TE Lvwg Erkenntnis 2020/6/30 LVwG-VG-4/001-2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.06.2020
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Entscheidungsdatum

30.06.2020

Norm

LVergabenachprüfungsG NÖ 2003 §16 Abs1
BVergG 2018 §48
BVergG 2018 §125
BVergG 2018 §137
BVergG 2018 §138
BVergG 2018 §141 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung durch seinen Vergabesenat 1 unter dem Vorsitz von Hofrat Mag. Dr. Becksteiner und Hofrat Mag. Dr. Schwarzmann als Berichterstatter und Hofrat Mag. Dr. Wessely, LL.M. als weiteren Berufsrichter sowie Mag. Julia Heinisch, MA, MBA und Univ. Prof. DI Peter Bauer als fachkundige Laienrichter über den mit Schriftsatz vom 15.5.2020 gestellten Antrag der A GmbH (***, ***), vertreten durch B Rechtsanwälte OG in ***, ***, auf Nichtigerklärung der ihr Angebot betreffenden Ausscheidensentscheidung vom 5.5.2020 im Vergabeverfahren „***, ***, Neubau Schülerheim und Zubau Klassenräume, 300 HKLS“, *** (Öffentlicher Auftraggeber: Land Niederösterreich, p.A. ***, ***, ***, ***), zu Recht erkannt:

1.   Dem Antrag der A GmbH auf Nichtigerklärung wird Folge gegeben und die ihr Angebot betreffende Ausscheidensentscheidung vom 5.5.2020 für nichtig erklärt.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§§ 4, 6, 12, 16 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz

§§ 48, 125, 135, 137, 138, 141 Bundesvergabegesetz 2018 – BVergG 2018

§ 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

Das Land Niederösterreich ist öffentlicher Auftraggeber im Vergabeverfahren „***, ***, Neubau Schülerheim und Zubau Klassenräume, 300 HKLS“, ***. Es handelt sich um ein offenes Verfahren gemäß BVergG 2018 zur Vergabe eines Bauauftrages (HKLS = Heizung, Klima, Lüftung, Sanitär) im Oberschwellenbereich.

Mit Schriftsatz vom 15.5.2020 hat die A GmbH (im Folgenden: „Antragstellerin“) die Anträge auf Nichtigerklärung der sie betreffenden Ausscheidensentscheidung vom 5.5.2020, auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühr, auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und auf Akteneinsicht gestellt. In der Begründung wird im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Mit E-Mail vom 5.5.2020 sei mitgeteilt worden, dass das Angebot der Antragstellerin ausgeschieden worden sei. Die Antragstellerin sei seit Jahren erfolgreich am Markt der Gebäudetechnik und des Anlagenbaus in den Bereichen Heizung, Klima, Lüftung, Sanitär, Elektrotechnik, Automation, Mess-, Steuer- und Regelungstechnik tätig. Durch die angefochtene Entscheidung entgehe der im Auftragsfall kalkulierte mit 140.000 Euro konservativ angesetzte Gewinn. Darüber hinaus stelle der gegenständliche Auftrag ein wesentliches Referenzprojekt dar. Daraus ergebe sich das Interesse am Vertragsschluss; dies sei auch durch die Stellung des gegenständlichen Nachprüfungsantrages evident. Ein weiterer Schaden drohe aus den frustrierten Kosten der Angebotslegung.

Die Antragstellerin erachte sich durch die Ausscheidensentscheidung insbesondere in ihren Rechten auf ordnungsgemäße Durchführung eines transparenten und dem freien und Iauteren Wettbewerb entsprechenden Vergabeverfahrens, auf vergaberechts- und ausschreibungskonforme Angebotsprüfung und Bestbieterermittlung, auf Nicht-Ausscheidung des eigenen Angebots, auf ordnungsgemäße Begründung der Ausscheidensentscheidung und gegebenenfalls im Recht auf Ausscheidung des Angebots der präsumtiven Bestbieterin bzw. aller weiteren Bieter verletzt.

Die Antragstellerin habe rechtzeitig ein formrichtiges Angebot abgegeben. Aufgrund des abgegebenen Preises von 1.751.560,14 Euro (netto) sei dieses ausweislich des Prüfberichts über die Angebotsöffnung das preislich günstigste. Aufgrund der Gewichtung 96% Preis und 4% Lehrlingsbeschäftigung sei man bei rechtsrichtiger Beurteilung als Bestbieter vorzusehen gewesen und somit jedenfalls für die Zuschlagserteilung in Betracht gekommen. Die beiden Ausscheidenstatbestände, auf die sich der Auftraggeber gestützt habe, nämlich das Vorliegen eines unvollständigen Angebotes und eine nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises, lägen aus folgenden Gründen nicht vor:

Ad „Bieterlücken nicht ausfüllbar - (technischer) Fehler der Ausschreibungsunterlagen“: Das vom Auftraggeber bereit gestellte Leistungsverzeichnis habe auf dem elektronisch einzureichenden Datenträger zwar tatsächlich (echte) Bieterlücken aufgewiesen. Dazu sei auch ein Platzhalter/Feld vorgesehen gewesen. Aus einem nicht nachvollziehbaren Grund seien gewisse Bieterlücken jedoch aus technischen Gründen nicht ausfüllbar bzw. gesperrt gewesen und sei es der Antragstellerin nicht möglich gewesen, bei diesen Bieterlücken ein entsprechendes Fabrikat/Produkt einzusetzen. Um auszuschließen, dass die Nichtausfüllbarkeit der Bieterlücke auf ein technisches Problem oder eine Inkompatibilität der EDV der Antragstellerin zurückzuführen sei, habe man den Datenträger mit verschiedenen EDV-Systemen der Unternehmensgruppe geöffnet und die Bieterlücke auszufüllen versucht. Auch mit anderen Systemen sei dies nicht gelungen, sodass man davon ausgegangen sei, dass es an dem vom Auftraggeber bereitgestellten Datenträger liege bzw. dies vom Auftraggeber bewusst so gestaltet worden sei. Bei den vom Auftraggeber genannten Positionen 0102360161 und 0202360161 handle es sich um sog. C-Stahl Systemrohre (aus unlegiertem Stahl) in verschiedenen Dimensionen/Nennweiten, welche von praktisch allen relevanten Lieferanten von Installationsmaterial in derselben Qualität, nämlich entsprechend der ÖNORM EN 10305-3, geliefert würden. Da es sich bei der Positionsbeschreibung im Grunde um eine generische Angabe handle, sei man in Verbindung mit dem Umstand, dass die Bieterlücken nicht ausfüllbar gewesen seien, davon ausgegangen, dass der Auftraggeber mit den bestandfesten Ausschreibungsunterlagen in diesen Positionen bloß irrtümlich Fabrikat/Type abgefragt habe; dies umso mehr, als er bei vergleichbaren Rohren bzw. bei anderem Verbrauchsmaterial im Leistungsverzeichnis ebenfalls kein Fabrikat/Type abgefragt habe. Es sei auch branchenuntypisch und außergewöhnlich, dass bei Rohren bzw. ähnlichen Verbrauchsmaterialien, die üblicherweise nur durch die Materialqualität und Nennweite konkretisiert würden, Fabrikat/Type abgefragt werde. Aus diesen Gründen sei die Antragstellerin insgesamt davon ausgegangen, dass der Auftraggeber die Bieterlücke irrtümlich in den Text eingefügt habe. Wenn der Auftraggeber nun trotz der Nichtausfüllbarkeit der Bieterlücken eine entsprechende Angabe wünsche und deren Fehlen zum Ausscheidungsgrund erhebe, begebe er sich in Widerspruch zu seinen eigenen Ausschreibungsunterlagen. Auf anderen Wegen (etwa durch Beiblätter zum LV) sei es nicht möglich bzw. zulässig gewesen, die gewünschten Angaben zu liefern, denn eine Änderung von Ausschreibungsunterlagen (konkret des LV) durch einen Bieter sei unzulässig. Der behauptete Ausscheidungsgrund liege daher nicht vor. Die Antragstellerin verkenne nicht, dass die Rechtsprechung zu nicht ausgefüllten Bieterlücken durchaus streng sei, im konkreten Fall aber sei ein Ausfüllen der Bieterlücke (zumindest in einer dem BVergG entsprechenden Weise) schlicht nicht möglich gewesen. Hilfsweise werde vorgebracht, dass der Auftraggeber dazu eine Aufklärung durchzuführen gehabt und der Antragstellerin die Möglichkeit zur Mängelbehebung hätte geben müssen, weil die „Nichtausfüllung“ auf einen vom Auftraggeber veranlassten Umstand zurückzuführen gewesen sei. Nebenbei bemerkt wären Angebote, welche die Ausschreibungsunterlagen in der vorangehend beschriebenen Art und Weise abgeändert hätten, auszuscheiden.

Ad „Nullpositionen im konkreten Fall zulässig“: Es sei zwar als Grundregel zutreffend, dass sog. „Nullpositionen“ (wozu auch Positionen im Cent-Bereich zählen) bei der Auspreisung eines konstruktiven Leistungsverzeichnisses unzulässig seien, weil dem Bieter eine spekulative Preisgestaltung nicht möglich sein solle. Von dieser Grundregel mache die Rechtsprechung aber in jenen Fällen eine Ausnahme, in denen eine spekulative Preisgestaltung (als Fall einer nicht plausiblen Zusammensetzung des Gesamtpreises) nicht möglich sei. Die Antragstellerin habe angegeben, wo sie die Nullpositionen mitkalkuliert habe. Die Mengen seien fix vorgegeben und keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass es zu einer Veränderung während der Bauphase kommen könnte. Die betroffenen Preiskomponenten seien gering. Ausgehend von diesen, von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Parametern habe die Antragstellerin jene Positionen in einer Excel-Tabelle zusammengefasst, welche von ihr mit „Nullpreisen“ versehen worden seien, und positionsweise auch die jeweilige Begründung hiefür angeführt. Das Pumpensteuerungsmodul SBM sei allein nicht mehr erhältlich, weil dieses bei der neuen Generation vom Pumpen auf die Pumpe aufgebaut und somit in der Pumpenposition bereits enthalten sei. Das jeweilige Zubehör zum Frischwassermodul (Elektron. Steuerung, Zirkulationsmodul, beflammbares Probeentnahmeventil) sei jeweils in der vorangehenden Position „Frischwassermodul mit Zirkulationsmodul 390kW“ enthalten und mitkalkuliert. Isolierungen seien bereits in anderen Positionen zum Teil mitzukalkulieren und zum Teil enthalten; es käme ansonsten zu einer Doppelverrechnung. Die Randverbreiterungen seien bereits im Preis des Schlitzauslasses enthalten, weil die Randverbreiterungen beim Produkt des Vorlieferanten bereits Teil des Rohres seien. Das Anlagenbuch sei bereits in der Position „Heizungswasser entsalzen“ enthalten. Insgesamt betrage der Wert der betroffenen Positionen weniger als 0,6% des Angebotspreises, sodass die von der Judikatur vorgegebene Geringfügigkeitsgrenze deutlich unterschritten sei. Daher liege auch dieser Ausscheidensgrund nicht vor. Zudem wären die angezogenen Ausscheidungsgründe ohne weiteres aufklärbar gewesen, ohne dass dadurch die von der Rechtsprechung herausgebildeten Grundsätze für die Zulässigkeit einer Aufklärung verletzt worden wären.

Der Auftraggeber hat auftragsgemäß seinen Akt vorgelegt und mit Schriftsatz vom 26.5.2020 die Zurück- bzw. Abweisung der Anträge beantragt und im Wesentlichen wie folgt dazu vorgebracht:

Beim gegenständlichen Auftrag handle es sich um einen Bauauftrag. Der geschätzte Auftragswert aller Lose (des Bauvorhabens) betrage 15.600.000,00 Euro ohne USt. und liege sohin im Oberschwellenbereich. Der geschätzte Auftragswert des gegenständlichen Loses betrage 1.960.776,32 Euro ohne USt. Der Zuschlag sei noch nicht erteilt worden. Die gegenständliche Leistung sei für den weiteren Baufortschritt beim Neubau des Schülerheims und beim Zubau der Klassenräume wesentlich. Die Antragstellerin habe im gegenständlichen Vergabeverfahren keine einzige Anfrage an den Auftraggeber gestellt, womit sie auf allfällige technische Probleme beim Ausfüllen des Leistungsverzeichnisses hinweisen hätte können. Die Antragstellerin wäre sogar verpflichtet gewesen, den Auftraggeber innerhalb der offenen Angebotsfrist auf ein allfälliges technisches Problem beim Ausfüllen des Leistungsverzeichnisses hinzuweisen; dieser Verpflichtung sei sie nicht nachgekommen. Insgesamt seien vier Angebote fristgerecht abgegeben worden. In anderen Angeboten seien sämtliche Bieterlücken vollständig ausgefüllt worden. Das Vergabeverfahren sei vollelektronisch über das VEMAP-Beschaffungsportal durchgeführt worden. Die anderen Bieter hätten offensichtlich keinerlei technische Probleme gehabt. Die technischen Probleme der Antragstellerin seien in ihrer eigenen Sphäre gelegen. In diesem Fall hätte sich ein redlicher Bieter mit dem VEMAP-Helpdesk in Verbindung gesetzt. Auch dieser Sorgfaltsverpflichtung sei die Antragstellerin nicht nachgekommen.

Zur vermeintlichen Rechtswidrigkeit nicht ausfüllbarer Bieterlücken bzw. technischer Fehler der Ausschreibungsunterlagen: In den Ausschreibungsunterlagen seien an mehreren Stellen echte Bieterlücken (ohne Vorgabe eines Leitprodukts) vorgesehen, in denen der Bieter das von ihm gewählte Erzeugnis, nämlich Fabrikat und Type, bei der Angebotsabgabe einzusetzen habe. Das Leistungsverzeichnis sei branchenüblich gestaltet und die (echten) Bieterlücken eindeutig und einfach erkennbar. Die Antragstellerin bringe vor, dass sie lediglich an IT-technischen Problemen ihrer Unternehmensgruppe gescheitert sei, und mutmaße, dass die Ursache in einem Fehler im elektronischen Leistungsverzeichnis in Form der bereitgestellten onlv-Datei liege und damit dem Auftraggeber zuzurechnen sei. Es wäre für die Antragstellerin ein leichtes gewesen, den Auftraggeber auf den vermeintlichen IT-technischen Fehler hinzuweisen und eine Berichtigung zu verlangen. Der Auftraggeber hätte eine sofortige Prüfung veranlasst, allfällige Fehler wären unverzüglich berichtigt geworden und gegebenenfalls die Angebotsfrist für alle Bieter verlängert worden. Dieser Verpflichtung sei die Antragstellerin nicht nachgekommen. Wenn die Antragstellerin vermeine, dass die Bieterlücken „irrtümlich“ in das Leistungsverzeichnis eingefügt worden wären, verkenne sie wiederum ihre Verpflichtung zur rechtzeitigen Rüge dieses vermeintlichen Fehlers des Auftraggebers. Die Abfrage von Fabrikat und Type in verschiedenen Positionen sei kein Irrtum des Auftraggebers, sondern die übliche Vorgangsweise bei der Gestaltung von Leistungsverzeichnissen mit Bieterlücken und sei wesentlich für den Auftraggeber, um die Angebote im Hinblick auf die Einhaltung der Vorgaben überprüfen zu können. Entscheidend sei die Angabe von Fabrikat/Type insb. dann, wenn mehrere Fabrikate/Typen desselben Herstellers am Markt erhältlich seien. In diesem Fall würde die fehlende Angabe von Fabrikat/Type bedeuten, dass es der Bieter im Zuge der Auftragsabwicklung in der Hand hätte, zu entscheiden, welches Fabrikat bzw. welche Type zum Einsatz komme. Ohne die Angabe von Fabrikat/Type sei für den Auftraggeber nicht überprüfbar, ob die Leistungsabwicklung angebotskonform erfolge. Genau das sei im Angebot der Antragstellerin der Fall: So habe sie im Zuge der elektronischen Angebotslegung ein PDF-Dokument abgegeben, worin verschiedene Fabrikatsangaben deklariert seien, u.a. „01.02.35.61 Frischwassermodul - Fabr. ***“ und „02.02.35.61 Frischwassermodul - Fabr. ***“. Dies entspreche nicht den Vorgaben im Leistungsverzeichnis, weil nicht die geforderte positionsweise Detaillierung nach Fabrikat und Type, sondern lediglich ein Fabrikat auf Basis der Unterleistungsgruppe angegeben werde und letztlich das tatsächlich angebotene Fabrikat und die zugehörige Type im Angebot nicht spezifiziert würden. Die Ausschreibungsunterlagen seien bestandsfest geworden. Hätte die Antragstellerin bereits während der Erstellung ihres Angebots „branchenuntypische und außergewöhnliche“ Positionen im Leistungsverzeichnis entdeckt, hätte sie den Auftraggeber während offener Angebotsfrist darauf hinweisen müssen. Anhand des klaren und eindeutigen Wortlauts der Positionen und Bieterlücken bestehe kein Zweifel daran, dass der Auftraggeber bei den Bieterlücken Fabrikat und Type abgefragt habe. Wenngleich es keine „Bagatellgrenze“ für fehlende Angaben in echten Bieterlücken gebe, betrage der Anteil dieser Positionen auf Basis des Angebotes der Antragstellerin 2,79 % und auf Basis des Kostenanschlages des Auftraggebers 2,88 %. Es könne daher nicht von unerheblichen Positionen die Rede sein. Zusammenfassend sei das Angebot der Antragstellerin durch das Nichtausfüllen einer echten Bieterlücke als unvollständig zu qualifizieren und auszuscheiden. Das Angebot sei mit einem unbehebbaren Mangel behaftet und einer Aufklärung nicht zugänglich.

Zur vermeintlichen Zulässigkeit von Nullpositionen: Die Antragstellerin hätte zumindest in einem Begleitschreiben darlegen müssen, in welche anderen Positionen diese Positionen einkalkuliert worden sei; das habe sie verabsäumt. Die Preise seien im Leistungsverzeichnis entsprechend den (bestandsfesten) Vorgaben des Auftraggebers aufzuschlüsseln gewesen. Wären nach Ansicht der Antragstellerin einzelne Positionen nicht mehr erhältlich gewesen bzw. würden diese technisch in anderen Positionen aufgehen, hätte sie entweder den Auftraggeber um Aufklärung und Berichtigung des Leistungsverzeichnisses ersuchen oder aber die Preise anteilig herausrechnen und ausschreibungskonform anbieten müssen. Der Auftraggeber hat diese detaillierte Erstellung des Leistungsverzeichnisses gewählt, um bei der Vertragsdurchführung unliebsame Überraschungen etwa im Fall von Massenmehrungen zu vermeiden. Dass die Antragstellerin sich der Problematik im Zuge der Angebotserstellung bewusst sein musste, zeige sich in der Bieteranfrage vom 28.1.2020, die die Antragstellerin gelesen; spätestens mit der Fragebeantwortung hätte der Antragstellerin klar sein müssen, dass alle Positionen des Leistungsverzeichnisses entsprechend anzubieten und auszupreisen seien. Die einzelnen Leistungspositionen und Positionspreise seien im Hinblick auf die im Leistungsverzeichnis verpflichtend auszupreisenden Positionen zu beurteilen, ohne dass es darauf ankomme, ob diese einzelnen Positionen auch tatsächlich beauftragt werden sollen.

Auch Positionspreise müssten betriebswirtschaftlich erklärbar sein. Beim Angebot der Antragstellerin hätten sich im Rahmen der vertieften Angebotsprüfung die Preise, auch wenn sie nur einzelne Positionen und nicht das gesamte Angebot betroffen hätten, als unangemessen herausgestellt. Diese fehlende betriebswirtschaftliche Erklärbarkeit der Positionspreise sei nicht zeitgerecht im Angebot in einem Begleitschreiben aufgeklärt worden; nach Ende der Angebotsfrist bzw. Angebotsöffnung könne die Antragstellerin diese Erklärung nicht mehr nachholen, da sie dadurch ihr Angebot nachträglich verändern könnte, was zugegebenermaßen nicht zu einer Veränderung der Wettbewerbsstellung führen könne, allerdings für den Auftraggeber erhebliche Auswirkungen bei der Vertragsabwicklung haben könnte (Problematik der Massenmehrungen). Die Antragstellerin habe keine Berichtigung der Ausschreibung angeregt, weswegen sie das bestandskräftige Leistungsverzeichnis wie andere Bieter plausibel auspreisen hätte müssen. Da sie ihre Preisgestaltung in den relevanten Positionen nicht betriebswirtschaftlich erklärt habe, seien diese Positionspreise als unangemessen zu qualifizieren. Neben den „1 Cent-Positionen“ gebe es jedenfalls eine Fülle von weiteren Positionen, die mit einem Einheitspreis von 1,09 Euro ausgepreist worden seien, bei denen der Einheitspreis in keinem Verhältnis zur beschriebenen Leistung stehe. Die Summe dieser Positionen habe laut Kostenanschlag des Auftraggebers eine Größenordnung von rund 49.500 Euro oder 2,53%. Bei der Antragstellerin betrage die Summe dieser Positionen lediglich Euro 36,14. Dem Vorbringen der Antragstellerin, dass die Preise einzelner Positionen gar nicht kalkulierbar gewesen seien, sei entgegen zu halten, dass dies anderen Bietern offensichtlich doch möglich gewesen sei. Die Summe der in Rede stehenden Positionen (mit jedenfalls unplausiblen Einheitspreisen der Antragstellerin) betrage hier 90.671,61 Euro bzw. 4,44 % des Angebotspreises eines anderen Bieters. Zudem seien auch viele Positionen vorzufinden, die keinesfalls von Lieferanten abhängig seien, weil sie typischer Weise vom Bieter selbst zu erbringen seien (z.B. Anlagenbuch, Abnahmeprüfungen, Anlagendokumentationen). Gerade diese Leistungen fielen zum Ende des Bauablaufes an, würden häufig von Auftragnehmern schleppend und mangelhaft erfüllt und es stehe dann für den Bauherrn kein realistischer Positionspreis, den er von Rechnungen einbehalten könnte, zur Verfügung. Dieser Umstand verleihe den unplausiblen Einheitspreisen zusätzlich spekulativen Charakter. Versehentlich seien jene unplausiblen Einheitspreise, die mit 1,09 Euro von der Antragstellerin angeboten worden seien, im Prüfbericht über die Angebotsprüfung nicht ausdrücklich erwähnt worden. Die Antragstellerin habe ein Angebot ohne die geforderte (plausible) Preisaufgliederung abgegeben. Der Auftraggeber habe von der Antragstellerin eine verbindliche Aufklärung der als nicht angemessenen beurteilten Preise verlangt, und zwar habe er sie telefonisch aufgefordert, die relevanten Positionspreise aufzuklären. Aufgrund der Corona-Krise habe der Auftraggeber das Aufklärungsgespräch nicht kommissionell durchführen können. Die Antragstellerin habe in diesem Aufklärungsgespräch keine betriebswirtschaftlich nachvollziehbare Erklärung der relevanten Positionspreise abgeben können. Der Auftraggeber habe daher die betriebswirtschaftliche Erklär- und Nachvollziehbarkeit der relevanten Positionspreise auf Grundlage der im Vergabeverfahren gegenüber der Antragsgegnerin abgegebenen Erklärungen der Antragstellerin im Begleitschreiben beurteilt. Auf die neuen, im Nachprüfungsverfahren erstmals vorgebrachten Erklärungen betreffend die Plausibilität der einzelnen Positionspreise sei nicht Bedacht zu nehmen. Ein Bieter dürfe nicht die tatsächliche Erklärung für die Nachvollziehbarkeit der überprüften Preise im Vergabeverfahren verschweigen und erst im Zuge eines Nachprüfungsverfahrens preisgeben, weil es ihm dann überlassen bliebe, ob er eine vertiefte Angebotsprüfung schon vor dem Auftraggeber oder erst vor Gericht ermögliche. Ein weiteres Aufklärungsersuchen sei nicht erfolgt. Das Angebot der Antragstellerin sei daher wegen der entgegen der Festlegung im Leistungsverzeichnis vorgenommenen Mischkalkulation und der damit einhergehenden spekulativen Preiszusammensetzung auszuscheiden gewesen. Das Angebot sei auch auszuscheiden gewesen, weil die Antragstellerin dem Aufklärungsersuchen im Zuge der vertieften Angebotsprüfung nicht bzw. nur unzureichend nachgekommen sei.

Mit Schriftsatz vom 18.6.2020 hat die Antragstellerin im Wesentlichen Folgendes repliziert:

Zu den nicht befüllbaren Bieterlücken: § 125 Abs 6 BVergG knüpfe an die Verletzung der Mitteilungspflicht keine unmittelbare Konsequenz. Zudem sei diese „Mitteilungsobliegenheit“ nur für den Fall statuiert, dass aus der subjektiven Sicht des Bieters eine Ausschreibungsberichtigung erforderlich sei. Wie andere Bieter es in einer rechtlich korrekten Weise geschafft hätten, die Bieterlücken auf Basis der Ausschreibungsunterlagen vollständig „auszufüllen“, werde der Auftraggeber darzulegen haben. Die Angebotslegung habe entsprechend der elektronischen Ausschreibungsunterlage zu erfolgen, und alle Angebotsbestandteile seien ausschließlich in elektronischer Form am VEMAP-Beschafferportal des Auftraggebers (AG) zu bearbeiten bzw. einzureichen. Eine Bearbeitung der Ausschreibungsunterlagen dürfe also ausschließlich in elektronischer Form erfolgen, was insbesondere für das Leistungsverzeichnis, welches als elektronischer ÖNORM-Datenträger (sog. onlv-Datei) bereit gestellt worden sei, gelte. Der Bieter könne und dürfe erforderliche Eintragungen im onlv-Datenträger nur dort machen, wo der Auftraggeber dies vorgesehen habe und wo dies ohne Veränderung des Datenträgers bzw. der Ausschreibungsunterlagen möglich sei. Eigenmächtige Änderungen am Datenträger wären verboten. Auch in der „Übersicht Bieterlücken“, welche die aus Auftraggebersicht tatsächlich in der Ausschreibung enthaltenen Bieterlücken aufliste, seien die als Ausscheidungsgrund herangezogenen Positionen von vornherein nicht enthalten gewesen. Daraus resultiere die wohlbegründete Meinung, dass hier insoweit im LV ein Redaktionsfehler vorgelegen sei, indem dort ein nicht ausfüllbares Feld vorhanden gewesen sei. Man sei nicht durch ein IT-technisches Problem im Unternehmen an der Befüllung der Bieterlücken gescheitert, sondern sei die Befüllung jener Bieterlücken aus Gründen, die in der Sphäre des Auftraggebers gelegen gewesen seien, nicht möglich gewesen. Eine gemäß der ÖNORM A2063 tatsächlich ausfüllbare echte Bieterlücke müsse im Quellcode bzw. im Quelltext des Programms den Programmierbefehl „gewähltes Fabrikat/Type: <bl/>“ enthalten. Die Ausschreibung enthalte aber eine ganze Reihe von vermeintlichen „Bieterlücken“, die lediglich ein nicht ausfüllbares Feld (in der Regel dargestellt als „Linie“) enthielten; der dahinterliegende Programmbefehl im Quellcode laute „Fabrikat/Type : ________</p>“, oder alternativ finde sich im Quellcode überhaupt kein Eintrag. Nicht nur bei Verwendung des (von der Antragstellerin benutzten) Programmes DGR Profi.neo, sondern auch beim vom Land Niederösterreich an potenzielle Bieter kostenlos zur Verfügung gestellten Auspreisprogramm „AVA Auspreisprogramm ABK DA A2063“ werde in den genannten Positionen keine ausfüllbare Bieterlücke ausgewiesen.

Zur Zulässigkeit von „Nullpositionen“ im konkreten Fall: Schon weil man keine „reinen“ Nullpositionen angeboten habe, sondern diese mit geringen Preisen versehen habe, habe klar sein müssen, dass man sie angeboten habe. Es wäre daher am Auftraggeber gelegen, im Rahmen einer Aufklärung zu erheben, wo diese einkalkuliert seien. Für die Pumpen und Pumpensteuerungsmodule habe sogar ein dritter Bieter eine Bieteranfrage gestellt und angefragt, wie vorzugehen sei, wenn die im LV vorgeschlagenen Pumpen angeboten würden, da bei diesen das Pumpensteuerungsmodul bereits integriert und daher hier eine Nullposition zu bilden sei. Die Fragenbeantwortung des Auftraggebers laufe auf die (an sich rechtswidrige, aber bestandfeste) Festlegung hinaus, dass die Bieter vom Pumpenpreis irgendeinen willkürlichen „geringen Preis“(anteil) auf die Pumpensteuerung widmen sollten, um ein Freibleiben dieser Position zu vermeiden. Wie hoch dieser „geringe Preis“ sein solle, werde nicht definiert, sodass auch Preisanteile im Cent-Bereich diese Festlegung erfüllten. Es sei davon auszugehen, dass diese Festlegung für all jene Fälle gelten solle, die eine vergleichbare Ausgangslage aufwiesen (d.h. wo Preise schon in anderen Positionen enthalten seien und wo es zur Vermeidung von Doppelverrechnungen zu einem Einsetzen von ganz geringen Positionspreisen gekommen sei). Zum Anlagenbuch sei noch zu verdeutlichen, dass die Dokumentation der eingebauten Bestandteile bereits Teil der Planung sei und dann im Rahmen der Ausführung von den Monteuren mitdokumentiert werde. Daher verursache die Schaffung einer entsprechenden Datenlage keine Zusatzkosten mehr. Die Zusammenstellung des Anlagenbuches sei dann Sekretariatstätigkeit. Diese (Personal-)Kosten seien bereits als indirekte Lohnnebenkosten in den Aufschlägen je Position mitkalkuliert. Daher verblieben (wenn überhaupt, da auch das Anlagenbuch elektronisch erstellt werde) bestenfalls minimalste Papierkosten für den Druck. Es sei nicht bekannt, dass vom Auftraggeber telefonisch eine verbindliche Aufklärung der Preise stattgefunden hätte. Man sei telefonisch zu keiner Zeit aufgefordert worden, etwaige Preise zu argumentieren. Aufklärungen und Erörterungen dürften nur als Gespräche in kommissioneller Form oder schriftlich durchgeführt werden. Zudem seien Gründe und Ergebnisse in der Dokumentation festzuhalten. Selbst wenn man die Zulässigkeit von telefonischen Aufklärungsgesprächen unterstelle (und dass ein solches in der Form auch stattgefunden habe), wäre eine telefonische Kommunikation nur für minder bedeutsame Kommunikation bzw. nicht wesentliche Angebotsteile zulässig. Der Auftraggeber argumentiere zwar, die Nullpositionen würden wesentliche Angebotsteile und erhebliche Preisanteile betreffen, wähle aber gleichzeitig jene Vorgangsweise, die nur für minder bedeutsame (und damit unwesentliche) Angelegenheiten zulässig sei. Der Auftraggeber habe die in diesem Fall notwendige vertiefte Angebotsprüfung nicht durchgeführt, sondern mit Pauschalvorwürfen operiert. Das Argument des Auftraggebers, dass ihm (etwa bei der Anlagendokumentation) kein realistischer Positionspreis zur Verfügung stehen würde, den er bei Verzug/Nichterfüllung zurückbehalten könnte, sein kein vergaberechtliches Argument, sondern eine Frage der Vertragsgestaltung.

Am 22.6.2020 hat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der eine Beweisaufnahme durch Einsicht in den Nachprüfungsakt und die vorgelegten Vergabeunterlagen, durch Vorbringen der Vertreter der Antragstellerin und des Auftraggebers und durch Einvernahme der Zeugen C und D erfolgte.

Der Rechtsvertreter der Antragstellerin brachte noch vor, dass der Auftraggeber durch das Aufgreifen von Positionspreisen von 1,09 Euro unzulässigerweise einen Ausscheidensgrund nachschiebe.

Der Vertreter des öffentlichen Auftraggebers zog das Vorbringen hinsichtlich der vertieften Angebotsprüfung und des Aufklärungsgespräches zurück und gab im Wesentlichen Folgendes an: Es gebe noch keine Zuschlagsentscheidung. Die Ausschreibung sei in der Form gestaltet gewesen, dass den interessierten Bietern das Leistungsverzeichnis einerseits als onlv-Datei und andererseits als pdf-Datei zum Herunterladen auf der elektronischen Plattform VEMAP zur Verfügung gestellt worden sei. Es genüge eine Anmeldung auf dieser Plattform, um die Ausschreibungsunterlagen einsehen und herunterladen zu können. Es sei vielfach der Wunsch von Bietern, dass die Leistungsverzeichnisse als pdf-Dokument zur Verfügung stehen, um sich einen schnelleren Überblick zu verschaffen. Gegenständlich sei das Leistungsverzeichnis in beiden Dateiformen zur Verfügung gestellt worden. Von den Bietern habe es keine Hinweise oder Anfragen dazu gegeben, dass die Bieterlücken nicht bekanntgegeben bzw. ausgefüllt werden könnten. In der Ausschreibung seien sowohl echte als auch unechte Bieterlücken enthalten. Von den übrigen Bietern habe es welche gegeben, die „die echten Bieterlücken bekanntgegeben“ hätten. Damit meine er, dass im Bereich der Bieterlücken konkrete Produkte angegeben und dies jedenfalls auch in einem Begleitschreiben bekanntgegeben worden sei. Richtig sei, dass eine andere Bieterin bei den gleichen echten Bieterlücken keine Angaben gemacht habe wie die Antragstellerin. Das Angebot dieser Bieterin sei ebenfalls ausgeschieden worden. Ihm sei nicht bekannt, worauf deren Nicht-Angaben bei diesen Bieterlücken zurückzuführen seien. Zu den aufgeworfenen IT-technischen Fragen bzw. Quellcodes könne er nichts sagen und verweise dazu auf den Zeugen C. Dieser habe die Prüfung der Angebote durchgeführt. Ob beim Angebot der Antragstellerin eine vertiefte Angebotsprüfung durchgeführt worden sei, sei bei diesem zu erfragen. Zwischen der Prüferseite und der Antragstellerin habe es im Rahmen der Angebotsprüfung Kontakt zum Thema Gleichwertigkeit von angebotenen Erzeugnissen gegeben. Man stelle keine Datei „Übersicht Bieterlücken“ auf VEMAP zur Verfügung.

Der Vertreter der Antragstellerin entgegnete im Wesentlichen Folgendes: Im vom öffentlichen Auftraggeber zur Verfügung gestellten onlv-Datenträger seien die Bieterlücken nicht als solche dargestellt gewesen. Die Bieterlücken seien nur als solche erkennbar gewesen, wenn das Lang-LV ausgedruckt oder Einsicht in die pdf-Version genommen werde. Nach dem Verständnis der Antragstellerin sei kraft der bestandsfesten Ausschreibungsunterlagen ein Ausdrucken der pdf-Datei und ein händisches Ausfüllen der Bieterlücken einerseits oder die Bekanntgabe von Fabrikaten bzw. Typen in einem Begleitschreiben andererseits unzulässig. Daher wären alle anderen Bieter, die diese technische Vorgangsweise gewählt hätten, auszuscheiden gewesen, da sie gegen die Ausschreibungsbedingungen verstoßen hätten. Da man die Bieterlücken als solche nicht erkannt habe, habe man den öffentlichen Auftraggeber auch nicht darauf hinweisen können, dass diese nicht befüllt werden könnten. Richtig sei, dass in 17 Positionen des Angebotes die Preise mit 0,01 Euro angegeben worden seien. Die darunter befindlichen Endabschlüsse seien bereits im Preis des „Grundproduktes“ enthalten. Man habe im Angebot auf diesen Umstand nicht hingewiesen, da schon ein Mitbieter zu einem gleichgelagerten Thema (Pumpensteuerungsmodul) zuvor eine Anfrage an den öffentlichen Auftraggeber gerichtet habe, wie hier zu verfahren sei, und dann seitens des öffentlichen Auftraggebers mitgeteilt worden sei, dass bei dieser Position eben nur ein sehr geringer Betrag eingesetzt werden solle. Diese Antwort habe man zum Anlass genommen, bei allen derartigen Fallkonstellationen so vorzugehen ohne extra darauf hinzuweisen. Es habe lediglich wegen einer einzigen Position, die aber nicht Verfahrensgegenstand sei, eine Anfrage vom öffentlichen Auftraggeber gegeben.

Der Zeuge C, *** sagte u.a. wie folgt aus: Er sei Geschäftsführer der E GmbH & Co KG, deren Aufgabenbereich in diesem Vergabeverfahren der Themenbereich Planung und Herstellungsüberwachung der Heizungs-, Klima-, Lüftungs- und Sanitärtechnik gewesen sei. In diesem Umfang habe man auch die Ausschreibungsunterlagen erstellt und die eingelangten Angebote anhand dieser Unterlagen geprüft. In der Angebotsphase sei nicht bekannt gewesen, dass angeblich Bieterlücken in den Ausschreibungsunterlagen als solche nicht erkennbar oder nicht ausfüllbar gewesen wären. Danach habe er aus der Diskussion mit der Antragstellerin davon erfahren. Bei einem weiteren Bieter sei es ebenfalls so gewesen, dass diese Bieterlücken nicht ausgefüllt worden seien, ein weiterer Bieter habe diese Angaben in einem Begleitschreiben getätigt und dieses Begleitschreiben hochgeladen. Er könne nicht sagen, ob der vierte Bieter die echten Bieterlücken elektronisch ausgefüllt habe. Ihm sei aber nicht bekannt, dass es zumindest einen Bieter gegeben hätte, der die echten Bieterlücken ohne Begleitschreiben ausgefüllt hätte. Man habe bei keinem Bieter Nachfrage gehalten, warum die echten Bieterlücken nicht elektronisch ausgefüllt worden seien. Beim Hochladen des Leistungsverzeichnisses auf die Plattform, von der sich die interessierten Bieter das Leistungsverzeichnis herunterladen könnten, habe es anfänglich Probleme gegeben, es sei aber letztendlich gelungen. Hinsichtlich des Vorwurfes, dass die echten Bieterlücken als solche nur in der pdf-Version oder auf einem allfälligen Papierausdruck erkennbar gewesen wären, habe er keine Informationen. Man habe auch in den Quellcodes Nachschau gehalten und dabei festgestellt, dass im Angebot der Antragstellerin bei den dann im Prüfbericht angeführten Positionen bei den Bieterlücken nichts eingetragen worden sei. Er sei aber im IT-Bereich kein Experte; diese Vorgangsweise sei von seinen Mitarbeitern so gewählt worden. Er habe zur Kenntnis genommen, dass es beim Ausfüllen der echten Bieterlücken Probleme gegeben habe, und aber nicht überprüft, ob es den Bietern überhaupt möglich gewesen wäre, die Bieterlücken elektronisch auszufüllen bzw. wo genau die Ursache dafür gelegen sei. Es sei durchaus möglich, dass es keinem Bieter möglich gewesen sei, die zur Rede stehenden Bieterlücken elektronisch auszufüllen. Angebote von Bietern, bei denen die echten Bieterlücken in Form eines Begleitschreibens und somit nicht elektronisch befüllt worden seien, seien deswegen nicht ausgeschieden worden. Die pdf-Version der Ausschreibungsunterlagen sei eine 1:1 Version – somit völlig ident – mit der onlv-Version. Bei der Position „Frischwassermodul“ habe die Typenbezeichnung gefehlt. Der Hersteller werde zwar im Begleitschreiben angegeben, dieser biete aber mit der geforderten Leistung verschiedene Gerätevarianten an.

Im Rahmen der Angebotsprüfung habe es Anfragen an Bieter zwar zu Themen wie etwa Gleichwertigkeit der Produkte bzw. Nachweise gegeben, nicht aber hinsichtlich der echten Bieterlücken. Die Antragstellerin habe bereits mit dem Angebot bekanntgegeben, dass Positionen mit einer Preisangabe von 0,01 Euro hinsichtlich des tatsächlichen Preises bereits in den Einheitspreisen des Leistungsverzeichnisses enthalten seien. Viele Installateure wählten eine derartige Vorgangsweise, und der Preis in der Hauptposition könne als Summe für beide Positionen als plausibel angesehen werden. Jene Positionen, die im Angebot mit 1,09 Euro angesetzt worden seien, habe er genauso beurteilt wie die vorgenannten 0,01 Euro-Positionen; deshalb habe er sie im Prüfbericht nicht gesondert erwähnt. Für ihn sei der Hauptgrund für das Ausscheiden des Angebotes der Antragstellerin das Nichtausfüllen der echten Bieterlücken gewesen. Die Preisangabe von einzelnen Positionen mit 0,01 Euro und auch 1,09 Euro sei aber auch ein Ausscheidungsgrund. gewesen, da in den Ausschreibungskriterien klar geregelt sei, dass dies eben nicht zulässig sei. Für den Fall, dass seitens des Herstellers oder Lieferanten bereits ein Gesamtpreis für etwas angegeben werde, das im Leistungsverzeichnis auf mehrere Teilprodukte aufgegliedert sei, müsse der Bieter für die einzelnen Positionen im Leistungsverzeichnis den vom Lieferanten vorgegebenen Preis aufteilen und für die einzelnen Positionen gesondert kalkulieren. Der Gesamtpreis des Angebotes der Antragstellerin sei für ihn sehr günstig, aber nicht unplausibel gewesen. Er habe vom Bauherrn die Vorgabe gehabt, eine strenge Angebotsprüfung durchzuführen. Er habe zuvor eine andere Vorgangsweise (Nichtausscheiden des Angebotes) vorgeschlagen gehabt. Eine vertiefte Angebotsprüfung sei vorgenommen worden. Wenn in einem Angebot Positionen beispielsweise mit 0,01 Euro angeboten würden, müsse er nachfragen. Für die 0,01 Euro-Positionen habe man keine Nachfrage durchgeführt. Über die Angebotsprüfung gebe es ein Protokoll. Außer dem vorliegenden Prüfbericht gebe es keine weitere schriftliche Dokumentation über die Angebotsprüfung bzw. über die vertiefte Angebotsprüfung. - Das Motiv für die Wahl von echten Bieterlücken in der Ausschreibung liege darin, um sehen zu können, welche Qualität vom Bieter angeboten werde. Das Motiv für die Gestaltung der Ausschreibung in der konkreten Form (dass einzelne Positionen gesondert angeführt und nicht bei anderen Positionen inkludiert seien) liege darin, dass man sehen möchte, ob sich der Kalkulant des Bieters die einzelnen Positionen auch überlege und damit auch preislich darstelle. Die Leistungen bei jenen Positionen, die mit 1,09 Euro ausgepreist seien, stünden nicht in einem Verhältnis zu der tatsächlich angebotenen Leistung. Der Angebotspreis der Antragstellerin sei deutlich unter dem Anschlag des öffentlichen Auftraggebers gewesen. Befragt nach welchen Gesichtspunkten ein Bieter einen „Gesamtpreis“ auf zwei Einzelpositionen aufteilen solle, wenn ihm die dahinterliegende Vorkalkulation des Lieferanten nicht bekannt sei, gab er an, dass er es zur Kenntnis nehme, wenn der Gesamtpreis einer einzelnen Position, in der preislich eine andere Position schon enthalten sei, plausibel sei. Schlüssig sei für ihn eine Preisangabe dann, wenn der angebotene Preis der angebotenen Leistung entspreche.

Der Zeuge D gab im Wesentlichen Folgendes an: Er sei Angestellter der Antragstellerin, und seine Aufgabe sei die Kalkulation des von der Antragstellerin abgegebenen Angebotes gewesen. Die Ausschreibungsunterlagen habe man von der elektronischen Plattform VEMAP heruntergeladen. Die Ausschreibungsunterlagen seien sowohl in einer pdf-Version als auch als onlv ÖNORM A2063 Datenträger verfügbar gewesen. Wenn man sich die Unterlagen herunterlade, erhalte man beide Versionen, und beide Versionen seien ident. In der Ausschreibung habe es sowohl echte als auch unechte Bieterlücken gegeben. Er habe sowohl die echten als auch die unechten Bieterlücken auf dem ÖNORM Datenträger ausgefüllt. Nach Befüllen des Leistungsverzeichnisses sei das Angebot dann hochgeladen bzw. elektronisch abgegeben worden. Das Formblatt „Bieterlücken“ zeige eindeutig an, wo Bieterlücken seien, und er habe entsprechend diesem Formblatt sämtliche Bieterlücken ausgefüllt. Es sei dadurch für ihn erkennbar gewesen, wo Bieterlücken seien und wo nicht. Sowohl beim elektronischen Befüllen des Leistungsverzeichnisses als auch beim Hochladen des fertigen Angebotes habe es keine technischen Probleme gegeben. Die Behauptung des öffentlichen Auftraggebers, dass im Angebot der Antragstellerin einige Bieterlücken nicht befüllt worden wären, sei unzutreffend. Das Befüllen des Leistungsverzeichnisses sei mit der entsprechenden Software auf dem Datenträger durchgeführt worden. Vom öffentlichen Auftraggeber werde vorgegeben, wo eine Bieterlücke sei. Es handle sich dabei um einen Bestandteil der Ausschreibung, im gegenständlichen Fall führe dieser die Bezeichnung „Übersicht Bieterlücken“. Bei der Position „Frischwasserstationen“ sei ihm aufgefallen, dass im Leistungsverzeichnis kein Fabrikat vorgeschlagen werde, somit habe er dieses mit „***“ (im Begleitschreiben) festgelegt. Auch die Type habe nicht ausgefüllt werden können. Von der Firma F sei ihm bestätigt worden, dass es sich um deren Ausschreibungstext handle, weshalb er diese Firma beim Fabrikat im Begleitschreiben angeführt habe. Er habe es nicht als notwendig angesehen, Typen anzuführen. Ihm sei nicht bekannt, dass es seitens des Unternehmens F mehrere Gerätevarianten in der geforderten Form gebe. Diese Ausschreibung sei so detailliert gewesen, dass es nicht notwendig gewesen sei, näher auf die Type einzugehen. Bei der Position „Systemrohre“ sei es auch nicht möglich gewesen, Fabrikat oder Type auszufüllen. Befragt, warum er das nicht im Begleitschreiben getan habe, gab er an, dass er darüber vermutlich „gestolpert“ sei. Er habe auch in die pdf-Version der Ausschreibung Einsicht genommen. Bearbeitet habe er die onlv-Version. Die Bieterlücken seien durch die Übersicht der Bieterlücken bekannt geworden. Das Dokument „Übersicht Bieterlücken“ entstehe durch das Einlesen mit der Software und werde nicht schon vorweg leer übermittelt. Dort, wo ein elektronisches Befüllen nicht möglich gewesen sei, sei er davon ausgegangen, dass es sich mit Blick auf die ÖNORM A2063 eben um keine Bieterlücke handle. Hätte er nur die pdf-Version des Angebotes und nicht die onlv-Version gelesen, hätte er auch diese Bieterlücken ausgefüllt. Das Leistungsverzeichnis sei bei den beiden Versionen völlig identisch. Verbindlich sei die onlv-Version und nicht die pdf-Version. Grundsätzlich wäre es zulässig, eine Beilage hinzuzufügen und hochzuladen, er habe sich an der Vorgabe der Ausschreibung, dass alle Angebotsbestandteile ausschließlich in elektronischer Form zu bearbeiten und einzureichen seien, orientiert. Von den nunmehr behaupteten Problemen habe er erst durch die Verständigung betreffend das Ausscheiden des Angebotes Kenntnis erlangt. Bei den verfahrensgegenständlichen Positionen habe es keine Möglichkeit des Befüllens gegeben und sei für ihn somit nicht erkennbar gewesen, dass es sich um eine Bieterlücke gehandelt habe. - Richtig sei, dass im Angebot diverse Positionen mit 0,01 Euro oder 1,09 Euro ausgepreist seien. Die tatsächlichen Kosten für diese Positionen seien bereits in den indirekten Lohnnebenkosten bei dem Partiestundensatz enthalten. Der dann im Angebot enthaltene Preis für die jeweilige Position von 0,01 Euro bzw. 1,09 Euro bilde daher nur mehr die Materialkosten ab (z.B. Schreibmaterial, Papier und dgl.). Die Höhe der Preisansätze entspreche den tatsächlichen Materialkosten. Es handle sich dabei um eine Standardkalkulation. Das treffe auf das Anlagenbuch, das bei solchen Anlagen immer mitgeliefert werde, zu und bedeute, dass mit einem Cent die Kosten des Anlagenbuches abgegolten seien. Man habe im Begleitschreiben darauf hingewiesen, dass solche Positionen in den Einheitspreisen des Gesamtangebotspreises schon enthalten seien. Seitens des öffentlichen Auftraggebers sei diesbezüglich nicht Rückfrage gehalten worden. Das Pumpensteuerungsmodul sei bereits in einem anderen Anlagenteil verbaut und nicht mehr separat erhältlich. Hinsichtlich des Frischwassermoduls habe der Lieferant die Positionen „Elektronische Steuerungen, Zirkulationsmodul und beflammbares Probeentnahmeventil“ im Preis mitangeboten und nicht gesondert ausgepreist. Daher habe er die drei letztgenannten Positionen lediglich mit einem Wert von einem Cent ausgepreist. Bei der Position Wärmeverteiler sei die Isolierung bereits im Vortext der Position Heizungsverteiler kalkuliert und daher nicht noch einmal gesondert ausgepreist. Hinsichtlich der Schlitzauslässe seien im Angebot des Lieferanten bereits die Randverbreiterung und die Endabschlüsse im Gesamtpreis des Schlitzauslasses inkludiert gewesen und hätten daher im Angebot der Antragstellerin nur mehr mit einem Cent ausgepreist werden konnten. Hinsichtlich der mit 1,09 Euro ausgepreisten Positionen verhalte es sich sinngemäß ebenso. Es handle sich dabei um realistische Preisansätze. Als Beispiel nenne er etwa das Ausheizen des Estrichs, hier sei nur der bloße Einschaltvorgang der Heizungsanlage nötig. Man verwende dazu ein Programm, die nötigen händischen Maßnahmen würden „im Vorbeigehen“ erledigt und daher fielen nicht wirklich Lohnkosten dafür an. Was die Abnahmeprüfung oder die Anlagendokumentation oder das Anlagenschema betrifft, handle es sich wiederum um Leistungen des Büroapparates. Die Abnahmeprüfung und die Erstinbetriebnahme der Wasserversorgung würden von einem Techniker vorgenommen, dessen Kosten in den indirekten Lohnnebenkosten der Montagepartie enthalten seien. Gefragt, warum bei manchen Positionen die Auspreisung mit einem Cent vorgenommen worden sei und nicht mit 0 Euro, gab der Zeuge an, dass derartiges nach den Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes nicht zulässig wäre. Im Zuge der Angebotsprüfung habe es einen Schriftverkehr zwischen dem Büro E und der Antragstellerin betreffend die technische Gleichwertigkeit von angebotenen Fabrikaten und deren Konkretisierung gegeben, und man habe die gestellten Fragen beantwortet. Er habe auch einmal telefonisch eine Auskunft zum Thema Fußbodenheizung erteilt.

Der Vertreter des öffentlichen Auftraggebers erklärte, nichts dazu sagen zu können, warum einerseits aufgrund der fehlenden Angabe von Fabrikat und Type die Positionen beim Frischwassermodul nicht prüfbar gewesen seien bzw. der Auftraggeber nicht gewusst hätte, was ihm angeboten worden wäre, und andererseits aber im Prüfbericht bei der Prüfung dieser Positionen, die das Frischwassermodul beträfen, das Prüfergebnis „in Ordnung“ dokumentiert sei. Beim vorliegenden Prüfbericht handle es sich um den abschließenden Bericht. Wenn der Zeuge C gesagt habe, dass er den Auftrag zu einer strengen Angebotsprüfung gehabt habe, so sei damit von Seiten des öffentlichen Auftraggebers gemeint gewesen, dass die Angebotsprüfung anhand der gesetzlichen Vorgaben zu erfolgen habe. Er wisse nicht mehr, ob es einen vorläufigen Prüfbericht oder lediglich telefonisch Kontakt mit dem E zwecks Abstimmung der ersten Prüfergebnisse gegeben habe.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat über den Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung wie folgt erwogen:

Folgender Sachverhalt steht fest:

Am 27.1.2020 wurde die Ausschreibung des öffentlichen Auftraggebers Land Niederösterreich im Vergabeverfahren „***, ***, Neubau Schülerheim und Zubau Klassenräume, 300 HKLS“, ***, veröffentlicht. Es handelt sich um ein offenes Verfahren im Oberschwellenbereich zur Vergabe eines Bauauftrages (HKLS = Heizung, Klima, Lüftung, Sanitär) beim Neubau des Schülerheims und beim Zubau von Klassen zum Schulgebäude. Der geschätzte Auftragswert des gegenständlichen Loses wurde vom Auftraggeber mit 1,960.776,32 Euro netto bestimmt. Die Frist zur Abgabe von Angeboten wurde mit 25.2.2020, 9 Uhr, festgelegt.

In der verfahrensgegenständlichen Ausschreibung, die von keiner Seite angefochten worden ist, heißt es auf den ersten Seiten u.a.: „Die Ausschreibung besteht aus folgenden Teilen: Elektronische Ausschreibungsunterlage, Leistungsverzeichnis, Beilagen, Formblätter. Sämtliche Teile der Ausschreibung sind integrierender Bestandteil des Angebotes. (…) Alle Angebotsbestandteile sind ausschließlich in elektronischer Form am VEMAP-Beschafferportal des Auftraggebers (AG) unter *** zu bearbeiten bzw. einzureichen. Unterlagen in Papierform werden ebenso wenig berücksichtigt wie eine Einreichung mittels E-Mail. (…) Neben den im Zuge der Angebotserstellung auf dem VEMAP-Portal *** auszufüllenden Unterlagen (siehe obige Formblätter) sind gegebenenfalls nachstehende weitere Unterlagen (Beilagen) vom VEMAP-Portal herunterzuladen, auszudrucken, auszufüllen, einzuscannen und einzureichen. (…) Allfällige Fragenbeantwortungen und Berichtigungen werden von der auftraggebenden Seite unter *** zum Herunterladen zur Verfügung gestellt. Berichtigungen werden zusätzlich unter *** bereit gestellt. Der Bieter ist verpflichtet, diese allfälligen Fragenbeantwortungen und Berichtigungen zu berücksichtigen und seinem Angebot zugrunde zu legen. (…)“

Weiters ist unter „2.2 Besondere Vertragsbestimmungen (BVB)“ Folgendes festgelegt:

„2.2.2 Bieterlücken

Zu den in den einzelnen Unterleistungsgruppen angegebenen Positionen sind vom Bieter – sofern vorgesehen – in den Bieterlücken Materialien/Erzeugnisse/Typen anzubieten (echte Bieterlücken). Die angebotenen Materialien/Erzeugnisse/Typen haben mindestens den in der Ausschreibung bedungenen oder gewöhnlich vorausgesetzten technischen Spezifikationen zu entsprechen. Auf Verlangen des AG weist der Bieter die in der Ausschreibung bedungenen oder gewöhnlich vorausgesetzten technischen Spezifikationen vollständig nach (Erfüllung

der Mindestqualität). Die den Anforderungen entsprechenden angebotenen Materialien/Erzeugnisse/Typen gelten für den Fall des Zuschlages als Vertragsbestandteil. Nachträgliche Änderungen sind nur mit ausdrücklicher Zustimmung des AG zulässig. Wenn nicht anders angegeben, werden Eigenschaften, die über die Mindestqualität hinausgehen, vom AG für die Zuschlagsentscheidung nicht gewertet. Sind im Leistungsverzeichnis zu den in den einzelnen Unterleistungsgruppen angegebenen Positionen zusätzlich beispielhafte Materialien/Erzeugnisse/Typen angeführt, können – sofern vorgesehen – in der jeweiligen Bieterlücke gleichwertige Materialien/Erzeugnisse/Typen angeboten werden (unechte Bieterlücken, siehe VEMAP-Formblatt 9). Die Kriterien der Gleichwertigkeit sind bei den angegebenen Positionen beschrieben. Auf Verlangen des AG weist der Bieter die Erfüllung der Gleichwertigkeit vollständig nach. Setzt der Bieter in die Bieterlücke keine Materialien/Erzeugnisse/Typen seiner Wahl ein, gelten die beispielhaft genannten Materialien/Erzeugnisse/Typen als angeboten. In einer Bieterlücke kann nur ein Material/Erzeugnis/Type angeführt werden. Für den Fall, dass ein Bieter in einer Bieterlücke mehrere Materialien/Erzeugnisse/Typen anführt, gilt ausschließlich das/die zuerst angeführte Material/Erzeugnis/Type als angeboten. Die übrigen Materialien/Erzeugnisse/Typen bleiben unberücksichtigt. (…)“

Das Leistungsverzeichnis wurde den Bietern am Beschafferportal VEMAP gleichlautend einerseits als onlv-Datei (ÖNORM A2063-Datenträger) und andererseits als pdf-Datei (portable document format) zum Herunterladen zur Verfügung gestellt. Im Leistungsverzeichnis sind sowohl echte als auch unechte Bieterlücken enthalten. Die Leistungsgruppe 01 betrifft den 1. Bauabschnitt (Schülerheim), die Leistungsgruppe 02 den 2. Bauabschnitt (Schule). Seitens der Antragstellerin wurden die Unterlagen heruntergeladen, und ihr Angestellter D hat das Leistungsverzeichnis elektronisch am ÖNORM A2063-Datenträger (in der onlv-Datei) bearbeitet, indem er unter Zuhilfenahme einer entsprechenden Software u.a. die Einheitspreise eingesetzt und echte sowie unechte Bieterlücken ausgefüllt hat. Bei den Positionen 01.02.35.61.10 bis 01.02.35.61.25 und 02.02.35.61.10 bis 02.02.35.61.25 (betreffend jeweils Frischwasserstationen, einerseits für das Schülerheim, andererseits für die Schule) ist ihm aufgefallen, dass es beim Ausfüllen des Leistungsverzeichnisses auf dem ÖNORM A2063-Datenträger keine Möglichkeit zum Einsetzen eines Fabrikates gab, weshalb er in einem Begleitschreiben (und zwar auf Seite 1 eines 99seitigen, keinem Formblatt entsprechenden, sondern von der Antragstellerin verfassten „Kurz-Leistungsverzeichnisses“) unter „Wir freuen uns Ihnen wie folgt anbieten zu können:“ u.a. „01.02.35.61 Frischwassermodul – Fabr. ***“ und „01.02.35.61 Frischwassermodul – Fabr. ***“ schriftlich festgehalten hat. Das Einsetzen von Typen war ihm auf dem ÖNORM A2063-Datenträger ebenso nicht möglich, er hat im genannten Begleitschreiben auch keine Type bekanntgegeben. In der pdf-Version ist am Ende dieser Positionen „Fabrikat/Type: “ angeführt. Es kann nicht festgestellt werden, dass es mehrere Typen von Frischwassermodulen der Fa. F gibt, die die Vorgabe dieser Ausschreibung erfüllen, bzw. dass für den Auftraggeber bei diesen Positionen nicht klar ist, was Angebotsgegenstand ist. Bei den Positionen 01.02.36.01.61 und 02.02.36.01.61 (betreffend jeweils „Systemrohre aus unlegiertem Stahl, außen verzinkt, für Heizungsinstallation, gemäß Norm geprüft angeboten“ für das Schülerheim und die Schule) bestand für ihn beim Ausfüllen des Leistungsverzeichnisses auf dem ÖNORM A2063-Datenträger ebenfalls keine Möglichkeit zum Einsetzen eines Fabrikates bzw. einer Type. Weil dies D nicht bewusst war, hat er dies auch nicht mit dem zuvor genannten Begleitschreiben getan. Bei der von der Software generierten „Übersicht Bieterlücken“ war für ihn ersichtlich, dass er sämtliche Bieterlücken, die als solche in der onlv-Datei ausgewiesen waren, vollständig ausgefüllt hätte. Auch die anderen Bieter haben bei den Positionen 01.02.35.61.10 bis 01.02.35.61.25 und 02.02.35.61.10 bis 02.02.35.61.25 sowie den Positionen 01.02.36.01.61 und 02.02.36.01.61 auf dem ÖNORM A2063-Datenträger (in den onlv-Dateien) keine Fabrikate/Typen eingesetzt. Dies war technisch auf dem ÖNORM A2063-Datenträger gar nicht möglich, d.h. ausfüllbare Bieterlücken waren an diesen Stellen des Leistungsverzeichnisses nicht gegeben.

Weiters hat die Antragstellerin bei diversen Positionen einen Einheitspreis von 0,01 Euro angeboten, nämlich bei

01.02.35.26.50A (Pumpensteuerungsmodul SBM),

01.02.35.61.20 (Elektronische Steuerung),

01.02.35.61.21 (Zirkulationsmodul),

01.02.35.61.22 (Beflammbares Probeentnahmeventil),

01.02.35.65.66 (Anlagenbuch),

01.02.89.73.11H (WD Verteiler MW Matte Blech 100),

01.02.89.73.11W (Zubehör WD),

02.02.35.26.50A (Pumpensteuerungsmodul SBM),

02.02.35.61.20 (Elektronische Steuerung),

02.02.35.61.21 (Zirkulationsmodul),

02.02.35.61.22 (Beflammbares Probeentnahmeventil),

02.02.89.73.11H (WD Verteiler MW Matte Blech 100),

02.02.89.73.11W (Zubehör WD),

02.04.54.38.23H (Az D-SchlitzDL 35 2-reihig RandV 1650 mm),

02.04.54.38.24A (Az D-SchlitzDL 35 2-reihig Endabschluss),

02.04.54.38.33H (Az D-SchlitzDL 35 3-reihig RandV 1650 mm) und

02.04.54.38.34A (Az D-SchlitzDL 35 3-reihig Endabschluss).

Dazu findet sich auf Seite 1 des zuvor angesprochenen 99seitigen Kurz-Leistungsverzeichnisses der Satz „Positionen, welche mit € 0,01 angeboten wurden, sind in den Einheitspreisen des gesamten Offertes inkludiert.“ – Laut Kostenanschlag des Auftraggebers wären in all den genannten Positionen Preise, die jeweils ein Vielfaches von den 0,01 Euro ausmachen, angemessen (so z.B. für das Anlagenbuch 65,80 Euro oder für die WD-Verteiler MW Matte Blech 84,50 Euro), und das (nach dem Ausscheiden des Angebotes der Antragstellerin) nunmehr günstigste Angebot enthält in allen genannten Positionen ebenfalls weit höhere Preise (in den angesprochenen Fällen z.B. für das Anlagenbuch 68,15 Euro oder für die WD-Verteiler MW Matte Blech 360,65 Euro).

Bei diversen Positionen hat die Antragstellerin einen Einheitspreis von 1,09 Euro angeboten, nämlich bei

01.02.37.56.02A (Ausheizen des Estrichs Handbetrieb),

01.02.92.10.01 (Anlagendokumentation),

01.02.92.10.02 (Anlagenschema),

01.02.93.10.10 (Abnahmeprüfung Heizung),

01.03.92.10.01 (Anlagendokumentation),

01.03.92.10.02 (Anlagenschema),

01.03.92.20.01 (Erstinbetriebnahme der Wasserversorgung),

01.03.92.20.10 (Provisorischer Betrieb der Wasserversorgung),

01.04.92.10.01 (Anlagendokumentation),

01.04.92.10.02 (Anlagenschema),

01.04.93.10.10 (Abnahmeprüfung Lüftung),

02.02.37.56.02A (Ausheizen des Estrichs Handbetrieb),

02.02.92.10.01 (Anlagendokumentation),

02.02.92.10.02 (Anlagenschema),

02.02.93.10.10 (Abnahmeprüfung Heizung),

02.03.92.10.01 (Anlagendokumentation),

02.03.92.10.02 (Anlagenschema),

02.03.92.20.01 (Erstinbetriebnahme der Wasserversorgung),

02.03.92.20.10 (Provisorischer Betrieb der Wasserversorgung),

02.03.93.20.10 (Abnahmeprüfung Sanitäre),

02.04.92.10.01 (Anlagendokumentation),

02.04.92.10.02 (Anlagenschema),

02.04.93.10.10 (Abnahmeprüfung Lüftung),

02.07.92.10.01 (Anlagendokumentation),

02.07.92.10.02 (Anlagenschema) und

02.07.93.02.10 (Abnahmeprüfung Klimatechnik).

Hinsichtlich dieser 1,09 Euro-Positionen hat die Antragstellerin mit dem Angebot keine Erläuterung abgegeben. – Laut Kostenanschlag des Auftraggebers wären in all den genannten Positionen Preise, die jeweils ein Vielfaches von den 1,09 Euro ausmachen, angemessen (so z.B. für das Ausheizen des Estrichs 1.880 Euro, für die Erstinbetriebnahme der Wasserversorgung 599,72 Euro oder für die Abnahmeprüfung Heizung 709,70 Euro), und das (nach dem Ausscheiden des Angebotes der Antragstellerin) nunmehr günstigste Angebot enthält in allen genannten Positionen ebenfalls weit höhere Preise (in den angesprochenen Fällen z.B. für das Ausheizen des Estrichs 1.686,56 Euro, für die Erstinbetriebnahme der Wasserversorgung 76,94 Euro oder für die Abnahmeprüfung Heizung 524,62 Euro).

Eine Bieteranfrage vom 28.1.2020 („LVPos. 01.02.35.2650A + 02.02.35.26.50A Pumpensteuerungsmodul SBM; Lt. der ausgeschriebenen Firma sind die Pumpensteuerungsmodule bereits integriert und können nicht separat angeboten werden. Bitte um Info wie vorgegangen werden soll da lt. Bundesvergabegesetz keine 0-Positionen angeboten werden dürfen.“) wurde vom Auftraggeber am 31.1.2020 – für alle Bieter lesbar – wie folgt beantwortet: „Werden die im LV vorgeschlagenen Pumpen (Produkte/Typen) angeboten und beinhalten diese Pumpen bereits ein entsprechendes Pumpensteuermodul, so ist in der zugehörigen und im LV vorgesehenen Position für Pumpensteuermodule (PSM) ein geringer Preis einzusetzen, der bei den jeweiligen vorgeschlagenen Pumpen (als Gegenrechnung) berücksichtigt werden kann. (…) Diese Vorgehensweise ist sowohl bei den Pumpen und PSM der OG1, als auch analog bei der OG2 des LV’s anzuwenden.“

Am Morgen des 25.2.2020 wurden die Angebotsunterlagen der Antragstellerin (d.h. das auf dem ÖNORM A2063-Datenträger ausgefüllte Leistungsverzeichnis als onlv-Datei, das zuvor genannte Kurz-Leistungsverzeichnis als pdf-Datei, die zuvor genannte „Übersicht Bieterlücken“ als pdf-Datei und andere Unterlagen) fristgerecht auf das VEMAP-Portal hochgeladen.

Die Angebotsöffnung wurde danach am 25.2.2020 nach 9 Uhr durchgeführt. Das Angebot der Antragstellerin mit einem Gesamtpreis von 1.751.560,14 Euro (netto) war von den abgegebenen Angeboten das preislich günstigste. Danach erfolgte die Angebotsprüfung, die in die Erstellung des Prüfberichtes vom 4.5.2020 durch das E GmbH & Co KG mündete. Dass diese oder der Auftraggeber hinsichtlich der 0,01 Euro- bzw. 1,09 Euro-Positionen im Angebot der Antragstellerin eine vertiefte Angebotsprüfung durchgeführt oder von der Antragstellerin eine verbindliche Aufklärung verlangt hätte, kann nicht festgestellt werden.

Der Antragstellerin wurde die Ausscheidung ihres Angebotes aus den Gründen des § 141 Abs. 1 Z. 7 BVergG 2018 (fehlende Angaben der echten Bieterlücken) und § 141 Abs. 1 Z. 3 BVergG 2018 (Einheitspreise von 0,01 bis 0,09 Euro nicht nachvollziehbar, nicht statthafte Preisumlegung) am 5.5.2020 mitgeteilt. Es gibt noch keine Zuschlagsentscheidung; der Zuschlag wurde noch nicht erteilt.

Diese Feststellungen gründen sich auf das Vorbringen der Parteien, den Vergabeakt und die Ergebnisse der Verhandlung. Der geschätzte Auftragswert ergibt sich aus den im Vergabeakt befindlichen Unterlagen betreffend die „Schätzkosten HKLS“ und dem unbestrittenen Vorbringen des Auftraggebers. Der Zeuge D hat lebensnahe und glaubhaft geschildert, wie er den ÖNORM A2063-Datenträger (die onlv-Datei) elektronisch ausgefüllt hat und es ihm nicht möglich war, bei gewissen Positionen Bieterlücken zu „befüllen“. Dass er und auch die anderen Bieter keinerlei Fabrikate und Typen bei den Positionen 01.02.35.61.10 bis 01.02.35.61.25 und 02.02.35.61.10 bis 02.02.35.61.25 sowie den Positionen 01.02.36.01.61 und 02.02.36.01.61 in ihren onlv-Dateien eingesetzt haben, ergibt sich aus dem vom Auftraggeber vorgelegten Akt, insbesondere dem Prüfbericht vom 4.5.2020, erstellt vom E GmbH & Co KG, worin es u.a. heißt, dass im Angebot der Antragstelle

Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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