Entscheidungsdatum
10.07.2019Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §68 Abs1Text
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Mag. Doninger über die Beschwerde des Herrn Dr. A. B., vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Präsidenten der Ärztekammer für Wien vom 29.01.2015, ArztNr.: 1, mit welchem unter Spruchpunkt I.) der Antrag (vom 09.05.2013) auf Erlass der Kammerumlage für den Zeitraum 01.10.2011 bis einschließlich 31.05.2013 wegen Verspätung zurückgewiesen und unter Spruchpunkt II.) der Antrag (vom 15.05.2014) auf Erlass der Kammerumlage für den Zeitraum 02.10.2013 bis einschließlich 31.05.2014 abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:
1) Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und der angefochtene Bescheid in seinem Spruchpunkt I.) dahingehend abgeändert, als der Antrag des Beschwerdeführers vom 09.05.2013 auf Erlass der Kammerbeiträge vom 01.10.2011 bis 31.05.2013 hinsichtlich des Zeitraumes 01.10.2011 bis 13.05.2012 wegen entschiedener Sache zurück- und hinsichtlich des Zeitraumes 14.05.2012 bis 31.05.2013 abgewiesen wird.
2) Der Antrag auf Kostenersatz wird als unzulässig zurückgewiesen
3.). Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Entscheidungsgründe
1.) In der Begründung zu Spruchpunkt I. führte die belangte Behörde nach Darlegung der maßgeblichen Rechtslage aus, dass der nunmehrige Beschwerdeführer mit Antrag vom 09.05.2013 den Erlass der Kammerumlage für den Zeitraum von 01.10.2011 bis 31.05.2013 begehrt habe, da er in dieser Zeit berufsunfähig gewesen sei. Erlassanträge müssten gemäß § 6 Abs. 1 dritter Satz UO innerhalb von einem Jahr ab Eintritt des Ereignisfalles schriftlich im Kammeramt einlangen, um berücksichtigt werden zu können. Demnach hätte der Erlassantrag für die Zeit seiner Berufsunfähigkeit spätestens am 01.10.2012 eingehen müssen. Der Antrag des Antragstellers sei jedoch erst am 09.05.2013 gestellt worden und könne daher keine Berücksichtigung mehr finden. Aufgrund der Fristversäumnis sei der Antrag zurückzuweisen gewesen.
Zu Spruchpunkt II führte die Behörde aus, dass der Antragsteller mit seinem Antrag vom 15.05.2014 den Erlass der Kammerumlage für den Zeitraum vom 02.10.2013 bis einschließlich einer 30.05.2014 begehrt habe. Zeitgleich mit diesem Antrag sei für denselben Zeitraum auch in Antrag auf Gewährung einer befristeten Invaliditätsversorgung sowie ein Antrag auf Erlass des Fondsbeitrages gestellt worden. Beide Anträge habe der Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds in seiner Sitzung vom 02.09.2014 abgewiesen. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens sei auch ein kardiologisches Gutachten in Auftrag gegeben worden, um die Berufsunfähigkeit des Antragstellers festzustellen. Dieses habe keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer die Berufsausübung ausschließenden Erkrankung ergeben. Vielmehr sei festgestellt worden, dass der Antragsteller bei geändertem Umgang mit Diagnose und Therapie durchaus in der Lage wäre, seinen Beruf weiterhin auszuüben.
2.) In der gegen diesen Bescheid rechtzeitig erhobenen Beschwerde führt der Beschwerdeführer zu Spruchpunkt I.) aus, dass dem Bescheid jegliche rechtliche Grundlage entzogen und die Entscheidung grob willkürlich und gesetzwidrig sei. Tatsächlich liege dabei eine zweifache Rechtswidrigkeit vor. Einerseits deshalb, weil er mehrmals für diesen Zeitraum den Antrag auf Erlass der Kammerumlage gestellt habe, so erstmals mit schriftlichem Antrag vom 26.03.2012. Aus diesem Antrag samt Beilage sei sehr wohl erkennbar, dass er auch einen Erlass der Kammerumlage beantragt habe, ungeachtet des Umstandes, dass er dies handschriftlich ergänzt habe. So hätte jedenfalls der Verwaltungsausschuss der Ärztekammer dies an den Präsidenten der Ärztekammer weiterleiten müssen. Aus dem Beilageschreiben sei eindeutig erkennbar, dass um Erlass der Kammerumlagen und der Wohlfahrtsfondsbeiträge für den Zeitraum 01.10.2011 bis einen 30.05.2013 angesucht worden sei. Selbst wenn die Behörde vermeine, dass dieser Antrag vom 26.03.2012 nicht formell ordnungsgemäß gewesen sei, hätte jedenfalls der genaue Eintritt des Ereignisfalles geprüft werden müssen. Prüfe man nunmehr den Sachverhalt, so sei jedenfalls das selbst von der Behörde angeführte Antragsdatum 09.05.2013 nicht verfristet.
Zu Spruchpunkt II.) legte der Beschwerdeführer dar, dass er seit Mai 2011 an vermehrten Herzrhythmusstörungen, verbunden mit extremer Müdigkeit, leide. Dazu kämen alle 3 Wochen virale Infekte und ein andauernd stark reduzierter Allgemeinzustand. Aufgrund einer Störung der Energieproduktion in den Mitochondrien leide er zudem auch an einem chronischen Müdigkeitssyndrom. Bereits nach einer geringen körperlichen Anstrengung benötige er zumindest 24 Stunden Zeit, um sich zu erholen. Die unzureichende Energieproduktion der Mitochondrien unter Belastung sei mit dem Laborgutachten vom 06.09.2012 nachgewiesen. Die Herzrhythmusstörungen würden jedoch nach wie vor bestehen. Auch sei er für das Militär untauglich gewesen, weil bei ihm bereits im Alter von 18 Jahren solche Störungen festgestellt worden seien. Mit Bescheid vom 12.10.2012 sei ihm wegen einer Erschöpfungsdepression eine befristete Invaliditätsversorgung von 01.10.2011 bis 30.04.2012 gewährt worden. Dass sein schlechter Allgemeinzustand auch nach dem 30.04.2012 angehalten habe, habe er am 30.09.2012 einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Invaliditätsversorgung für den Zeitraum von 01.05.2012 bis 30. November 2012 gestellt und denselben am 09.05.2013 auf den Zeitraum bis zum 31.05.2013 ausgedehnt. Dabei habe er zahlreiche Befunde vorgelegt, aus denen sein schlechter Allgemeinzustand ersichtlich sei. Aus unerfindlichen Gründen habe jedoch die belangte Behörde beschlossen, ein psychiatrisches Gutachten einzuholen. Da aus den von ihm vorgelegten Befunden eindeutig hervorgehe, dass seinen gesundheitlichen Beschwerden konkrete organische Ursachen zugrunde lägen, sei er mit der psychiatrischen Untersuchung nicht einverstanden gewesen und habe eine Begutachtung durch einen Facharzt für Innere Medizin gefordert. Der in der Folge bestellte Gutachter Dr. C., Facharzt für Innere Medizin, habe ihm zwar mündlich konstatiert, schlecht beisammen zu sein und sogar eine Koronar-Angiographie machen lassen wollen. Auch habe er ihm Medikamente gegen Angina Pectoris verschrieben. Ungeachtet dessen habe er in seinem schriftlichen Gutachten festgehalten, dass er zwar objektiviert an Herzrhythmusstörungen leide, jedoch die Arbeitsfähigkeit mit einer „anderen inneren Einstellung“ gegeben sei. Insgesamt gehe das von Dr. C. erstellte Gutachten nicht auf die von ihm vorgelegten Befunde ein. Insbesondere auf das chronische Müdigkeitssyndrom und die zahlreichen, immer wiederkehrenden Infekte, nehme der Gutachter keine Rücksicht. Zudem sei bei seiner Befundung keine ordnungsgemäße Anamnese erstellt worden, was der belangten Behörde jedoch auffallen hätte müssen. Diese Vermutung stehe dem Gutachter als Facharzt für Innere Medizin nicht zu. Diese rechtliche Begründung stelle eindeutig eine „Nichtbegründung“ dar und grenze an Willkür. Insbesondere mangle es an jedweden Ausführungen dazu, weshalb die zahlreichen Gutachten über seinen organischen Zustand nicht geeignet seien, eine vorübergehende Berufsunfähigkeit nachzuweisen. Die belangte Behörde stelle ihn geradezu als Hypochonder dar, dem es an nichts fehle, wenn er nur eine andere innere Einstellung an den Tag legen würde. Tatsächlich hätte die belangte Behörde bei richtiger Rechtsansicht zu dem Ergebnis kommen müssen, dass das Gutachten Dris. C. unzureichend sei und auf seinen Allgemeinzustand und dessen organische Ursachen nicht oder nur unzureichend eingehe. Demzufolge hätte die belangte Behörde den Gutachter zur Ergänzung seines Gutachtens beauftragen, oder einen anderen Gutachter heranziehen müssen. Erst dann wäre eine Aussage über die Ursachen für seinen Zustand möglich gewesen, den die belangte Behörde sodann als Entscheidungsgrundlage heranziehen hätte können. Soweit die belangte Behörde zudem ausführe, dass er bei geändertem Umgang mit Diagnose und Therapie in der Lage wäre, seinen Beruf weiterhin auszuüben, gestehe sie offensichtlich zu, dass er derzeit - aus welchen Gründen immer - nicht in der Lage sei, seinen Beruf auszuüben. Trotz des mangelhaften Gutachtens Dris. C. und entgegen der von ihm vorgelegten eindeutigen Gutachten, habe die belangte Behörde die angefochtenen negativen Bescheide erlassen, die sich daher auf einen nur unzureichend erhobenen Sachverhalt stützten und zudem aktenwidrig seien. Hätte die belangte Behörde den Sachverhalt vollständig erhoben und ihm bei der Befundung durch Dr. C. Parteiengehör gewährt und letztlich dafür gesorgt, dass das unvollständige Gutachten Dris. C. ergänzt wird, wäre sie zu dem Ergebnis gekommen, dass er tatsächlich in den fraglichen Zeiträumen von der Kammerumlage zu befreien gewesen wäre.
Beantragt wurde letztlich, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und festzustellen, dass dem Beschwerdeführer die Kammerumlagen von 01.10.2011 bis ein 30.05.2013 und vom 02.10.2013 bis 31.05.2014 erlassen werden, sowie darüber hinaus zu erkennen, dass die Ärztekammer für Wien als Rechtsträger schuldig sei, die Kosten der Verfahren gemäß §§ 19a RAO zu ersetzen.
3) Die belangte Behörde nahm mit Schreiben vom 26.05.2017 zum Beschwerdevorbringen Stellung und legte darin dar, dass der Beschwerdeführer laut Eintragung in der Ärzteliste vom 01.01.1988 bis 31.03.2016 an der Ordinationsadresse D.-Gasse, Wien, tätig gewesen und dort über Verträge zur BVA, SVA, GKK, VA und KFA verfügt habe. Seit 01.04.2016 sei er als Wohnsitzarzt tätig. Der Beschwerdeführer habe tatsächlich am 26.03.2012 einen Antrag auf Erlass der Beiträge zur Kammerumlage gestellt, allerdings lediglich hinsichtlich des Zeitraumes vom 01.10.2011 bis 13.05.2012. Diesem Antrag habe der Präsident der Ärztekammer für Wien mit Bescheid vom 31.01.2013 vollinhaltlich entsprochen und dem Beschwerdeführer die Beiträge zur Kammerumlage für die Zeit seiner Berufsunfähigkeit vom 01.10.2011 bis einschließlich 13.05.2012 zur Gänze erlassen. Nach Ansicht der belangten Behörde sei daher der Antrag des Beschwerdeführers auf Erlass gemäß § 6 Abs. 1 lit. e UO in diesem Umfang gemäß § 68 Abs. 1 AVG 1991 wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
Der Antrag vom 09.05.2013 stelle letztlich einen solchen auf Verlängerung des Erlasses gemäß § 6 Abs. 1 dritter Satz UO dar. Da der Verlängerungsantrag rechtzeitig innerhalb eines Jahres bei der belangten Behörde eingelangt sei, sei der restliche beantragte Zeitraum vom 14.05.2012 bis 31.05.2013 ebenso abzuweisen, wie jener vom 15.05.2014 auf Erlass der Beiträge zur Kammerumlage für den Zeitraum 02.10.2013 bis 31.05.2014 (siehe Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides). In diesem Zusammenhang verwies die belangte Behörde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 23.01.2017 in den hg. Parallelverfahren VGW-162/045/1274/2015, VGW-162/045/1318/2015 und VGW-162/045/1319/2015. Der Beschwerdeführer habe dort dieselbe Rechtsfrage zur Invaliditätsversorgung und dem Erlass der Beiträge zum Wohlfahrtsfonds für die Zeiträume 14.05.2012 bis 31.05.2013 und 02.10.2013 bis einen 31.05.2014 aufgeworfen.
Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
5.) Mit Schreiben vom 26.03.2012 hat der nunmehrige Beschwerdeführer u.a. den Erlass der Kammerumlagen für den Zeitraum 01.10.2011 bis 13.05.2012 infolge „Arbeitsunfähigkeit wegen Erkrankung“ beantragt. Diesem Antrag hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 31.01.2013 vollinhaltlich entsprochen und dem Beschwerdeführer die Beiträge zur Kammerumlage für die Zeit seiner Berufsunfähigkeit vom 01.10.2011 bis einschließlich 13.05.2012 zur Gänze erlassen. Dieser Bescheid ist mangels Erhebung einer Beschwerde in Rechtskraft erwachsen. Mit einem weiteren Schreiben vom 09.05.2013 beantragte der nunmehrige Beschwerdeführer eine krankheitsbedingte Invaliditätsversorgung für den Zeitraum 01.12.2012 bis 31.05.2013 und ersuchte gleichzeitig für diesen Zeitraum um „Erlass der Kammer- und Wohlfahrtsfondsbeiträge“, wobei „sich das Ansuchen (auch) insgesamt auf den Zeitraum 01.10.2011 bis 31.05.2013 beziehe“.
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
Die Beachtung rechtskräftiger Entscheidungen zählt zu den Grundsätzen eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens (vgl etwa VwGH 24.3.2014, 2013/01/0117; VwGH 2.7.2010, 2010/09/0046 (VwSlg 17.938 A/2010), wobei die Grundsätze eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens allgemein anzuwenden sind (vgl VwGH 29.11.2005, 2004/06/0096). Dieser Grundsatz ist daher auch dann zu beachten, wenn § 17 VwGVG eine sinngemäße Anwendung des IV. Teils des AVG und damit des § 68 Abs 1 AVG im Rahmen des VwGVG nicht vorkehrt. Im Zusammenhang mit diesem Grundsatz ist die einschlägige Rechtsprechung zu § 68 AVG in sinngemäßer Weise heranziehbar. Über ein und dieselbe Rechtssache ist nur einmal rechtskräftig zu entscheiden (ne bis in idem). Mit der Rechtskraft ist die Wirkung verbunden, dass die mit der Entscheidung unanfechtbar und unwiderruflich erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden kann (Wiederholungsverbot). Einer nochmaligen Entscheidung steht das Prozesshindernis der entschiedenen Sache (res iudicata) entgegen.
Bei der Prüfung des Vorliegens der entschiedenen Sache ist auch vom Verwaltungsgericht von der rechtskräftigen Vorentscheidung auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit derselben nochmals zu überprüfen. Identität der Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber der früheren Entscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Auf dem Boden dieser Rechtsprechung hat das Verwaltungsgericht dann, wenn der bei ihm in Beschwerde gezogene verwaltungsbehördliche Bescheid nach den vorstehenden Grundsätzen zu Unrecht eine Sachentscheidung beinhaltete, im Rahmen seiner Prüf- und Entscheidungsbefugnis (vgl dazu etwa VwGH vom 9. September 2015, Ro 2015/03/0032) einen Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl VwGH 23.5.1995, 94/20/0785; vgl VfGH vom 18.6.2014, G 5/2014 (VfSlg 19.882/2014).
Da mit dem o.a. Bescheid der belangten Behörde vom 31.01.2013 rechtskräftig über den Antrag des Beschwerdeführers vom 26.03.2012 auf Erlass der Kammerumlagen für den Zeitraum 01.10.2011 bis 13.05.2012 infolge „Arbeitsunfähigkeit wegen Erkrankung“ abgesprochen wurde und hinsichtlich des beantragten Zeitraumes jedenfalls von einer Identität der Sache auszugehen ist, lag dem unter Spruchpunkt I. erfolgten neuerlichen Abspruch über den – auch diesen Zeitraum umfassenden – (Verlängerungs)Antrag vom 09.05.2013 das Prozesshindernis der entschiedenen Sache (res iudicata) entgegen. Der angefochtene Bescheid war daher insoweit abzuändern.
Hinsichtlich des verbleibenden Zeitraumes vom 14.05.2012 bis 31.05.2013 erweist sich der Verlängerungsantrag vom 09.05.2013 als rechtzeitig iSd § 6 Abs. 1 UO und wäre daher darüber inhaltlich abzusprechen gewesen. Gleiches gilt für den Antrag vom 15.05.2014 auf Erlass der Beiträge zu den Kammerumlagen für den Zeitraum 02.10.2013 bis 31.05.2014 (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides).
6.) Rechtslage
Gemäß § 69 Abs. 1 ÄrzteG 1998 sind alle Kammerangehörigen sind verpflichtet, die von der Ärztekammer im Rahmen ihres gesetzlichen Wirkungskreises gefaßten Beschlüsse zu befolgen sowie die in der Umlagenordnung und in der Beitragsordnung festgesetzten Umlagen und Wohlfahrtsfondsbeiträge zu leisten.
Gemäß § 91 Abs. 1 leg. cit. heben die Ärztekammern zur Bestreitung des Sachaufwandes, des Aufwandes für die Organe, des Personalaufwandes und der anderen finanziellen Erfordernisse für die Durchführung der den Ärztekammern übertragenen Aufgaben (§ 84), ausgenommen für den Wohlfahrtsfonds, sowie zur Erfüllung der gegenüber der Österreichischen Ärztekammer bestehenden Umlageverpflichtung von sämtlichen Kammerangehörigen die Kammerumlage ein.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. sind die Umlagen unter Bedachtnahme auf die
1. wirtschaftliche Leistungsfähigkeit anhand der Einnahmen (Umsätze) und/oder Einkünfte sowie
2. Art der Berufsausübung
der Kammerangehörigen festzusetzen, wobei die Höhe der Umlagen betragsmäßig oder in Relation zu einer Bemessungsgrundlage festgesetzt werden kann. Bei Beteiligung eines Kammerangehörigen an einer Gruppenpraxis kann bei der Bemessungsgrundlage ein dem Geschäftsanteil an der Gruppenpraxis entsprechender Anteil am Umsatz (Umsatzanteil) oder ein entsprechender Anteil am Bilanzgewinn – unabhängig von dessen Ausschüttung – berücksichtigt werden. Die Höchstgrenze der Kammerumlage beträgt 3 vH der Einnahmen (Einkünfte) aus ärztlicher Tätigkeit einschließlich der Umsatzanteile an Gruppenpraxen. Die Umlagenordnung kann einen Mindestsatz für die Kammerumlage vorsehen. Näheres ist in der Umlagenordnung zu regeln. Für den Fall einer verspäteten Entrichtung der Kammerumlage durch Kammerangehörige kann die Umlagenordnung die Vorschreibung von angemessenen Mahnspesen vorsehen.
Gemäß Abs. 4 leg. cit. hat die Umlagenordnung nähere Bestimmungen, insbesondere über die Festsetzung und Entrichtung der Kammerumlage und der monatlichen oder vierteljährlichen Vorauszahlungen sowie über die Einbehalte der Kammerumlage und Vorauszahlungen vom Kassenhonorar durch die gesetzlichen Sozialversicherungsträger und Krankenfürsorgeanstalten bei Vertragsärzten, vorzusehen. Die Umlagenordnung kann vorsehen, daß Kammerangehörige verpflichtet sind, alljährlich bis zu einem in der Umlagenordnung zu bestimmenden Zeitpunkt schriftlich alle für die Errechnung der Kammerumlage erforderlichen Angaben zu machen und auf Verlangen die geforderten Nachweise über die Richtigkeit dieser Erklärung vorzulegen; wenn dieser Verpflichtung nicht rechtzeitig und vollständig entsprochen wird, erfolgt die Vorschreibung auf Grund einer Schätzung; diese ist unter Berücksichtigung aller für die Errechnung der Kammerumlage bedeutsamen Umstände vorzunehmen. Für diesen Fall kann die Umlagenordnung die Zahlung eines einmaligen Säumniszuschlages, der 10 vH der festzusetzenden Kammerumlage nicht übersteigen darf und bei dessen Festsetzung alle bedeutsamen Umstände, insbesondere die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Kammerangehörigen, zu berücksichtigen sind, vorsehen.
Gemäß § 6 Abs. 1 der gegenständlich relevanten Umlagenordnungen der Ärztekammer für Wien können die Kammerumlagen nach den §§ 1 und 2 der Umlagenordnung auf Antrag und für die Dauer
a. des Präsenzdienstes,
b. des Zivildienstes,
c. des Karenzurlaubes nach den Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes
oder des Väter-Karenzgesetzes,
d. des Karenzurlaubes nach dienstrechtlichen Vorschriften,
e. im Falle einer über 30 Tage währenden Berufsunfähigkeit,
ermäßigt oder zur Gänze erlassen werden.
Erlässe im Sinne dieses Absatzes werden mit jenem Monat wirksam, in dem der jeweilige Ereignisfall eingetreten ist, sofern sich aus dem Antrag nichts anderes ergibt. Anträge gemäß lit. a), b) und e), die nicht innerhalb von einem Jahr ab Eintritt des Ereignisfalles schriftlich im Kammeramt einlangen, finden keine Berücksichtigung. Bei Anträgen gemäß lit. c) und d) verlängert sich diese Frist auf 3 Jahre. Anträge auf Verlängerung eines Erlasses gemäß lit. a bis lit. e, die nicht innerhalb von einem Jahr ab Ende des gewährten Beitragserlasses schriftlich im Kammeramt einlangen, finden keine Berücksichtigung.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. gilt als Ereignisfall im Sinne des Absatzes 1
a) das Antreten des Präsenzdienstes,
b) das Antreten des Zivildienstes,
c) die Geburt des Kindes bzw. der Beginn der Karenz,
d) der Beginn des Karenzurlaubes nach dienstrechtlichen Vorschriften,
e) der Beginn der Berufsunfähigkeit.
Der Eintritt des Ereignisfalles ist vom Antragsteller jeweils entsprechend nachzuweisen.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. können die Kammerumlagen nach den §§ 1 und 2 der Umlagenordnung fernen auf Antrag bei Vorliegen von berücksichtigungswürdigen Umständen, insbesondere im Hinblick auf die im Einzelfall bestehenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse, ermäßigt oder zur Gänze erlassen werden.
7.) Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der gegenüber § 6 Abs. 1 UO gleichlautenden Bestimmung des § 10 Abs. 2 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien liegen den darin aufgezählten Gründen, die eine Ermäßigung oder einen Nachlass der Fondsbeiträge rechtfertigen, überwiegend außergewöhnliche Ereignisse zu Grunde, die außerhalb der Einflusssphäre des Fondsmitglieds liegen und das Fondsmitglied an der Ausübung der ärztlichen Tätigkeit hindern, was einen Einkommensverlust zur Folge hat (vgl. etwa Ro 2014/11/0053 vom 15.10.2015 mit Hinweisen auf frühere Judikatur). Nichts anderes kann daher für den Erlass der Kammerumlagen gelten.
Der Beschwerdeführer hat seine Anträge vom 09.05.2013 bzw. 15.05.2014 auf Erlass der Kammerumlagen für die Zeiträume 14.05.2012 bis 31.05.2013 und 02.10.2013 bis 31.05.2014 jeweils mit seinen Anträgen auf Gewährung der befristeten Invaliditätsvorsorge wegen seiner „Erkrankung“ für die gleichen Zeiträume verknüpft. Damit lagen jedenfalls rechtzeitige Anträge gemäß § 6 Abs. 1 lit. e UO vor. Andere – konkrete – Anträge, etwa solche gemäß § 6 Abs. 3 UO, sind dem Akteninhalt nicht zu entnehmen und wurden als solche auch nicht behauptet.
Das Verwaltungsgericht Wien hatte in den hg. Parallelverfahren VGW-162/045/1274/2015, VGW-162/045/1318/2015 und VGW-162/045/1319/2015 über die Beschwerden des nunmehrigen Beschwerdeführers gegen Bescheide des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien 1.) vom 25.06.2014, Aktenzahl: 1-S-2, mit dem der Antrag auf Zuerkennung der Invaliditätsversorgung wegen vorübergehender Berufsunfähigkeit für den Zeitraum von 01.05.2012 bis 31.05.2013 abgewiesen wurde, 2.) vom 25.09.2014, Aktenzahl: 1-S-3, mit dem unter Spruchpunkt 2. der Antrag auf Erlass des Fondsbeitrages wegen Berufsunfähigkeit von mehr als 30 Tagen für den Zeitraum von 14.5.2012 bis 31.5.2013 abgewiesen wurde, 3.) vom 07.11.2014, Aktenzahl: 1-S-4, mit dem der Antrag auf Erlass des Fondsbeitrages wegen Berufsunfähigkeit von mehr als 30 Tagen für den Zeitraum von 02.10.2013 bis 31.05.2014 abgewiesen wurde, und 4.) vom 07.11.2014, Aktenzahl: 1-S-5, mit dem der Antrag auf Zuerkennung der Invaliditätsversorgung wegen vorübergehender Berufsunfähigkeit für den Zeitraum vom 02.10.2013 bis 31.05.2014 abgewiesen wurde, zu entscheiden und ist letztlich nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und Anhörung der erstinstanzlich beigezogenen Sachverständigen Dr. C. und Dr. E. zu dem Ergebnis gekommen, dass die belangte Behörde zu Recht das Vorliegen einer vorübergehenden Berufsunfähigkeit des Beschwerdeführers verneint und dementsprechend sowohl die Zuerkennung einer Invaliditätsversorgung, als auch den Erlass der Beiträge zum Wohlfahrtsfonds in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen abgelehnt hat.
Auf die in diesem Zusammenhang angestellten Erwägungen wird nunmehr ausdrücklich verwiesen. Die gegen das entsprechende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 23.01.2017 erhobene außerordentliche Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 31.07.2017, Ra 2017/11/0023, zurückgewiesen.
Vor diesem Hintergrund ist konsequenterweise auch im gegenständlichen Verfahren davon auszugehen, dass die seitens des Beschwerdeführers behauptete mehr als 30 Tage währende Berufsunfähigkeit in den Zeiträumen 01.05.2012 bis 31.05.2013 und 02.10.2013 bis 31.05.2014 nicht vorlag und daher den auf die Bestimmung des § 6 Abs. 1 lit. e UO gestützten Anträgen auf Erlass der Kammerumlagen der Boden entzogen ist. Der angefochtene Bescheid war daher in seinem Spruchpunkt I. hinsichtlich des Zeitraumes 14.05.2012 bis 31.05.2013 entsprechend abzuändern.
8) Ersatzes der Verfahrenskosten gem. § 19a RAO
Gemäß § 74 Abs. 1 AVG hat jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten.
Inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht, bestimmen gemäß § 74 Abs. 2 AVG die Verwaltungsvorschriften. Der Kostenersatzanspruch ist so zeitgerecht zu stellen, dass der Ausspruch über die Kosten in den Bescheid aufgenommen werden kann. Die Höhe der zu ersetzenden Kosten wird von der Behörde bestimmt und kann von dieser auch in einem Pauschalbetrag festgesetzt werden.
Da weder das Ärztegesetz noch die Umlagenordnungen der Ärztekammer für Wien als anzuwendende Verwaltungsvorschriften einen Kostenersatz für Verfahren der gegenständlichen Art vorsehen, greift § 74 Abs. 1 AVG, wonach jeder Beteiligte – somit auch der Beschwerdeführer – die ihm erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten hat, weshalb der Antrag auf Aufwandersatz mangels Rechtsgrundlage als unzulässig zurückzuweisen war.
9.) Ungeachtet eines entsprechenden Beschwerdeantrages konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG von einer Verhandlung abgesehen werden, da weder ein Bundes- oder Landesgesetz anderes bestimmt und die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Auch standen dem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die (ordentliche) Revision zulässig, wenn eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, insbesondere weil das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird.
Ein Vergleich der Regelungen zum Ablehnungsmodell gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG aF mit dem Revisionsmodell nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zeigt, dass diese Bestimmungen nahezu ident sind. Zur Auslegung des Begriffes „Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung" kann somit auch auf die bisherige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Ablehnungsrecht nach Art. 131 Abs. 3 B-VG aF zurückgegriffen werden (in diesem Sinne Thienel, Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, 74). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist dann anzunehmen, wenn die Entscheidung des VwGH von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt. Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt (VwGH 18.06.2014, Ra 2014/01/0029). Trotz fehlender Rechtsprechung des VwGH liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist oder bereits durch ein Urteil des EuGH gelöst wurde (VwGH 28.05.2014, Ra 2014/07/0053; 28.02.2014, Ro 2014/16/0010). Die Rechtsfrage muss eine solche sein, durch deren Lösung im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ein Eingriff in subjektive Rechte des Revisionswerbers im Sinne des Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG zumindest möglich ist. Für die Lösung abstrakter Rechtsfragen hingegen ist der VwGH nicht zuständig (VwGH 12.08.2014, Ra 2014/06/0015). Der VwGH ist als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Unter Beachtung dieses Grundsatzes kann der VwGH jedoch prüfen, ob das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat (VwGH 19.05.2014, Ra 2015/19/0091). Da im gegenständlichen Fall eine solche Rechtsfrage nicht vorliegt, war die (ordentliche) Revision nicht zuzulassen.
Schlagworte
Kammerumlage; Erlass der Kammerumlage; Arbeitsunfähigkeit wegen Erkrankung; Identität der Sache; res iudicataEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.162.045.5595.2017Zuletzt aktualisiert am
21.07.2020