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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AuslBG §2 Abs2Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Dr. Doblinger und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Hotz, über die außerordentliche Revision des X Y in Z vertreten durch Dr. Wolfgang Bernt, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Gußhausstraße 10/26, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich Außenstelle Wiener Neustadt vom 16. Jänner 2020, Zl. LVwG-S-1606/001-2019, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen, im Beschwerdeverfahren nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis wurde der Revisionswerber einer Übertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) schuldig erkannt, weil er am 4. September 2019 den serbischen Staatsangehörigen A beschäftigt habe, obwohl für diesen keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen erteilt oder Bestätigungen ausgestellt gewesen sei. Es wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 1.000,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt. Gleichzeitig wurde er zum Ersatz der jeweils näher angeführten Verfahrenskosten sowie der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erwachsenen Barauslagen (Gebühren für die Dolmetscherin für die Teilnahme an der öffentlichen mündlichen Verhandlung) verhalten. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
2 Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision. Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht erstattete keine Revisionsbeantwortung.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
4 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG).
5 Der Verwaltungsgerichtshof hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Er ist weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 22.5.2019, Ra 2019/09/0059, mwN).
6 Die Zulässigkeit einer Revision setzt neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung von dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für den Revisionswerber - günstigeren Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. VwGH 18.9.2019, Ra 2019/18/0338, mwN).
7 Soweit der Revisionswerber in seinem Zulässigkeitsvorbringen das Vorliegen eines Freundschafts- bzw. Gefälligkeitsdienstes behauptet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hinzuweisen, wonach als Freundschafts- bzw. Gefälligkeitsdienste nur kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anzusehen sind, die vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsempfänger erbracht werden und die einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten (vgl. VwGH 23.10.2017, Ra 2015/08/0135). Bei der Frage, ob ein unentgeltlicher Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst vorliegt, handelt es sich um eine grundsätzlich nicht revisible einzelfallbezogene Beurteilung (vgl. VwGH 24.2.2015, Ra 2015/08/0009). Auch gelegentliche oder kurzfristige Beschäftigungen sind grundsätzlich als (der Bewilligungspflicht unterworfene) Beschäftigungsverhältnisse im Sinn des § 2 Abs. 2 AuslBG anzusehen (vgl. u.a. VwGH 9.12.2010, 2007/09/0356).
8 Wird jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen, d.h. arbeitend, unter solchen Umständen angetroffen, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinne auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen. Spricht also die Vermutung für ein Dienstverhältnis, dann muss die Partei ein ausreichend substantiiertes Vorbringen erstatten, aus dem man anderes ableiten könnte. Für die Abgrenzung zwischen einem Gefälligkeitsdienst und einer Beschäftigung ist eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Dabei trifft die Partei - unabhängig von der grundsätzlichen Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Erforschung des für die Entscheidung notwendigen Sachverhaltes und über die oben erwähnte Darlegungspflicht hinaus - eine entsprechende Mitwirkungspflicht, zumal es sich bei den zur Beantwortung der Frage, ob ein Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst vorliegt, maßgeblichen Umständen und Motiven um solche handelt, die zumeist der Privatsphäre der Partei zuzuordnen sind und der Behörde nicht ohne weiteres zur Kenntnis gelangen. Es ist in diesen Fällen daher Sache der Partei, entsprechende konkrete Behauptungen aufzustellen und Beweise anzubieten (vgl. u.a. VwGH 20.6.2018, Ra 2015/08/0149; 19.12.2012, 2012/08/0165; 12.7.2011, 2009/09/0101).
9 Für das Vorliegen der Entgeltlichkeit einer Beschäftigung kommt es nicht darauf an, ob ein Entgelt vereinbart wurde oder eine solche Vereinbarung unterblieben ist, gilt doch im Zweifel für die Erbringung von Dienstleistungen ein angemessenes Entgelt als bedungen (vgl. § 1152 ABGB). Folglich ist die Unentgeltlichkeit einer Verwendung nicht schon beim Fehlen einer Entgeltvereinbarung zu vermuten, sie muss vielmehr ausdrücklich und erwiesenermaßen - wenigstens konkludent - vereinbart worden sein und einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten (vgl. VwGH 19.12.2012, 2012/08/0165). Dabei ist es Sache der Partei, entsprechende konkrete Behauptungen aufzustellen und Beweise anzubieten (vgl. VwGH 14.3.2013, 2010/08/0229).
10 Im vorliegenden Fall ist das Verwaltungsgericht als Ergebnis seiner Beweiswürdigung insbesondere auf Grundlage der Beweisaufnahmen in der mündlichen Verhandlung vor allem den Angaben des die Kontrolle des von A gelenkten Pritschenwagens samt Anhänger am Tattag durchführenden Polizeibeamten B gefolgt, wonach A für den Revisionswerber Brunnenbauarbeiten durchführen sollte, und nahm ausgehend von der vom Revisionswerber zugestandenen unentgeltlichen Unterkunft- und Verpflegungsgewährung gegenüber A das Vorliegen einer dem AuslBG unterworfenen bewilligungspflichtigen Beschäftigung an.
11 Dass das Verwaltungsgericht die diesbezügliche Beurteilung auf unvertretbare Weise vorgenommen hätte, ist nicht zu sehen. So ist etwa auf die vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen hinzuweisen, wonach A in dem Zeitraum, während er sich in Österreich aufhielt, unentgeltlich beim Revisionswerber gewohnt und von ihm gratis Mahlzeiten erhalten habe, welche Leistungen durchaus als Entgelt angesehen werden können, und der Vater des A ein in Serbien wohnhafter Bekannter des Revisionswerbers sei, der für ihn in Belgrad Bauarbeiten durchgeführt habe. Im Hinblick darauf begegnet es keinen Bedenken, wenn das Verwaltungsgericht keine Unentgeltlichkeit der Leistungen von A und keine Erbringung auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Revisionswerber gesehen, einen Gefälligkeitsdienst schon deshalb ausgeschlossen und im Hinblick auf den Umstand, dass der Revisionswerber die Arbeitsanweisung erteilt und Zulassungsbesitzer des von A im Zeitpunkt der Betretung gelenkten Pritschwagens gewesen ist, vom Vorliegen eines Dienstverhältnisses ausgegangen ist. Die vom Revisionswerber für seine gegenteilige Ansicht ins Treffen geführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes betreffen jeweils anders gelagerte Sachverhalte mit nicht vergleichbaren Konstellationen, sodass auch ein Widerspruch zur hier angefochtenen Entscheidung nicht zu erblicken ist.
12 Im weiteren Zulassungsvorbringen wird geltend macht, dass das Verwaltungsgericht seiner amtswegigen Ermittlungspflicht nicht ausreichend entsprochen habe und dazu die Unterlassung der Einvernahme von zwei bereits im erstinstanzlichen Verfahren und in der Beschwerde beantragter Zeugen gerügt. Allein mit dem diesbezüglichen Vorbringen, dass der eine Zeuge (als Beifahrer zum Betretungszeitpunkt) bestätigen hätte können, dass er keine Übersetzungstätigkeit für A bei der polizeilichen Anhaltung ausgeübt haben hätte können, und der andere Zeuge angeben hätte können, dass A für den Revisionswerber im Ergebnis eine andere Tätigkeit verrichtet hätte, kann die Relevanz für einen günstigeren Verfahrensausgang für den Revisionswerber, nämlich das Nichtvorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG, nicht dargetan werden.
13 Die Revision war somit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG zur Behandlung nicht geeignet ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 2. Juli 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020090016.L00Im RIS seit
03.09.2020Zuletzt aktualisiert am
03.09.2020