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41 Innere AngelegenheitenNorm
AufenthaltsG §5Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch die Versagung der Aufenthaltsbewilligung aufgrund mangelnden eigenen Einkommens des Beschwerdeführers und mangels Erteilung der Unbedenklichkeitsbestätigung durch das Arbeitsmarktservice; verfassungswidrige Annahme der Bindung an diese Feststellung; isolierte Bewertung des Versagungstatbestandes des mangelnden Einkommens nicht zulässigSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid in dem durch ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen des Beschwerdevertreters die mit S 18.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Bundesminister für Inneres versagte dem Beschwerdeführer, einem Bosnier kroatischer Volkszugehörigkeit, mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid vom 11. September 1995 gemäß §5 Abs1 und 2 AufenthaltsG, idF BGBl. Nr. 351/1995, die beantragte Aufenthaltsbewilligung. Dieser Bescheid wurde - davon ausgehend, daß dem Antrag eine beabsichtigte Beschäftigung in Österreich zugrunde liege - einerseits unter Bezugnahme auf §5 Abs1 AufG damit begründet, daß der Beschwerdeführer über kein eigenes Einkommen verfüge; eine Finanzierung des Aufenthaltes durch Dritte ohne Gegenleistung (im vorliegenden Fall aufgrund einer Verpflichtungserklärung des Onkels des Beschwerdeführers) sei aber nicht glaubwürdig und auch nicht geeignet, die dauernde Sicherung des Lebensunterhaltes im Sinne des §5 Abs1 AufG zu gewährleisten. Andererseits bezog sich die Berufungsbehörde auf den Umstand, daß die zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice die Unbedenklichkeit der angestrebten Beschäftigung im Sinne des §5 Abs2 AufG nicht bestätigte; hieraus habe sich die gesetzliche Verpflichtung ergeben, den Antrag abzulehnen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde nach Art144 B-VG, in welcher der Beschwerdeführer die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend macht und die Bescheidaufhebung begehrt.
Der Bundesminister für Inneres als belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte - ohne auf das Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen - die Abweisung der Beschwerde.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Soweit der angefochtene Bescheid auf §5 Abs2 AufG beruht, genügt es, auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom 30. November 1995, B1691/95, zu verweisen, aus denen sich entsprechend auch für den vorliegenden Beschwerdefall ergibt, daß der belangte Bundesminister für Inneres in nicht verfassungskonformer Gesetzeshandhabung rechtswidrigerweise eine Bindung an die Feststellung der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice annahm.
Der weiters herangezogene Versagungsgrund des §5 Abs1 AufG, nämlich das Fehlen eines gesicherten Lebensunterhaltes, steht mit dem Versagungstatbestand des §5 Abs2 leg.cit. in einem ursächlichen Zusammenhang. Da nach dem zweiten Satz des §5 Abs3 AufG die (Aufenthalts-)Bewilligung den Fremden (unter Zuhilfenahme des Arbeitsmarktservice) zur Arbeitssuche in den (in der Bewilligung) angeführten Wirtschaftszweigen oder Berufsgruppen berechtigt, führt die Versagung der Unbedenklichkeitsbescheinigung sohin mittelbar dazu, daß der Fremde nicht in die Lage versetzt wird, seinen Lebensunterhalt aus den Einkünften einer unselbständigen Erwerbstätigkeit zu bestreiten. Der eben dargelegte Zusammenhang zwischen den beiden Versagungsgründen bewirkt, daß der von der belangten Behörde herangezogene Versagungstatbestand des §5 Abs1 nicht isoliert bewertet werden darf, sondern daß er von jener Verfassungsverletzung mitumfaßt wird, die bei der Handhabung des §5 Abs2 AufG unterlaufen ist.
Der angefochtene Bescheid ist sohin aufzuheben, weil er den Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt.
2. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG; vom zugesprochenen Kostenbetrag entfallen S 3.000,-- auf die Umsatzsteuer.
III. Dieses Erkenntnis wurde gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung gefällt.
Schlagworte
Aufenthaltsrecht, Rassendiskriminierung, Arbeitsrecht, Ausländerbeschäftigung, Bindung (der Verwaltungsbehörden an Tatbestandsmerkmale)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1996:B3294.1995Dokumentnummer
JFT_10039390_95B03294_2_00