TE Lvwg Beschluss 2019/7/8 VGW-102/067/6199/2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.07.2019
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Entscheidungsdatum

08.07.2019

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

B-VG Art. 130 Abs1 Z2
VwGVG 2014 §7 Abs4

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Grois über die Beschwerde des Herrn Ing. A. B., p.A. Justizanstalt Wien-C., Wien, D.-gasse, gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Verhängung eines Betretungsverbotes am 27.11.2018, den

B E S C H L U S S

gefasst:

1. Gemäß §§ 28 Abs. 6, 31 Abs. 1 und 7 Abs. 4 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG wird die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen.

2. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichthofgesetzes 1985 – VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG unzulässig.

BEGRÜNDUNG

I.1 Mit einem an das Verwaltungsgericht Wien gerichteten Schriftsatz vom 16.04.2019 brachte der Beschwerdeführer unter anderem eine Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 27.11.2018 durch Verhängung eines Betretungsverbotes ein. Die Beschwerde langte am 03.05.2019 beim Verwaltungsgericht Wien ein.

Mit Schreiben vom 11.06.2019, zugestellt am 14.06.2019, brachte das Verwaltungsgericht Wien dem Beschwerdeführer zur Kenntnis, dass seine Beschwerde offensichtlich verspätet eingebracht wurde. Unter einem wurde ihm die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb einer Frist von zwei Wochen dazu schriftlich Stellung zu nehmen.

2. Mit Schreiben vom 17.06.2019 erstattete der Beschwerdeführer eine Stellungnahme zum Vorhalt der Verspätung. Darin ist ausgeführt:

„In Bezug auf das am 13. Juni 2019 erhaltene RSb-Schreiben bezgl. vorhalt der Verspätung, nehme ich wie folgt Stellung.

Gemäß beiliegender Kopie des Schreibens/Beschwerde datiert per 20. Dez.2018 (am 24. Dez. 2018 zum Postversand abgegeben) habe ich fristgerecht die Beschwerde versandt.

Da ich seit 25. Nov. 2018 in zensurierter Untersuchungshaft bzw. mittlerweile zensurierter Haft sitze bin ich bei der Kontrolle bzw. fernmündlichen Abklärung bzw. Nachforschung inwiefern Post versandt bzw. zurück behalten bzw. unterbunden wird bis dato behindert. Die neuerliche Beschwerde datiert per 16. April 2019 - eingelangt im VWG per 3.5.2019 - wurde nochmals nach Vorliegen aller bisherigen Ermittlungsergebnisse versandt, da ich bis dato weder eine Antwort bzw. Information erhalten habe.

Wie aus dem Postlauf des Schreibens (16. April 2019) ersichtlich werden in der Justizanstalt bzw. Staatsanwaltschaft verwaltungsbehördlich relevante Schreiben 17 Tage zurückgehalten und somit Fristenläufe erheblich verzögert bzw. behindert.“

Dieser Stellungnahme legte der Beschwerdeführer den mit 20.12.2018 datierten Schriftsatz an das Verwaltungsgericht Wien in Kopie bei. Darin wird Folgendes ausgeführt:

Betrifft: Beschwerde gegen das

           Betretungsverbot vom 29. Nov. 2018

Werte Damen und Herren,

aufgrund des am 27. Nov. 2018 verhängte Betretungsverbot lege ich Beschwerde ein.

Nachdem derzeit nur das DNA-Gutachten (ON 17) vorliegt - aus dem klar hervorgeht das Fr. E. F.„Selbst“verursacherin der DNA an ihrem Hals (Spur Nr. 3) ist

Das Ermittlungsverfahren … ist dzt. voll im Gange und werde Sie nach Vorlage weiterer Ergebnisse laufend darüber unterrichten bzw. informieren.“

II.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Zur Erhebung einer solchen Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG ist gemäß Art. 132 Abs. 2 B-VG legitimiert, wer durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Entsprechend § 28 Abs. 6 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG, wenn eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen ist, die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben. Gemäß § 30 Abs. 1 VwGVG erfolgen Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

2. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt beträgt gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG sechs Wochen. Sie beginnt nach § 7 Abs. 4 Z 3 VwGVG mit dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, wenn er aber durch diese behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, mit dem Wegfall dieser Behinderung.

Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG und die sonstigen Schriftsätze im Verfahren über diese sind gemäß § 20 VwGVG unmittelbar beim (zuständigen) Verwaltungsgericht einzubringen. In allen sonstigen Verfahren sind die Schriftsätze ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht unmittelbar bei diesem einzubringen.

3. Einer Partei ist auf Antrag gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Das Verwaltungsgericht hat über den Antrag auf Wiedereinsetzung mit Beschluss zu entscheiden.

III.1.1. Die Beschwerde vom 16.04.2019 richtet sich unter anderem gegen das am 27.11.2018 verhängte Betretungsverbot. Demnach ereignete sich die in Beschwerde gezogene Maßnahme gegen den Beschwerdeführer laut seinen Angaben am 27.11.2018.

Die sechswöchige Frist zur Erhebung der Beschwerde begann daher nach § 7 Abs. 4 Z 3 VwGVG am 27.11.2018 und endete am 08.01.2019.

Die mit 16.04.2019 datierte (!) Beschwerde langte am 03.05.2019 – somit nicht innerhalb der gesetzlichen Beschwerdefrist – beim Verwaltungsgericht Wien ein.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er die vorliegende Beschwerde am 16.04.2019 verfasst und diese beim Verwaltungsgericht Wien eingebracht hat, sodass sie dort am 03.05.2019 einlangte. Begründend wird dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei diesem Schriftsatz um eine neuerliche Beschwerde handle, da er bis dato keine Antwort bzw. Information hinsichtlich seines Schreibens/Beschwerde vom 20.12.2018 erhalten habe, das/die er am 24.12.2018 zum Postversand abgegeben habe. Vor diesem Hintergrund habe er die Beschwerde fristgerecht versandt.

In diesem Zusammenhang ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen (z.B. VwGH vom 11.07.1988, Zl 88/10/0113), wonach Voraussetzung für die Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet allein die Versäumung der Rechtsmittelfrist ist und nicht auch ein Verschulden der Partei an der Verspätung. Ein solches Verschulden wäre erst bei der Entscheidung über einen Wiedereinsetzungsantrag von Belang.

Unter Zugrundelegung des Vorbringens des Beschwerdeführers, dass dieser bereits am 20.12.2018 den in Kopie vorgelegten Beschwerdeschriftsatz verfasst hat, ist zu bemerken, dass dieser erst am 02.07.2019 – und somit ebenfalls nach der sechswöchigen Beschwerdefrist – mit der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 17.06.2019 beim Verwaltungsgericht Wien einlangte.

Im Lichte der dargestellten Rechtsprechung, wonach für die Versäumung der Rechtsmittelfrist das Verschulden nicht zu prüfen ist und es ausschließlich auf den Ablauf der Rechtsmittelfrist ankommt, erweist sich die vorliegende Beschwerde vom 16.04.2019 – auch mit Blick auf den nun eingelangten Beschwerdeschriftsatz vom 20.12.2018 – als verspätet.

Angesichts des geschilderten Sachverhalts wäre es dem Beschwerdeführer indes offen gestanden, allfällige Gründe, die ihn an der fristgerechten Einbringung des Rechtsmittels gehindert haben (z.B. das Zurückhalten von verwaltungsbehördlich oder gerichtlich relevanten Schriftstücken durch die Justizanstalt bzw. Staatsanwaltschaft), in einem rechtzeitig zu stellenden Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geltend zu machen. Ein solcher wurde der Aktenlage nach nicht gestellt.

1.2. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen. Weil noch keine Kosten bei der belangten Behörde angefallen sind (§ 35 Abs. 3 VwGVG), entfällt ein Kostenausspruch.

2. Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision gründet sich darauf, dass keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung einer zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal die verfahrensgegenständlichen Rechtsfragen klar aus dem Gesetz lösbar sind (vgl. Köhler, Der Zugang zum VwGH in der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit, ecolex 2013, 589 ff, mwN).

Schlagworte

Maßnahmenbeschwerde; Betretungsverbot; Verspätung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.102.067.6199.2019

Zuletzt aktualisiert am

21.07.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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