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82/04 Apotheken, ArzneimittelNorm
B-VG Art139 Abs1 Z3Leitsatz
Aufhebung einer Verordnung einer Nö Bezirkshauptmannschaft betreffend die Betriebszeiten und den Bereitschaftsdienst öffentlicher Apotheken in näher bezeichneten Gemeinden mangels gehöriger Kundmachung auf Grund individueller Versendung des Verordnungstextes an ausgewählte EmpfängerRechtssatz
Gesetzwidrigkeit der Verordnung der BH Bruck an der Leitha vom 02.12.2019, mit der die Betriebszeiten und der Bereitschaftsdienst der öffentlichen Apotheken in den Gemeinden Ebergassing, Gramatneusiedl, Himberg, Maria Lanzendorf, Leopoldsdorf, Rannersdorf, Schwechat und Enzersdorf a.d. Fischa festgesetzt werden; Inkrafttreten der Aufhebung mit Ablauf des 30.09.2020. Zurückweisung des Antrags auf Aufhebung von §8 ApothenkenG idF BGBl I 127/2017.
Es ist offenkundig, dass die Antragsteller durch die Auferlegung der Pflicht, periodisch Bereitschaftsdienst zu leisten, durch die angefochtene Verordnung unmittelbar und aktuell betroffen sind und dass ihnen kein anderer zumutbarer Weg offensteht, ihre Bedenken an den VfGH heranzutragen: Zulässigkeit des Eventualantrags, der sich auf den gesamten §2 der Verordnung bezieht. Unzulässigkeit des Hauptantrags als zu eng da dieser (lediglich) die Aufhebung von §2 Abs1 der Verordnung der BH Bruck an der Leitha begehrt, weil die weiteren Absätze dieser Bestimmung in einem untrennbaren Zusammenhang mit Abs1 stehen.
Die Antragsteller begehren mit ihrem Hauptantrag die Aufhebung von "§8 Apothekengesetz idF BGBl I 127/2017". Art40 des 2. COVID-19-Gesetzes, BGBl I 16/2020, hat §8 ApothekenG einen neuen Abs9 angefügt, der ua zur Anordnung abweichender Regelungen über Notfallbereitschaften durch Verordnung der Bezirksverwaltungsbehörde ermächtigt. Der Antrag bezieht sich somit nicht (mehr) auf die im Entscheidungszeitpunkt des VfGH geltende Fassung der Vorschrift und ist daher nicht (mehr) zulässig. Daran ändert der Umstand nichts, dass die übrigen Absätze des nunmehrigen §8 ApothekenG idF BGBl I 16/2020 wörtlich unverändert blieben.
Zum Zeitpunkt der Erlassung der bekämpften Verordnung bestand keine gesetzliche Vorschrift, die die Kundmachung von Verordnungen nach dem ApothekenG im Allgemeinen bzw von solchen nach §8 leg cit im Besonderen regelte. Wie aus der "Ergeht-an"-Verfügung der angefochtenen Verordnung hervorgeht, wurde der Text dieser Verordnung an zehn konkret bezeichnete Apotheken sowie an die Niederösterreichische Apothekerkammer und an die Arbeiterkammer für Niederösterreich übermittelt. Eine über diese individuelle Versendung hinausgehende, allgemeine Kundmachung ist nicht erfolgt. Die angefochtene Verordnung ist durch ihre individuelle Übermittlung an die bezeichneten Apotheken bzw Organisationen zwar in rechtliche Existenz getreten, die beschriebene Vorgangsweise entspricht jedoch nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine gehörige Kundmachung. Die individuelle Übermittlung des Verordnungstextes an ausgewählte Empfänger ist mit dem Wesen der Kundmachung einer generellen Norm nicht vereinbar. Dieser Kundmachungsmangel betrifft nicht nur die im vorliegenden Fall zulässigerweise angefochtenen Bestimmungen der in Rede stehenden Verordnung, sondern vielmehr die gesamte Verordnung. Da kein Fall des Art139 Abs3 letzter Satz B-VG vorliegt, ist daher die gesamte Verordnung aufzuheben.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Verordnung Kundmachung, Apotheken, Öffnungszeiten, Geltungsbereich (zeitlicher) eines Gesetzes, VfGH / Individualantrag, VfGH / PrüfungsumfangEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2020:G130.2020Zuletzt aktualisiert am
25.08.2021