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32/01 Finanzverfahren, allgemeines AbgabenrechtNorm
B-VG Art7 Abs1Leitsatz
Verletzung im Gleichheitsrecht durch Abweisung eines Antrags auf Verfahrenshilfe in einem Verfahren nach der BAO mangels Berücksichtigung der individuellen Fähigkeiten des Antragstellers als besondere Schwierigkeiten rechtlicher ArtRechtssatz
In verfassungskonformer Auslegung schließt §292 Abs1 BAO die Gewährung von Verfahrenshilfe im Einzelfall nicht schon deshalb aus, weil objektiv keine komplexe, besonders schwierige Frage rechtlicher Art vorliegt. In verfassungskonformer Auslegung können zum einen auch besondere Schwierigkeiten bei der Ermittlung des rechtserheblichen Sachverhaltes, also Fragen tatsächlicher Natur, einen Anspruch auf Verfahrenshilfe begründen, zumal Tatsachenfragen regelmäßig in Rechtsfragen münden; und zum anderen sind stets auch die Fähigkeiten des betroffenen Antragstellers zu berücksichtigen, sein Anliegen wirksam zu vertreten (VfGH 26.06.2020, G302/2019).
Indem das Bundesfinanzgericht einen Anspruch auf Verfahrenshilfe allein mit dem Hinweis auf die Einfachheit der Rechtsfrage versagt hat, ohne auf die subjektiven Fähigkeiten der Person des Antragstellers einzugehen, hat es der Vorschrift des §292 BAO einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt.
Dabei ist unerheblich, ob der Sachverhalt im Beschwerdeverfahren in den Anwendungsbereich des Unionsrecht fällt, da der Gesetzgeber die Vorschrift des §292 BAO im Hinblick auf das Konzept des Art47 Abs3 GRC verfassungskonform ausgestaltet hat, nicht aber deren Anwendung auf Fälle eingeschränkt hat, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechtes fallen.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Finanzverfahren, Verfahrenshilfe, VfGH / AnlassfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2020:E2851.2018Zuletzt aktualisiert am
17.07.2020