TE Vwgh Erkenntnis 1998/2/24 97/11/0097

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Veröffentlicht am 24.02.1998
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VwGG §41 Abs1;
ZustG §16 Abs2;
ZustG §9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des Dr. G in W, vertreten durch Dr. Peter Csoklich, Rechtsanwalt in Wien IX, Währinger Straße 2-4, gegen den Bescheid des (im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch Dr. Armenak Utudjian, Rechtsanwalt in Wien I, Gonzagagasse 9, vertretenen) Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 18. Februar 1997, Zl. B 11/97, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Ärztekammer für Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.220,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 6. Dezember 1996 erhobene Beschwerde als verspätet zurückgewiesen.

In seiner dagegen erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend; er beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat den Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt. Der Beschwerdeführer hat eine Replik zur Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde begründete die Annahme der Versäumung der Berufungsfrist wie folgt: Die Sendung mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 6. Dezember 1996 sei an die korrekte Zustelladresse (die Ordination des Beschwerdeführers in einem näher bezeichneten Haus in Wien) gerichtet gewesen und am 23. Dezember 1996 übernommen worden. Die zweiwöchige Rechtsmittelfrist habe mit diesem Tag begonnen und demnach mit 7. Jänner 1997 geendet. Die Beschwerde sei aber erst am 8. Jänner 1997 zur Post gegeben worden.

Der Beschwerdeführer bringt vor, der erstinstanzliche Bescheid vom 6. Dezember 1996 sei ihm erst am 7. Jänner 1997 ausgefolgt und damit rechtswirksam zugestellt worden. Er betreibe, was auch der Ärztekammer für Wien bekannt sei, an der Zustelladresse nur an Dienstagen in der Zeit zwischen 16.00 Uhr und 20.00 Uhr eine Ordination, und zwar in den für diese Zeit angemieteten Ordinationsräumen einer näher genannten Ärztin. Die Sendung sei in seiner Abwesenheit von einem Organ der Post einer Angestellten der im selben Haus untergebrachten Apotheke mit der Bitte übergeben worden, sie an den Beschwerdeführer weiterzuleiten. Dies sei erst am 7. Jänner 1997, dem ersten Ordinationstag nach den Weihnachtsfeiertagen, geschehen. An den vorangegangenen Dienstagen (24. und 31. Dezember 1996) sei die Ordination geschlossen gewesen. Der Beschwerdeführer habe keine Postvollmacht erteilt. Die Apothekenangestellte, welche die Sendung (laut Übernahmsschein am 23. Dezember 1996) übernommen habe, sei weder Mitbewohnerin noch Arbeitnehmerin des Beschwerdeführers noch Arbeitgeberin. Sie komme daher als Ersatzempfänger im Sinne des § 16 Abs. 2 ZustellG nicht in Betracht.

Der angefochtene Bescheid beruht auf der Annahme, der erstinstanzliche Bescheid vom 6. Dezember 1996 sei dem Beschwerdeführer nicht erst, wie dieser behauptet am 7. Jänner 1997, sondern bereits am 23. Dezember 1996 rechtswirksam zugestellt worden. Diese Annahme träfe nur dann zu, wenn der erstinstanzliche Bescheid am 23. Dezember 1996 entweder vom Beschwerdeführer selbst (§ 13 Abs. 1 ZustellG) oder von einem Zustellbevollmächtigten im Sinne des § 9 ZustellG übernommen worden wäre oder wenn die Voraussetzungen für eine Ersatzzustellung gemäß § 16 ZustellG vorgelegen wären. (Eine rechtswirksame Zustellung durch Hinterlegung gemäß § 17 ZustellG scheidet sachverhaltsbezogen aus, weil eine Hinterlegung nicht erfolgt ist.) Worauf sich die besagte Annahme der belangten Behörde stützt, ist mangels einer näheren Begründung im angefochtenen Bescheid nicht ersichtlich. Einer solchen hätte es schon im Hinblick auf das Vorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid, in der - wenn auch ohne nähere Begründung - von einem "fehlzugestellten und mir am 7.1.1997 in meiner Ordination überreichten Bescheid" die Rede ist, bedurft. Dieser Begründungsmangel ist wesentlich, weil er den Verwaltungsgerichtshof, der gemäß § 41 Abs. 1 VwGG den angefochtenen Bescheid aufgrund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes zu prüfen hat, daran hindert, die Richtigkeit der besagten, für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides entscheidenden Annahme zu prüfen. Der angefochtene Bescheid ist aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997110097.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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