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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §5 Abs2 idF 1994/518;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des Ing. H in P, vertreten durch Dr. Franz Zimmermann, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Karfreitstraße 8, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 16. April 1997, Zl. 8 B-KFE-34/1/1997, betreffend vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B vorübergehend für die Dauer von neun Monaten, gerechnet ab der am 8. Mai 1995 erfolgten vorläufigen Abnahme des Führerscheines, entzogen.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führt die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe am 8. Mai 1995 um 22 Uhr 45 einen Kombikraftwagen auf einer näher bezeichneten Straßenstelle gelenkt und sei von Straßenaufsichtsorganen des Gendarmeriepostens P. zur Durchführung einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle angehalten worden. Beim Beschwerdeführer seien dabei Alkoholisierungssymptome wahrgenommen worden, nämlich deutlicher Geruch der Atemluft nach Alkohol, veränderte Sprache und leichte Rötung der Bindehäute. Der Beschwerdeführer habe angegeben, Alkohol (drei "Mischungen") getrunken zu haben. Der Gendarmeriebeamte EG sei im Sinne des § 5 Abs. 2 StVO 1960 zur Atemluftuntersuchung ermächtigt und damit zu einer entsprechenden Aufforderung an den Beschwerdeführer berechtigt gewesen. Der Beschwerdeführer habe nicht bestritten, der Aufforderung, zum Gendarmerieposten P. zur Durchführung eines Alkomattestes mitzukommen, nicht sofort nachgekommen zu sein. Der Tatbestand der Weigerung, sich zur Atemluftuntersuchung zur nächstgelegenen Dienststelle, bei der sich ein Atemalkoholmeßgerät befindet, bringen zu lassen, sei bereits mit der erstmaligen Weigerung, insbesondere mit dem Entfernen vom Anhalteort, erfüllt. Der Beschwerdeführer sei zudem ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht worden, daß er eine Verwaltungsübertretung begehe, wenn er sich vom Anhalteort entferne. Trotz dieser Warnung habe sich der Beschwerdeführer entfernt, um in einem nahegelegenen Gasthaus "eine Begleitperson zu organisieren". Der Beschwerdeführer habe demnach der Aufforderung, zur Durchführung der Atemalkoholuntersuchung zur nächstgelegenen Dienststelle mitzukommen, nicht Folge geleistet und damit eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 4 StVO 1960 begangen. Es liege somit eine bestimmte Tatsache gemäß § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 vor. Der Beschwerdeführer sei im Jahr 1992 wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 rechtskräftig bestraft worden. Damals sei ihm die Lenkerberechtigung für die Dauer von drei Monaten entzogen worden. Zuvor sei ihm im Jahr 1989 wegen eines Alkoholdeliktes die Lenkerberechtigung für die Dauer von vier Wochen entzogen worden. Trotz dieser Bestrafungen und Entziehungsmaßnahmen habe der Beschwerdeführer neuerlich ein Alkoholdelikt begangen. Aufgrund der daraus erschließbaren Neigung des Beschwerdeführers zur Begehung derartiger Delikte sei die von der Erstbehörde festgesetzte Entziehungszeit erforderlich gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst ist festzuhalten, daß die belangte Behörde mangels rechtskräftiger Bestrafung des Beschwerdeführers wegen der ihm angelasteten Übertretung vom 8. Mai 1995 - der Unabhängige Verwaltungssenat für Kärnten hat mit Bescheid vom 22. Oktober 1996 das diesbezügliche Strafverfahren mit der Begründung eingestellt, dem Beschwerdeführer sei im erstinstanzlichen Verfahren die Verweigerung der Atemluftuntersuchung und damit eine Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 angelastet worden, während er nach der Begründung des Erstbescheides der Aufforderung, zum Zweck der Durchführung des Alkomattestes zum Gendarmerieposten mitzukommen, nicht unverzüglich Folge geleistet habe (vgl. dazu jedoch die gegenteilige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere das Erkenntnis vom 8. November 1996, Zl. 96/02/0362, wonach § 5 Abs. 4 StVO 1960 als eine Ausformung des § 5 Abs. 2 anzusehen sei und die Weigerung, sich zum Zweck der Untersuchung des Atemalkoholgehaltes zur nächstgelegenen Dienststelle bringen zu lassen, im Ergebnis eine Verweigerung der Atemluftuntersuchung darstelle) - selbständig als Vorfrage zu prüfen hatte, ob der Beschwerdeführer am 8. Mai 1995 eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem zitierten Erkenntnis vom 8. November 1996 ausgeführt, daß die bisherige Rechtsprechung zu § 5 Abs. 2 StVO 1960 in der Fassung vor der 19. StVO-Novelle, wonach der angeordneten Beförderung im Streifenwagen in ein Wachzimmer zum Zwecke der Ablegung des Alkotests Folge zu leisten sei, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 StVO 1960 weiter anwendbar sei. Das gilt auch für den in der Rechtsprechung wiederholt ausgesprochenen Grundsatz, daß der Aufforderung zur Atemluftuntersuchung bzw. zum Mitfahren zur nächstgelegenen Dienststelle unverzüglich nachzukommen ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. November 1991, Zl. 91/02/0113, vom 15. Jänner 1992, Zl. 91/03/0137, vom 27. Mai 1992, Zl. 92/02/0092, und vom 20. April 1993, Zl. 92/03/0260). Im Hinblick auf diese Rechtslage hat die belangte Behörde mit Recht die Weigerung, unverzüglich zum Gendarmerieposten mitzukommen, in Verbindung mit dem Entfernen des Beschwerdeführers vom Anhalteort und das Aufsuchen eines nahegelegenen Gasthauses trotz Belehrung über die Folgen dieses Verhaltens als Weigerung, zur nächstgelegenen Dienststelle mitzukommen, und damit als Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 gewertet, auch wenn der Beschwerdeführer kurze Zeit darauf wieder am Ort der Anhaltung erschienen ist.
Der Beschwerdeführer irrt, wenn er meint, im Verfahren zur Entziehung der Lenkerberechtigung komme es auf die tatsächliche Alkoholisierung an. Er ist in diesem Zusammenhang auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach alle in § 66 Abs. 2 lit. e KFG 1967 erwähnten Übertretungen nach § 99 Abs. 1 StVO 1960 hinsichtlich ihrer Verwerflichkeit als gleichwertig anzusehen sind (siehe das Erkenntnis vom 15. Jänner 1991, Zl. 90/11/0170, mwN). Das Vorliegen einer Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 5 Abs. 1 StVO 1960 hat die belangte Behörde nicht angenommen, sodaß es nicht erforderlich war, Ermittlungen über das Ausmaß der Alkoholisierung des Beschwerdeführers zu führen. Die diesbezüglich erhobene Verfahrensrüge geht daher ins Leere. Die für die Aufforderung gemäß § 5 Abs. 4 StVO 1960 erforderliche Vermutung, daß sich der Beschwerdeführer in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, war im Hinblick auf die von den Gendarmeriebeamten wahrgenommenen Alkoholisierungssymptome des Beschwerdeführers und den von ihm selbst eingestandenen Genuß alkoholischer Getränke gerechtfertigt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 19. März 1997, Zl. 96/11/0281).
Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Alkotest Straßenaufsichtsorgan Alkotest Verweigerung Alkotest VoraussetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997110128.X00Im RIS seit
12.06.2001