TE Vwgh Erkenntnis 1998/2/24 97/05/0265

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Veröffentlicht am 24.02.1998
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;

Norm

BauO OÖ 1994 §4;
BauO OÖ 1994 §45 Abs2;
BauO OÖ 1994 §5 Abs1;
BauO OÖ 1994 §9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der G.F. Lell Gesellschft mbH & Co KG in Ansfelden, vertreten durch Dr. Jürgen Nowotny, Rechtsanwalt in Linz, Rosenauerstraße 2, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 27. August 1997, Zl. BauR-012000/1-1997/STÖ/Vi, betreffend eine Bauplatzbewilligung (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Ansfelden, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des Grundstückes Nr. 2765/3, inneliegend in EZ 97 des Grundbuches 45313 Ansfelden. Auf diesem Grundstück sind die wesentlichen Betriebsgebäude der Beschwerdeführerin errichtet.

Mit Ansuchen vom 4. April 1996, bei der Behörde am 22. April 1996 eingelangt, beantragte die Beschwerdeführerin die baubehördliche Bewilligung eines Bauplatzes auf dem Grundstück Nr. 2765/3 im Ausmaß von 4.470 m2. Über dieses Ansuchen wurde eine mündliche Verhandlung am 19. September 1996 durchgeführt, an der die Beschwerdeführerin, vertreten durch den Beschwerdevertreter, teilgenommen hat. Anläßlich dieser Verhandlung wurde festgestellt, daß sich auf dem Grundstück Nr. 2765/3 mehrere Hauptgebäude sowie ein Nebengebäude (Garage) befänden. Im nördlichen Grundstücksbereich seien ein Wohn- und Bürogebäude, Haus Nr. 23, eine alte Mühle samt Garage (Haus Nr. 25) sowie ein Wohngebäude (Haus Nr. 27). Auf der südlichen Grundstückshälfte sei das Fabriksgebäude mit dem Haus Nr. 21 vorhanden. Während die Baubestände auf der nördlichen Grundstückshälfte die erforderlichen Mindestabstände gemäß § 5 des O.ö. Bautechnikgesetzes einhielten, befände sich die geplante (künftige) Bauplatzgrenze in der südlichen Grundstückshälfte unmittelbar an der Außenwand des Fabriksgebäudes. In südlicher Richtung anschließend seien ebenfalls unmittelbar an dieser Grenze Betriebsgebäude vorhanden (Haus Nr. 19). Der Sachverständige zeigte Bedenken dahingehend auf, daß im Bereich der künftigen (geplanten) Bauplatzgrenze die erforderlichen Mindestabstände für die offene Bebauung nicht eingehalten würden. Darüber hinaus würde es sich bei der Erteilung der beantragten Bewilligung künftig um eine geschlossene Bauweise handeln. Dies widerspreche dem Bebauungsplanentwurf. Weiters stellte der Amtssachverständige fest, daß mehrere Ansuchen für Bauplatzbewilligungen und Änderungen von bebauten Grundstücken vorgelegt worden seien, die betroffenen Grundstücke seien vom rechtskräftigen Flächenwidmungsplan Änderung Nr. 3.91 "Lell" mit Genehmigungsvermerk des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vom 12. Juli 1996 erfaßt. Außerdem liege ein noch nicht rechtskräftiger Bebauungsplan Nr. 126.00 "Betriebsbaugebiet Lell" vor. Laut Auskunft des Verhandlungsleiters solle dieser demnächst rechtskräftig werden, zu diesem Zweck sei auch eine Bausperre verhängt worden (Beschluß des Gemeinderates vom 27. Juni 1996).

Der Beschwerdevertreter erklärte dazu, bei der Beurteilung eines Bauplatzansuchens sei von einem rechtskräftigen Bebauungsplan auszugehen und nicht von allfälligen Entwürfen. Die Anordnung einer offenen Bauweise stelle keinen Widerspruch zu der Bewilligung eines Bauplatzes, der mit den Grundstücksgrenzen ident sei, dar. Allfällige Mindestabstände seien erst im Rahmen einer Baubewilligung zu beachten.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 5. November 1996 wurde das Ansuchen der Beschwerdeführerin vom 4. April 1996 abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, es seien insbesondere die Abstandsvorschrift des § 5 des O.ö. Bautechnikgesetzes, LGBl. Nr. 67/1994, sowie die Vorschrift für Wände, Decken, Feuer- und Brandmauern des § 12 leg. cit. heranzuziehen. Soweit der Bebauungsplan, welchen es rechtswirksam für den gegenständlichen Bereich nicht gebe, nicht anderes festlege, sei bei Neu- und Zubauten zu den seitlichen und inneren Bauplatzgrenzen ein Mindestabstand von 3 m, bzw. ein Drittel der Gebäudehöhe, einzuhalten. Durch die Lage der südlichen Außenwand des Fabriksgebäudes direkt an der Grundgrenze zur Parzelle Nr. 2767/3, die dem Antrag entsprechend die Bauplatzgrenze sein solle, werde dieser Bestimmung widersprochen. Schon aus diesem Grunde sei der Antrag abzuweisen. Ergänzend sei noch auf die Bestimmung des § 12 des O.ö. Bautechnikgesetzes zu verweisen, wonach u.a. ein Gebäude, das ganz oder teilweise an der Bauplatz- oder Nachbargrundgrenze errichtet werden solle, gegen diese Bauplatz- oder Nachbargrundgrenze mit einer öffnungslosen Feuermauer auszustatten sei. Auch dieser Bestimmung werde durch das gegenständliche Ansuchen widersprochen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, sowohl in § 5 als auch in § 12 des O.ö. Bautechnikgesetzes werde ausdrücklich von Neu- und Zubauten bzw. von zu errichtenden Gebäuden gesprochen, sodaß für bestehende Bauten die im § 5 leg. cit. festgelegten Abstandsbestimmungen nicht zum Tragen kämen, da andernfalls bestehende bebaute Grundstücke nie Bauplätze werden könnten. Die Abstandsbestimmungen seien erst im Zuge eines konkreten Bauansuchens zu berücksichtigen.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 12. März 1997 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 5. November 1996 abgewiesen. Der Gemeinderat teilte die Beurteilung der Behörde erster Instanz und führte ergänzend aus, daß der Gemeinderat am 27. Juni 1996 anläßlich der Erstellung des Bebauungsplanes Nr. 126.00 eine Bausperre verordnet habe, mit Beschluß des Gemeinderates vom 6. März 1997 sei die erforderliche Zustimmung des Gemeinderates zur Erteilung einer Bauplatzbewilligung nicht erteilt worden.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 27. August 1997 abgewiesen. Schon der Umstand, daß die Abweisung des Bauplatzbewilligungsansuchens auf Abstandsvorschriften des § 5 des O.ö. Bautechnikgesetzes gestützt werden könne, rechtfertige die im Instanzenzug erfolgte Versagung der Bauplatzbewilligung, weil weder aus der Aktenlage noch einem Vorbringen der Beschwerdeführerin zu entnehmen sei, daß etwa eine Ausnahme von den Vorschriften betreffend Abstände im Sinne des § 6 leg. cit. anzunehmen wäre. Aufgrund der dem Bauplatzbewilligungsverfahren auch zugrundeliegenden Bausperre wäre für die Beschwerdeführerin wohl dann nur etwas zu gewinnen gewesen, wenn der Entwurf des Bebauungsplanes Nr. 126.00, der im Sinne des § 45 Abs. 1 zweiter Satz der O.ö. Bauordnung 1994 die beabsichtigte Neuplanung in den Grundzügen umschreibe, eine andere als die offene Bauweise festlegte. Nur in diesem Falle wäre die Erteilung der beantragten Bauplatzbewilligung ausnahmsweise mit Zustimmung des Gemeinderates möglich. Da aber bereits die in den Grundzügen hinreichend beschriebene künftige Planung klar ergebe, daß der beantragte Bauplatz im Widerspruch zur vorgesehenen "offenen Bauweise" stehe, sei die Beschwerdeführerin auch nicht dadurch in ihrem subjektiven Recht verletzt, daß der Gemeinderat nicht an der Entscheidung der Baubehörde erster Instanz (in Form einer Zustimmung gemäß § 45 Abs. 2 O.ö. Bauordnung 1994) beteiligt gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Nach dem ausgeführten Beschwerdepunkt erachtet sich die Beschwerdeführerin im gesetzlich gewährleisteten Recht auf Erteilung einer Bauplatzbewilligung gemäß §§ 4 ff

O.ö. BauO 1994 verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung

der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Bereits in der Verhandlung vom 19. September 1996, an der der Beschwerdevertreter teilgenommen hat, wurde vom Amtssachverständigen darauf hingewiesen, daß aufgrund des Beschlusses des Gemeinderates vom 27. Juni 1996 im Zusammenhang mit dem noch nicht rechtsverbindlichen Bebauungsplan Nr. 126.00 "Betriebsbaugebiet Lell" eine Bausperre für das gegenständliche Gebiet verhängt worden sei. Die diesbezügliche Bausperrenverordnung, genehmigt von der Oberösterreichischen Landesregierung am 28. Oktober 1996, wurde dem Verwaltungsakt angeschlossen. Eine andere Bausperrenverordnung, die am 10. August 1992 in Kraft getreten und bis 4. Juli 1996 verbindlich geblieben ist und auf die die Beschwerdeführerin verweist, ist im Zusammenhang mit der Änderung des Flächenwidmungsplanes Nr. 3.91 "Lell" ergangen; diese Verordnung ist aber nicht die Grundlage, auf welche die Versagung des Antrages der Beschwerdeführerin gestützt war. Die Bausperrenverordnung für den Bebauungsplan Nr. 126.00 war zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des Gemeinderates vom 12. März 1997, nämlich am 21. März 1997, rechtswirksam. Gemäß § 45 Abs. 2 O.ö. BauO 1994 hat die Bausperre die Wirkung, daß Bauplatzbewilligungen, Bewilligungen für die Änderung von Bauplätzen und bebauten Grundstücken und Baubewilligungen - ausgenommen Baubewilligungen für Bauvorhaben gemäß § 24 Abs. 1 Z. 5 - nur ausnahmsweise mit Zustimmung des Gemeinderates erteilt werden dürfen, wenn nach der jeweils gegebenen Sachlage anzunehmen ist, daß die beantragte Bewilligung die Durchführung des künftigen Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes nicht erschwert oder verhindert. Der Bebauungsplanentwurf Nr. 126.00 sieht für die gegenständliche Liegenschaft die offene Bebauungsweise vor.

§ 4 der O.ö. BauO 1994 normiert die Formerfordernisse eines Antrages um Bauplatzbewilligung. Nach § 5 Abs. 1 leg. cit. hat über einen Antrag gemäß § 4 die Baubehörde einen schriftlichen Bescheid zu erlassen. Die Bauplatzbewilligung ist zu erteilen, wenn

1.

die erforderliche Zustimmung des Grundeigentümers vorliegt,

2.

der Erteilung nicht gesetzliche Bestimmungen oder Bestimmungen eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes entgegenstehen und

3.

die Bauplatzbewilligung mit den Grundsätzen der Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung vereinbar ist.

Die Gemeindebehörden haben die Versagung der beantragten Bewilligung auf die §§ 5 und 12 des O.ö. Bautechnikgesetzes (O.ö. BauTG), LGBl. Nr. 67/1994 i.d.F. der Novelle LGBl. Nr. 5/1995, gestützt. Nach § 5 Z. 1 dieser Bestimmung ist bei Neu- und Zubauten zu den seitlichen und zur inneren (hinteren) Bauplatz- oder Nachbargrundgrenze(n) ein Mindestabstand von 3 m einzuhalten. Nach Z. 8 dieser Bestimmung müssen dann, wenn die Möglichkeit einer späteren Grundteilung (§ 9 O.ö. BauO 1994) gewahrt bleiben soll, selbständige Hauptgebäude auf einem Bauplatz oder auf einem zur Bebauung vorgesehenen Grundstück so situiert werden, daß bei einer allfälligen Grundteilung die Abstandsbestimmungen eingehalten werden können. (Siehe dazu auch Krzizek, System, Band 1, Seiten 332 bis 333, wonach eine Teilungsbewilligung auch dann zu versagen ist, wenn die Teilung für bestehende Gebäude einen den baurechtlichen Vorschriften widersprechenden Zustand herbeiführen würde.)

Sachverhaltsbezogen kann dahingestellt bleiben, ob die Versagung der beantragten Bewilligung nicht auf § 5 sondern auf § 9 O.ö. BauO 1994 zu stützen gewesen wäre, da auch § 9 auf § 5 leg. cit. verweist. Wenn in der Beschwerde nun ausgeführt wird, die Rechtsansicht der belangten Behörde (und somit der Baubehörden) würde dazu führen, daß bebaute Grundstücke nie einer Grundteilung zugeführt werden könnten, so übersieht die Beschwerdeführerin damit die Bestimmung des § 5 Z. 8 O.ö. BauTG. Aufgrund der beantragten Bauplatzschaffung würden weder auf dem neu zu schaffenden Bauplatz Nr. 2765/3 noch auf dem südöstlich daran angrenzenden Grundstück die in der geplanten offenen Bebauungsweise vorgesehenen Abstandsbestimmungen (3 m) eingehalten werden.

Schon aufgrund des Unterschreitens des erforderlichen Abstandes durch die bestehenden Hauptgebäude an beiden Seiten der geplanten Grundstücksgrenze in Verbindung mit der im Bebauungsplanentwurf vorgesehenen offenen Bauweise war die beantragte Bewilligung gemäß § 5 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 45 Abs. 2 O.ö. BauO 1994 zu versagen.

Das Vorliegen einer Bausperre entfaltet entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht nur im Rahmen eines Baubewilligungsverfahrens Wirkungen, sondern der Anordnung des § 45 Abs. 2 O.ö. Bau0 zufolge auch bei Bauplatzbewilligungen. Bei Vorliegen einer Bausperre wird auch nicht jegliche Bautätigkeit, sondern es werden nur jene rechtlich relevanten Maßnahmen unterbunden, die die Durchführung des künftigen Flächenwidmungs- oder Bebauungsplanes erschweren oder verhindern. Da die beantragte Bauplatzbewilligung aufgrund der Anordnung der bereits vorhandenen Gebäude die Durchführung des künftigen Bebauungsplanes, der eine offene Bebauungsweise vorsieht, erschweren bzw. verhindern würde, erfolgte die Abweisung des Ansuchens der Beschwerdeführerin in Übereinstimmung mit der Rechtslage.

Durch den angefochtenen Bescheid ist die Beschwerdeführerin daher in keinem vom Beschwerdepunkt umfaßten Recht verletzt.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997050265.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

08.08.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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