TE Vwgh Erkenntnis 1998/2/24 98/05/0002

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.02.1998
beobachten
merken

Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L37163 Kanalabgabe Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
L82303 Abwasser Kanalisation Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

BauO NÖ 1996 §62 Abs2;
BauRallg;
B-VG Art10 Abs1 Z10;
B-VG Art15 Abs1;
KanalG NÖ 1977 §1 Abs4;
KanalG NÖ 1977 §17 Abs1;
KanalG NÖ 1977 §17 Abs2;
KanalG NÖ 1977 §17 Abs3;
KanalG NÖ 1977 §19;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Ing. Manfred Lampl in Freiland, vertreten durch Dr. Stefan Gloß und Dr. Hans Pucher, Rechtsanwälte in St. Pölten, Wiener Straße 3, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 1. Dezember 1997, Zl. RU1-V-96093/01, betreffend Kanalanschlußverpflichtung nach dem NÖ Kanalgesetz (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Türnitz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 18. Juni 1997 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 17 Abs. 1 und 3 des NÖ Kanalgesetzes 1977 sowie § 62 der NÖ Bauordnung 1996 aufgetragen, das Grundstück Nr. 119/4, KG Lehenrotte, an den in der Landstraße neu angelegten Schmutzwasserkanal anzuschließen. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, binnen vier Wochen nach Rechtskraft des Bescheides die Errichtung des Hauskanals anzuzeigen. Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 8. September 1997 als unbegründet abgewiesen. Der Gemeinde obliege zu entscheiden, ob eine das gesamte Gemeindegebiet umfassende Kläranlage oder mehrere dezentrale Kläranlagen errichtet werden. Für die Liegenschaft des Beschwerdeführers sei eine Anschlußmöglichkeit an den vorhandenen öffentlichen Kanal geschaffen worden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 1. Dezember 1997 wurde die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Einzige Voraussetzung für die Anschlußverpflichtung sei - führte die belangte Behörde in der Begründung dieses Bescheides aus - die Möglichkeit des Anschlusses der Abwässer an den öffentlichen Kanal.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, nicht zum Anschluß an die öffentliche Kanalanlage verpflichtet zu werden. Für die aus derzeit sechs Häusern bestehende "Sportplatzsiedlung" sei eine Kläranlage mit

45 Einwohnergleichwerten konzipiert worden. Für ein Haus seien "normalerweise" vier Einwohnergleichwerte anzusetzen. Im Ergebnis könnten daher rund 10 Einfamilienhäuser an diese vollbiologische Kläranlage angeschlossen werden. Die Ortschaft Lehenrotte bestünde noch aus anderen Ortsteilen. Eine Kläranlage gebe es nur für die vorerwähnte Sportplatzsiedlung, welche derzeit aus sechs Häusern bestehe. Mit Ausnahme eines weiteren Ortsteiles würden die Abwässer der übrigen Häuser in der Ortschaft Lehenrotte entweder mittels Senkgruben oder hauseigenen Kläranlagen entsorgt. Aus § 17 des NÖ Kanalgesetzes 1977 folge, daß eine Anschlußverpflichtung für den Liegenschaftseigentümer erst eintrete, wenn die Neuanlegung eines Hauptkanales der Gemeinde vorliege. Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes fehle es an dieser Tatbestandsvoraussetzung. Ein Hauptkanal liege nur dann vor, wenn ein Kanal neu angelegt werde, dem eine zentrale Aufgabe zur Abwasserbeseitigung zukomme. Für den Beschwerdeführer bestünde daher keine Anschlußverpflichtung, weil nicht von einer Neuanlegung eines Hauptkanals einer Gemeinde gesprochen werden könne. Der Beschwerdeführer habe sein Haus vor sechs Jahren errichtet und eine wasserrechtliche Bewilligung zum Betrieb einer vollbiologischen Kläranlage im Jahre 1989 erhalten. Sein Haus benötige daher den Anschluß an das öffentliche Kanalnetz nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 62 Abs. 2 der mit 1. Jänner 1997 in Kraft getretenen NÖ Bauordnung 1996, LGBl. 8200-0 (BO), sind die auf einer Liegenschaft anfallenden Schmutzwässer, wenn eine Anschlußmöglichkeit bereits besteht, in den öffentlichen Kanal abzuleiten. Ist keine Anschlußmöglichkeit vorhanden, sind die Schmutzwässer in eine Senkgrube einzuleiten. Jauche aus Stallgebäuden ist in eine eigene Jauchegrube zu leiten.

Gemäß § 17 Abs. 1 des NÖ Kanalgesetzes 1977, LGBl. 8230-0 in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. 8230-5 (KanalG), haben die Eigentümer von Liegenschaften oder Bauwerken oder Bauwerber, die zum Anschluß an die öffentliche Kanalanlage verpflichtet sind, Gebäude mit Abwasseranfall mit der öffentlichen Kanalanlage in Verbindung zu bringen. Der Hauskanal mitsamt dem Anschluß an die Anschlußleitung (Abs. 2) ist auf Kosten des Liegenschaftseigentümers (Bauwerbers) nach den näheren Bestimmungen der NÖ Bauordnung herzustellen. Die Liegenschaftseigentümer der im Zeitpunkt des Eintrittes der Anschlußverpflichtung bereits bestehenden Gebäude sind verpflichtet, die Aborte und sonstigen Abwasseranlagen einschließlich der Regenwasserableitungen auf ihre Kosten nötigenfalls derart umzubauen, daß ein Anschluß an die Hausentwässerungsanlage (Hauskanal) möglich ist. Bei Neubauten ist im vorhinein auf die Anschlußmöglichkeit Bedacht zu nehmen.

Gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle hat bei Neulegung eines Hauptkanales der Gemeinde der Bürgermeister (Magistrat) den Liegenschaftseigentümern, für die dadurch eine Anschlußpflicht eintritt, rechtzeitig durch Bescheid den Anschluß aufzutragen. Die Liegenschaftseigentümer sind nach Rechtskraft des Bescheides verpflichtet, binnen vier Wochen um die baubehördliche Bewilligung anzusuchen und unverweilt für den rechtzeitigen Anschluß der Hauskanäle Vorsorge zu treffen. Mit der Bauführung muß spätestens zwei Wochen nach Zustellung der baubehördlichen Bewilligung begonnen und diese längstens drei Monate nach Baubeginn beendet sein. Diese Fristen können in Einzelfällen vom Bürgermeister (Magistrat) auf begründetes schriftliches Ansuchen verlängert werden.

§ 62 Abs. 2 BO enthält die Regelung über die Anschlußverpflichtung einer Liegenschaft an den öffentlichen Kanal. Das NÖ Kanalgesetz beinhaltet keine Regelung, wann die Anschlußpflicht gegeben ist (siehe hiezu auch den bei Hauer/Zaussinger, Niederösterreichisches Baurecht, 5. Auflage, Seite 353, zu § 62 BO wiedergegebenen Ausschußbericht). Aus § 17 Abs. 3 NÖ Kanalgesetz kann daher nicht abgeleitet werden, wann eine Verpflichtung zum Anschluß an die öffentliche Kanalanlage eintritt.

Gemäß § 62 Abs. 2 BO setzt die hier zu beurteilende Anschlußverpflichtung für die auf einer Liegenschaft anfallenden Schmutzwässer an eine Kanalanlage die Anschlußmöglichkeit an den öffentlichen Kanal voraus. Die für die Anschlußverpflichtung geforderten Tatbestandselemente "öffentlicher Kanal" beziehen sich nicht auf die Größe und den Umfang des durch den Abwasserkanal zu versorgenden Gebietes, vielmehr kommt damit zum Ausdruck, daß es sich um eine der Allgemeinheit dienende Einrichtung (vgl. hiezu § 19 KanalG) handeln muß, die der geordneten Beseitigung von in der Gemeinde anfallenden Abwässern dient (vgl. zur kompetenzrechtlichen Regelung u.a. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 21. März 1963, Slg. Nr. 4387). Diese der Gemeinde übertragene Aufgabe der möglichst unschädlichen Ableitung der Abwässer kann auch durch dezentralisierte Kanalanlagen erfüllt werden. Dies ergibt sich schon aus § 1 Abs. 4 des KanalG, in welchem angeordnet ist, daß die Kanalerrichtungsabgaben und Kanalbenützungsgebühren für verschiedene Kanalanlagen mit jeweils getrennten Entsorgungsbereichen verschieden hoch festzusetzen sind, wenn sich dies aufgrund eines unterschiedlichen Kostendeckungserfordernisses ergibt. Daß die Errichtung einer dezentralisierten Anlage im Vergleich zu einer zentralen Kanalanlage sachlich nicht gerechtfertigt gewesen wäre, wird in der Beschwerde nicht behauptet.

Für die Beurteilung der Anschlußpflicht nach § 62 Abs. 2 BO ist ohne Bedeutung, daß dem Beschwerdeführer für die Ableitung biologisch gereinigter Abwässer aus seinem Wohnhaus auf dem beschwerdegegenständlichen Grundstück mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld vom 12. April 1989 die wasserrechtliche Bewilligung befristet bis zur Möglichkeit des Anschlusses der Liegenschaft an eine zentrale öffentliche Kanalisation erteilt wurde. Die Ableitung von Abwässern kann sowohl aus wasserrechtlichen als auch aus baurechtlichen Gesichtspunkten einer Regelung unterzogen werden. Der Landesgesetzgeber darf daher eine Abgrenzung schaffen, unter welchen Voraussetzungen eine Anschlußpflicht von Liegenschaften besteht (vgl. hiezu die bei Hauer/Zaussinger, Niederösterreichisches Baurecht, 5. Auflage, Seite 69 ff, referierte Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts).

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in den von ihm geltend gemachten subjektiv-öffentlichen Rechten nicht verletzt ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Behörden Zuständigkeit Allgemein BauRallg2/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998050002.X00

Im RIS seit

28.08.2001

Zuletzt aktualisiert am

07.03.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten