TE Lvwg Erkenntnis 2020/6/8 LVwG-AV-500/001-2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.06.2020
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Entscheidungsdatum

08.06.2020

Norm

GewO 1994 §5
GewO 1994 §18
GewO 1994 §94 Z11

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Cervenka-Ehrenstrasser über die Beschwerde des A, wohnhaft in ***, *** gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 10. April 2020, Zl. ***, betreffend Feststellung des Nichtvorliegens der individuellen Befähigung für die Ausübung des reglementierten Gewerbes „Dachdecker (Handwerk)“ zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Am 26. Februar 2020 hat A, wohnhaft in ***, *** bei der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha um Feststellung der individuellen Befähigung für das Gewerbe „Dachdecker (Handwerk)“ ersucht.

Dazu wurden folgende Nachweise vorgelegt:

?    Teilnahmebestätigung der B GmbH über die Teilnahme an einem Training Dachdecker-Befähigungsprüfung vom 15. bis 19. April 2019

?    Dienstzeugnis der C GesmbH vom 15.4.2011, worin die Lehrzeit als Dachdecker- und Spenglerlehrling bestätigt wird sowie die Beschäftigung als Bauspengler (Geselle) vom 12.1.1998 bis 27.11.2005

?    Jahres- und Abschlusszeugnis im Lehrberuf Dachdecker/Spengler der Berufsschule *** (Zweitschrift vom 30.1.2019)

?    Stellungnahme der Wirtschaftskammer NÖ, Landesinnung der Dachdecker, Glaser und Spengler vom 20.3.2019 sowie die Stellungnahme der Wirtschaftskammer NÖ, Landesinnung der Dachdecker, Glaser und Spengler vom 15.1.2019

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 10. April 2020, Zl. ***, wurde gemäß § 19 Gewerbeordnung 1994 festgestellt, dass bei A die individuelle Befähigung für die Ausübung des reglementierten Gewerbes „Dachdecker (Handwerk)“ nicht vorliegt. In der Begründung wurde dazu ausgeführt, dass fast vier Jahre selbständige Tätigkeiten durch die Tätigkeit als unbeschränkt haftender Gesellschafter der D OG vom 5.4.2016 bis 31.12.2018 im Gewerbe Dachdecker (GISA-Zahl: ***) und als Gewerbeinhaber Dachdecker (GISA-Zahl: ***) seit 1.1.2019 nachgewiesen werden hätten können. Eine einschlägige Tätigkeit im Dachdeckergewerbe als Unselbständiger habe nicht nachgewiesen werden können. Durch die von ihm beigebrachten Beweismittel hätten die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen für die Ausübung des von ihm angestrebten Gewerbes nicht nachgewiesen werden können.

Dagegen hat A, wohnhaft in ***, *** fristgerecht Beschwerde erhoben und vorgebracht, dass die Behörde lediglich auf ein Gutachten der Wirtschaftskammer Niederösterreich verweise ohne festzustellen, welche Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen fehlten und wie die absolvierte Lehre „Dachdecker“ zu werten sei. So würden in Bezug auf eine sechsjährige Tätigkeit als Selbständiger knapp 1,5 Jahre fehlen, dann wäre ohnehin keine individuelle Befähigung mehr nötig, sondern sei unmittelbar die Befähigung für das gegenständliche Gewerbe gegeben.

Aufgrund dieser unpräzisen Wertung seiner tatsächlichen Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten lehne er auch eine informelle Befragung ab. Auch im angefochtenen Bescheid erfolge keine ausreichende Berücksichtigung des Berufsumfanges des Dachdeckers bzw. Spenglers.

Es seien auch die Beschäftigungszeiten als Bauspengler nicht ausreichend berücksichtigt worden, zumal für diese Tätigkeit ohnedies in der Praxis Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten des Dachdeckers notwendig seien, etwa für die Herstellung einer Schornsteineinfassung. Bei Betrieben, die sowohl Spengler als auch Dachdecker seien, werde der Bauspengler bis zu einem gewissen Umfang Dachdeckerarbeiten miterledigen. Hier sei auch zu berücksichtigen, dass er die entsprechende Lehrzeit im Dachdeckerhandwerk absolviert habe.

Weder die Landesinnung noch die Behörde habe seine Lehre als Dachdecker gewertet, so als ob sie bei der individuellen Befähigung keinerlei Relevanz hätte.

Es wurde daher beantragt, dass das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich der Beschwerde Folge geben und feststellen möge, dass die individuelle Befähigung für die Ausübung des reglementierten Gewerbes „Dachdecker (Handwerk)“ gegeben sei.

Mit Schreiben vom 12.5.2020 hatte Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha die Beschwerde und den Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem Ersuchen um Entscheidung vorgelegt. Unter einem wurde mitgeteilt, dass auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werde.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere in die seitens des Beschwerdeführers bereits im Verfahren vor der Behörde vorgelegten Dokumente. Weiters wurde Einsicht genommen in das Gewerbeinformationssystem Austria zur GISA-Zahl *** betreffend das reglementierte Gewerbe „Dachdecker (Handwerk)“ des Gewerbeinhabers A, zur GISA-Zahl *** betreffend das reglementierte Gewerbe „Spengler (Handwerk)“ des Gewerbeinhabers A, zur GISA-Zahl *** betreffend das reglementierte Gewerbe „Dachdecker (Handwerk)“ der Gewerbeinhaberin D OG sowie in das Firmenbuch zur Firmenbuch-Nr. *** betreffend die D OG.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat dazu wie folgt erwogen:

Von folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen ist auszugehen:

Der nunmehrige Beschwerdeführer war in der Zeit vom 20.9.1993 bis 11.1.1998 als Dachdecker- und Spenglerlehrling und vom 12.1.1998 bis 27.11.2005 als Bauspengler (Geselle) bei der Firma C GmbH in ***, ***, beschäftigt. Bei dieser Firma handelt es sich um einen Dachdeckermeister, Spenglermeister und Zimmerei. Im Schuljahr 1996/97 hat er die Berufsschule in *** für den Lehrberuf Dachdecker/Spengler abgeschlossen.

Die Lehrabschlussprüfung für Dachdecker hat er nicht abgelegt.

In der Zeit vom 15. bis 19.04.2019 hat er bei der B GmbH an einer Fortbildung „Training Dachdecker-Befähigungsprüfung“ teilgenommen.

Seit 1.1.2019 ist der Inhaber der Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe „Dachdecker (Handwerk)“ im Standort ***, ***. Gewerberechtlicher Geschäftsführer ist seit 1.1.2019 E, geb. ***.

Seit 19.1.2019 ist außerdem Inhaber der Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe „Spengler (Handwerk)“, ebenfalls im Standort ***, ***. Gewerberechtlicher Geschäftsführer ist hier ebenfalls E.

Weiters war er von 1.4.2016 bis zu deren Löschung am 19.1.2019 unbeschränkt haftender Gesellschafter der D OG mit Sitz in ***, ***. Diese war von 5.4.2016 bis zum 31.12.2018 Inhaberin der Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe „Dachdecker (Handwerk)“ im Standort ***, ***. Gewerberechtlicher Geschäftsführer ist hier ebenfalls E.

Dass bzw. wie lange und in welcher Funktion er bei der Firma F in *** tätig gewesen ist, kann nicht festgestellt werden.

Zu diesen Feststellungen gelangt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aufgrund des vorgelegten unbedenklichen Verwaltungsaktes bzw. der darin inneliegenden vom nunmehrigen Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden. Diese Feststellungen sind im Übrigen auch nicht strittig. Die Feststellungen zur Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe „Dachdecker (Handwerk)“ beruhen auf der Einsichtnahme in das Gewerbeinformationssystem Austria zur GISA-Zahl ***, die zur Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe „Spengler (Handwerk)“ auf der Einsichtnahme in den Auszug aus dem Gewerbeinformationssystem Austria zur GISA-Zahl ***. Der Beschwerdeführer hat in seinem Antragsschreiben vorgebracht, dass er unter anderem bei den Firmen C in *** und F in *** sowohl als Spengler als auch als Dachdecker eingesetzt gewesen sei. Diesbezüglich wurde jedoch lediglich ein Dienstzeugnis der Firma C GmbH vom 15.4.2011 vorgelegt, sodass bezüglich der Firma F keine Feststellung getroffen werden konnte.

Die Feststellungen betreffend die D OG beruhen auf der Einsichtnahme in das Gewerbeinformationssystem Austria zur GISA-Zahl *** sowie in das Firmenbuch zur Firmenbuch-Nr. ***.

In rechtlicher Hinsicht wurde vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich wie folgt erwogen:

Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles ... und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Folgende rechtliche Bestimmungen kommen zur Anwendung:

§ 5 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) lautet:

(1) Soweit dieses Bundesgesetz hinsichtlich einzelner Gewerbe nicht anderes bestimmt, dürfen Gewerbe bei Erfüllung der allgemeinen und der bei einzelnen Gewerben vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen auf Grund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes (§ 339) ausgeübt werden.

(2) Tätigkeiten im Sinne des § 1 Abs. 1, die nicht als reglementierte Gewerbe (§ 94) oder Teilgewerbe (§ 31) ausdrücklich angeführt sind, sind freie Gewerbe. Unbeschadet allfälliger Ausübungsvorschriften ist für diese kein Befähigungsnachweis zu erbringen.

§ 18 GewO 1994 lautet auszugsweise:

(1) Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit hat für jedes reglementierte Gewerbe, hinsichtlich der im § 94 Z 14, 32, 33, 41 und 46 genannten Gewerbe und hinsichtlich des im § 94 Z 42 genannten Gewerbes, soweit es sich um die Tätigkeiten des Piercens und Tätowierens handelt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen, durch Verordnung festzulegen, durch welche Belege - für sich allein oder in entsprechender Verbindung untereinander - die Zugangsvoraussetzungen zum betreffenden Gewerbe, gegebenenfalls für dessen eingeschränkte Ausübung, im Hinblick auf die hiefür erforderliche fachliche Befähigung jedenfalls als erfüllt anzusehen sind. Dabei hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zu berücksichtigen, dass bei reglementierten Gewerben, bei denen der Qualifikation auf Grund der Richtlinie 92/51/EWG über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung der Richtlinie 89/48/EWG oder der Richtlinie 89/48/EWG über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome Diplomniveau zukommt, dieses Diplomniveau gewahrt bleibt.

(2) Als Belege im Sinne des Abs. 1 kommen in Betracht

1.   Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Meisterprüfung bei den im § 94 als Handwerke bezeichneten reglementierten Gewerben oder über eine sonstige Befähigungsprüfung;

2.   Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Unternehmerprüfung;

3.   Zeugnis über den Abschluss einer Studienrichtung an einer Universität;

4.   Zeugnis über den erfolgreichen Besuch eines Fachhochschul-Studienganges;

5.   Zeugnis über den erfolgreichen Besuch einer Schule;

6.   Zeugnis über den erfolgreichen Besuch eines Lehrganges;

7.   Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Lehrabschlussprüfung;

8.   Zeugnis über eine fachliche Tätigkeit;

9.   Zeugnis über eine Tätigkeit in leitender Stellung;

10. Zeugnis über eine Tätigkeit als Betriebsleiter;

11. Nachweise über eine Tätigkeit als Selbstständiger.

(3) Unter fachlicher Tätigkeit (Abs. 2 Z 8) ist eine Tätigkeit zu verstehen, die geeignet ist, die Erfahrungen und Kenntnisse zu vermitteln, die zur selbstständigen Ausübung des betreffenden Gewerbes erforderlich sind. Unter Tätigkeit in leitender Stellung (Abs. 2 Z 9) ist eine Tätigkeit zu verstehen, die überwiegend mit fachspezifischen Aufgaben und mit der Verantwortung für mindestens eine Abteilung des Unternehmens verbunden ist. Unter Tätigkeit als Betriebsleiter (Abs. 2 Z 10) ist eine Tätigkeit zu verstehen, die in einer der folgenden Funktionen ausgeübt wurde

1.   als Leiter des Unternehmens oder einer Zweigniederlassung oder

2.   als Stellvertreter des Unternehmers oder des Leiters des Unternehmens, wenn mit dieser Stellung eine Verantwortung verbunden ist, die der des vertretenen Unternehmers oder Leiters entspricht oder

3.   in leitender Stellung je nach der Eigenart des betreffenden Gewerbes mit kaufmännischen oder mit kaufmännischen und technischen Aufgaben und mit der Verantwortung für mindestens eine Abteilung des Unternehmens.

(4) Wenn es Gründe der Abwehr von besonderen Gefahren für das Leben oder die Gesundheit von Menschen erfordern, hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit durch Verordnung festzulegen, dass Zeugnisse im Sinne des Abs. 2 für ein Gewerbe nicht mehr zu berücksichtigen sind, wenn der Inhaber des Zeugnisses seit der Prüfung, dem Abschluss der Ausbildung oder seit der fachlichen Tätigkeit, die durch das betreffende Zeugnis bescheinigt wird, zehn Jahre nicht mehr die den Gegenstand des betreffenden Gewerbes bildenden Tätigkeiten ausgeübt hat.

(5) Bei Schulen, bei denen eine Abschlussprüfung vorgesehen ist, ist der erfolgreiche Besuch (Abschluss) durch das Abschlussprüfungszeugnis (Reifeprüfungszeugnis), bei Schulen, bei denen keine Abschlussprüfung vorgesehen ist, durch das Abschlusszeugnis (Jahreszeugnis) nachzuweisen. Als Abschluss eines Studiums gilt der Abschluss eines Diplom-, Bachelor-, Master- oder Doktoratsstudiums. Als Abschluss eines Fachhochschul-Studienganges gilt der Abschluss eines Fachhochschul-Bachelorstudienganges, eines Fachhochschul-Masterstudienganges oder eines Fachhochschul-Diplomstudienganges.

§ 19 GewO 1994 lautet:

Kann der nach § 18 Abs. 1 vorgeschriebene Befähigungsnachweis nicht erbracht werden, so hat die Behörde unter Bedachtnahme auf Vorschriften gemäß § 18 Abs. 4 das Vorliegen der individuellen Befähigung festzustellen, wenn durch die beigebrachten Beweismittel die für die jeweilige Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen nachgewiesen werden. Die Behörde hat das Vorliegen der individuellen Befähigung mit der Beschränkung auf Teiltätigkeiten des betreffenden Gewerbes auszusprechen, wenn die Befähigung nur in diesem Umfang vorliegt. § 373d Abs. 5 ist sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 94 Z. 11 GewO 1994 handelt es sich beim Gewerbe „Dachdecker (Handwerk)“ um ein reglementiertes Gewerbe.

Die Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Zugangsvoraussetzungen für das Handwerk der Dachdecker (Dachdecker-Verordnung) lautet:

Durch die im Folgenden angeführten Belege ist die fachliche Qualifikation zum Antritt des Handwerks der Dachdecker (§ 94 Z 11 GewO 1994) als erfüllt anzusehen:

1. Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Meisterprüfung oder

2. Zeugnis über eine ununterbrochene mindestens sechsjährige einschlägige Tätigkeit als Selbständiger oder Betriebsleiter (§ 18 Abs. 3 GewO 1994) oder

3. Zeugnisse über

a. die erfolgreich abgelegte Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Dachdecker und

b. eine nachfolgende ununterbrochene mindestens dreijährige einschlägige Tätigkeit als Selbständiger oder Betriebsleiter (§ 18 Abs. 3 GewO 1994) oder

4. Zeugnisse über

a. den erfolgreichen Abschluss einer mindestens zweijährigen staatlich oder von einer zuständigen Berufs- oder Handelsinstitution als vollwertig anerkannten Ausbildung, durch die schwerpunktmäßig die für das Handwerk spezifischen Qualifikationen vermittelt werden, und

b. eine nachfolgende ununterbrochene, mindestens vierjährige einschlägige Tätigkeit als Selbständiger oder Betriebsleiter (§ 18 Abs. 3 GewO 1994) oder

5. Zeugnisse über

a. eine ununterbrochene, mindestens dreijährige einschlägige Tätigkeit als Selbständiger und

b. eine mindestens fünfjährige einschlägige Tätigkeit als Unselbständiger oder

6. Zeugnisse über

a. die erfolgreich abgelegte Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Dachdecker und

b. eine nachfolgende ununterbrochene, mindestens fünfjährige fachspezifische Tätigkeit in leitender Stellung (§ 18 Abs. 3 GewO 1994).

Gemäß § 94 Z. 11 GewO 1994 handelt es sich beim Gewerbe „Dachdecker (Handwerk)“ um ein reglementiertes Gewerbe, sodass gemäß § 5 Abs. 2 GewO 1994 für dieses ein Befähigungsnachweis zu erbringen ist.

Aufgrund des § 18 Abs. 1 GewO 1994 legt das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend für jedes reglementierte Gewerbe mit Verordnung fest, durch welche Belege die Zugangsvoraussetzungen zum betreffenden Gewerbe, gegebenenfalls für dessen eingeschränkte Ausübung, im Hinblick auf die hiefür erforderliche fachliche Befähigung als erfüllt anzusehen sind.

Die Zugangsvoraussetzungen für das gegenständliche Gewerbe sind in der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Zugangsvoraussetzungen für das Handwerk der Dachdecker (Dachdecker-Verordnung) geregelt.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bilden die den Befähigungsnachweis gem. § 18 Abs. 1 GewO 1994 festlegenden Vorschriften den Maßstab dafür, ob die für die Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen durch die vom Antragsteller beigebrachten Beweismittel belegt werden (vgl. VwGH vom 6.4.2005, 2004/04/0047, 18.5.2005, 2004/04/0188; 18.5.2005, 2004/04/0211, 20.5.2015, Ro 2014/04/0032 u.a.). Der VwGH beruft sich im Erkenntnis vom 6.4.2005, 2004/04/0047, auf die vergleichbare frühere Rechtslage und auf sein Erkenntnis vom 9.10.2002, 2002/04/0059, und die dort zitierte Vorjudikatur. Danach kann die Feststellung der individuellen Befähigung für die Ausübung eines reglementierten Gewerbes nur dann bejahend getroffen werden, wenn die vom Antragsteller absolvierte Ausbildung mindestens in gleicher Weise wie die in den Befähigungsnachweis festlegenden Vorschriften geforderte Ausbildung das Ausbildungsziel verwirklichen. Die individuelle Befähigung liegt bei Gewerben, bei denen als Befähigungsnachweis eine Befähigungsprüfung vorgeschrieben ist, nur im Falle der Beherrschung des gesamten Prüfungsstoffes, umfassend die für die Ausübung des Gewerbes notwendigen Kenntnisse auf allen in den betreffenden BefähigungsnachweisV angeführten Sachgebieten vor (vgl. Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO, 20113, § 19, Rz. 6).

Wie oben festgestellt, war der nunmehrige Beschwerdeführer in der Zeit vom 20.9.1993 bis 11.1.1998 als Dachdecker- und Spenglerlehrling und vom 12.1.1998 bis 27.11.2005 als Bauspengler (Geselle) bei der Firma C GmbH in ***, *** beschäftigt. Am 30. Jänner 2019 hat er die Berufsschule in *** für den Lehrberuf Dachdecker/Spengler abgeschlossen. Die Lehrabschlussprüfung hat er nicht abgelegt.

Nach der Dachdecker-Verordnung ist die fachliche Qualifikation zum Antritt des Handwerks der Dachdecker unter anderem durch die Vorlage eines Zeugnisses über die erfolgreich abgelegte Meisterprüfung oder über die erfolgreich abgelegte Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Dachdecker oder Zeugnisse über den erfolgreichen Abschluss einer mindestens zweijährigen staatlich oder von einer zuständigen Berufs- oder Handelsinstitution als vollwertig anerkannten Ausbildung, durch die schwerpunktmäßig die für das Handwerk spezifischen Qualifikationen vermittelt werden, jeweils in Verbindung mit einer ununterbrochenen einschlägigen Tätigkeit als Selbständiger oder Betriebsleiter erbracht.

Der nunmehrige Beschwerdeführer hat die Lehrabschlussprüfung im gegenständlichen Gewerbe nicht absolviert, jedoch vorgebracht, dass seine Lehrlingszeit Berücksichtigung finden müsse, sodass die in dieser Ausbildungszeit vermittelte Ausbildung das Ausbildungsziel in gleichartiger Weise vermittle, wie in den Zugangsvoraussetzungen nach der Dachdecker-Verordnung. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass der nach Z. 3 der Dachdecker-Verordnung erforderliche Nachweis durch das Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Lehrabschlussprüfung ja ebenfalls die Absolvierung der einschlägigen Lehre voraussetzt, sodass die Absolvierung der Lehre an sich nicht mit dem Erfordernis der Lehrabschlussprüfung gleichzusetzen ist, soll diese doch viel mehr eine Überprüfung des während der Lehre erworbenen Wissens und Könnens in praktischer und theoretischer Hinsicht ermöglichen. Erst mit der Lehrabschlussprüfung ist die Lehre erfolgreich abgeschlossen.

Weiters wurde festgestellt, dass der nunmehrige Beschwerdeführer seit 1.1.2019 Inhaber der Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe „Dachdecker (Handwerker)“ ist.

Dass er von 12.1.1998 bis 27.11.2005 als Bauspengler (Geselle) bei der Firma C GmbH in ***, ***, beschäftigt war, und seit 29.1.2019 außerdem Inhaber der Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe „Spengler (Handwerk)“ ist, kann im Hinblick auf die für das gegenständliche Gewerbe erforderliche fachliche Qualifikation nicht berücksichtigt werden, handelt es sich dabei doch um keine einschlägige Tätigkeit, zumal das reglementierte Gewerbe „Spengler“ gemäß § 94 Z. 64 GewO 1994 ein eigenes Gewerbe darstellt, dessen Zugangsvoraussetzungen für die fachliche Qualifikation zum Antritt des Handwerks der Spengler in einer eigenen Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit, BGBl. II Nr. 84/2003 in der Fassung BGBl. II Nr. 3 199/2008 geregelt sind. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass er seinem Vorbringen zufolge bei der Firma C GmbH sowohl als Spengler als auch als Dachdecker eingesetzt wurde und in der Praxis für die Tätigkeiten der Bauspengler auch Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten des Dachdeckers erforderlich sein mögen.

Der nunmehrige Beschwerdeführer hat weiters in seinem Antrag vorgebracht, dass er auch bei einer Firma F in *** als Spengler und Dachdecker eingesetzte gewesen sei, ohne dies durch entsprechende Urkunden zu belegen. In Anbetracht der Wortfolge „wenn durch die beigebrachten Beweismittel … nachgewiesen werden“ in § 19 erster Satz GewO1994 ist es Sache des Antragstellers, die für die jeweilige Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen initiativ nachzuweisen, sodass die Behörde in diesem Zusammenhang keine amtswegige Ermittlungspflicht trifft; die Behörde ist in diesem Verfahren auch nach Maßgabe des § 13a AVG nicht verpflichtet, den Antragsteller anzuleiten, welche bestimmte Beweismittel beizubringen wären (vgl. VwGH 26.9.2012, 2012/04/0018 mit Hinweis auf E 30.11.2006, 2005/04/0163, mwN).

Schließlich kann auch der Umstand, dass die D OG von 5.4.2016 bis zum 31.12.2018 Inhaberin der Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe „Dachdecker (Handwerk)“ war, bei der Beurteilung des Vorliegens der für die Ausübung des gegenständlichen Gewerbes erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse nicht herangezogen werden. Nach der Dachdecker-Verordnung ist zwar auch durch eine einschlägige Tätigkeit als Selbständiger oder Betriebsleiter, allenfalls in Verbindung mit Zeugnissen über absolvierte Prüfungen bzw. Ausbildungen, die fachliche Qualifikation zum Antritt des gegenständlichen Gewerbes erfüllt. Gemäß § 1 Abs. 3 GewO 1994 liegt Selbständigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird. Da Inhaberin der Gewerbeberechtigung aber eine juristische Person war, wurde auf deren Rechnung und Gefahr die gewerbliche Tätigkeit ausgeübt und nicht auf Rechnung und Gefahr des nunmehrigen Beschwerdeführers.

Dass er Betriebsleiter oder unselbständig einschlägig tätig gewesen sei, wurde nicht vorgebracht bzw. nicht nachgewiesen.

Da der Beschwerdeführer somit seit nicht ganz eineinhalb Jahren Inhaber der Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe „Dachdecker (Handwerker)“ ist und abgesehen von seiner Lehre weiters in der Zeit vom 15. bis 19. April 2019 bei der B GmbH an einer Fortbildung „Training Dachdecker-Befähigungsprüfung“ teilgenommen hat, darüber hinaus jedoch keinerlei Nachweise über eine einschlägige Tätigkeit oder über absolvierte Ausbildungen vorgelegt hat, hat die belangte Behörde zu Recht festgestellt, dass durch die von ihm beigebrachten Beweismittel die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten für die Ausübung des von ihm angestrebten Gewerbes nicht nachgewiesen werden konnten.

Der Beschwerde war daher keine Folge zu geben.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 VwGVG entfallen, zumal diese von keiner Partei des Verfahrens beantragt wurde, der Sachverhalt selbst geklärt ist und die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Gewerbliches Berufsrecht; Dachdecker; individuelle Befähigung; Befähigungsnachweis;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.500.001.2020

Zuletzt aktualisiert am

24.07.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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