TE Lvwg Erkenntnis 2020/7/14 LVwG-1-206/2020-R5

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Veröffentlicht am 14.07.2020
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Entscheidungsdatum

14.07.2020

Norm

StVO 1960 §5a Abs2

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Herzog über die Beschwerde des C G S, S, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Peter Sixt, Graz, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft D vom 11.03.2020 betreffend eine Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis – ausgenommen die Entscheidung über die Barauslagen gemäß § 5a Abs 2 StVO – aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

In der Vorschreibung der Barauslagen gemäß § 5a Abs 2 StVO hat es statt „Blutalkoholuntersuchungskosten“ bei „€ 780,00“ zu lauten „Blutuntersuchungskosten“ und bei „€ 166,40“ zu lauten „Kosten der ärztlichen Untersuchung“.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Begründung

1.   Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe am 30.12.2019 um 21:10 Uhr in D auf der Straße „M“, Parkplatz ca 520 m aus Richtung L X kommend, den PKW XXX in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt (Beeinträchtigung durch Cannabinoide). Die Bezirkshauptmannschaft erblickte darin eine Übertretung des § 99 Abs 1b iVm § 5 Abs 1 StVO. Es wurde eine Geldstrafe von 1.500 Euro verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 15 Tagen und 10 Stunden festgesetzt.

Gleichzeitig wurden dem Beschuldigten die Kosten des Strafverfahrens sowie die „Blutalkoholuntersuchungskosten gemäß § 5a Abs. 2 StVO“ vorgeschrieben.

2.              Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser wird im Wesentlichen vorgebracht, dass der Beschwerdeführer mit seinem in Vorarlberg wohnhaften Cousin den Silvesterabend verbringen habe wollen. Aus diesem Grund sei er am 29.12.2019 von G aus mit dem Auto-Nachtreisezug nach Vorarlberg gereist. Am Abend des 30.12.2019 habe er beabsichtigt, mit seinem Cousin und mit einem seiner Freunde unterschiedliche Lokale in D aufzusuchen. Er sei aus diesem Grund mit seinem PKW, in welchem sich auch sein Cousin befunden habe, hinter dem Pkw des Freundes seines Cousins nachgefahren. Es sei beabsichtigt gewesen, dass man ein Lokal zum Abendessen aufsuche. Nachdem der Beschwerdeführer sein Fahrzeug gleich wie der Freund seines Cousins eingeparkt gehabt habe, hätten sich alle drei auf eine dort befindliche Parkbank gesetzt und beschlossen, einen Joint zu konsumieren. Nachdem der Beschwerdeführer und die zwei weiteren Anwesenden rund 20 Minuten auf dieser Bank gesessen seien und geraucht hätten, sei es zu einer Polizeikontrolle gekommen und sei festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer Suchtmittel (Cannabis) mit sich geführt habe. Aus diesem Grund sei beim Beschwerdeführer ein Harntest durchgeführt worden, welcher ein positives Ergebnis gehabt habe. Das positive THC-Ergebnis des Harntestes sei jedoch lediglich auf einen vergangenen Suchtmittelkonsum, welcher zumindest 24 Stunden davor gewesen sei, und den Suchtmittelkonsum auf der Parkbank zurückzuführen. Dass der Beschwerdeführer jedoch im beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt habe, sei dadurch nicht erwiesen. Auch gegenüber den erhebenden Polizeibeamten habe der Beschwerdeführer angegeben, dass der Suchtmittelkonsum erst nach Abstellen des Kraftfahrzeuges erfolgt sei und er nicht mehr geplant habe, am 30.12.2019 sein Kraftfahrzeug in Betrieb zu nehmen. Die Behörde gehe ohne ausreichenden Nachweis davon aus, dass der Beschwerdeführer eine Übertretung der StVO gesetzt und im beeinträchtigten Zustand sein Fahrzeug gelenkt habe. Eine Übertretung nach der StVO habe er nicht gesetzt, da er zum Zeitpunkt des Lenkens nicht beeinträchtigt gewesen sei.

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren sei mangelhaft geblieben. Zu keinem Zeitpunkt seien dem Beschwerdeführer Ermittlungsergebnisse zur Kenntnis gebracht worden und sei er hinsichtlich des festzustellenden Sachverhaltes befragt worden. Darüber hinaus sei das Parteiengehör missachtet worden und habe er keinerlei Möglichkeit gehabt, sich zu äußern. Um einen beurteilbaren Sachverhalt abschließend festzustellen, wäre die Behörde angehalten gewesen, nicht nur die Meldungsleger zu hören, sondern auch zu Gunsten des Beschwerdeführers Beweise aufzunehmen. In diesem Sinne wäre der Cousin des Beschwerdeführers als auch dessen Freund zu befragen gewesen. Die Aussagen dieser Zeugen seien sohin wesentlich und relevant für die Entscheidung.

Das Gutachten kläre nur, in welchem Zustand der Beschwerdeführer gewesen sei, als er den Joint bereits konsumiert habe, jedoch nicht, in welcher Verfassung er gewesen sei, als er sein Auto gelenkt habe. Das Gutachten sei sohin lediglich zur Frage, ob eine Übertretung nach dem SMG vorliege, relevant, nicht jedoch, ob vor Konsumation des Suchtmittels bereits eine Beeinträchtigung im Sinne des § 5 StVO vorgelegen habe. Die Gutachtensergebnisse könnten nicht mit Angaben der Zeugen in Übereinklang gebracht werden, sodass zusammengefasst die Tatsachenfeststellung mangels fehlender und unvollständiger Beweiswürdigung im Bescheid nicht nachvollziehbar und keineswegs objektiv sei. Die vorgenommene rudimentäre Beweiswürdigung könne sohin gegenständlicher Entscheidung nicht zu Grunde gelegt werden, da auch sonst keinerlei ausreichende Feststellungen zum Sachverhalt vorlägen und lediglich ein Verweis auf eine Anzeige erfolgt sei. Die Behörde hätte nicht darauf verzichten dürfen, Feststellungen zum Sachverhalt zu treffen, um die Möglichkeit zu eröffnen, die Beweiswürdigung und Sachverhaltsfeststellungen zu überprüfen.

Das bekämpfte Straferkenntnis lasse die Trennung der Begründungselemente Tatsachenfeststellung, Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung in einer Weise vermissen, dass die Rechtsverfolgung durch die Partei oder die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt sei. Dieser Begründungsmangel könne nur zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides bereits aus diesem Grunde führen. Das Straferkenntnis sei augenscheinlich aus Textbausteinen zusammengesetzt und es sei davon auszugehen, dass sich die Behörde nicht ausreichend mit dem Sachverhalt auseinandergesetzt habe.

3.   Das Landesverwaltungsgericht hat in dieser Angelegenheit eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Beschuldigte lenkte am 30.12.2019 gegen 21:00 Uhr den PKW XXX in D von der Hstraße kommend ins Rgebiet auf die Straße „M“, wo er das Fahrzeug nach ca 520 m auf einem Platz neben der Straße abstellte. Nachdem er aus dem Fahrzeug ausgestiegen war, konsumierte er dort – im Beisein seines Cousins und dessen Kollegen – einen Joint (Cannabiszigarette). Nachdem er sich ca 20 Minuten auf dem Platz aufgehalten und den Joint fertig geraucht hatte, fuhr ein Polizeistreifenfahrzeug zu und wurde der Beschuldigte in weiterer Folge von den Polizeibeamten einer Lenkerkontrolle unterzogen. Da die Polizeibeamten aufgrund der Kontrolle die Vermutung hatten, dass sich der Beschuldigte in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, wurde er von diesen einem Polizeiarzt vorgeführt. Der Polizeiarzt stellte aufgrund des von ihm durchgeführten Urin- und Speicheltests (beide THC-positiv) und seiner klinischen Untersuchung um 22:02 Uhr fest, dass der Beschuldigte durch Suchtgift beeinträchtigt ist. Dem Beschuldigten wurde daraufhin um 22:10 Uhr mit seiner Zustimmung Blut abgenommen. Die chemisch-toxikologische Untersuchung der Blutproben am Institut für Gerichtliche Medizin der Universität Innsbruck ergab, dass darin die Cannabinoide THC, 11-Hydroxy-THC und THC-Carbonsäure enthalten sind und der Beschuldigte damit zum Zeitpunkt der Probenahme (22:10 Uhr) dadurch beeinträchtigt war. Dass der Beschuldigte bereits im Zeitpunkt des Lenkens des Kraftfahrzeuges (gegen 21:00 Uhr) durch Suchtgift beeinträchtigt war, kann nicht erwiesen werden.

4.   Dieser Sachverhalt wird auf Grund des Strafaktes und der mündlichen Verhandlung, in der der Beschuldigte angehört und die Zeugen P, Z, F und M einvernommen wurden, als erwiesen angenommen.

Zur Kritik des Beschuldigten am Ermittlungsverfahren der Behörde ist einleitend klarzustellen, dass die Behörde dem Beschuldigten nachweislich mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 27.01.2020 Gelegenheit gegeben hat, sich zum gegenständlichen Tatvorwurf zu rechtfertigen und die zu seiner Verteidigung dienenden Tatsachen und Beweismittel bekanntzugeben. Diese Gelegenheit hat der Beschuldigte jedoch nicht genützt. Es kann daher keine Rede davon sei, dass die Behörde das Parteiengehör missachtet und es unterlassen habe, zu seiner Entlastung bestimmte Zeugen einzuvernehmen. Die Einvernahme der vom Beschuldigten erst im Beschwerdeverfahren geltend und namhaft gemachten Entlastungszeugen erfolgte nunmehr in der mündlichen Verhandlung durch das Landesverwaltungsgericht.

Die Richtigkeit des polizeiamtsärztlichen Gutachtens und der gerichtsmedizinischen Blutuntersuchung wird vom Beschuldigten in keiner Weise angezweifelt. Es ist daher unstrittig, dass sich der Beschuldigte zum Zeitpunkt der klinischen Untersuchung durch den Polizeiamtsarzt (21:40 Uhr bis 22:02 Uhr) und der Blutabnahme (22:10 Uhr) in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befunden hat. Strittig ist, ob dies schon im Lenkzeitpunkt der Fall war.

Der Beschuldigte hat sich in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen dahingehend gerechtfertigt, dass er in der Nacht vom 29. auf den 30.12. mit dem Nachtzug nach Vorarlberg gekommen sei. Gegen 18:00 Uhr sei noch ein Familienessen in V gewesen. Anschließend hätten sich er und sein Cousin A F zum Fortgehen hergerichtet und seien dann mit dem Auto des Bruders von A F nach D gefahren. Er sei der Lenker des Fahrzeuges gewesen. Am Weg in D hätten sie diesen Freund getroffen, der mit einem eigenen Fahrzeug gekommen sei. Der Treffpunkt sei etwas außerhalb von D bei einem Acker gewesen. Sie hätten noch etwas trinken und dann später zu einer Hausparty in D gehen wollen. Bei diesem Treffpunkt beim Acker seien sie noch zusammengestanden und er habe dann noch einen kleinen Joint geraucht. Sie hätten dann vorgehabt weiterzufahren, dies aber nur mit dem Freund. Er selbst wäre nicht weitergefahren. Sie seien dort ca 20 Minuten bis zum Eintreffen der Polizei gewesen. Er habe erst etwas konsumiert, nachdem er das Auto bei diesem Acker abgestellt habe. Vor der Fahrt von V nach D habe er an diesem Tag kein Suchtgift konsumiert. Am Beginn der polizeilichen Amtshandlung sei er gefragt worden, ob er etwas bei sich führe, was er aber abgestritten habe. Bei der Personenkontrolle sei bei ihm Suchtgift gefunden worden. Dann habe ihn der Polizeibeamte gefragt, ob er etwas konsumiert habe. Zuerst habe er gesagt, dass er am Vortag etwas geraucht habe. Dies um zu erklären, warum er Cannabis mit sich führe. Erst im Polizeiauto habe er dann gesagt, dass er auf dem Parkplatz einen Joint geraucht habe. Wenn er gefragt werde, warum er zuerst gesagt habe, dass er am Vortag etwas konsumiert habe, gebe er an, dass er damals bei der Kontrolle etwas verängstigt gewesen sei, auch wegen den Eltern seines Cousins, dass der Vorfall auffalle. Bei der Untersuchung durch den Arzt habe er dem Arzt geantwortet, dass er vor Ort Cannabis konsumiert habe, nachdem er sein Auto abgestellt habe. Mit dem Konsum des Joints sei er zehn Minuten vor dem Eintreffen der Polizei fertig gewesen.

Der Polizeibeamte GI P P, der die Kontrolle des Beschuldigten durchgeführt hat, gab als Zeuge im Wesentlichen an, dass sie im Zuge einer Streifenfahrt gesehen hätten, dass im R Fahrzeuge mit eingeschalteten Scheinwerfern stehen. Sie seien zu diesem Platz hingefahren und hätten dort zwei Autos und drei Personen angetroffen. Durch Befragung hätten sich die zwei Lenker herauskristallisiert. Sie (die Polizeibeamten) hätten aber nicht gesehen, dass der Beschuldigte ein Fahrzeug gelenkt habe, sodass ihnen nichts Auffälliges über die Fahrt zur Kenntnis gekommen sei. Dann habe er die Abfrage der von den Lenkern vorgelegten Dokumente durchgeführt. Im Zuge der weiteren Befragung sei auch gefragt worden, ob die Personen etwas zu sich genommen hätten, was nicht erlaubt sei. Die Antwort sei „nein“ gewesen. Der andere Beamte habe beim Beschuldigten festgestellt, dass vermutlich eine Beeinträchtigung vorliege. Auf Anfrage habe der Beschuldigte gesagt, dass er kurz davor einen negativen Test bei der Bezirkshauptmannschaft hinter sich gebracht habe und dass er nichts zu sich genommen habe. Im Zuge der Kontrolle des Fahrzeuges und der Kleidung des Beschuldigten hätten sie dann festgestellt, dass er Hanfblüten bei sich (an der Kleidung) gehabt habe. Der Beschuldigte habe damals gesagt, dass er aktuell nichts konsumiert habe, aber vor ca zwei Jahren. Auch nachdem die Blütenreste gefunden worden seien, habe der Beschuldigte nicht angegeben, dass er etwas zu sich genommen habe. Er (der Zeuge) habe dann dem Beschuldigten gesagt, dass sie ihn zum Arzt bringen würden. Dagegen habe sich der Beschuldigte nicht gewehrt und er habe dazu auch nichts gesagt. Er habe damals nicht angegeben, dass er erst jetzt auf dem Parkplatz etwas konsumiert habe. Die ärztliche Untersuchung habe bei der Polizeiinspektion L durch Herrn Dr. Z stattgefunden. Bei der Untersuchung selbst sei er nicht dabei gewesen, er sei währenddessen im Empfangsraum vor dem Untersuchungsraum gewesen. Wenn in der Anzeige angeführt sei, dass der Beschuldigte gegenüber dem Polizeiarzt sinngemäß angegeben habe, dass er zuletzt am Nachmittag Haschisch geraucht habe, so beziehe er sich nur auf die Angabe seiner (Polizei-)Kollegen. Aufgrund dessen, dass bei der Kontrolle festgestellt worden sei, dass der Beschuldigte Suchtgift dabeigehabt habe, seien sie mit ihm dann im Polizeifahrzeug nach Bregenz zur Landesverkehrsabteilung gefahren, um eine Niederschrift aufzunehmen. Im Zuge dieser Fahrt habe der Beschuldigte dann gesagt, dass er erst auf dem Parkplatz, wo die Kontrolle stattgefunden habe, etwas geraucht habe, nachdem er gefahren sei.

Der Polizeiamtsarzt Dr. A Z, der den Beschuldigten auf der Polizeiinspektion L hinsichtlich einer Beeinträchtigung untersucht hat, sagte als Zeuge im Wesentlichen aus, dass er bei einer solchen Untersuchung immer den Untersuchten nach dem Suchtgiftkonsum frage. Diesbezüglich habe der Beschuldigte keine Angaben gemacht. Anfänglich habe der Beschuldigte etwas gesagt, aber dann gesagt, dass er keine Angaben mache und so habe er es im Gutachten protokolliert.

A F, ein Cousin des Beschuldigten, sagte als Zeuge im Wesentlichen aus, dass er am 30.12.2019 mit dem Beschuldigten zusammen gewesen sei. Dieser sei an diesem Tag von der S angereist und habe, da er sehr früh angekommen sei, zuerst geschlafen. Ab ca 16:00 Uhr seien sie eigentlich die ganze Zeit zusammen gewesen. Um ca 18:00 Uhr hätten sie zu Hause Abend gegessen und seien dann mit dem Auto von V nach R gefahren, um dort etwas einzukaufen. Anschließend seien sie nach D gefahren und hätten dort bis zu dem Vorfall mit der Polizei die Zeit verbracht. Für diese Fahrt habe sein Bruder dem Beschuldigten das Auto gegeben. Später hätten sie sich dann mit seinem Freund L M getroffen und dieser habe sie dann anschließend auf diesen Platz hingeführt. Dort hätten sie dann geparkt. Er selbst habe dort ein Bier getrunken. Der Beschuldigte habe dort einen Joint geraucht. L habe eine Zigarette geraucht. Sie hätten dann noch eine gewisse Zeit dort verbracht und dann sei die Polizei gekommen. Bei der Polizeikontrolle sei von ihnen allen der Ausweis verlangt worden. Aufgrund der Abfragen der Polizei sei dann der Beschuldigte etwas stärker kontrolliert worden und dann sei mit ihm glaublich ein Drogentest gemacht worden. Vor diesem Vorfall am Parkplatz habe er nicht gesehen, dass sein Cousin C Suchtgift konsumiert habe. Dies würde er ihm auch nicht zutrauen, denn sonst hätte er auch nicht das Auto seines Bruders gefahren. Sein Cousin C habe auch im Auto nichts geraucht. Durch den Konsum des Joints sei ihnen schon klar gewesen, dass C nicht mit dem Auto weiterfahre. Es wäre so geplant gewesen, dass L sie mit dem Auto seines Bruders zu einem privaten Fest gefahren wäre. Danach hätte L das Auto auf den V gefahren und ein Freund hätte ihn wieder zu seinem abgestellten Auto mitgenommen.

L M sagte zeugenschaftlich aus, dass sie sich am 30.12.2019 am Abend im R getroffen hätten. Sie hätten sich zuvor mit den Fahrzeugen getroffen und hätten dann ausgemacht, dass sie zusammen auf einen bestimmten Platz mit einer Sitzbank fahren. Der Beschuldigte und A hätten vorgehabt, auf ein Fest zu gehen, und die beiden hätten etwas zum Trinken dabeigehabt. Sie hätten die Fahrzeuge abgestellt und seien dann zu dieser Bank gegangen und seien dort gesessen bzw gestanden. A habe etwas getrunken. Der Beschuldigte habe dann auch „Gras“ geraucht. Es sei ein Zigaretten-Joint gewesen. Er selbst habe nichts getrunken. Sie seien nicht lange dort gewesen (vielleicht 20 Minuten) und dann sei schon die Polizei gekommen. Der Grund, wieso sie (er, F und der Beschuldigte) zusammengetroffen seien, sei nur der, dass er die beiden danach auf diese Party fahren hätte sollen. A F wisse, dass er ihn wegen solchen Fahrdiensten fragen könne.

Beweiswürdigend ist zunächst festzuhalten, dass alle Zeugen einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen haben. Das Verwaltungsgericht hat auch bei den vom Beschuldigten namhaft gemachten Zeugen in keiner Phase der Befragung den Eindruck bekommen, dass sie versucht haben, zugunsten des Beschuldigten wahrheitswidrige Angaben zu machen. Dies trifft uneingeschränkt auch auf den Zeugen F zu, der als Cousin in einem Naheverhältnis zum Beschuldigten steht. Das Verwaltungsgericht ist von der Richtigkeit der Aussagen der Zeugen F und M aber auch deshalb überzeugt, weil sich ihre Angaben über das Zusammentreffen am Abend des 30.12.2019 und das Geschehen auf dem Platz im R decken und auch nachvollziehbar sind. Ihre Schilderung des Geschehens lässt sich auch mit der Aussage des Zeugen GI P in Einklang bringen.

Das Verwaltungsgericht sieht es daher als erwiesen an, dass der Beschuldigte auf dem gegenständlichen Platz im R an der Straße „M“ einen Joint geraucht hat, und zwar kurz bevor die Polizeibeamten dort eingetroffen sind. Dies haben die Zeugen F und M übereinstimmend bestätigt. Über die Zeit vor der Inbetriebnahme sowie beim Lenken des Kraftfahrzeuges durch den Beschuldigten konnte nur der Zeuge F Angaben machen. Der Zeuge M ist erst kurz vor diesem Platz mit dem Beschuldigten zusammengetroffen und saß auch nicht in dem vom Beschuldigten gelenkten Fahrzeug. Aus der Aussage des Zeugen F ergibt sich, dass er mit dem Beschuldigten, der bei der Familie F in V zu Besuch war, ab ca 16:00 Uhr bis zum Vorfall auf dem gegenständlichen Platz im R ständig zusammen war und nicht gesehen hat, dass er in dieser Zeit, auch nicht während der Fahrt im Auto, Suchtgift konsumiert hat.

Der Umstand, dass nach der Aussage der Zeugen RI P und Dr. Z davon auszugehen ist, dass der Beschuldigte weder bei der Polizeikontrolle noch bei der ärztlichen Untersuchung darauf hingewiesen hat, dass er nach dem Lenken des Kraftfahrzeuges auf dem Platz im R einen Joint geraucht hat, sondern dies erst danach im Polizeifahrzeug auf der Fahrt zur Beschuldigteneinvernahme getan hat, lässt seine Verantwortung und die bestätigenden Aussagen der Zeugen F und M nicht als unglaubwürdig erscheinen. Im Hinblick darauf, dass der Umgang mit Suchtgiften auch strafrechtlich relevant sein kann, ist es bei lebensnaher Betrachtung nachvollziehbar, dass der Beschuldigte (kurzsichtig) zunächst versucht hat, jeglichen Konsum eines Suchtmittels, also auch das Rauchen eines Joints auf dem Platz im R, zu verheimlichen. Letztlich hat er aber doch noch im Zuge der polizeilichen Amtshandlung auf diesen Konsum hingewiesen.

Nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens kann daher nicht festgestellt werden, dass der Beschuldigte schon zu dem Zeitpunkt, als er das Fahrzeug zum Parkplatz im R lenkte, durch den Konsum von Cannabis beeinträchtigt war.

5.   Nach § 5 Abs 1 StVO darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet.

Nach § 99 Abs 1b StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 800 Euro bis 3.700 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.

Unter Hinweis auf die obigen Feststellungen und Ausführungen kann die dem Beschuldigten angelastete Übertretung der angeführten Gesetzesbestimmungen nicht erwiesen werden, sodass der Beschwerde folgend das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren aus dem Grunde des § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen war.

6.   § 5a Abs 2 StVO legt hinsichtlich der Kostentragung Folgendes fest:

„(2) Ist bei einer Untersuchung nach § 5 Abs. 2, 4a, 5, 6 oder 8 Z 2 eine Alkoholbeeinträchtigung festgestellt worden, so sind die Kosten der Untersuchung vom Untersuchten zu tragen. Dasselbe gilt im Falle der Feststellung einer Suchtgiftbeeinträchtigung. Die Kosten der Untersuchung sind nach den Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes 1975, BGBl. Nr. 136, vorzuschreiben.“

Im vorliegenden Fall steht – unbekämpft – fest, dass durch die ärztliche Untersuchung und die gerichtsmedizinische Blutuntersuchung eine Beeinträchtigung des Beschwerdeführers durch Suchtgift festgestellt wurde. Damit ist die Voraussetzung des § 5a Abs 2 StVO für die Verpflichtung des Beschwerdeführers, die Kosten der ärztlichen Untersuchung und die Blutuntersuchungskosten zu tragen, erfüllt.

Die Kostenregelung des § 5a Abs 2 StVO weicht von der des § 64 Abs 3 VStG ab, weil die Kosten nicht im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens entstanden sind, sondern bereits vor dessen Einleitung. Für die von § 5a Abs 2 StVO erfassten Kosten fehlt eine dem § 66 Abs 1 VStG vergleichbare Regelung, wonach die Kosten von der Behörde zu tragen, falls sie aber schon gezahlt sind, zurückzuerstatten sind, wenn ein Strafverfahren eingestellt wird. Der Ausgang eines Strafverfahrens hat also keinen Einfluss auf die Kostentragungspflicht nach § 5a Abs 2 StVO.

In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass die Kosten der ärztlichen Untersuchung und die Blutuntersuchungskosten deshalb entstanden sind, weil der Beschwerdeführer aufgrund der damals festgestellten Umstände begründet im Verdacht stand, ein Fahrzeug in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben.

Die Höhe der dem Beschwerdeführer vorgeschriebenen Kosten ergibt sich hinsichtlich der Blutuntersuchungskosten aus der Gebührennote des GMI Tirol vom 13.01.2020 und hinsichtlich der Kosten der ärztlichen Untersuchung aus § 43 Abs 1 Z 1 lit d, Z 5 lit a und Z 7 lit a iVm lit e Gebührenanspruchsgesetz.

7.              Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Untersuchung Alkoholbeeinträchtigung Suchtgiftbeeinträchtigung, Kostentragung bei Einstellung Verwaltungsstrafverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGVO:2020:LVwG.1.206.2020.R5

Zuletzt aktualisiert am

23.07.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
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