TE Vwgh Erkenntnis 1998/2/24 97/11/0177

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Veröffentlicht am 24.02.1998
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Index

L94058 Ärztekammer Vorarlberg;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal;

Norm

ÄrzteG 1984 §75 Abs2;
ÄrzteG 1984 §77;
BeitragsO Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Vlbg §8 Abs1;
BeitragsO Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Vlbg §8 Abs2;
B-VG Art7 Abs1;
Satzung Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Vlbg §15 Abs1;
Satzung Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Vlbg §20 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des Dr. C in K, vertreten durch Dr. Gerold Hirn und Dr. Burkhard Hirn, Rechtsanwälte in Feldkirch, Gilmstraße 2, gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Vorarlberg vom 8. Jänner 1997, Zl. Dr. Wi, betreffend Nachzahlung von Beiträgen zum Wohlfahrtsfonds, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Ärztekammer für Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die vom Beschwerdeführer für die Zeit vor dem Beginn seiner Mitgliedschaft zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Vorarlberg (im folgenden: Wohlfahrtsfonds) mit 1. Mai 1996 zu leistende Nachzahlung mit einem Betrag von S 188.798,-- festgesetzt und seinem Begehren auf Nachlaß bzw. Ermäßigung der Nachzahlung nicht stattgegeben.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 10. Juni 1997, B 476/97, die Behandlung der zunächst an ihn gerichteten Beschwerde abgelehnt und diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde ging davon aus, daß der am 10. November 1955 geborene Beschwerdeführer für die Zeit zwischen Vollendung des 35. Lebensjahres (10. November 1990) und der Erlangung der Mitgliedschaft zum Wohlfahrtsfonds (1. Mai 1996) nachzahlungspflichtig sei. Die Höhe der Nachzahlung errechnete sie - nach Abzug des von der Ärztekammer für Tirol überwiesenen Überstellungsbetrages (S 66.672,--) - mit S 188.798,--. Dem mit Antrag vom 3. Oktober 1996 gestellten, in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 25. Oktober 1996 näher differenzierten Begehren des Beschwerdeführers auf Nachlaß bzw. Ermäßigung des Nachzahlungsbetrages gab die belangte Behörde mit der Begründung nicht statt, daß ein Anspruch darauf nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände bestünde, solche Umstände aber in den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Kosten (darunter Ausgaben für zwei Wohnungen, für einschlägige Aus- und Weiterbildung einschließlich einer in China absolvierten Akupunkturausbildung und für den beabsichtigten Ankauf eines Autos) nicht zu erblicken seien.

Nach den insoweit übereinstimmenden Regelungen des § 15 Abs. 1 der Satzung des Wohlfahrtsfonds (im folgenden: Satzung) und des § 8 Abs. 1 und 2 der Beitragsordnung des Wohlfahrtsfonds (im folgenden: Beitragsordnung) haben Kammerangehörige, die erst nach Vollendung des 35. Lebensjahres beitragspflichtiges Mitglied des Wohlfahrtsfonds werden, für die Zeit ab dem Jahr der Vollendung des 35. Lebensjahres eine Nachzahlung zu leisten. Berechnungsgrundlage hiefür ist der Beitrag des Eintrittsjahres; er ist mit der Summe der nachzuzahlenden Beitragsjahre zu vervielfachen.

Die Beschwerde erblickt in Ansehung dieser Regelung eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, daß der Beschwerdeführer aufgrund dieser Berechnungsformel weitaus höhere Beiträge zu leisten habe, als er hätte leisten müssen, wenn er bereits seit Vollendung des 35. Lebensjahres Mitglied der Ärztekammer für Vorarlberg gewesen wäre. Es gebe kein sachliches Kriterium, welches diese unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könne.

Dem ist zu erwidern, daß es sich bei der gegenständlichen Regelung um eine nicht als unsachlich zu erkennende Pauschalierung handelt, bei der die Möglichkeit steigenden Einkommens nach dem 35. Lebensjahr bei Selbständigen vernachlässigt wird. Der Verwaltungsgerichtshof hegt daher gegen diese Regelung keine verfassungsrechtlichen Bedenken unter dem Blickwinkel des Gleicheitssatzes.

Der Beschwerdeführer macht weiters eine unrichtige Berechnung des Jahreseinkommens 1996 geltend. Die belangte Behörde sei hiebei von einem Monatsbruttoeinkommen von S 52.840,55 ausgegangen. Tatsächlich habe er dieses Einkommen erst ab Mai 1996 erzielt, in den vorangegangenen Monaten dieses Jahres habe er kein Einkommen bezogen. Außerdem habe die belangte Behörde mangels ausreichender Befassung mit den von ihm vorgelegten Unterlagen zu Unrecht verneint, daß die ihm erwachsenen Auslagen durch außergewöhnliche Umstände verursacht seien.

Dazu ist vorweg festzuhalten, daß die belangte Behörde bei der Errechnung des Nachzahlungsbetrages von dem der Einstufung des Beschwerdeführers (Arzt in einem Dienstverhältnis) entsprechenden Erfordernisbeitrag des Eintrittsjahres (1996) zur Grund- und Ergänzungsleistung gemäß Pkt. I b und II der Anlage B zur Beitragsordnung ausgegangen ist und hiebei entsprechend dem § 15 Abs. 3 der Satzung für die Zeit der Ausbildung des Beschwerdeführers zum praktischen Arzt nur den ermäßigten Erfordernisbeitrag (50 % des Erfordernisbeitrages) angerechnet hat. Die Beschwerde enthält dazu kein Vorbringen. Das oben wiedergegebene Vorbringen läuft im Ergebnis auf die Behauptung hinaus, die belangte Behörde habe die Bestimmungen der Satzung bzw. Beitragsordnung betreffend Ermäßigung und Nachlaß des Beitrages im Zusammenhang mit der Ermittlung des Jahresbeitrages 1996 als Grundlage für die Errechnung des Nachzahlungsbetrages fehlerhaft angewendet.

Die mangels einer abweichenden Bestimmung auch für die Ermittlung des Nachzahlungsbetrages nach § 8 der Beitragsordnung maßgebenden Bestimmungen betreffend Ermäßigung oder Nachlaß von Beiträgen finden sich in § 20 der Satzung bzw. § 7 der Beitragsordnung. Danach ist zum einen bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände eine Ermäßigung oder in Härtefällen sogar ein Nachlaß der Wohlfahrtsfondsbeiträge vorgesehen (nach § 8 Abs. 3 Beitragsordnung besteht ein Anspruch darauf; nach § 20 Abs. 1 der Satzung "kann" eine solche Erleichterung "nach Billigkeit" gewährt werden). Zum anderen besteht aufgrund geringer Einnahmen ein Anspruch auf Ermäßigung oder Nachlaß nach Maßgabe der dafür vorgesehenen Einnahmekategorien (§ 20 Abs. 2 bis 4 der Satzung; § 7 Abs. 4 bis 7 der Beitragsordnung).

Die Anwendung der Regelung betreffend das Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände (§ 20 Abs. 1 der Satzung; § 7 Abs. 3 der Beitragsordnung) ist, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 29. Oktober 1996, Zl. 95/11/0406, ausgesprochen hat, auf außergewöhnliche Fälle beschränkt, weil die Ansprüche auf Ermäßigung oder Nachlaß aufgrund geringer Einnahmen in den folgenden Absätzen detailliert geregelt sind. Er hat in diesem Erkenntnis in Bezug auf die damals geltend gemachten hohen Betriebsausgaben, die im Bezugsjahr zu einem negativen Einkommen führten, erklärt, daß hohe Betriebsausgaben in den ersten Jahren nach Eröffnung einer Facharztpraxis regelmäßig auftreten und daher nicht zu den berücksichtigungswürdigen Umständen im Sinne der in Rede stehenden Vorschrift gehören. Angesichts dieser Rechtslage hat die belangte Behörde das Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände im besagten Sinn zu Recht mit der Begründung verneint, die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Ausgaben fielen bei Ärzten überwiegend allgemein an, und im besonderen auf die Möglichkeit der Untervermietung der zweiten Wohnung (in Innsbruck) und einer Akupunkturausbildung im Inland hingewiesen. Soweit der Beschwerdeführer der belangten Behörde in diesem Zusammenhang vorwirft, den maßgebenden Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt zu haben, fehlt ein Vorbringen dahin, welcher maßgebende Sachverhalt sich andernfalls ergeben hätte. Der Beschwerdeführer hat damit die Relevanz des insoweit behaupteten Verfahrensmangels nicht dargetan.

Was den Anspruch auf Ermäßigung oder Nachlaß aufgrund geringer Einnahmen im Eintrittsjahr anlangt, ist von den (übereinstimmenden) Regelungen des § 20 Abs. 2 bis 4 der Satzung bzw. des § 7 Abs. 4 bis 7 der Beitragsordnung auszugehen. Danach haben ordentliche Mitglieder des Wohlfahrtsfonds bei jährlichen Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit bis zu S 214.600,-- Anspruch auf Nachlaß der Wohlfahrtsfondsbeiträge bis auf den Beitrag zum Notstandsfonds, bei Einnahmen zwischen S 214.601,-- und S 429.000,-- Anspruch auf Ermäßigung auf ein Drittel des Erfordernisbeitrages zur Grundleistung, bei Einnahmen zwischen S 429.001,-- und S 643.600,-- Anspruch auf Ermäßigung auf zwei Drittel des Erfordernisbeitrages zur Grundleistung und bei Einnahmen zwischen S 643.601,-- und S 965.400,-- Anspruch auf dieselbe Einstufung in der Altersversorgung wie angestellte Ärzte (Erfordernisbeitrag zur Grundleistung und Beitrag zur Ergänzungsleistung). Bei nicht ganzjähriger ärztlicher Tätigkeit werden die Einnahmegrenzen entsprechend berechnet. Diese letztere Bestimmung bedeutet in Anbetracht ihrer Funktion, die Einordnung von Einnahmen aus nicht ganzjähriger ärztlicher Tätigkeit in die auf Einnahmen aus ganzjähriger ärztlicher Tätigkeit abgestellten Einnahmekategorien zu ermöglichen, daß die angegebenen Einnahmegrenzen entsprechend dem Verhältnis der Zeit, während der das Mitglied im betreffenden Jahr Einnahmen aus ärztlicher Tätigkeit erzielt hat, zur restlichen Zeit dieses Jahres herabzusetzen sind. Auf den Beschwerdeführer bezogen, der nach seinem Vorbringen im Jahr 1996 nur in den Monaten Mai bis Dezember ein Einkommen aus ärztlicher Tätigkeit erzielt hat, sind demnach die besagten Grenzbeträge um ein Drittel zu vermindern. An diesen verminderten Grenzbeträgen ist sodann sein Einkommen aus ärztlicher Tätigkeit im Jahr 1996 zu messen und - wenn sich danach ein ermäßigter Jahresbeitrag für dieses Jahr ergibt (nach der Aktenlage scheint die Möglichkeit einer Verminderung auf zwei Drittel des Erfordernisbeitrages zu bestehen) - dieser Jahresbeitrag des Eintrittsjahres der Errechnung des Nachzahlungsbetrages zugrunde zu legen.

Zu dieser Frage finden sich im angefochtenen Bescheid keinerlei Feststellungen und Ausführungen. Dieser Mangel ist wesentlich, weil nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde bei seiner Vermeidung zu einem anderen Bescheid gekommen wäre. Der angefochtene Bescheid war aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den Ersatz von Stempelgebühren für Beilagen. Sie waren dem Beschwerdeführer nur in dem zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Ausmaß zuzusprechen (S 30,-- für eine Kopie des angefochtenen Bescheides).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997110177.X00

Im RIS seit

22.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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