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L55002 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz KärntenNorm
AVG §9Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision des Kärntner Naturschutzbeirates in Klagenfurt, vertreten durch die Tschurtschenthaler Walder Fister Rechtsanwälte GmbH in 9020 Klagenfurt, Dr. Arthur Lemisch-Platz 7, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 5. Februar 2019, Zl. KLVwG-2286/13/2018, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde in einer naturschutzrechtlichen Angelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Feldkirchen; mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft K in E), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Antrag des Revisionswerbers auf Kostenersatz wird abgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 5. Februar 2019 wurde die Beschwerde des Kärntner Naturschutzbeirates - dem nunmehrigen Revisionswerber - gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirchen vom 11. April 2018, mit dem der mitbeteiligten Partei die naturschutzrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer näher genannten Forststraße gemäß § 5 Abs. 1 lit. b und e des Kärntner Naturschutzgesetzes 2002 (K-NSG 2002) erteilt worden war, zurückgewiesen. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
2 Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht nach Darstellung des Verfahrensganges und Wiedergabe von Rechtsvorschriften - soweit für das vorliegende Verfahren von Relevanz - im Wesentlichen aus, es handle sich gegenständlich um ein durch einen Antrag ausgelöstes Verfahren nach dem K-NSG 2002, welches einer Prüfung durch den Naturschutzbeirat zu unterziehen sei. Den Mitgliedern des Kärntner Naturschutzbeirates sei der Bescheidentwurf der belangten Behörde am 20. März 2018 per E-Mail zugestellt worden; dem Mitglied X sei der Bescheidentwurf jedoch (gemeint: nicht wirksam zugestellt und) erst am 9. April 2018 bekannt geworden. Davon ausgehend sei innerhalb der zweiwöchigen behördlichen Frist lediglich eine Stellungnahme vom 10. April 2018 eingelangt, die jedoch auf kein bestimmtes Mitglied des Naturschutzbeirates Bezug nehme; es werde darin nicht ausgeführt, in wessen Auftrag der Geschäftsstellenleiter des Naturschutzbeirates die Stellungnahme verfasst habe und welche (inhaltlichen) Einwendungen welchem Mitglied des Naturschutzbeirates zuzuordnen seien. Nach ihrem äußeren Erscheinungsbild handle es sich bei dieser Stellungnahme um „eine Eingabe der Geschäftsstelle des Naturschutzbeirates“. Der Geschäftsstellenleiter des Naturschutzbeirates habe in einer E-Mail vom 24. Mai 2018 angeführt, im Auftrag von zwei Mitgliedern des Naturschutzbeirates deren Einwendungen zum Bescheidentwurf an die Naturschutzbehörde weitergeleitet zu haben. Erst im weiteren Verfahrensverlauf habe sich herausgestellt, dass die beiden Mitglieder des Naturschutzbeirates X und Y den Geschäftsstellenleiter zur Erhebung von Einwendungen beauftragt hätten.
3 Die am 10. April 2018 bei der belangten Behörde eingelangten Einwendungen seien nicht als solche, die die behördliche Verpflichtung zur Bescheidzustellung an die Mitglieder des Naturschutzbeirates und in weiterer Folge ein Beschwerderecht des Naturschutzbeirates ausgelöst hätten, zu qualifizieren. Die „nachträgliche, verspätete Offenlegung, welchem Mitglied des Naturschutzbeirates vom Geschäftsstellenleiter des Naturschutzbeirates verfasste Einwendungen zuzuordnen“ seien, heile den „vorliegenden Formmangel“ nicht. Die Intention des Gesetzgebers habe zweifellos darin bestanden, im Rahmen des (zeitlich eingegrenzten) Anhörungsrechtes (konkreten) Mitgliedern des Naturschutzbeirates die Möglichkeit der Erhebung von Einwendungen einzuräumen, um dem Naturschutzbeirat gegebenenfalls die Eröffnung des Rechtszuges zu ermöglichen. Die im Beschwerdeschriftsatz zitierte Geschäftsordnung des Naturschutzbeirates könne „in Anwendung des Art. 18 B-VG die eindeutige Bestimmung des § 54 K-NSG nicht ändern“.
4 Der Naturschutzbeirat als im Sinn des § 54 Abs. 2 zweiter Satz iVm § 61 Abs. 3 K-NSG 2002 zur Erhebung von Bescheidbeschwerden Berechtigter habe somit mangels fristgerechter Erhebung von Einwendungen durch zumindest eines seiner Mitglieder keine Parteistellung im Beschwerdeverfahren erworben.
5 Die Beschwerde sei auch deshalb unzulässig, weil der Beschluss des Naturschutzbeirates zur Beschwerdeerhebung, der in seiner Sitzung vom 14. Juni 2018 gefasst worden sei, „absolut richtig“ (gemeint: nichtig) sei. Mangels richtiger Zusammensetzung des Naturschutzbeirates sei keine Beschlussfähigkeit im Sinn des § 63 Abs. 2 K-NSG 2002 hinsichtlich der Erhebung der Beschwerde vorgelegen, da der Geschäftsstellenleiter des Naturschutzbeirates als „Vorsitzführender“ fungiert habe. Selbst unter der Annahme, dass Mag. G, der in der Sitzung [die Vorsitzende des Naturschutzbeirates] Mag.a S vertreten habe, „von ihr als Vertreter im Sinn des § 62 Abs. 1 lit. a K-NSG bestellt“ worden sei, finde das Ersuchen des Mag. G an den Geschäftsstellenleiter des Naturschutzbeirates, „den Vorsitz für die heutige Sitzung zu übernehmen“, und die anschließende Vorsitzführung durch diesen im Gesetz keine Deckung.
6 Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende Revision des Kärntner Naturschutzbeirates.
7 Das Verwaltungsgericht legte die Akten vor.
8 Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erstatteten Revisionsbeantwortungen.
9 Der Revisionswerber replizierte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
10 Das Kärntner Naturschutzgesetz 2002, LGBl. Nr. 79/2002 idF LGBl. Nr. 71/2018 (K-NSG 2002), lautet auszugsweise:
„§ 54
Prüfung durch den Naturschutzbeirat
(1) Vor der Erlassung von Bescheiden, mit denen
1. Bewilligungen nach § 4 lit. b oder c, § 5 Abs. 1 lit. a, e oder f, erteilt werden;
...
sind die Mitglieder des Naturschutzbeirates anzuhören.
(2) Bescheide, mit denen Bewilligungen in den in Abs. 1 genannten Angelegenheiten erteilt werden, sind unverzüglich, längstens aber binnen einer Woche nach deren Erlassung den Mitgliedern des Naturschutzbeirates zuzustellen, sofern die Mitglieder des Naturschutzbeirates im Rahmen der Anhörung nach Abs. 1 Einwendungen vorgebracht haben. Wurde diesen Einwendungen im Bescheid nicht Rechnung getragen, kann der Naturschutzbeirat gegen derartige Bescheide Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht erheben. Hat die Behörde die aufschiebende Wirkung der Beschwerde ausgeschlossen, gilt Abs. 3 und 4 sinngemäß...
...
§ 61
Naturschutzbeirat
(1) Zur Beratung der Landesregierung in grundsätzlichen Fragen des Schutzes und der Pflege der Natur wird beim Amt der Landesregierung ein Naturschutzbeirat eingerichtet.
...
(3) Der Naturschutzbeirat darf gegen Bescheide, vor deren Erlassung seine Mitglieder gemäß § 54 Abs. 1 zu hören sind, Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht und gegen die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 8 B-VG erheben, insoweit diese im Rahmen der Anhörung Einwendungen vorgebracht haben, denen im Bescheid der Behörde oder in der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes nicht Rechnung getragen wurde. Die Frist für die Erhebung der Beschwerde bzw. Revision beginnt an dem Tag zu laufen, an dem alle Mitglieder Kenntnis vom Inhalt des Bescheides bzw. der Entscheidung erlangt haben.
...
(5) Die Landesregierung hat nach Anhörung des Naturschutzbeirats einen hauptamtlichen Leiter der Geschäftsstelle des Naturschutzbeirats (Geschäftsstellenleiter) auf die Dauer von fünf Jahren zu bestellen. Eine Wiederbestellung ist zulässig. Der Geschäftsstellenleiter muss rechtskundig sein. Er ist bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben als Geschäftsstellenleiter nur an die Weisungen des Naturschutzbeirats (Umweltanwalts) gebunden. Er wird durch den Leiter der für die rechtlichen Angelegenheiten des Naturschutzes zuständigen Organisationseinheit des Amtes der Landesregierung vertreten. Im Falle der Stellvertretung gilt der vierte Satz auch für den Stellvertreter.
...
§ 62
Mitglieder des Naturschutzbeirates
(1) Dem Naturschutzbeirat gehören an:
a) das mit den Angelegenheiten des Naturschutzes betraute Mitglied der Landesregierung oder ein von ihm bestellter Vertreter als Vorsitzender;
b) fünf von der Landesregierung auf Grund von Vorschlägen von Naturschutzorganisationen im Land zu bestellende Mitglieder, die über ein entsprechendes Fachwissen auf dem Gebiet des Schutzes und der Pflege der Natur und Umwelt verfügen; ein Mitglied muss eine selbstständige land- und forstwirtschaftliche Erwerbstätigkeit hauptberuflich ausüben.
...
(2) Die Bestellung der Mitglieder im Sinne des Abs. 1 lit. b erfolgt jeweils auf die Dauer von fünf Jahren. Für jedes dieser Mitglieder ist ein Ersatzmitglied zu bestellen, das für den Fall der Verhinderung des Mitgliedes dessen Aufgaben wahrzunehmen hat. Für den Fall der dauernden Verhinderung eines Mitgliedes (Ersatzmitgliedes) ist für die restliche Dauer der fünfjährigen Funktionsperiode der nach Abs. 1 lit. b bestellten Mitglieder ein neues Mitglied (Ersatzmitglied) zu bestellen.
(3) Der Naturschutzbeirat kann Personen, die über bestimmte Fachkenntnisse auf Gebieten verfügen, die mit dem Schutz und der Pflege der Natur im Zusammenhang stehen oder sich mit diesen Fragen in einer bestimmten Region des Landes besonders befassen, den Sitzungen mit beratender Stimme beiziehen, wenn sich die Beratungen auf deren Fachbereich oder Region beziehen.
...
(5) An den Sitzungen des Naturschutzbeirats hat der Leiter der Geschäftsstelle des Naturschutzbeirats mit beratender Stimme teilzunehmen. Weiters können die Leiter der Organisationseinheiten des Amtes der Landesregierung, die mit der Besorgung der Angelegenheiten des Naturschutzes betraut sind, mit beratender Stimme teilnehmen. Nach Bedarf können weitere, mit Angelegenheiten des Naturschutzes betraute Bedienstete des Amtes der Landesregierung den Sitzungen mit beratender Stimme beigezogen werden.
§ 63
Sitzungen
(1) Der Beirat ist vom Vorsitzenden nach Bedarf unter Bekanntgabe der Tagesordnung einzuberufen. Der Vorsitzende hat den Beirat binnen zweier Wochen einzuberufen, wenn dies zwei der nach § 62 Abs. 1 lit. b bestellten Mitglieder unter Vorschlag einer Tagesordnung verlangen.
(2) Der Beirat ist beschlussfähig, wenn der Vorsitzende oder sein Vertreter und wenigstens zwei der nach § 62 Abs. 1 lit. b bestellten Mitglieder anwesend sind. Zu einem Beschluss des Beirates ist die einfache Stimmenmehrheit der anwesenden Mitglieder erforderlich. Der Vorsitzende stimmt zuletzt ab und gibt mit seiner Stimme bei Stimmengleichheit den Ausschlag. Bei Beschlüssen darüber, ob Beschwerde an ein Verwaltungsgericht oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden soll, ist für einen Beschluss die Zustimmung der Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder erforderlich, wobei dem Vorsitzenden kein Stimmrecht zukommt.
(3) Dem Geschäftsstellenleiter obliegen die Leitung der Kanzleigeschäfte des Naturschutzbeirates, die Koordination der Tätigkeit der einzelnen Mitglieder im Rahmen der Geschäftsordnung sowie die Vor- und Nachbereitung seiner Sitzungen. Die Kanzleigeschäfte des Beirates sind von der nach der Geschäftseinteilung des Amtes der Landesregierung mit den rechtlichen Angelegenheiten des Naturschutzes betrauten Abteilung des Amtes der Landesregierung zu führen. Dem Beirat sind die zur Besorgung seiner Aufgaben erforderlichen personellen, sachlichen und finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen.
(4) Der Beirat kann sich eine Geschäftsordnung geben. In der Geschäftsordnung ist neben den Regelungen der inneren Organisation des Beirates auch die Vorgangsweise bei der Einholung von Sachverständigengutachten festzulegen.
...“
11 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden außerordentlichen Revision wird - unter anderem - geltend gemacht, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach in Fällen, in denen der objektive Erklärungswert eines Anbringens zumindest zweifelhaft sei, sich die Behörde gemäß § 37 AVG durch Herbeiführung einer entsprechenden Parteienerklärung darüber Klarheit zu verschaffen habe, wem das Anbringen zuzurechnen sei (Verweis u.a. auf VwGH 19.12.1984, 81/11/0119, VwSlg. 11625 A [verstärkter Senat]; 19.3.1987, 85/06/0152; 26.9.2013, 2013/07/0103). Zudem fehle es an Rechtsprechung, ob nach § 63 Abs. 2 K-NSG 2002 die Beschlussfähigkeit des Kärntner Naturschutzbeirates beeinträchtigt werde und gefasste Beschlüsse mit absoluter Nichtigkeit bedroht seien, wenn der Geschäftsstellenleiter an einer Sitzung - obzwar „vorsitzführend“, aber doch bloß - teilnehme, ohne aber selbst mitzustimmen.
12 Die Revision erweist sich als zulässig und begründet:
13 Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass dem Mitglied X des Kärntner Naturschutzbeirates der Bescheidentwurf der belangten Behörde (erst) am 9. April 2018 bekannt geworden sei. Eine bei der Behörde am 10. April 2018 eingelangte Stellungnahme des Geschäftsstellenleiters des Naturschutzbeirates nehme auf kein bestimmtes Mitglied des Naturschutzbeirates Bezug und es werde darin nicht ausgeführt, in wessen Auftrag die Stellungnahme verfasst worden sei und welche (inhaltlichen) Einwendungen welchem Mitglied des Naturschutzbeirates zuzuordnen seien. Erst im weiteren Verfahrensverlauf habe sich herausgestellt, dass die beiden Mitglieder X und Y den Geschäftsstellenleiter zur Erhebung von Einwendungen beauftragt hätten. Die am 10. April 2018 bei der belangten Behörde eingelangten Einwendungen seien nicht als solche, die die behördliche Verpflichtung zur Bescheidzustellung an die Mitglieder des Naturschutzbeirates und in weiterer Folge ein Beschwerderecht des Naturschutzbeirates ausgelöst hätten, zu qualifizieren, weil die „nachträgliche, verspätete Offenlegung, welchem Mitglied des Naturschutzbeirates vom Geschäftsstellenleiter des Naturschutzbeirates verfasste Einwendungen zuzuordnen“ seien, „den vorliegenden Formmangel“ nicht heile.
14 Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen:
15 Wie das Verwaltungsgericht zunächst richtig ausführt, hat sich die Beurteilung, wem eine Eingabe zuzurechnen ist, am äußeren Tatbestand zu orientieren. Maßgeblich ist, wer nach dem objektiven Erklärungswert der Eingabe unter Berücksichtigung aller Umstände als derjenige anzusehen ist, der mit dieser Eingabe die Tätigkeit der Behörde für sich in Anspruch nimmt. Besteht danach kein Anlass für Zweifel, wem die Eingabe zuzurechnen ist, bedarf es weder weiterer Ermittlungen iSd § 37 AVG noch eines Verbesserungsverfahrens. Kann diese Frage aber nicht zweifelsfrei beurteilt werden, ist die Behörde verpflichtet, sich über die Zurechnung der Prozesshandlung Klarheit zu verschaffen (vgl. etwa VwGH 23.4.2007, 2005/10/0140, mwN).
16 Die vorliegende Stellungnahme vom 10. April 2018 lässt nun sowohl dem Einleitungstext („Zu dem per E-Mail vom 20.03.2018 vorgelegten Bescheidentwurf der BH Feldkirchen ... werden von Mitgliedern des Naturschutzbeirates gegen diesen Bescheidentwurf - in seinem vollen Umfang - Einwendungen erhoben.“) als auch der Fertigungsklausel („i.A. Mag. ..., Geschäftsstellenleiter“) nach keinen Zweifel daran, dass von Mitgliedern des Naturschutzbeirates die in der Stellungnahme ausgeführten Einwendungen erhoben werden, wobei die Einwendungen vom Geschäftsstellenleiter des Naturschutzbeirates in deren Auftrag übermittelt werden. Anhaltspunkte dafür, dass der Geschäftsstellenleiter (im eigenen Namen) Einwendungen erheben wollte - darauf könnte allenfalls die Begründung des Verwaltungsgerichtes abzielen, nach ihrem äußeren Erscheinungsbild handle es sich bei der Stellungnahme „um eine Eingabe der Geschäftsstelle des Naturschutzbeirates“ - , fehlen zu Gänze. Allerdings wurde in der genannten Stellungnahme nicht offengelegt, welchen Mitgliedern des Naturschutzbeirates diese Einwendungen (in welchem Umfang) zuzurechnen sind. Diese Vorgangsweise steht den vorgelegten Verwaltungsakten zufolge offenbar im Zusammenhang mit § 4 Abs. 2 der (im Grunde des § 63 Abs. 4 K-NSG 2002 erlassenen) Geschäftsordnung des Kärntner Naturschutzbeirates in der Fassung des Beschlusses vom 15. März 2010, wonach „Einwendungen ... an die das Anhörungsverfahren durchführende Bezirksverwaltungsbehörde sowie an die Geschäftsstelle des Beirates gerichtet werden [können], die diese unverzüglich anonymisiert an die Behörde weiterzuleiten hat“.
17 Bei dieser Sachlage stand demnach zwar fest, dass von Mitgliedern des Naturschutzbeirates Einwendungen erhoben werden, nicht aber, welchen Mitgliedern des Naturschutzbeirates diese Einwendungen (in welchem Umfang) zuzurechnen sind. Nach der oben wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bestand für die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht daher die Verpflichtung, sich über die Zurechnung der Prozesshandlung Klarheit zu verschaffen, sofern dies zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit der erhobenen Einwendungen erforderlich war.
18 Daran vermag auch das Vorbringen in der Revisionsbeantwortung der belangten Behörde, es handle sich bei der Eingabe vom 10. April 2018 im Hinblick auf eine bereits zuvor in allgemeiner Weise angekündigte diesbezügliche Vorgangsweise um ein rechtsmissbräuchlich mangelhaft gestaltetes Anbringen, das ohne Erteilung eines Verbesserungsauftrages zurückzuweisen sei, nichts zu ändern. Die in Rede stehende Vorgangsweise - die, wie ausgeführt, ihre Grundlage in § 4 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Kärntner Naturschutzbeirates in der Fassung des Beschlusses vom 15. März 2010 hat - mag als wenig verfahrensökonomisch erscheinen und geeignet sein, zu Verfahrensverzögerungen zu führen. Es kann aber nicht gesagt werden, dass das Gesetz der Frage, welche Mitglieder des Naturschutzbeirates im Rahmen der Anhörung nach § 54 Abs. 1 K-NSG 2002 (welche) Einwendungen erhoben haben, in jedem Fall Bedeutung beimisst. Die Rechtsfolge des § 54 Abs. 2 erster Satz leg. cit. - die Zustellung des Bewilligungsbescheides an die Mitglieder des Naturschutzbeirates - tritt nämlich schon dann ein, wenn „Mitglieder des Naturschutzbeirates im Rahmen der Anhörung ... Einwendungen vorgebracht haben“. Steht dies fest, kommt es nach der genannten Bestimmung nicht darauf an, welche Mitglieder diese Einwendungen erhoben haben. Dass in einem Fall wie dem vorliegenden, wo fraglich ist, ob (von einzelnen Mitgliedern des Naturschutzbeirates) Einwendungen innerhalb der von der Behörde gesetzten Frist erhoben wurden, eine diesbezügliche Klärung erforderlich ist, ändert daran nichts. Von einem Rechtsmissbrauch ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichthofes jedenfalls nicht auszugehen.
19 Die vom Verwaltungsgericht vertretene Ansicht, die „nachträgliche, verspätete Offenlegung, welchem Mitglied des Naturschutzbeirates vom Geschäftsstellenleiter des Naturschutzbeirates verfasste Einwendungen zuzuordnen“ seien, heile „den vorliegenden Formmangel“ nicht, trifft demnach nicht zu. Die darauf gestützte Zurückweisung der Beschwerde erweist sich damit als inhaltlich rechtswidrig.
20 Das Verwaltungsgericht geht allerdings auch davon aus, die Beschwerde sei deshalb unzulässig, weil der Beschluss des Naturschutzbeirates zur Beschwerdeerhebung „absolut nichtig“ sei. Es habe mangels richtiger Zusammensetzung keine Beschlussfähigkeit im Sinn des § 63 Abs. 2 K-NSG hinsichtlich der Erhebung der Beschwerde vorgelegen, da der Geschäftsstellenleiter des Naturschutzbeirates als „Vorsitzführender“ fungiert habe. Selbst unter der Annahme, dass Mag. G, der in der Sitzung die Vorsitzende des Naturschutzbeirates vertreten habe, „von ihr als Vertreter im Sinn des § 62 Abs. 1 lit. a K-NSG bestellt“ worden sei, finde das Ersuchen des Mag. G an den Geschäftsstellenleiter des Naturschutzbeirates, „den Vorsitz für die heutige Sitzung zu übernehmen“, und die anschließende Vorsitzführung durch diesen im Gesetz keine Deckung.
21 Auch dem ist im Ergebnis nicht zu folgen:
22 Nach § 63 Abs. 2 K-NSG 2002 ist der Naturschutzbeirat beschlussfähig, wenn der Vorsitzende oder sein Vertreter und wenigstens zwei der nach § 62 Abs. 1 lit. b leg. cit. bestellten Mitglieder anwesend sind. Bei Beschlüssen darüber, ob Beschwerde an ein Verwaltungsgericht oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden soll, ist für einen Beschluss die Zustimmung der Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder erforderlich, wobei dem Vorsitzenden kein Stimmrecht zukommt. Nach § 62 Abs. 5 erster Satz K-NSG 2002 hat der Leiter der Geschäftsstelle des Naturschutzbeirats an den Sitzungen des Naturschutzbeirats mit beratender Stimme teilzunehmen.
23 Das Verwaltungsgericht hat weder festgestellt, dass der in der Sitzung anwesende Mag. G nicht ein von dem mit den Angelegenheiten des Naturschutzes betrauten Mitglied der Landesregierung „bestellter Vertreter“ im Sinn des § 62 Abs. 1 lit. a K-NSG 2002 war noch dass das in § 63 Abs. 2 leg. cit. genannte Präsenzquorum oder das erforderliche Konsensquorum für die hier in Rede stehende Beschlussfassung nicht eingehalten worden wäre. In dem in den vorgelegten Akten enthaltenen Auszug aus dem Resümeeprotokoll der Sitzung vom 14. Juni 2018 wurde u.a. festgehalten, dass Mag. G „in der heutigen (Sonder)Sitzung Frau LRin Mag.a S... vertritt“. Weiters wurde protokolliert, dass dieser die Mitglieder des Naturschutzbeirates noch nicht kenne und eine Vorstellungsrunde gemacht werde. In weiterer Folge findet sich der Vermerk, dass Mag. G den Geschäftsstellenleiter ersuche, „den Vorsitz für die heutige Sitzung zu übernehmen“.
24 Dass der von dem mit den Angelegenheiten des Naturschutzes betrauten Mitglied der Landesregierung bestellte Vertreter nach Beginn der Sitzung die Vorsitzführung - gemeint offenbar: im Sinn einer Moderation der Sitzung - an den Leiter der Geschäftsstelle des Naturschutzbeirats (der gemäß § 62 Abs. 5 erster Satz K-NSG 2002 an den Sitzungen des Naturschutzbeirats mit beratender Stimme teilzunehmen hat) „weitergegeben“ hat, bewirkt nach den hier maßgeblichen Bestimmungen des K-NSG 2002 jedenfalls noch nicht, dass der in Rede stehende Beschluss - bei dem dem Vorsitzenden kein Stimmrecht zukommt - als nichtig anzusehen wäre.
25 Der angefochtene Beschluss war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass auf das weitere Revisionsvorbringen eingegangen werden musste.
26 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
27 Der revisionswerbende Naturschutzbeirat ist ein Organ des Landes ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Im Fall der Identität des Rechtsträgers, dem der Kostenersatz aufzuerlegen wäre, mit jenem Rechtsträger, dem er zuzusprechen wäre - hier in beiden Fällen: das Land Kärnten - kommt der Zuspruch von Kostenersatz nicht in Betracht (vgl. VwGH 26.4.2010, 2009/10/0085).
Wien, am 9. Juni 2020
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete Rechtsfähigkeit Parteifähigkeit Gebilde ohne RechtsfähigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019100048.L00Im RIS seit
22.07.2020Zuletzt aktualisiert am
22.07.2020