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Baurecht - WienNorm
BauO Wr §135 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Draxler, DDr. Hauer, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein des Schriftführers Richter Mag. Dr. Walter, über die Beschwerde des W M in W, vertreten durch Dr. Gerhard Eckert, Rechtsanwalt in Wien VI, Mariahilferstraße lb, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 18. August 1981, Zl. MA 64-114/81/Str., betreffend Übertretung der Bauordnung für Wien, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 19. Bezirk, vom 6. Mai 1981 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, in der Zeit von September 1980 bis 12. Februar 1981 in Wien 19, A-Straße, eine Bauführung (Errichtung einer fundierten Einfriedung an der Baulinie A-Straße und B-gasse und eines betonierten Schwimmbeckens im Bereich der B-gasse) ohne Baubewilligung vorgenommen und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 60 Abs. 1 lit. a der Bauordnung für Wien begangen zu haben. Über den Beschwerdeführer wurde daher unter Berufung auf § 135 Abs. 1 leg. cit. eine Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- (Ersatzarreststrafe 20 Tage) verhängt.
Entsprechend der Begründung ihres Bescheides ging die Behörde davon aus, daß der strafbare Tatbestand durch die Feststellungen der Organe der Baupolizei erwiesen sei und vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt werde. In Erwiderung auf die Rechtfertigungsangaben des Beschwerdeführers, der von ihm bevollmächtigte Architekt habe im Zuge des Baubewilligungsverfahrens von einem Organ der Baupolizei die Auskunft erhalten, mit dem Bau könne begonnen werden und die schriftliche Erledigung verzögere sich noch, wurde von der Behörde bemerkt, daß damit dem Beschwerdeführer nicht der Beweis gelungen sei, daß ihm die Einhaltung der in Frage kommenden Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei, da er sein Vorbringen lediglich auf die von ihm geltend gemachte Angabe des Architekten ihm gegenüber gestützt, jedoch nicht einmal behauptet habe, sich auch vergewissert zu haben, ob für die in Rede stehende Bauführung tatsächlich eine förmliche Bewilligung der Behörde vorliege. Die Notwendigkeit einer solchen habe dem Beschwerdeführer bei Anwendung pflichtgemäßer Aufmerksamkeit bekannt sein müssen, und er habe auch nicht in Abrede gestellt, vom Erfordernis der Bewilligung der Behörde zur Bauführung gewußt zu haben. Es liege somit zumindest ein fahrlässiges Verhalten des Beschwerdeführers vor. Da ihm auch nicht der Beweis eines Schuldausschließungsgrundes gelungen sei, habe spruchgemäß entschieden werden müssen.
In der gegen dieses Straferkenntnis rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, er habe sich schon im erstinstanzlichen Verfahren damit gerechtfertigt, der von ihm beauftragte Architekt habe von einem Beamten der Baubehörde die Auskunft erhalten, daß mit dem Bau begonnen werden könne, was dann auf Grund dieser Auskunft auch geschehen sei, weshalb für die Frage des Verschuldens an der Nichteinhaltung der im Gegenstande in Betracht kommenden Verwaltungsvorschrift die Aussage des vom Beschwerdeführer beauftragten Architekten unbedingt notwendig sei. Im Unterbleiben der Einvernahme dieses Architekten liege eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Im übrigen betonte der Beschwerdeführer in seinem Rechtsmittel, die Betrauung des Architekten sei deshalb geschehen, weil dieser ständig mit derartigen Arbeiten betraut sei und als Fachmann die erforderlichen Gebote und Verbote kenne und für deren Einhaltung sorge. Im Hinblick darauf, daß der Architekt die ordnungsgemäße Durchführung der Arbeiten unter Berufung auf seinen Eid versichert habe, habe für den Beschwerdeführer kein Grund zu der Annahme bestanden, daß die Angaben des Architekten über die Zulässigkeit des Baubeginnes nicht den Tatsachen entsprechen bzw. allenfalls auf einem Mißverständnis oder einer falschen Auskunft der Behörde beruhen. Unter Hinweis auf die zivilgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Fahrlässigkeit meinte der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang abschließend, daß eine Person dann nicht fahrlässig handle, wenn sie sich bei der Durchführung einer fachlichen Tätigkeit des hiezu befugten Gewerbsmannes bediene. Eine Überwachungspflicht oder Pflicht zu eigenen Nachforschungen in fachlichen Dingen treffe den Auftraggeber in einem solchen Falle nicht.
Auf Grund dieser Berufung wurde das erwähnte Straferkenntnis mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 18. August 1981 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 „in der Schuldfrage und hinsichtlich des Ausspruches der Verpflichtung zum Ersatz der Kosten des Strafvollzuges bestätigt, die Strafe jedoch gemäß § 51 Abs. 4 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG 1950, BGBl. Nr. 172/1950) auf S 15.000,--, bei Uneinbringlichkeit 15 Tage Arrest, herabgesetzt und gemäß § 64 VStG 1950 der erstinstanzliche Kostenbeitrag auf S 1.500,-- ermäßigt“.
In der Begründung ihres Bescheides verwies die belangte Behörde auf § 60 Abs. 1 lit. a der Bauordnung für Wien, wonach vor Beginn der Neu-, Zu- und Umbauten die Bewilligung der Behörde zu erwirken ist, sowie auf § 72 leg. cit., wonach vor Rechtskraft der Baubewilligung mit dem Bau nicht begonnen werden darf. Diese Bestimmung diene vor allem dazu, daß die Rechte der Anrainer ausreichend gewahrt werden, sodaß mündliche Einverständniserklärungen von Bauaufsichtsorganen niemals den schriftlichen Bescheid (§ 70 Abs. 2 leg. cit.) und dessen Vorschreibungen ersetzen könnten. Das Verwaltungsstrafrecht sei von dem Grundsatz beherrscht, daß derjenige, der sich bei der Erfüllung einer ihm obliegenden gesetzlichen Verpflichtung der Hilfe eines Dritten bediene, strafrechtlich verantwortlich bleibe, soweit ihn ein Verschulden treffe. So könne der Entlastungsbeweis nicht allein durch den Nachweis erbracht werden, daß die den Beschuldigten treffende Verantwortung auf eine hiezu geeignete Person übertragen worden sei. Es bedürfe des weiteren Beweises, daß auch für eine geeignete Kontrolle der beauftragten Person Vorsorge getroffen worden sei. Sei der Verpflichtete nicht selbst in der Lage, für die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift zu sorgen, so treffe ihn nur dann kein Verschulden, wenn er beweise, daß er es bei der Auswahl des von ihm Beauftragten und dessen Überwachung nicht an der pflichtgemäßen Aufmerksamkeit habe fehlen lassen. Daraus ergebe sich, daß den Beschwerdeführer sehr wohl ein Verschulden treffe, da er nach eigener Aussage für eine Kontrolle des beauftragten Architekten nicht gesorgt bzw. Beweise dafür weder angeboten noch erbracht habe. Somit sei auch die beantragte Vernehmung des Architekten entbehrlich und dem Rechtsmittel der angestrebte Erfolg in der Schuldfrage zu versagen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, erkennbar wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Unter Berufung auf die in der Begründung des angefochtenen Bescheides zur Frage des Verschuldens gemachten Ausführungen meint der Beschwerdeführer, es sei für ihn als Laien weder zumutbar noch erkennbar gewesen, den mit der ordnungsgemäßen Durchführung betrauten Fachmann, der ihm die ordnungsgemäße Durchführung der Arbeiten unter Berufung auf seinen Eid versichert habe, durch einen weiteren Architekten und staatlich befugten und beeideten Ziviltechniker beaufsichtigen zu lassen. Hätte der Beschwerdeführer erkannt, daß der von ihm beauftragte Architekt nicht den entsprechenden Vorschriften gemäß gehandelt habe, so hätte er unverzüglich einen anderen Architekten und staatlich befugten und beeideten Ziviltechniker bestellt bzw. einen solchen zu seiner Kontrolle eingesetzt. Da dies für den Beschwerdeführer jedoch nicht erkennbar gewesen sei, sei dies unterblieben. Er könne daher bei strengster Auslegung der Gesetze nicht einmal als fahrlässig Handelnder bezeichnet werden.
Zu diesem Vorbringen ist Nachstehendes zu bemerken:
Zufolge § 60 Abs. 1 lit. a der Bauordnung für Wien ist bei Neu-, Zu- und Umbauten vor Beginn die Bewilligung der Behörde zu erwirken, wobei sich aus § 70 Abs. 2 leg. cit. ergibt, daß Baubewilligungen im Wege eines schriftlichen Bescheides zu erteilen sind.
Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sind zutreffend davon ausgegangen, daß die in Rede stehende Bauführung (Errichtung einer fundierten Einfriedung sowie eines betonierten Schwimmbeckens) einer Baubewilligung bedarf, und der Beschwerdeführer hat nicht bestritten, daß eine solche bis zum Ablauf des der Bestrafung zugrunde gelegten Tatzeitraumes (12. Februar 1981) nicht erteilt worden ist.
Wie dem bereits wiedergegebenen Beschwerdevorbringen zu entnehmen ist, beruft sich der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Frage des Verschuldens nicht darauf, von der Notwendigkeit der Erwirkung einer baubehördlichen Bewilligung für die erwähnten baulichen Maßnahmen nichts gewußt zu haben, sondern darauf, daß er einen Architekten „mit der Vertretung in dieser Bauangelegenheit beauftragt habe“ und es für ihn als Laien weder zumutbar noch erkennbar gewesen sei, diesen Architekten durch einen weiteren Fachmann beaufsichtigen zu lassen.
In Erwiderung auf diesen Gedankengang ist zu bemerken, daß die Abwälzung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit auf andere Personen ohne gesetzliche Grundlage nicht möglich ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. November 1971, Slg. N. F. Nr. 8108/A), wobei die Bauordnung für Wien keine diesbezüglichen Bestimmungen enthält, und daß sich der Beschwerdeführer vor Beginn der Bauarbeiten etwa im Wege einer Anfrage bei der zuständigen Baubehörde davon zu überzeugen gehabt hätte, ob eine rechtskräftige Baubewilligung vorliegt. Derartige Erkundigungen hat der Beschwerdeführer aber unterlassen, weshalb ihm eine für die Strafbarkeit des gegenständlichen Ungehorsamsdeliktes ausreichende Fahrlässigkeit anzulasten ist; denn es liegt zumindest Fahrlässigkeit vor, wenn eine Partei, die mit der Erfüllung ihrer Verpflichtung einen anderen betraut, sich nicht davon überzeugt, daß ihr Auftrag im Sinne des Gesetzes befolgt wurde, wobei der Beschwerdeführer nicht für sich in Anspruch nehmen kann, nicht selbst in der Lage gewesen zu sein, für die Einhaltung der in Rede stehenden Verwaltungsvorschrift zu sorgen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Dezember 1975, Slg. N. F. Nr. 8936/A).
Der Gerichtshof konnte auch zu keinem anderen Beurteilungsergebnis gelangen, wenn man dem weiteren Beschwerdevorbringen folgend davon ausginge, daß ein Organ der Baupolizei dem vom Beschwerdeführer beauftragten Architekten „gegenüber die Auskunft erteilt hat, daß mit den Arbeiten begonnen werden kann“, weil eine in diesem Sinne allenfalls erteilte unrichtige Auskunft eines behördlichen Organes für die Beurteilung der Schuldfrage nur dann von Bedeutung sein konnte, wenn sie - wovon aber eben nicht ausgegangen werden kann - dem Beschwerdeführer persönlich im Zuge seiner diesbezüglichen Erkundigungen von dem dafür zuständigen Organwalter gegeben worden wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 1975, Zl. 1796/74). Es wäre daher für den Standpunkt des Beschwerdeführers auch nichts zu gewinnen gewesen, wenn der von ihm beauftragte Architekt tatsächlich die behauptete Auskunft erhalten haben sollte. Aus diesem Grunde liegt auch in der vom Beschwerdeführer relevierten Unterlassung der Einvernahme seines Architekten keine im Sinne des § 42 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG 1965 wesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil die belangte Behörde in diesem Falle zu keinem anderen Bescheid hätte kommen können.
Es zeigt sich sohin, daß die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 316/1976 als unbegründet abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 lit. a und b leg. cit. in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.
Wien, 14. September 1982
Schlagworte
Andere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten BaurechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1982:1982050025.X00Im RIS seit
24.07.2020Zuletzt aktualisiert am
24.07.2020