechte nicht mit Erfolg geltend gemacht werden kann. Es trifft in diesem Zusammenhang gleichermaßen die Judikatur zum Beschwerde-/Revisionsverfahren zu, wonach derartige Rechtsverletzungen nur in Verbindung mit der Verletzung eines aus einer materiell rechtlichen Vorschrift ableitbaren subjektiven Rechts zielführend vorgebracht werden können (vgl. zB VwGH 06.06.2019, Ra 2018/20/0432 mwN).

Zusammenfassend ergibt sich sohin, dass der Beschwerdeführer eine zulässige Beschwerde mangels Behauptung der Verletzung eines ihm konkret zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechtes nicht erhoben hat.

Die Beschwerde des A gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 05. Juni 2020, Zl. ***, war daher gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG mit Beschluss zurückzuweisen.

Da die Beschwerde zurückzuweisen war, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 zweiter Fall VwGVG entfallen. Im Übrigen liegen auch die Voraussetzungen des § 24 Abs. 4 leg.cit. vor; weder bedurfte es weiterer Sachverhaltsfeststellungen noch hängt die Entscheidung von Fragen der Beweiswürdigung ab. Nach der Judikatur des EGMR erfordert insbesondere in Fällen, in denen nur Rechtsfragen und keine Fragen der Beweiswürdigung strittig sind, auch Art. 6 EMRK nicht zwingend die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung (vgl. VwGH 29.06.2017, Ra 2017/06/0100). Auch bedingt eine bloß prozessuale Entscheidung grundsätzlich keine mündliche Verhandlung (vgl. VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0056).

Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung war im vorliegenden Fall nicht zu klären, vermochte sich das Gericht doch auf eine widerspruchsfreie Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die angeführten Judikaturbelege) bzw. eine klare Rechtslage zu stützen. Die ordentliche Revision (Art. 133 Abs. 4 B-VG) gegen diese Entscheidung ist daher nicht zulässig.

In Bezug auf den Wiederaufnahmeantrag wird auf die Zuständigkeit der belangten Behörde hingewiesen.

Schlagworte

Landwirtschaft und Natur; Forstrecht; Verfahrensrecht; Bescheidbeschwerde; Parteistellung; subjektiv-öffentliches Recht;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.722.001.2020

Zuletzt aktualisiert am

27.07.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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