TE Vwgh Beschluss 2020/6/24 Ra 2019/05/0055

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Veröffentlicht am 24.06.2020
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag Niederösterreich
L82003 Bauordnung Niederösterreich
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

BauO NÖ 2014 §10 Abs8
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision der S K in S, vertreten durch Dr. Stefan Gloß, Dr. Hans Pucher, Mag. Volker Leitner und Dr. Peter Gloß, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Wiener Straße 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 7. Jänner 2019, LVwG-AV-1342/001-2017, betreffend Verlegung einer Grundstücksgrenze (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde: Stadtrat der Stadtgemeinde S; mitbeteiligte Partei: A E in S, vertreten durch Dr. Gerhard Taufner, Mag. Johann Huber und Dr. Melanie Haberer, Rechtsanwälte in 3390 Melk, Bahnhofplatz 4; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat der Stadtgemeinde S Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Mit Bescheid vom 20. September 2017 änderte der Stadtrat der Stadtgemeinde S aufgrund der Berufung der Revisionswerberin den Bescheid der Bürgermeisterin dieser Stadtgemeinde dahingehend ab, dass gemäß § 10 Abs. 8 der NÖ Bauordnung 2014 - NÖ BO 2014 die Verlegung der Grundgrenze zwischen näher bezeichneten Grundstücken der Revisionswerberin und der mitbeteiligten Partei auf Grundlage des Teilungsplanes des DI L. vom 19. April 2017 verfügt werde. Die bisher gemeinsame Wand gehöre somit zur Gänze zu dem bestehen bleibenden Gebäude der Revisionswerberin. Gemäß § 10 Abs. 9 NÖ BO 2014 habe die Eigentümerin des vergrößerten Grundstückes der Eigentümerin des anderen Grundstückes eine Entschädigung zu leisten, die aufgrund des Verkehrswertes des Grundstückes zu bemessen sei.

5        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) die von der Revisionswerberin dagegen erhobene Beschwerde mit der Maßgabe ab, dass die auf der Grundlage des § 10 Abs. 9 NÖ BO 2014 ergangene Anordnung einer Entschädigungsleistung durch den Ausspruch ersetzt werde, dass Spruchpunkt 1.b) des Bescheides der Bürgermeisterin der Stadtgemeinde S vom 16. Juni 2017 (Verpflichtung des Eigentümers des vergrößerten Grundstücks zur Entschädigungsleistung) wegen Unzuständigkeit ersatzlos behoben werde. Gleichzeitig sprach es aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

6        Im Rahmen der Zulassungsbegründung wird vorgebracht, das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit den Einwendungen der Revisionswerberin auseinandergesetzt und keine diesbezüglichen Feststellungen getroffen. Konkret fehlten Feststellungen zum Vorbringen, dass die bestehen bleibende Wand nicht auf festem Boden stehe, sondern im Keller sozusagen in der Luft hänge. Die Wand entspreche nicht dem Abbruchbescheid vom 15. Februar 2017, weil ein Schutz gegen das Eindringen von „Niederschlagsgewässer“ nicht gegeben sei. Weiters seien an dieser Wand ohne Baubewilligung Umbauarbeiten vorgenommen worden, indem sie um 12 cm verbreitert worden sei. Schließlich habe nach dem Abbruchbescheid vom 15. Februar 2017 die Neusituierung der Grundgrenze nach dem Abbruch zu erfolgen. Maßgeblich sei hier nicht das Datum der Erstellung des Planes, sondern die Vermessung an Ort und Stelle. Die Vermessung habe aber nach dem Teilungsplan des Geometers am 23. Jänner 2017 stattgefunden, also vor Erlassung des Abbruchbescheides. Auch diesbezüglich weiche das Verwaltungsgericht von der Rechtslage bzw. Judikatur ab.

7        Gemäß § 10 Abs. 8 NÖ BO 2014 hat die Baubehörde, wenn zwei Gebäude an einer Grundstücksgrenze eine gemeinsame Wand aufweisen und eines dieser Gebäude abgebrochen wird, die Verlegung der Grundstücksgrenze zwischen den beiden Gebäuden zu verfügen. Die bisher gemeinsame Wand muss damit zur Gänze zu dem bestehen bleibenden Gebäude gehören. Der Eigentümer des abzubrechenden Gebäudes ist verpflichtet, einen von einem Vermessungsbefugten verfassten Teilungsplan vorzulegen. Dieser Teilungsplan ist der Verfügung der Baubehörde zugrunde zu legen.

8        Soweit sich die Revisionswerberin auf die fehlende Übereinstimmung der bestehen gebliebenen Wand mit dem Abbruchbescheid vom 15. Februar 2017 bezieht, genügt es darauf hinzuweisen, dass weder dieser Bescheid noch dessen Umsetzung Verfahrensgegenstand ist. Fallbezogen ist eine Anordnung nach § 10 Abs. 8 NÖ BO 2014 über die Verlegung einer Grundstücksgrenze Gegenstand des Revisionsverfahrens. Mit diesem Zulassungsvorbringen wird daher nicht aufgezeigt, weshalb das rechtliche Schicksal der Revision von der Lösung von Fragen der Übereinstimmung der Wand mit dem genannten Abbruchbescheid abhinge.

9        Das Gleiche gilt für die weiteren Zulassungsausführungen zur Beschaffenheit der bestehen gebliebenen Wand. Weder waren deren Standsicherheit noch allfällige, nach der dem Teilungsplan zugrunde liegenden Vermessung und nach dem Abbruch des Altbestandes der mitbeteiligten Partei (mit Ausnahme der gemeinsamen Außenwand) vorgenommene Ergänzungen im oberen Bereich dieser Wand Gegenstand des Verfahrens über die Verlegung einer Grundstücksgrenze nach § 10 Abs. 8 NÖ BO 2014, worauf bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen hat.

10       Abgesehen davon ist in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dabei hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist, wobei die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu verschiedenen hg. Erkenntnissen wie auch die bloße Nennung von hg. Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen, nicht ausreicht (vgl. etwa VwGH 30.3.2020, Ra 2019/05/0095 bis 0098; 25.6.2019, Ra 2019/05/0079 bis 0081).

11       Diesen Anforderungen wird die vorliegende Revision, deren Zulassungsbegründung sich diesbezüglich auf die Ausführung beschränkt, dass das Verwaltungsgericht „in diesem Sinne von der Gesetzeslage bzw. Judikatur abweicht“, schon mangels Darstellung maßgeblicher Judikatur nicht gerecht.

12       In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

13       Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 24. Juni 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019050055.L00

Im RIS seit

04.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.08.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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