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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AllgGAG 1930 §5 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1. des Ing. Fritz Gerolf Hoflehner und 2. der Renatta Hoflehner in Ingolstadt, Deutschland, vertreten durch die Rechtsanwälte Ganzert & Ganzert, Partnerschaft in Wels, Dr. Koss-Straße 1, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 22. November 1993, Zl. BauR-011117/1-1993 Ha/Lan, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Vorderstoder, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 11.560,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Aus einem Grundbuchsauszug vom 24. Mai 1991 des Grundbuches Vorderstoder, Bezirksgericht Windischgarsten, ergibt sich, daß die Ehegatten A. und L.S. je zur Hälfte Eigentümer der unter der Einlagezahl 15 ("Sagmannhaus") eingetragenen Grundstücke waren. Es handelt sich um die Grundstücke Nr. 1054 (landwirtschaftlich genutzt), 1055 (Garten), 1056 (Garten), .248 (Baufläche), .249 (Baufläche), .250 (Baufläche), .254 (Baufläche, 76 m2 groß), und .255 (Baufläche, 173m2 groß). Die beiden zuletzt genannten Grundstücke gehören nicht zu einem im Grundbuch ersichtlich gemachten Bauplatz. Sie hängen weder miteinander zusammen noch werden sie von einem der anderen unter dieser Einlagezahl eingetragenen Grundstücke berührt oder umschlossen, sondern sie werden jeweils an allen vier Seiten zur Gänze vom Grundstück Nr. 1052/2, EZ. 14, umgeben, welches dem H. und der G.R. gehört. Die Grundstücke Nr. .254 und .255 liegen auch an keiner öffentliche Verkehrsfläche. Sie verfügen nicht über eine grundbücherlich sichergestellte Verbindung zum öffentlichen Straßennetz. Sie sind mit einem Werkstätten- und einem Nebengebäude eines ehemaligen, seit geraumer Zeit aufgelassenen Schmiedebetriebes bebaut, wobei die Gebäudefluchten (= Außenwände) mit den Grenzen dieser Bauflächen identisch sind. Die Außenwände weisen Tür- und Fensteröffnungen auf; das Nebengebäude besteht aus Holz.
Mit Kaufvertrag vom 22. April 1991 verkauften A. und L.S. die Grundstücke Nr. .254 und .255 an die Beschwerdeführer. Aufgrund dieses Vertrages sollten die beiden Grundstücke aus der EZ. 15 abgeschrieben und sollte hiefür eine neue Grundbuchseinlage eröffnet und in dieser für die beiden Beschwerdeführer je zur Hälfte das Eigentumsrecht einverleibt werden.
Mit Ansuchen vom 24. Mai 1991 beantragten die Beschwerdeführer die baubehördliche Bewilligung für Veränderungen von Bauplätzen und bebauten Grundstücken gemäß § 7 Abs. 1 Oö BauO hinsichtlich der beiden gegenständlichen Grundstücke. Die Verkäufer stimmten als Eigentümer zu. Auch der Vertragsverfasser, Notar Dr. A.P., teilte mit Schreiben vom 31. Mai 1991 der Gemeinde mit, daß die Beschwerdeführer die beiden Parzellen gekauft hätten, diese inmitten eines fremden Grundstückes lägen und zur Abschreibung dieser Grundstücke ein Bescheid gemäß § 7 Oö Bauordnung benötigt werde.
Ein daneben abgeführtes Verfahren vor der bezüglich der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung dieses Kaufgeschäftes zuständigen Behörde endete durch den Bescheid der Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung vom 6. Mai 1992; diese im Berufungswege angerufene Behörde gelangte zum Ergebnis, daß das Kaufobjekt nicht land- oder forstwirtschaftlich genutzt sei, sodaß eine Genehmigungspflicht nicht gegeben sei.
Über Aufforderung der Baubehörde äußerte sich das Bezirksbauamt in Stellungnahmen vom 2. August 1991, 23. September 1992 und 10. Dezember 1992 zum gegenständlichen Antrag. Nach diesen Stellungnahmen würde das Vorhaben den Voraussetzungen des § 4 BauO nicht entsprechen, weil die Außenwände der vorhandenen Gebäude als öffnungslose Feuermauern ausgebildet werden müßten, weil keine Grundstückszufahrt bestehe und weil das Nebengebäude den für Gebäude aus Holz geforderten Abstand nicht einhalte. Außerdem werde das geforderte Mindestmaß eines Bauplatzes von 500 m2 unterschritten.
Mit Bescheid vom 12. Februar 1993 gab der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Ansuchen im Hinblick auf diese Gutachten in Anwendung der §§ 4 und 7 Oö BauO keine Folge.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung. Bereits seit ca. 100 Jahren habe bezüglich der abzuschreibenden Grundstücke und des sie umgebenden Grundstückes Nr. 1052/2 keine Eigentümeridentität bestanden. Es liege daher eine "Grundteilung" gar nicht vor.
Mit Bescheid vom 24. September 1993 gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde der Berufung keine Folge. Eine Bewilligung nach § 7 Oö BauO dürfe nur dann erteilt werden, wenn Abweisungsgründe nach § 4 der Oö BauO nicht vorliegen. Nicht relevant für die rechtliche Beurteilung des folgenden Falles sei jedoch das Argument, daß die verfahrensgegenständlichen Grundstücke Nr. .254 und .255 und das Grundstück Nr. 1052/2 seit jeher verschiedene Eigentümer aufgewiesen hätten.
Der dagegen erhobenen Vorstellung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Die nicht unmittelbar an eine geeignete öffentliche Straße grenzenden Grundstücke Nr. .254 und .255 wiesen keine durch Eintragung im Grundbuch gesicherte (der zu erwartenden Beanspruchung genügende) Verbindung zum öffentlichen Straßennetz auf. Die begehrte Bewilligung hätte auch nicht unter der Auflage, eine grundbücherlich sichergestellte Verkehrsverbindung zum öffentlichen Straßennetz herzustellen, erteilt werden können. Da über die Frage, ob ein (behauptetes) Geh- und Fahrtrecht überhaupt bestehe und ob dieses gegebenenfalls verbüchert werden könne, ein gerichtlicher Rechtsstreit anhängig sei, dessen (rechtkräftige) Entscheidung nicht prognostizierbar sei, könne die Behörde nicht vorhersehen, daß den Beschwerdeführern die Erfüllung einer derartigen Auflage tatsächlich (zeitgerecht) möglich sein werde. Die baubehördliche Bewilligung zweier getrennter, allseits von fremdem Grund umgebener, lediglich eine Größe von 76m2 bzw. 173m2 aufweisender und von jeglicher Verbindung zum öffentlichen Straßennetz abgeschnittener Grundstücke sei offenkundig mit den Grundsätzen einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung unvereinbar; hiefür spreche insbesondere auch, daß beide verfahrensgegenständlichen Bauflächen jeweils bis an die Nachbargrundgrenzen des fremden Grundstückes Nr. 1052/2 bebaut seien und daß die in dem Grundstück liegenden Gebäudeaußenmauern sowie die vorhandenen Tür- und Fensteröffnungen mit § 12 Abs. 2 zweiter Satz der Oö Bauverordnung in drastischem Widerspruch stünden. Beim hölzernen Nebengebäude komme noch ein Widerspruch zu § 95 Abs. 1 lit. a der Oö Bauverordnung hinzu. Der Umstand, daß die verfahrensgegenständlichen Grundstücke auch bisher im Eigentum von Personen gestanden sind, die nicht auch Eigentümer des diese Grundstücke umgebenden Grundstückes gewesen seien, entbinde die Baubehörde nicht davon und hindere sie keinesfalls daran, anläßlich des nunmehr beabsichtigten, einer baubehördlichen Bewilligung bedürfenden Eigentümerwechsels die Gesetzesvorschriften des § 7 Abs. 4 zweiter Satz in Verbindung mit § 4 der Oö Bauordnung uneingeschränkt anzuwenden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 14. Juni 1994, B 24/94, ab; zur behaupteten Verfassungswidrigkeit des § 7 der Oö BauO führte er aus, daß es nicht unsachlich sei, die Änderung von Bauplätzen und bebauten Liegenschaften von einer durch Eintragung im Grundbuch gesicherten Verbindung zum öffentlichen Straßennetz abhängig zu machen. Er trat die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtgshof zur Entscheidung ab.
Die Beschwerdeführer erachten sich vor dem Verwaltungsgerichtshof in ihrem Recht auf richtige Handhabung des § 7 der Oö BauO verletzt, insbesondere in ihrem Recht auf Erteilung der Bewilligung der Baubehörde zur Abschreibung von Grundstücken oder Grundstücksteilen vom Gutsbestand einer Grundbuchseinlage, allenfalls im Recht, von dieser Bewilligungspflicht ausgenommen zu sein, und beantragen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und
erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtgshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der O.ö. Bauordnung, LGBl. Nr. 35/1976 i.d.F der Novelle
LGBl. Nr. 82/1983 (im folgenden: BO), lauten:
"§ 7
Änderung von Bauplätzen und bebauten Liegenschaften
(1) Die Abschreibung und die Zuschreibung von Grundstücken oder Grundstücksteilen vom oder zum Gutsbestand einer Grundbuchseinlage sowie die Teilung oder Vereinigung von Grundstücken im Gutsbestand einer Grundbuchseinlage bedürfen bei Grundstücken, die
a)
zu einem im Grundbuch ersichtlich gemachten Bauplatz (§ 6) gehören oder
b)
nicht zu einem im Grundbuch ersichtlich gemachten Bauplatz gehören, aber bebaut sind,
einer Bewilligung der Baubehörde.
(2) Ausgenommen von der Bewilligungspflicht gemäß Abs. 1 sind:
a)
die Abschreibung und die Zuschreibung ganzer, im Grundbuch ersichtlich gemachter Bauplätze, wenn die den Bauplatz umfassenden Grundstücksgrenzen unverändert bleiben und die Ersichtlichmachung der Bauplatzeigenschaft und der Daten des Bauplatzbewilligungsbescheides mit übertragen wird;
b)
Änderungen, die auf Grund des § 15 des Liegenschaftsteilungsgesetzes vorgenommen werden;
c)
Änderungen, die im Zuge von behördlichen Maßnahmen der Bodenreform vorgenommen werden;
d)
Vereinigungen und Änderungen gemäß § 52 Z. 3 des Vermessungsgesetzes, BGBl. Nr. 306/1968,
aa) innerhalb der Grenzen eines im Grundbuch ersichtlich gemachten Bauplatzes,
bb) von bebauten Grundstücken, bei denen sich das Grundstück mit dem Grundriß des darauf befindlichen Baues deckt (Bauarea);
e)
Änderungen, die sich auf Grund des § 18 Abs. 4 ergeben.
....
(4) Über das Ansuchen (Abs. 3) hat die Baubehörde einen schriftlichen Bescheid zu erlassen. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn Abweisungsgründe im Sinne des § 4 nicht vorliegen.
...."
"§ 4
Bauplatzbewilligung
(1) Über ein Ansuchen gemäß § 3 hat die Baubehörde einen schriftlichen Bescheid zu erlassen. Die Bauplatzbewilligung ist zu erteilen, wenn die erforderliche Zustimmung des Grundeigentümers vorliegt, der Erteilung nicht gesetzliche Bestimmungen oder Bestimmungen eines Flächenwidmungs- oder eines Bebauungsplanes entgegenstehen und die Bauplatzbewilligung mit den Grundsätzen der Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung vereinbar ist. Hiebei sind die öffentlichen Interessen der Sicherheit, der Gesundheit, des Verkehrs und der Wahrung eines ungestörten Orts- und Landschaftsbildes besonders zu beachten. Der Bauplatzbewilligung stehen auch dann Bestimmungen eines Bebauungsplanes entgegen, wenn der nach § 3 Abs. 3 vorgelegte Plan für Zwecke der grundbücherlichen Teilung die Grundabtretungspflicht gemäß § 18 Abs. 1 nicht berücksichtigt.
(2) Die Bauplatzbewilligung kann auch unter Bedingungen oder Auflagen erteilt werden, die der Sicherung der im Abs. 1 angeführten Interessen dienen.
(3) Grundflächen, die sich wegen der natürlichen Gegebenheiten (Bodenbeschaffenheit, Grundwasserstand, Hochwassergefahr, Steinschlag, Lawinengefahr usw.) für eine zweckmäßige Bebauung nicht eignen oder deren Aufschließung unvertretbare öffentliche Aufwendungen (für Straßenbau, Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Energieversorgung usw.) erforderlich machen würde, dürfen nicht als Bauplätze bewilligt werden.
(4) Bauplätze müssen eine solche Gestalt und Größe aufweisen, daß darauf den Anforderungen dieses Gesetzes entsprechende Gebäude einschließlich der erforderlichen Nebenanlagen, wie Kinderspielplätze, Stellplätze, Grün- und Erholungsflächen, errichtet werden können.
Ein Bauplatz darf in der Regel nicht kleiner als fünfhundert Quadratmeter sein. Die Unterschreitung dieses Mindestmaßes ist nur zulässig, wenn Interessen an einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung hiedurch nicht verletzt werden.
(5) Bauplätze müssen unmittelbar an eine geeignete öffentliche Straße grenzen oder eine der zu erwartenden Beanspruchung genügende, durch Eintragung im Grundbuch gesicherte Verbindung zum öffentlichen Straßennetz erhalten; erforderlichenfalls ist dies durch Auflagen gemäß Abs. 2 sicherzustellen. Die seitlichen Grenzen der Bauplätze sollen, wenn der Bebauungsplan nichts anderes vorsieht, einen rechten Winkel mit der Straßenfluchtlinie oder, wenn kein Bebauungsplan vorhanden ist, einen rechten Winkel mit der Achse der angrenzenden Straße bilden.
..."
Aus der Anordnung im § 7 Abs. 4 zweiter Satz BO, daß die Bewilligung zu erteilen ist, wenn keine Abweisungsgründe im Sinne des § 4 vorliegen, folgern die Verwaltungsbehörden, daß die Bewilligung nicht zu erteilen ist, wenn Abweisungsgründe gemäß § 4 BO vorliegen. Die Beschwerdeführer halten dem entgegen, ein solcher Umkehrschluß sei nicht gerechtfertigt, es könne auch im Falle des Vorliegens von Abweisungsgründen eine Bewilligung "nach Ermessen" erfolgen.
Dieser Auslegung kann sich der Verwaltungsgerichtgshof nicht anschließen. Bei der Frage, ob ein derartiger Umkehrschluß gerechtfertigt ist, kommt es darauf an, ob die gesetzliche Regel ausdrücklich oder zumindest sinngemäß das Wort "nur" enthält, ob also die Beschränkung der Rechtsfolge R gerade auf den Tatbestand A ersichtlich vom Gesetzgeber gewollt oder nach der Teleologie des Gesetzes geboten ist, was im Wege der Auslegung zu ermitteln ist (Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft4, 376). Es kommt hier darauf an, ob die Bewilligung "nur" zu erteilen ist, wenn die genannten Abweisungsgründe nicht vorliegen, oder ob die Bewilligung, wie die Beschwerdeführer offenbar meinen, "u.a." zu erteilen ist, wenn keine Abweisungsgründe vorliegen.
Selbstverständlich kann die Statuierung einer Bewilligungspflicht nur dann rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechen, wenn die Frage, ob die Bewilligung zu erteilen oder zu versagen ist, nach eindeutigen gesetzlichen Vorgaben gelöst werden kann. Für die Annahme, daß die hier vorliegenden Erteilungskriterien bloß beispielsweise aufgezählt wären, fehlt nicht nur jeder Hinweis im Gesetzeswortlaut; es würde ein völlig undeterminierter Spielraum offenbleiben, wollte man dem Gesetz den Inhalt zubilligen, daß auch bei Vorliegen der ausdrücklich aufgezählten Versagungsgründe ohne weitere Entscheidungskriterien die Bewilligung erteilt werden dürfe. Der Gesetzeswortlaut kann somit, im Sinne des Art. 18 BVG interpretiert, nur unter Einschluß des Wortes "nur" gelesen werden. Damit kommt man gar nicht mehr zum Umkehrschluß, wie Larenz, a.a.O. richtig aufzeigt, weil das Vorliegen einer Gesetzeslücke bereits ausgeschlossen ist: Eine "planwidrige" oder doch nach der Teleologie des Gesetzes anzunehmende Unvollständigkeit liegt gar nicht vor.
Allerdings erhebt sich die weitere Frage, ob der Gesetzgeber bei Statuierung der (öffentlich-rechtlichen) Bewilligungspflicht für ein derartiges Rechtsgeschäft, wie sie sich aus § 7 Abs. 5 lit. b BO letztlich ergibt, überhaupt Fälle erfassen wollte, bei denen, abgesehen vom Wechsel der Person des Eigentümers, keinerlei Veränderungen in der Außenwelt stattfinden, oder ob nicht allenfalls eine teleologische Reduktion des § 7 Abs. 1 BO angebracht ist. Eine solche Reduktion wird auch von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts dann vorgenommen, wenn verfassungswidrige Ergebnisse, aber auch unverständliche oder nicht sachgerechte Ergebnisse vermieden werden sollen (siehe die Darstellung bei Potacs, Auslegung im öffentlichen Recht, 260 f).
Nach § 7 Abs. 1 BO bedarf die Abschreibung von Grundstücken vom Gutsbestand einer Grundbuchseinlage, wenn solche Grundstücke nicht zu einem im Grundbuch ersichtlich gemachten Bauplatz gehören, aber bebaut sind, einer Bewilligung der Baubehörde. Die Bewilligungspflicht dient zweifelsohne nicht der bloßen Beschränkung des Rechtsverkehrs mit Grundstücken; wenn auch im Art. 10 Abs. 1 Z. 6 B-VG eine Ausnahme von der Bundeskompetenz für Regelungen vorgesehen ist, die den Verkehr mit bebauten Grundstücken beschränken, so kann kein Zweifel daran bestehen, daß solche Beschränkungen nicht den Rechtsverkehr an sich, sondern dessen bau- oder raumordnungsrechtlichen Auswirkungen zum Gegenstand haben. Gerade die dingliche Wirkung baurechtlicher Bescheide (hier gemäß § 64 Abs. 1 BO) macht deutlich, daß baurechtlich der Person des Eigentümers im allgemeinen keine Relevanz zukommt. Aus dem bei Neuhofer-Sapp, Oö Baurecht3, 60, wiedergegebenen Ausschußbericht zu § 7 BO ergibt sich, daß der Hauptzweck der Bestimmung des § 7 darin liegt, im Interesse der von der Baubehörde zu wahrenden baulichen Ordnung Veränderungen von bewilligten Bauplätzen und schon bebauten Liegenschaften der baubehördlichen Kontrolle und Einflußnahme zu unterwerfen. Typischer Anwendungsfall des § 7 ist die Abtrennung eines Grundstückes oder Grundstücksteiles (mit oder ohne Zuschreibung zu anderen Flächen). In solchen Fällen ist zu prüfen, ob nunmehr die für die Schaffung von Bauplätzen unerläßlichen Voraussetzungen (Anbindung an das Verkehrsnetz, Mindestgröße etc.; siehe § 4 BO) gegeben sind.
Im vorliegenden Fall findet nur formal eine Abschreibung im Sinne des § 3 Abs. 1 des Liegenschaftsteilungsgesetzes statt; in der Außenwelt ändert sich jedoch nichts, weil die abzuschreibenden Grundstücke schon bisher von dem einem Fremdeigentümer gehörigen Grundstück vollständig umschlossen waren. Ob A oder nunmehr B Eigentümer der Inselgrundstücke ist, hat keinerlei bau- oder raumordnungsrechtliche Auswirkung, insbesondere nicht im Hinblick auf § 4 BO.
Der (Landes-)Gesetzgeber beschränkt nicht den Rechtsverkehr mit bebauten Grundstücken, wenn der Gegenstand der gesamten Grundbuchseinlage verkauft wird; er beschränkt gemäß § 7 Abs. 2 BO weiters nicht die Abschreibung von im Grundbuch ersichtlich gemachten Bauplätzen, wenn die den Bauplatz umfassenden Grundstücksgrenzen unverändert bleiben. Im Hinblick darauf muß eine am Gleichheitssatz orientierte Auslegung des § 7 BO zum Ergebnis führen, daß eine sogenannte Abschreibung, bei der keine Trennung von umgebenden Grundstücken erfolgt, weil das umgebende Grundstück schon immer einem anderen Grundbuchskörper zugehörig war, bei dem weiters keine Änderung der Grundstücksgrenzen stattfindet, sondern bei dem, abgesehen vom Wechsel der Person des Eigentümers, keinerlei Auswirkungen in der Außenwelt entfaltet werden, gleichfalls nicht der Baubewilligungspflicht unterliegt.
Die Bewilligungspflicht des § 7 Abs. 1 BO erfaßt jedenfalls reale Abschreibungen, Zuschreibungen, Teilungen oder Vereinigungen, aber nicht, wie im Beschwerdefall, bloße Veränderungen der Eigentumsverhältnisse von Punktgrundstücken, die vollständig von im bücherlichen Fremdeigentum stehenden Grundstücken umgeben sind, die zwar grundbuchsrechtlich auch einer "Abschreibung" bedürfen (um dem Erfordernis des § 5 Abs. 2 Allgemeines Grundbuchsanlegungsgesetz zu entsprechen), aber in denkmöglicher Weise auf die von der Baubehörde zu wahrende bauliche Ordnung keinen Einfluß haben können.
Der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Bescheid verletzt die Beschwerdeführer in ihrem hier geltend gemachten Recht, von der Bewilligungspflicht ausgenommen zu sein. Da die belangte Behörde diese Ausnahme von der Bewilligungspflicht nicht erkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des von den Beschwerdeführern gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3Verhältnis zu anderen Rechtsgebieten Kompetenztatbestände Baupolizei und Raumordnung BauRallg1Behörden Zuständigkeit Allgemein BauRallg2/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1994050210.X00Im RIS seit
18.02.2002Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009