TE Vwgh Erkenntnis 1969/6/3 1711/68

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Veröffentlicht am 03.06.1969
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Index

Polizeirecht - WaffG
40/01 Verwaltungsverfahren
41/04 Sprengmittel Waffen Munition

Norm

AVG §46
WaffG 1967 §12

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Borotha und die Hofräte Dr. Kadecka, Dr. Skorjanec, Dr. Rath und Dr. Jurasek. als Richter, im Beisein des Schriftführers Administrationsrat Dohnal, über die Beschwerde des Ing. A P in L, vertreten durch Dr. Walter Haslinger, Rechtsanwalt in Linz, Taubenmarkt 1, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 25. September 1968, Zl. Sid. 2077/68, betreffend Waffenverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe S 390,- binnen zwei Wochen bei sonstiger zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs. 1 des Waffengesetzes 1967, BGBl. Nr. 121, der Besitz von Waffen und Munition verboten. Gleichzeitig wurde im Sinne des § 12 Abs. 4 deselben Gesetzes ausgesprochen, daß mit Rechtskraft des Verbotes die beim Beschwerdeführer sichergestellten Jagdwaffen als verfallen gelten. In der Begründung des Bescheides werden zunächst die Aussage der Gattin des Beschwerdeführers, R P, gegenüber dem am 9. März 1968 in der Wohnung des Beschwerdeführers eingeschrittenen Sicherheitswachebeamten sowie die anläßlich der polizeilichen Einvernahme am 18. April 1968 niederschriftlich aufgenommenen Angaben der Genannten sowie des Zeugen S wörtlich wiedergegeben. Als wesentlicher Inhalt dieser Aussage ist festzuhalten, daß die Funkstreife sowohl am 9. März 1968 als auch am 18. April 1968 in der Wohnung des Beschwerdeführers intervenieren mußte, weil dieser seine Gattin mißhandelt und mehrmals mit dem Umbringen bedroht hatte, wobei er am 18. April 1968 mit einem seiner Gewehre hantiert und dieses auf den Zeugen S angelegt hatte. In der Bescheidbegründung ferner festgestellt, daß die Gattin des Beschwerdeführers und der genannte Zeuge im Zuge des gegen den Beschwerdeführer vor dem Landesgericht Linz durchgeführten Strafverfahrens bei der Hauptverhandlung am 29. April 1968 im wesentlichen dieselben Angaben gemacht haben, wie sie dem Verwaltungsverfahren zugrunde liegen, daß der Beschwerdeführer damals die Richtigkeit der Zeugenaussage seiner Gattin zugegeben hat und daß die Angaben der beiden Zeugen im allgemeinen übereinstimmen. Mit Rücksicht darauf - so führt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheides aus - sei eine nochmalige Einvernahme dieser Zeugen über die gleichen Vorfälle nicht erforderlich gewesen. Auf Grund des Ergebnisses des gerichtlichen und des verwaltungsbehördlichen Verfahrens sei folgender Sachverhalt als erwiesen angenommen worden: Der Beschwerdeführer habe am 9. März 1968 und am 18. April 1968 seiner Gattin gedroht, gegen sie mit dem Karabiner vorzugehen bzw. sie zu erschießen. Er habe am 18. April 1968 im Schlafzimmer gegen S ein Gewehr angelegt und ihm gedroht, daß etwas passieren würde, wenn er das Zimmer nicht verlasse. Er habe endlich am 9. März 1968 gegenüber den dienstlich eingeschrittenen Sicherheitswachebeamten betont, daß auch sie mit dem Gewehr empfangen worden wären, wenn er von ihrem Kommen gewußt hätte.

Fest steht, daß der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 29. April 1968 im Zusammenhang mit den geschilderten Vorfällen wegen öffentlicher Gewalttätigkeit, Beleidigung öffentlicher Beamter und Gattenmißhandlung zu fünf Monaten schweren Kerkers bedingt verurteilt wurde; ferner, daß über ihn in den vergangenen fünf Jahren zahlreiche Verwaltungsstrafen wegen Übertretungen der Straßenpolizeiordnung, des Kraftfahrgesetzes und des Art. VIII Abs. 1 lit. a EGVG 1950 verhängt wurden.

In rechtlicher Einsicht zog die belangte Behörde aus den vorgenommenen Feststellungen den Schluß, die am 9. März und am 18. April 1968 stattgefundenen häuslichen Exzesse zeigten, daß der Beschwerdeführer unbeherrscht sei, zu aggressiven Tätlichkeiten und gefährlichen Drohungen gegenüber den Mitmenschen neige und daß ihm auf Grund seines Benehmens durchaus zuzutrauen sei, daß er seine Drohungen unter mißbräuchlicher Verwendung von Waffen in die Tat umsetze. Die Annahme, daß der Beschwerdeführer durch mißbräuchliche Verwendung von Waffen die öffentliche Sicherheit gefährden könnte, sei sohin hinreichend gerechtfertigt.

Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde sowie über die namens der belangten Behörde von der Finanzprokuratur erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt zunächst als aktenwidrig, daß die in der Begründung des angefochtenen Bescheides gewählte Formulierung den irrigen Eindruck erwecke, es handle sich bei der Wiedergabe der Aussagen seiner Gattin vor dem am 9. März 1968 eingeschrittenen Sicherheitswachebeamten um deren eigene Worte, während es sich in Wahrheit um eine durch das Sicherheitsorgan formulierte sinngemäße Wiedergabe ihrer Darstellung der Vorkommnisse handle. Ferner sei die Feststellung aktenwidrig, daß die Gattin des Beschwerdeführers und S bei der gerichtlichen Hauptverhandlung im wesentlichen dieselben Angaben gemacht hätten wie vor der Polizei, da nämlich die Genannten, als Zeugen vor Gericht vernommen, nur auf die polizeilichen Protokolle verwiesen, ihre Angaben aber nicht neuerlich gemacht hätten.

Beiden Einwänden kommt keine Berechtigung zu. In der Bescheidbegründung wurden die Angaben der Gattin des Beschwerdeführers ebenso in direkter Rede unter Anführungszeichen wiedergegeben, wie in der polizeilichen Anzeige selbst. Eine Aktenwidrigkeit liegt somit nicht vor. Auch ist nicht zu erkennen, warum aus diesem Grund, wie der Beschwerdeführer ebenfalls behauptet, der Sachverhalt ergänzungsbedürftig geblieben sein sollte. Da der Beschwerdeführer die Angaben seiner Gattin selbst als inhaltlich richtig anerkannt hat, ist vollends nicht einzusehen, wieso sich für den Beschwerdeführer nachteilige Auswirkungen aus der Formulierung dieser Aussage ergeben sollten.

Wenn es im angefochtenen Bescheid heißt, die Gattin des Beschwerdeführers und S hätten bei der Hauptverhandlung im wesentlichen dieselben Angaben gemacht, wie sie dem Verwaltungsverfahren zugrunde liegen, so ist gegen diese Feststellung auch unter dem Gesichtspunkt nichts einzuwenden, daß der Zeuge S in der Hauptverhandlung auf seine Angaben vor der Polizei verwiesen und diese als richtig bekräftigt hat und daß R P neben ergänzendem Vorbringen ebenfalls erklärt hat, auszusagen wie vor der Polizei. Es handelt sich dabei um eine bloße Vereinfachung der Protokollierung des Gerichtes, die nichts daran ändert, daß die Aussagen nunmehr in gleicher Form und mit gleichem Inhalt als gerichtliche Zeugenaussagen zu gelten haben.

Der Beschwerdeführer hält den Sachverhalt des weiteren deshalb für ergänzungsbedürftig, weil die mit den Zeugen im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren aufgenommenen Protokolle nicht eigens zum Zweck der Erlassung eines Waffenverbotes, sondern im Zusammenhang mit anderen laufenden Verfahren (wegen gefährlicher Drohung, Gattenmißhandlung, Körperbeschädigung, Amtsehrenbeleidigung und Erpressung) aufgenommen worden seien. Er habe bereits im Verwaltungsverfahren die ergänzende Vernehmung der Zeugen zu den Umständen verlangt, die für das Waffenverbot von Bedeutung seien. Die Verwaltungsbehörde habe die Pflicht, im konkreten Verfahren direkte Beweismittel zu erbringen und dürfe sich nicht damit begnügen, die Ergebnisse anderer Verfahren zu verwerten. Hiedurch werde das Prinzip der Unmittelbarkeit verletzt. Darauf ist zu erwidern, daß der Grundsatz der Unmittelbarkeit weder im Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz noch im Verwaltungsstrafgesetz verankert ist. Vielmehr kommt gemäß § 46 AVG 1950 als Beweismittel alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Es bestehen daher keine Bedenken dagegen, Zeugenaussagen, die in anderen Verfahren abgelegt, worden sind, als Beweismittel zu verwerten, sofern sie ihrem Inhalt nach geeignet sind, zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes zu dienen. Im vorliegenden Fall kommt dazu, daß der Beschwerdeführer selbst die inhaltliche Richtigkeit der Zeugenaussagen nicht bestreitet.

Soweit sich der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang über mangelndes Parteiengehör beschwert, ist darauf zu verweisen, daß ihm sowie seinem Rechtsvertreter bei seiner Einvernahme am 3. Juli 1968 (Bl. 77 des Aktes) das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben wurde. In einer daraufhin abgegebenen Stellungnahme (Bl. 79) bezeichnete der Beschwerdeführer das Verfahren als ergänzungsbedürftig, weil die vorliegenden Zeugenaussagen hinsichtlich der Bedrohung mit dem Gewehr mehrere Deutungen zuließen und auch andere ihm wesentlich erscheinende Umstände noch aufklärungsbedürftig seien. Auch wenn die belangte Behörde den weiteren Beweisanträgen des Beschwerdeführers nicht Folge gegeben hat, so kann doch bei der gegebenen Sachlage von einer Verweigerung des Parteiengehörs nicht die Rede sein.

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes bringt der Beschwerdeführer vor, im Hinblick darauf, daß seine Gewehre nicht funktionsfähig gewesen seien und daß er niemals direkt Anstalten gemacht habe, von einem Gewehr Gebrauch zu machen, lasse der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt keinen Schluß darauf zu, daß er tatsächlich seine Jagdwaffen mißbräuchlich verwenden könnte. Mit Ausnahme des Vorfalles, bei dem sich S dadurch bedroht gefühlt habe, daß der Bfr. ein ungeladenes und unvollständiges Gewehr in der Hand gehalten habe, liege überhaupt kein Anhaltspunkt für diese Annahme vor. Nur deshalb, weil jemand eine andere Person mit dem Erschießen bedrohe, könne nicht als erwiesen angenommen werden, daß er die Drohung unter mißbräuchlicher Verwendung von Waffen in die Tat umsetzen werde.

Auch diesen Ausführungen vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen. Gemäß § 12 Abs. 1 des Waffengesetzes 1967 hat die Behörde einer Person den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß diese Person durch mißbräuchliche Verwendung von Waffen die öffentliche Sicherheit gefährden könnte. Geht man von dem von der belangten Behörde als erwiesen angenommenen Sachverhalt aus, so ist der von ihr gezogene Schluß, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung eines Waffenverbotes im Falle des Beschwerdeführers zutreffen, durchaus gerechtfertigt. Angesichts der Tatsache, daß der Beschwerdeführer zu wiederholten Malen und verschiedenen Personen gegenüber Drohungen ausgestoßen und dabei unmißverständlich und nicht etwa nur im Scherz auf seine Gewehre bzw. auf das Schießen hingewiesen, ja einmal sogar das Gewehr in Anschlag gebracht hat, ist der Konnex zwischen seiner durch die gerichtliche Verurteilung wegen öffentlicher Gewalttätigkeit und Gattenmißhandlung sowie durch die zahlreichen Verwaltungsstrafen wegen Übertretung des Art. VIII Abs. 1 lit. a EGVG unter Beweis gestellten aggressiven Einstellung gegenüber seinen Mitmenschen und dem möglichen Mißbrauch seiner Waffen zur Ausführung seiner Drohungen eindeutig hergestellt. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht kommt dabei weder dem Umstand eine entscheidende Bedeutung zu, ob das Gewehr im Zeitpunkt der Drohung tatsächlich funktionsfähig war, noch der Tatsache, daß der Beschwerdeführer bisher noch keinen Gebrauch von seiner Waffe gegenüber Menschen gemacht hat. Hat der Beschwerdeführer doch selbst nicht behauptet, daß er es gewesen sei, der die Gewehre durch Herausnehmen des Verschlusses funktionsunfähig gemacht habe. Im übrigen dient die Bestimmung des § 12 des Waffengesetzes offensichtlich der Verhütung einer mißbräuchlichen Verwendung von Waffen und setzt daher nicht voraus, daß bereits tatsächlich eine solche stattgefunden hat.

Der unbegründeten Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 47 Abs. 1, Abs. 2 lit. b, Abs. 5, § 48 Abs. 2 lit. a und b, § 49 Abs. 2 VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I B der Verordnung BGBl. Nr. 4/1965.

Wien, am 3. Juni 1969

Schlagworte

Beweismittel Zeugen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1969:1968001711.X00

Im RIS seit

23.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.07.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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