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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
ÄrzteG 1998 §117c Abs1 Z6Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über den Antrag des Dr. M P in W, vertreten durch Rechtsanwälte Morent & Morent Partnerschaft in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, auf Entscheidung eines Kompetenzkonflikts zwischen dem Verwaltungsgericht Wien und dem Bundesverwaltungsgericht, betreffend Eintragung in die Ärzteliste (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsident der Österreichischen Ärztekammer), zu Recht erkannt:
Spruch
1. Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Entscheidung über die Beschwerde des Antragstellers gegen den Bescheid des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer vom 13. Juli 2016, BÄL 42/2015/13072016-Mag.Sch, betreffend Eintragung in die Ärzteliste, zuständig.
2. Der entgegenstehende Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Dezember 2016, W136 2134466-1/2E, wird aufgehoben.
Begründung
1 Mit Bescheid des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer vom 13. Juli 2016, BÄL 42/2015/13072016-Mag.Sch, wurde der Antrag des Antragstellers auf Eintragung in die Ärzteliste gemäß § 27 Abs. 10 ÄrzteG 1998 abgewiesen.
2 Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller Beschwerde, die dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt wurde.
3 Mit Beschluss vom 1. Dezember 2016, W136 2134466-1/2E, wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde wegen Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zurück und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig ist.
Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass es sich um ein Verfahren gemäß § 117c Abs. 1 Z 6 ÄrzteG handle; solche Verfahren würden von der Ärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich geführt. Mit näherer Begründung kam das Bundesverwaltungsgericht schließlich zum Ergebnis, dass Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes vorliege, da ein Selbstverwaltungskörper im übertragenen Wirkungsbereich in einer Angelegenheit entschieden habe, die in mittelbarer Bundesverwaltung zu vollziehen sei. Dies könne nicht als Fall der unmittelbaren Bundesverwaltung im Sinne des Art. 131 Abs. 2 B-VG gesehen werden.
4 Gegen diesen Beschluss wurde von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens keine Revision erhoben.
5 Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien vom 13. Juni 2019, Zl. VGW-172/092/2313/2017-8, wurde die Beschwerde des Antragstellers wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes Wien zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig ist.
6 Begründend führte das Verwaltungsgericht Wien im Wesentlichen aus, dass unter Berücksichtigung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 13. März 2019, G 242/2018 ua, für den vorliegenden Fall, der weder Anlassfall des verfassungsgerichtlichen Erkenntnisses noch „Quasi-Anlassfall“ sei, das Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung zuständig sei.
7 Gegen diesen Beschluss wurde von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens keine Revision erhoben.
8 Mit dem nun vorliegenden Antrag beantragt der Antragsteller die Entscheidung eines verneinenden Kompetenzkonflikts zwischen dem Bundesverwaltungsgericht und dem Verwaltungsgericht Wien.
9 Der Verwaltungsgerichtshof stellte den Antrag dem Bundesverwaltungsgericht, dem Verwaltungsgericht Wien und der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht zu, die die Verfahrensakten vorlegten und von einer weiteren Äußerung Abstand nahmen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
10 Gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 3 B-VG erkennt der Verwaltungsgerichtshof (unter anderem) über Kompetenzkonflikte zwischen Verwaltungsgerichten.
11 Gemäß § 71 VwGG sind im Verfahren zur Entscheidung von Kompetenzkonflikten zwischen Verwaltungsgerichten die §§ 43 bis 46, 48, 49, 51 und 52 des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 (VfGG) sinngemäß anzuwenden.
12 Nach § 51 VfGG hat das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes über die Kompetenz auch die Aufhebung der diesem Erkenntnis entgegenstehenden behördlichen Akte auszusprechen.
13 Der vorliegende Antrag auf Entscheidung des Kompetenzkonfliktes ist zulässig, da beide beteiligten Verwaltungsgerichte ihre Zuständigkeit förmlich mittels nicht mehr mit Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpfbaren Beschlüssen abgelehnt haben (vgl VwGH 19.5.2015, Ko 2014/03/0001, sowie VwGH 18.2.2015, Ko 2015/03/0001).
14 Die Beschwerde des Antragstellers richtete sich gegen einen Bescheid des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer, der gemäß § 27 Abs. 10 ÄrzteG 1998 über die Eintragung in die Ärzteliste entschieden hatte. Dabei hatte er „im Rahmen des Verfahrens gemäß § 117c Abs. 1 Z 6“ (im übertragenen Wirkungsbereich) mit Bescheid zu entscheiden.
15 Mit Erkenntnis vom 13. März 2019, G 242/2018 ua, hat der Verfassungsgerichtshof unter anderem § 27 Abs. 10 ÄrzteG 1998 und die Wort- und Zeichenfolgen „1 und“ und „2“, „§ 4 Abs. 2 oder“ und „Eintragung in die oder“ in § 117c Abs. 1 Z 6 ÄrzteG 1998 als verfassungswidrig aufgehoben. Weiters hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Aufhebung mit Ablauf des 31. August 2020 in Kraft tritt. Damit wurde unter anderem die Zuständigkeitszuweisung an den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich zur Eintragung in die Ärzteliste aufgehoben. In der Begründung dieses Erkenntnisses hat der Verfassungsgerichtshof auch ausgeführt, dass diese dem Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer vom Ärztegesetzgeber übertragenen Aufgaben der Eintragung in die Ärzteliste - in der durch den Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes fortgeltenden Fassung (Art. 140 Abs. 7 B-VG) - der unmittelbaren Bundesverwaltung zuzurechnen sind, woraus im Fall der Bekämpfung von Akten der Vollziehung die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes folgt (Art. 131 Abs. 2 B-VG; vgl. VfSlg. 19.953/2015).
16 Dieser Rechtsansicht ist auch der Verwaltungsgerichtshof gefolgt und hat einen Beschluss des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer über die Streichung aus der Ärzteliste als Tätigwerden im übertragenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer in unmittelbarer Unterordnung unter den zuständigen Bundesminister und damit als Tätigwerden in einer Angelegenheit der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von einer Bundesbehörde besorgt wird, im Sinne des Art. 131 Abs. 2 B-VG qualifiziert, sodass für die Entscheidung über eine dagegen erhobene Beschwerde das Bundesverwaltungsgericht zuständig ist (VwGH 24.4.2019, Ro 2019/11/0004). Dasselbe hat in einem Fall zu gelten, der nicht die Streichung aus der Ärzteliste, sondern wie hier die Eintragung in die Ärzteliste betrifft.
17 Für die Entscheidung über die Beschwerde des Antragstellers gegen den Bescheid des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer vom 13. Juli 2016, betreffend Eintragung in die Ärzteliste, ist daher das Bundesverwaltungsgericht zuständig.
18 Der entgegenstehende Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 1. Dezember 2016, W136 2134466-1/2E, war daher nach § 71 VwGG in Verbindung mit § 51 VfGG aufzuheben.
19 Diese Entscheidung konnte auf dem Boden des § 71 VwGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden (vgl VwGH 19.5.2015, Ko 2014/03/0001).
20 Ein Antrag auf Zuspruch von Aufwandersatz wurde vom Antragsteller nicht gestellt.
Wien, am 5. Juni 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:KO2020030001.K00Im RIS seit
17.07.2020Zuletzt aktualisiert am
17.07.2020