TE Vwgh Beschluss 2020/6/29 Ra 2019/11/0047

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.06.2020
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §68 Abs2
VwGG §33 Abs1
VwGVG 2014 §28 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und die Hofräte Dr. Grünstäudl und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision des M S in S, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 29. Jänner 2019, Zl. LVwG-651354/4/JP, betreffend aufschiebende Wirkung einer Beschwerde in einer Angelegenheit nach dem Führerscheingesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf), den Beschluss

Spruch

gefasst:

Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

1        1. Mit (Vorstellungs-)Bescheid der belangten Behörde vom 18. Jänner 2019 wurde dem Revisionswerber die Lenkberechtigung für die Klassen AM und B für die Dauer von einem Monat, gerechnet ab dem 21. Dezember 2018 (Datum der Abnahme des Führerscheins), entzogen und ausgesprochen, dass er einen näher bestimmten Mopedausweis bei der belangten Behörde abzuliefern habe. Weiters wurde angeordnet, dass der Revisionswerber ein Verkehrscoaching zu absolvieren habe. Schließlich wurde der Revisionswerber aufgefordert, vor Wiederausfolgung des Führerscheines seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen AM und B durch ein amtsärztliches Gutachten nachzuweisen, und ausgesprochen, dass die Frist für die Entziehung der Lenkberechtigung nicht vor Befolgung dieser Anordnung ende. Unter einem schloss die belangte Behörde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aus.

2        Gegen diesen Bescheid (mit Ausnahme des Ausspruches über die Entziehung der Lenkberechtigung für die Dauer eines Monats und die Anordnung eines Verkehrscoachings) erhob der Revisionswerber mit Schriftsatz vom 21. Jänner 2019 eine Beschwerde, die mit dem Antrag verbunden war, die belangte Behörde bzw. das Verwaltungsgericht möge der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

3        Mit dem in Revision gezogenen Beschluss vom 29. Jänner 2019 gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich diesem Antrag nicht statt, erkannte der Beschwerde keine aufschiebende Wirkung zu und sprach aus, dass gegen diesen Beschluss eine Revision nicht zulässig sei.

4        Mit Bescheid vom 13. Februar 2019 hob die belangte Behörde ihren Bescheid vom 18. Jänner 2019 gemäß § 68 Abs. 2 AVG von Amts wegen auf.

5        Mit Beschluss vom 6. März 2019 erklärte das Verwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 18. Jänner 2019 als gegenstandslos und stellte das Beschwerdeverfahren ein.

6        Über Vorhalt des Verwaltungsgerichtshofes teilte der Revisionswerber mit Stellungnahme vom 7. Mai 2020 mit, nach wie vor ein rechtliches Interesse an einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die vorliegende Revision gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 29. Jänner 2019 zu haben. Begründend führte er zum einen aus, dass ein Rechtsmittel gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 18. Jänner 2019, mit welchem dem Revisionswerber die Lenkberechtigung entzogen und begleitende Maßnahmen angeordnet worden seien, nur dann iSd Art. 13 EMRK und des Art. 47 GRC effektiv sei, wenn diesem aufschiebende Wirkung zukäme und der Verwaltungsgerichtshof „in der Sache“ über die gegenständliche Revision entscheide. Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes sei zum anderen zur Klärung der Frage geboten, ob das Lenken eines Kraftfahrzeugs durch den Revisionswerber zwischen der Zustellung des Entziehungsbescheides der belangten Behörde vom 18. Jänner 2019 und der Zustellung des diesen Bescheid aufhebenden Bescheides vom 13. Februar 2019 rechtmäßig gewesen sei. Das Lenken eines Kraftfahrzeuges innerhalb dieses Zeitraumes stelle nämlich eine Verwaltungsübertretung nach § 37 Abs. 4 Z 1 FSG und eine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs. 3 Z 6 lit. a FSG dar, welche nach § 25 Abs. 3 FSG einen mindestens dreimonatigen Entzug der Lenkberechtigung zur Folge habe.

7        2.1. Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist die Revision mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde.

8        § 33 Abs. 1 VwGG ist nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall wegen Gegenstandslosigkeit liegt insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat (vgl. etwa VwGH 29.1.2020, Ra 2019/11/0166, mwN).

9        2.2. Ein solcher Fall liegt hier vor:

10       Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung bereits wiederholt festgehalten, dass das Rechtsschutzinteresse eines Revisionswerbers, dessen Revision sich gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts betreffend die aufschiebende Wirkung seiner Beschwerde richtet, nicht mehr gegeben ist, sobald das Verwaltungsgericht über die Beschwerde selbst erkannt hat (vgl. etwa VwGH 10.10.2018, Ra 2018/11/0189, mwN).

11       Nichts anderes kann in einem Fall wie dem vorliegenden gelten, in dem die belangte Behörde den beim Verwaltungsgericht mit Beschwerde bekämpften Bescheid während des Beschwerdeverfahrens gemäß § 68 Abs. 2 AVG aufgehoben und das Verwaltungsgericht das Beschwerdeverfahren mit Beschluss eingestellt hat, weil auch durch eine Einstellung nach § 28 Abs. 1 VwGVG die Beschwerde erledigt wird (vgl. Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG ErgBd [2017] § 28 VwGVG Rz 6).

12       Auch mit seinem Vorbringen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Lenkens eines Kraftfahrzeugs durch den Revisionswerber im Zeitraum zwischen der Zustellung des Bescheides der belangten Behörde vom 18. Jänner 2019 und der Zustellung des diesen Bescheid aufhebenden Bescheides der belangten Behörde vom 13. Februar 2019 kann der Revisionswerber ein weiterbestehendes rechtliches Interesse an einer Entscheidung über die Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht darlegen. Durch die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses käme nämlich seiner Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung im Bescheid der belangten Behörde vom 18. Jänner 2019 aberkannt wurde, weder nach § 13 Abs. 1 VwGVG noch nach § 22 Abs. 3 VwGVG die aufschiebende Wirkung zu, sodass sich seine Rechtsstellung nicht verbessern würde.

13       2.3. Die Revision war somit in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG für gegenstandslos geworden zu erklären und das Revisionsverfahren einzustellen.

14       2.4. Mangels einer formellen Klaglosstellung liegt im vorliegenden Fall die Voraussetzung für einen Kostenzuspruch an den Revisionswerber gemäß § 55 VwGG nicht vor. In Hinblick darauf, dass die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 58 Abs. 2 VwGG nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Aufwandersatz zugesprochen wird (vgl. neuerlich VwGH 29.1.2020, Ra 2019/11/0166, mwN).

Wien, am 29. Juni 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019110047.L00

Im RIS seit

12.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

19.08.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten