TE Lvwg Erkenntnis 2019/12/3 VGW-041/005/13902/2019/E

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.12.2019
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Entscheidungsdatum

03.12.2019

Index

60/01 Arbeitsvertragsrecht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVRAG §7b Abs5
AVRAG §7f Abs1 Z3
AVRAG §7i Abs1
VStG §9 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Richterin Dr. Hason über die Beschwerde 1.) des Herrn B. A. und 2.) der C. z.o.o., gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 01.10.2015, Zahl: …, betreffend Verwaltungsübertretungen nach dem AVRAG,

zu Recht e r k a n n t:

                  

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen unter Anwendung des § 20 VStG von jeweils 750,- Euro auf jeweils 250,- Euro und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 1 Tag und 21 Stunden auf jeweils 15 Stunden herabgesetzt werden. Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Daraus ergibt sich ein Gesamtbetrag der verhängten Geldstrafen von nunmehr 4.500,- Euro sowie Ersatzfreiheitsstrafen von insgesamt 11 Tagen und 6 Stunden.

Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens bei der belangten Behörde gemäß § 64 Abs. 2 VStG mit jeweils 25,- Euro festgesetzt - das sind 10% der verhängten Geldstrafe. Der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens beläuft sich somit insgesamt auf 450,- Euro.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Die „C. z.o.o.“ haftet für die über den Beschwerdeführer verhängten Geldstrafen, die Verfahrenskosten sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs 7 VStG zur ungeteilten Hand.

IV. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Verfahrensgang

Mit Straferkenntnis vom 01.10.2015 wurde dem Beschwerdeführer als nach außen vertretungsbefugtem Geschäftsführer der „C. z.o.o.“ mit Sitz in Polen zur Last gelegt, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin, nachdem sie aufgrund einer Kontrolle einer Baustelle in Wien, D.-gasse, von Organen der Abgabenbehörde am 05.05.2015 per E-Mail aufgefordert worden sei, für 18 näher angeführte entsandte und nicht in Österreich sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer, die auf der Baustelle beschäftigt gewesen seien, die gemäß § 7d Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) erforderlichen Lohnunterlagen in deutscher Sprache binnen 48 Stunden an die Abgabenbehörde nachzureichen, dieser Aufforderung entgegen § 7f Abs. 1 Z 3 AVRAG nicht vollständig nachgekommen sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 7f Abs. 1 Z 3 zweiter Fall iVm. § 7i Abs. 1 erster Strafsatz AVRAG iZm. § 9 Abs. 1 VStG verletzt. Über ihn wurden deshalb 18 Geldstrafen von je € 750,-- (bzw. 18 Ersatzfreiheitsstrafen von je einem Tag und 21 Stunden) verhängt und ihm zusätzlich ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben.

In der dagegen erhobenen Beschwerde bestritt der Beschwerdeführer den Vorwurf, es seien nicht alle Unterlagen fristgerecht an das Finanzamt übermittelt worden.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.01.2017, fortgesetzt am 31.01.2017, erließ das Verwaltungsgericht Wien am 31.01.2017 das Erkenntnis zu der Zahl VGW-041/005/13076/2015, mit dem der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt wurde.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11.10.2019, Zl. Ra 2017/11/0080-7 wurde das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof darin Folgendes aus:

„Gemäß § 1 Abs. 2 VStG richtet sich die maßgebliche Rechtslage nach dem Zeitpunkt der Tat. Im Revisionsfall war somit das AVRAG in der Fassung BGBl. I Nr. 94/2014 anzuwenden. Das Verwaltungsgericht hat dies jedoch verkannt und wendete (ohne die Fundstelle explizit anzuführen) die Fassung vor dieser Novelle an.

Dies führt aus folgenden Gründen zur Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sind die Erkenntnisse der Verwaltungsgerichte gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG zu begründen. Vor dem Hintergrund des § 38 VwGVG iVm. § 24 VStG hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung iSd. § 58 AVG zu begründen. Im Sinne des § 60 AVG sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die für die Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen, sowie die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Das Verwaltungsgericht hat somit den entscheidungswesentlichen Sachverhalt festzustellen und die Gründe anzugeben, welche das Verwaltungsgericht in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen (vgl. etwa VwGH 5.4.2017, Ra 2017/11/0003 mwN). Entgegen diesen Anforderungen fehlen in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses Erwägungen des Verwaltungsgerichts zum angenommenen Sachverhalt, der in der Beschwerde sowohl hinsichtlich des Vorliegens einer Arbeitskräfteüberlassung als auch der nicht fristgerechten Übermittlung von Lohnunterlagen bestritten worden war.

Derartige Erwägungen waren aber nicht etwa deshalb entbehrlich, weil - wovon das Verwaltungsgericht ausging - im Fall des Zutreffens der Vorwürfe ohnehin keine Verwaltungsübertretung vorgelegen wäre. Zu dieser Ansicht kam das Verwaltungsgericht nur deshalb, weil es, anders als die belangte Behörde, von einer Verletzung der in § 7d Abs. 2 AVRAG normierten Pflichten ausging, Lohnunterlagen bereitzuhalten und als Überlasser dem Beschäftiger bereitzustellen, und daher (den in dieser Form zur Tatzeit bereits durch § 7i Abs. 4 AVRAG ersetzten) § 7i Abs. 2 AVRAG angewendet hat. Im Revisionsfall war dem Mitbeteiligten jedoch nicht vorgeworfen worden, die Unterlagen nicht bereitgehalten bzw. bereitgestellt zu haben, sondern der in § 7f Abs. 1 Z 3 AVRAG normierten Aufforderung zur Übermittlung der Unterlagen an die Abgabenbehörde nicht vollständig entsprochen zu haben. Das Verwaltungsgericht hat sich somit entgegen der hg. Judikatur vom Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, nämlich der Verwaltungsstrafsache im Umfang des vom bekämpften Straferkenntnis erfassten und erledigten Sachverhalts, entfernt (vgl. etwa VwGH 24.7.2019, Ra 2018/02/0163, mwN).

Da das Verwaltungsgericht somit die Rechtslage verkannt hat, war das angefochtene Erkenntnis schon aus den dargelegten Erwägungen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Revisionsvorbringen eingegangen werden brauchte.“

Im Lichte der höchstgerichtlichen Entscheidung hat das Verwaltungsgericht Wien Folgendes erwogen:

II. Sachverhalt

Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt, in das Beschwerdevorbringen und in die Stellungnahme der Finanzpolizei … vom 09.12.2015. Ferner wurden die in der mündlichen Verhandlung vom 30.01.2017 im Ausgangsverfahren VGW-041/005/13076/2015 sowie im Parallelverfahren VGW-041/005/13075/2015 aufgenommenen Beweise im Lichte des im gegenständlichen Verfahren ergangenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 11.10.2019 neu gewürdigt.

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt als erwiesen fest:

Bei den insgesamt 18 im Straferkenntnis angeführten Arbeitnehmern handelt es sich um überlassene Arbeitskräfte, die von der „C. z.o.o.“, mit (näher bezeichnetem) Sitz in Polen, der „E. Gesellschaft m.b.H“ im Rahmen einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung zur Verfügung gestellt wurden und die zum Tatzeitpunkt mit Arbeitnehmern der „E. Gesellschaft m.b.H“ auf der Baustelle in Wien arbeiteten. Der Beschwerdeführer war zum Tatzeitpunkt zur Vertretung der „C. z.o.o.“ nach außen berufen.

Hinsichtlich der Übermittlung der nach dem AVRAG erforderlichen Unterlagen wird festgestellt, dass die Finanzpolizei am 05.05.2015 eine E-Mail mit dem ausdrücklichen Ersuchen an die „C. z.o.o.“ richtete, Lohnzettel in deutscher Sprache, Lohnzahlungsnachweise, A1-Sozialversicherungsdokumente sowie Arbeits- oder Dienstverträge in deutscher Sprache innerhalb der 48-stündigen Frist des § 7f Abs. 1 Z 3 AVRAG zu übermitteln.

Am 07.05.2015 sendete die „C. z.o.o.“ eine E-Mail an die Finanzpolizei … ab, welcher Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise für den abgeschlossenen Monat März 2015 sowie Arbeitsverträge in deutscher bzw. polnischer Sprache – hingegen keine A1-Sozialversicherungsdokumente - angehängt waren. Diese E-Mail konnte aufgrund einer Überschreitung der zulässigen maximalen Nachrichtengröße von 12 MB nicht an die Finanzpolizei übermittelt werden. Die von der Finanzpolizei angeforderten Urkunden wurden durch die „C. z.o.o.“ in weiterer Folge erst im Zeitraum von 12.05.2015 bis 23.07.2015 vollständig nachgereicht.

III. Beweiswürdigung:

Die Tatsache, dass es sich bei den insgesamt 18 im Straferkenntnis angeführten Arbeitnehmern um überlassene Arbeitskräfte handelt, die von der „C. z.o.o.“, der „E. Gesellschaft m.b.H“ im Rahmen einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung zur Verfügung gestellt wurden und die zum Tatzeitpunkt mit Arbeitnehmern der E. Gesellschaft m.b.H auf der Baustelle in Wien arbeiteten, wurde bereits im hg. Erkenntnis vom 31.01.2017 zur Zahl VGW-041/005/13076/2015 sowie im hg. Parallelverfahren zur Zahl VGW-041/005/13075/2015 (Erkenntnis vom 31.01.2017) festgestellt. Gründe für eine Abänderung dieser Feststellungen wurden in weiterer Folge nicht geltend gemacht und kamen auch in sonstiger Weise nicht hervor.

Die Feststellungen hinsichtlich der Übermittlung jener Unterlagen, welche von der Finanzpolizei per E-Mail vom 05.05.2015 von der „C. z.o.o.“ angefordert wurden, ergeben sich eindeutig aus der im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt dokumentierten E-Mail Korrespondenz zwischen der Finanzpolizei und der „C. z.o.o.“. Der dokumentierte E-Mail Verlauf steht überdies im Einklang mit dem Beschwerdevorbringen und den erläuternden Stellungnahmen der Finanzpolizei. Die Angaben in der Beschwerde und die Stellungnahmen der Finanzpolizei stimmen dabei insofern überein, als seitens der „C. z.o.o.“ am 07.05.2015 versucht wurde, mehrere Urkunden per E-Mail vorzulegen, dies jedoch an der Größe der angehängten Dateien scheiterte. In diesem Zusammenhang ist dem Vorbringen des Beschwerdeführers entgegenzuhalten, dass auch die fehlgeschlagene E-Mail vom 07.05.2015 nicht sämtliche von der Finanzpolizei am 05.05.2015 angeforderten Unterlagen (Lohnzettel in deutscher Sprache, Lohnzahlungsnachweise, A1-Sozialversicherungsdokumente sowie Arbeits- oder Dienstverträge in deutscher Sprache) enthielt. Dies ergibt sich zum einen aus der Formulierung der E-Mail der „C. z.o.o.“ vom 07.05.2019:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

anbei die Lohnzettel und Lohnauszahlungsnachweise für den abgeschlossenen Monat März, sowie die Arbeitsverträge in deutsch/polnischer Version

Die Lohnunterlagen für den Monat April erhalten wir nach dem 10ten jedes Folgemonats.

Wir haben leider keine Namensliste von Ihnen erhalten, wessen Arbeitsverträge gefehlt haben, schicken somit alle von den im Monat März/April beschäftigten Mitarbeitern.

Wir wünschen Ihnen einen angenehmen Tag,

MfG,

C. Z.O.O.“

Zum anderen ergibt sich dieser Umstand auch aus folgender E-Mail der Finanzpolizei vom 12.05.2015:

„Guten Tag!

Ein Teil der von uns geforderten Unterlagen sind eingelangt.

Es fehlen jedoch, wie in unserer Nachricht am angefordert die Versicherungsnachweise (A1 – Bestätigung der Sozialversicherung in Polen für ihre Arbeiter)!

Bitte übermitteln Sie die Nachweise umgehend!

Weiters übermitteln Sie auch die Lohnzettel und Lohnauszahlungsnachweise für den Monat April!“

Aus der Zusammenschau dieser beiden Nachrichten ergibt sich somit unzweifelhaft, dass die angeforderten A1-Sozialversicherungsdokumente erst nach dem 12.05.2015 erstmals an die Finanzpolizei übermittelt wurden.

IV. Rechtsgrundlagen

Die maßgeblichen Bestimmungen des AVRAG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 94/2014, lauten auszugsweise:

Ansprüche gegen ausländische Arbeitgeber/innen mit Sitz in einem

EU- oder EWR-Mitgliedstaat

§ 7b. (1) Ein/e Arbeitnehmer/in, der/die von einem/einer Arbeitgeber/in mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wird, hat unbeschadet des auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Rechts für die Dauer der Entsendung zwingend Anspruch auf...

(…)

(3) Arbeitgeber/innen im Sinne des Abs. 1 haben die Beschäftigung von Arbeitnehmer/innen, die zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, spätestens eine Woche vor der jeweiligen Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen zu melden ...

(4) Die Meldung nach Abs. 3 hat für jede Entsendung gesondert zu erfolgen und hat folgende Angaben zu enthalten; nachträgliche Änderungen bei den Angaben sind unverzüglich zu melden: ...

(…)

(5) Arbeitgeber/innen im Sinne des Abs. 1 haben, sofern für den/die entsandten Arbeitnehmer/innen in Österreich keine Sozialversicherungspflicht besteht, Unterlagen über die Anmeldung des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin zur Sozialversicherung (Sozialversicherungsdokument E 101 nach der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71, Sozialversicherungsdokument A 1 nach der Verordnung (EG) Nr. 883/04) sowie eine Abschrift der Meldung gemäß den Abs. 3 und 4 am Arbeits(Einsatz)ort im Inland bereitzuhalten oder diese den

Organen der Abgabebehörden oder der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse unmittelbar vor Ort in elektronischer Form zugänglich zu machen. Sofern für die Beschäftigung der entsandten Arbeitnehmer/innen im Sitzstaat des/der Arbeitgebers/Arbeitgeberin eine behördliche Genehmigung erforderlich ist, ist auch die Genehmigung bereitzuhalten. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die erforderlichen Unterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten oder in elektronischer Form zugänglich zu machen. Ist die Bereithaltung oder Zugänglichmachung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Verlangen nachweislich zu übermitteln, wobei die Unterlagen bis einschließlich des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.

(...)

Verpflichtung zur Bereithaltung von Lohnunterlagen

§ 7d. (1) Arbeitgeber/innen im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 haben während des Zeitraums der Entsendung insgesamt (§ 7b Abs. 4 Z 6) den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel (§ 7b Abs. 1 Z 4), Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprüfung des dem/der entsandten Arbeitnehmers/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten, auch wenn die Beschäftigung des/der einzelnen Arbeitnehmers/in in Österreich früher geendet hat. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Ist die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Aufforderung nachweislich zu übermitteln, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.

(2) Bei einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung trifft die Verpflichtung zur Bereithaltung der Lohnunterlagen den/die inländische/n Beschäftiger/in. Der/Die Überlasser/in hat dem/der Beschäftiger/in die Unterlagen nachweislich bereitzustellen.

(…)

Erhebungen der Abgabenbehörden

§ 7f. (1) Die Organe der Abgabenbehörden sind berechtigt, das Bereithalten der Unterlagen nach §§ 7b Abs. 5 und 7d zu überwachen sowie die zur Kontrolle des dem/der nicht dem ASVG unterliegenden Arbeitnehmer/in unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien zustehenden Entgelts im Sinne des § 7i Abs. 5 erforderlichen Erhebungen durchzuführen und

(…)

3. in die zur Erhebung erforderlichen Unterlagen (§§ 7b Abs. 5 und 7d) Einsicht zu nehmen, Abschriften dieser Unterlagen anzufertigen und die Übermittlung von Unterlagen zu fordern, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Erfolgt bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten die Kontrolle nicht am ersten Arbeits(Einsatz)ort, sind die Unterlagen der Abgabenbehörde nachweislich zu übermitteln, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.

(…)

Strafbestimmungen

§ 7i. (1) Wer die erforderlichen Unterlagen entgegen § 7d Abs. 1 oder § 7f Abs. 1 Z 3 nicht übermittelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit Geldstrafe von 500 Euro bis 5 000 Euro, im Wiederholungsfall von 1 000 Euro bis 10 000 Euro zu bestrafen. Ebenso ist zu bestrafen, wer entgegen § 7g Abs. 2 oder § 7h Abs. 2 die Unterlagen nicht übermittelt.

...

(4) Wer als

         1. Arbeitgeber/in im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 entgegen § 7d die Lohnunterlagen nicht bereithält, oder

         2. Überlasser/in im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung nach Österreich entgegen § 7d Abs. 2 die Lohnunterlagen dem/der Beschäftiger/in nicht nachweislich bereitstellt, oder

         3. Beschäftiger/in im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung entgegen § 7d Abs. 2 die Lohnunterlagen nicht bereithält

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit einer Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, sind mehr als drei Arbeitnehmer/innen betroffen, für jede/n Arbeitnehmer/in von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Wiederholungsfall von 4 000 Euro bis 50 000 Euro zu bestrafen.“

V. Rechtliche Beurteilung

Gemäß der zum Tatzeitpunkt anzuwendenden Bestimmung des § 7f Abs. 1 Z. 3 AVRAG sind die Organe der Abgabenbehörden berechtigt, das Bereithalten der Unterlagen nach §§ 7b Abs. 5 und 7d AVRAG zu überwachen sowie die zur Kontrolle des, der nicht dem ASVG unterliegenden Arbeitnehmer, unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien, zustehenden Entgelts im Sinne des § 7i Abs. 5 erforderlichen Erhebungen durchzuführen und in die zur Erhebung erforderlichen Unterlagen (§§ 7b Abs. 5 und 7d) Einsicht zu nehmen, Abschriften dieser Unterlagen anzufertigen und die Übermittlung von Unterlagen zu fordern, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Wer die erforderlichen Unterlagen entgegen § 7d Abs. 1 oder § 7f Abs. 1 Z 3 AVRAG nicht übermittelt, begeht eine Verwaltungsübertretung nach § 7i Abs. 1 AVRAG und ist für jeden Arbeitnehmer mit Geldstrafe von 500,- Euro bis 5.000,- Euro, im Wiederholungsfall von 1.000,- Euro bis 10.000,- Euro zu bestrafen.

Im gegenständlichen Fall ergab das Ermittlungsverfahren, dass die „C. z.o.o.“ durch die Finanzpolizei … per E-Mail vom 05.05.2015 gemäß § 7f Abs. 1 Z. 3 AVRAG aufgefordert wurde, die nach §§ 7b Abs. 5 und 7d AVRAG bereitzuhaltenden Urkunden binnen 48 Stunden zu übermitteln. Seitens der „C. z.o.o.“ wurde daraufhin am 07.05.2015 versucht, per E-Mail diverse Unterlagen vorzulegen. Die E-Mail-Nachricht konnte jedoch nicht übermittelt werden, da die zulässige maximale Nachrichtengröße von 12 MB überschritten wurde.

Alleine durch die versuchte Übermittlung der Unterlagen per E-Mail kam die „C. z.o.o.“ der Aufforderung der Finanzpolizei allerdings nicht ausreichend nach. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Unterlagen im Anwendungsbereich des § 7f Abs. 1 Z. 3 AVRAG nämlich "nachweislich" - gemäß den Erläuterungen zum AVRAG 1993 (ErläutRV 1076 BlgNR 24. GP 5) "z.B. mittels Einschreiben mit Rückschein" - zu übermitteln (VwGH 05.04.2017, Ra 2017/11/0003). Der Beschwerdeführer berief sich jedoch ausschließlich auf eine Fehlermeldung des E-Mail-Dienstes. Diese Fehlermeldung kann einer nachweislichen Übermittlung im Sinne der Gesetzesmaterialien (ErläutRV 1076 BlgNR 24. GP 5) jedoch keineswegs gleichgehalten werden.

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die fehlgeschlagene E-Mail der „C. z.o.o.“ die in der Aufforderung vom 05.05.2015 genannten A1-Sozialversicherungsbestätigungen nach § 7d Abs. 1 AVRAG nicht enthielt und somit auch aus diesem Grund nicht der Aufforderung der Finanzpolizei entsprach. Im Ergebnis steht somit fest, dass die von der Finanzpolizei angeforderten Unterlagen nicht gemäß § 7f Abs. 1 Z. 3 AVRAG bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abgesendet wurden. Der Tatbestand des § 7f Abs. 1 Z. 3 AVRAG ist daher im gegenständlichen Fall erfüllt. Als zur Vertretung nach außen befugter Geschäftsführer der „C. z.o.o.“ gemäß § 9 Abs. 1 VStG hat der Beschwerdeführer die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen in objektiver Hinsicht zu verantworten.

Bei den Verwaltungsübertretungen nach § 7f Abs. 1 Z. 3 AVRAG iVm § 7i Abs. 1 AVRAG handelt es sich um sogenannte Ungehorsamsdelikte, weil zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört. In einem solchen Fall ist gemäß § 5 Abs 1 VStG Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Da es dem Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen nicht gelungen ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung dieser Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, hat der Beschwerdeführer hinsichtlich der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen fahrlässig gehandelt.

Dem Beschwerdeführer sind die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen daher sowohl objektiv als auch subjektiv zuzurechnen.

Zur Strafbemessung:

Im gegenständlichen Fall liegt kein Wiederholungsfall vor, weshalb der erste Strafsatz des § 7i Abs. 1 AVRAG (Geldstrafe von 500,- Euro bis 5.000,- Euro) zur Anwendung kommt.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die Taten schädigten in nicht bloß unerheblichem Maße das durch die Strafdrohung geschützte Interesse an der behördlichen Kontrollmöglichkeit zur Bekämpfung von Sozialdumping. Der objektive Unrechtsgehalt der Taten war daher nicht als geringfügig anzusehen.

Das Verschulden des Beschwerdeführers kann ebenfalls nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Da der Beschwerdeführer im Laufe des Verfahrens keine Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen machte, war von durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen auszugehen.

Die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit sowie die Mitwirkung des Beschwerdeführers bei der Wahrheitsfindung wurden bereits durch die belangte Behörde bei der Strafbemessung als mildernd berücksichtigt. Da sowohl die Tatbegehung als auch das erstinstanzliche Straferkenntnis bereits mehr als vier Jahre zurückliegen, kommt dem Beschwerdeführer nunmehr auch der Milderungsgrund der überlangen Verfahrensdauer nach § 19 Abs. 2 VStG iVm § 34 Abs. 2 StGB zugute. Ansonsten traten keine weiteren Erschwerungs- oder Milderungsgründe zutage.

Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich, so hat der Beschuldigte gemäß § 20 1. Fall VStG einen Rechtsanspruch darauf, dass die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten wird (siehe dazu Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 20, Rz 3, mit Verweis auf VwGH 31.01.1990, 89/03/0027). Im gegenständlichen Fall stehen den Milderungsgründen der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit, der Mitwirkung bei der Wahrheitsfindung und der überlangen Verfahrensdauer keinerlei Erschwerungsgründe gegenüber. Die Milderungsgründe überwiegen die Erschwerungsgründe somit zweifelsfrei beträchtlich.

Unter angemessener Berücksichtigung des objektiven Unrechtsgehaltes der Tat sowie des Verschuldens des Beschwerdeführers waren die über den Beschwerdeführer verhängten Strafen dementsprechend gemäß § 20 VStG auf jeweils 250,- Euro - das ist die Hälfte der Mindeststrafe von 500,- Euro gemäß § 7i Abs. 1 AVRAG - herabzusetzen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch genannten gesetzlichen Bestimmungen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Bereithaltung von Lohnunterlagen; Aufforderung zur Übermittlung; Übermittlung per E-Mail

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.041.005.13902.2019.E

Zuletzt aktualisiert am

21.07.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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