TE Vwgh Erkenntnis 2020/6/9 Ra 2020/10/0016

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.06.2020
beobachten
merken

Index

E1P
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
40/01 Verwaltungsverfahren
70/04 Schulzeit
70/08 Privatschulen

Norm

AVG §13 Abs1
AVG §56
AVG §58
AVG §59 Abs1
AVG §60
AVG §68 Abs1
B-VG Art130 Abs1 Z3
MRK Art6
PrivSchG 1962 §18 Abs6
SchulzeitG 1985 §2 Abs1
VwGG §39 Abs2 Z6
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §8 Abs1
VwRallg
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision der Bildungsdirektion Wien gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Dezember 2019, W227 2221045-1/3E und W227 2226197-1/2E, betreffend einen Subventionsantrag nach dem Privatschulgesetz (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde: Bildungsdirektion Wien; mitbeteiligte Partei: I G in W, vertreten durch MMag. Michael Krenn, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Museumstraße 5/19), zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird hinsichtlich Spruchpunkt A) II. des angefochtenen Erkenntnisses (Subvention für das Schuljahr 2014/15) Folge gegeben und das angefochtene Erkenntnis dahingehend abgeändert, dass die von der mitbeteiligten Partei erhobene Säumnisbeschwerde als unzulässig zurückgewiesen wird.

Im Übrigen wird die Revision abgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheid der Bundesministerin für Bildung und Frauen vom 26. Juni 2014 wurde einer näher genannten konfessionellen Schule (im Folgenden: Schule) für das Schuljahr 2013/14 das Öffentlichkeitsrecht gemäß § 14 Abs. 2 und § 15 Privatschulgesetz (im Folgenden: PrivSchG) verliehen.

2        Am 30. Juni 2014 beantragte die mitbeteiligte Partei die Subventionierung der Schule für das Schuljahr 2013/14 gemäß § 18 Abs. 5 PrivSchG.

3        Mit Bescheid vom 18. Juli 2014 wies die Revisionswerberin diesen Antrag mit der Begründung ab, dass es sich weder um eine konfessionelle Schule iSd § 17 Abs. 2 PrivSchG handle, noch um eine Privatschule mit eigenem Organisationsstatut, die mit einer Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung vergleichbar sei.

4        Dagegen erhob die mitbeteiligte Partei mit Schriftsatz vom 6. August 2014 Beschwerde, die sie mit dem nochmaligen Ersuchen „um Subventionierung [...] für die [Schule] für das Schuljahr 2013/14 und die nachfolgenden Schuljahre“ schloss.

5        Mit Schreiben vom 24. September 2014 legte die Revisionswerberin dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) diese Beschwerde vor, worin sie auf die Ausführungen in der Beschwerde replizierte.

6        Mit Schriftsatz vom 24. November 2014 ergänzte die mitbeteiligte Partei ihre Bescheidbeschwerde.

7        Mit Beschluss vom 7. April 2015 behob das BVwG den angefochtenen Bescheid und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Revisionswerberin zurück. Darin ging das BVwG davon aus, dass der mitbeteiligten Partei ein Rechtsanspruch auf Gewährung von Subventionen zum Lehrerpersonalaufwand zukomme.

8        Mit Bescheid der Bundesministerin für Bildung und Frauen vom 22. Mai 2015 wurde der Schule für das Schuljahr 2014/15 das Öffentlichkeitsrecht gemäß § 14 Abs. 2 und § 15 Privatschulgesetz verliehen.

9        Am 14. Juli 2015 übermittelte die mitbeteiligte Partei (nach mehrmaliger Verbesserung) die Anträge auf Subventionierung der Schule für das Schuljahr 2014/15 (datiert mit 8. Juli 2015) und für das Schuljahr 2015/16 (datiert mit 14. Juli 2015).

10       Am 21. Juli 2015 fand bei der Revisionswerberin eine Besprechung mit der mitbeteiligten Partei zu deren verschiedenen Subventionsansuchen statt. Im Zuge dieser Besprechung wurde unter anderem erörtert, dass aufgrund des Ansuchens um Subventionierung für das Schuljahr 2014/15 ausgehend vom frühesten Datum 8. Juli 2015 Lehrerdienstposten für das betreffende Schuljahr für August 2015 festzusetzen seien.

11       Mit Bescheid der Revisionswerberin vom 25. November 2015 wurde gemäß § 18 Abs. 1 und 6 PrivSchG ausgesprochen, dass der Schule für das Schuljahr 2013/14 125,5 Lehrerwochenstunden und für das Schuljahr 2014/15 149,5 Lehrerwochenstunden zukämen. Begründend wurde ausgeführt, für das Schuljahr 2013/14 sei eine Subventionierung aufgrund der Antragstellung vom 30. Juni 2014 nur für die Monate Juli und August 2014 möglich, für das Schuljahr 2014/15 nur für den Monat August 2015, weil die Antragstellung erst mit Schreiben vom 8. Juli 2015 erfolgt sei.

12       Mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2015 erhob die mitbeteiligte Partei Beschwerde gegen diesen Bescheid.

13       Mit Erkenntnis vom 29. September 2016 wies das BVwG im ersten Spruchpunkt die Beschwerde „hinsichtlich des zeitlichen Ausmaßes der Anspruchsberechtigung“ als unbegründet ab und gab im zweiten Spruchpunkt der Beschwerde „hinsichtlich des betraglichen Ausmaßes der Subventionen“ statt, wobei es diesbezüglich gleichzeitig die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Revisionswerberin zurückverwies. Begründend führte das BVwG aus, gemäß § 18 Abs. 6 PrivSchG werde die Feststellung der den einzelnen konfessionellen Schulen zukommenden Lehrerdienstposten mit Beginn des auf die Einbringung des Antrages folgenden Monatsersten wirksam. Somit habe die Revisionswerberin aufgrund des Antrages der mitbeteiligten Partei vom 30. Juni 2014 für das Schuljahr 2013/14 zu Recht die Feststellung der Subventionsberechtigung mit Wirksamkeit 1. Juli 2014 ausgesprochen. Der für das Schuljahr 2014/15 gestellte Antrag vom 8. Juli 2015, per Mail vom 14. Juli 2015 eingebracht, führe daher zu einer Wirksamkeit der Subventionierung ab 1. August 2015. Die Aufhebung und Zurückverweisung begründete das BVwG mit Begründungsmängeln hinsichtlich der Höhe der Subventionen; die dazu ergangenen internen behördlichen Berechnungen seien weder in die Bescheidbegründung eingeflossen noch dem Parteiengehör unterworfen worden.

14       Mit Bescheid der Revisionswerberin vom 10. Februar 2017 wurde - wortgleich mit dem ursprünglichen Bescheid vom 25. November 2015 - ausgesprochen, dass der Schule für das Schuljahr 2013/14 125,5 Lehrerwochenstunden und für das Schuljahr 2014/15 149,5 Lehrerwochenstunden zukämen. Dieser Bescheid blieb unbekämpft.

15       Mit Schriftsatz vom 28. Jänner 2019 beantragte die mitbeteiligte Partei die Entscheidungsfällung über ihren Antrag vom 6. August 2014. Sämtliche Entscheidungen betreffend das Schuljahr 2014/15 seien lediglich auf Basis des Antrages vom 8. Juli 2015 gefällt worden, weshalb der Antrag vom 6. August 2014 nach wie vor unerledigt sei. Begründend verwies die mitbeteiligte Partei auf das beigelegte Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 9. November 2018, 16 Cg 38/17a, womit eine Schadenersatzklage des Schulerhalters gegen die mitbeteiligte Partei abgewiesen worden sei. Der Kläger habe Schadenersatz begehrt, weil die mitbeteiligte Partei die Anträge für die Subventionsgewährung für die Schuljahre 2013/14 und 2014/15 jeweils schuldhaft verspätet gestellt habe. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen habe ausgeführt, die mitbeteiligte Partei habe am 6. August 2014 nicht nur einen Antrag für das Schuljahr 2013/14, sondern „jedenfalls auch für das nachfolgende Schuljahr 2014/2015“ gestellt. Der Antrag vom 6. August 2014 sei noch unerledigt. Die Subventionierung für nur einen Monat des Schuljahres 2014/15 sei zu Unrecht erfolgt.

16       Mit Bescheid vom 13. Mai 2019 wies die Revisionswerberin den Antrag auf Förderung der Schule für das Schuljahr 2014/15 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Begründend führte die Revisionswerberin aus, die rechtskräftigen Entscheidungen für das Schuljahr 2014/15 widerlegten das Vorbringen der mitbeteiligten Partei, wonach der verfahrensgegenständliche Antrag vom 6. August 2014 noch offen sei. Da über die Subventionierung bereits im zeitlichen Ausmaß (Bescheid vom 25. November 2015, bestätigt durch das BVwG mit Erkenntnis vom 29. September 2016) und im betraglichen Ausmaß (Bescheid vom 10. Februar 2017) rechtskräftig abgesprochen worden sei, sei „die Beschwerde“ wegen entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen.

17       Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei mit Schriftsatz vom 1. Juni 2019 Beschwerde.

18       Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 6. Dezember 2019 behob das BVwG den bekämpften Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit (Spruchpunkt A) I.). Außerdem sprach es aus, dass der Schule mit Wirksamkeit vom 1. September 2014 für das Schuljahr 2014/15 149,5 Lehrerwochenstunden zukämen (Spruchpunkt A) II.). Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte es für nicht zulässig (Spruchpunkt B).

19       Begründend führte das BVwG aus, der „Antrag auf Erledigung des anhängigen Förderantrags“ sei als Säumnisbeschwerde zu werten. Die Revisionswerberin habe den Bescheid nicht innerhalb der in § 16 Abs. 1 VwGVG dafür vorgesehenen Frist von drei Monaten erlassen. Die aus diesem Grund eingetretene Unzuständigkeit sei von Amts wegen aufzugreifen. Die Säumnisbeschwerde sei zulässig, da über den Antrag vom 6. August 2014 nicht binnen sechs Monaten entschieden worden sei. Die Verzögerung der Entscheidung sei auf ein überwiegendes Verschulden der Revisionswerberin zurückzuführen, da diese die erforderlichen Verfahrensschritte nicht gesetzt habe. Die mitbeteiligte Partei habe im Rahmen der Beschwerde vom 6. August 2014 eine Subventionierung jedenfalls auch für das Schuljahr 2014/15 beantragt. Dies mit Wirksamkeit vom 1. September 2014, weil das Schuljahr 2014/15 gemäß § 2 Abs. 1 Schulzeitgesetz in Wien am 1. September 2014 begonnen habe. Mit Erkenntnis des BVwG vom 29. September 2016 und Bescheid der Revisionswerberin vom 10. Februar 2017 seien spruchgemäß lediglich die der Schule zukommenden Lehrerdienstposten festgestellt worden, nicht aber, ab welchem Monat die Subventionsberechtigung für das Schuljahr 2014/15 wirksam werde (Hinweis auf § 18 Abs. 6 PrivSchG). Lediglich in der Begründung sei ausgeführt worden, dass eine Subventionierung nur für August 2015 möglich wäre. Es fehle die rechtskräftige Feststellung, ab wann der Subventionsanspruch für das Schuljahr 2014/15 wirksam sei, weshalb schon deshalb keine res iudicata im Sinne des § 68 AVG vorliege.

20       Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision der belangten Behörde. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

21       In der Amtsrevision wird im Wesentlichen vorgebracht, es sei keine Säumnis eingetreten, weshalb auch keine Unzuständigkeit der belangten Behörde bestanden habe. Einen Antrag vom 6. August 2014 auf Subventionierung für das Schuljahr 2014/15 habe es nämlich nicht gegeben, weil der vom BVwG nun als Antrag gewertete, in einem Beschwerdeschriftsatz geäußerte Nachsatz „und die nachfolgenden Schuljahre“ vom BVwG in keinem der bisherigen Verfahrensgänge aufgegriffen worden sei. Weder sei eine Weiterleitung dieses „Antrags“ nach § 6 AVG erfolgt, noch habe das BVwG begründet, warum es diesbezüglich nunmehr von einem Antrag ausgehe. Über den Subventionszeitraum, nämlich das Schuljahr 2014/15, sei zudem jedenfalls mit rechtskräftig gewordenem Erkenntnis des BVwG vom 29. September 2016 sowie mit dem rechtskräftig gewordenen Bescheid der Revisionswerberin vom 10. Februar 2017 abgesprochen worden. Inhaltlich sei damit der „Antrag vom 6. August 2014“ - sollte man von einem solchen ausgehen - jedenfalls miterledigt worden. Der gegenständliche Antrag vom 6. Februar 2019, mit dem erneut um Subventionierung für das Schuljahr 2014/15 angesucht worden sei, sei daher zu Recht nach § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden. Das BVwG habe diesen Antrag fälschlich als Säumnisbeschwerde qualifiziert und rechtswidrig eine Entscheidung in der Sache selbst getroffen. Es habe durch die Entscheidung in der Sache selbst gegen näher bezeichnete Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verstoßen, wonach nur im Fall einer zulässigen und berechtigten Säumnisbeschwerde nach Vorlage derselben oder nach ungenütztem Ablauf der Nachfrist des § 16 Abs. 1 VwGVG ein Übergang der Zuständigkeit stattfinde. Außerdem verstoße das Erkenntnis gegen näher zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Rechtskraft der Entscheidungen über die Subventionierung für das Schuljahr 2014/15 einer neuerlichen Sachentscheidung entgegen stehe.

22       Die Amtsrevision erweist sich hinsichtlich beider Spruchpunkte im Hinblick auf die Beurteilung der Säumnis der Revisionswerberin als zulässig.

23       Zunächst ist die Frage zu klären, ob es sich bei dem von der mitbeteiligten Partei gestellten „Antrag auf Erledigung des anhängigen Förderantrags“ - wie das BVwG ausgeführt hat - um eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht iSd Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) oder - wie in der Revision angesprochen - um einen neuen Antrag auf Subventionierung für das Schuljahr 2014/15 handelt.

24       Der Schriftsatz der mitbeteiligten Partei vom 28. Jänner 2019 wurde als „Antrag auf Erledigung des anhängigen Förderantrags“ bezeichnet und bei der Revisionswerberin eingebracht. Es wurde „ausdrücklich die Entscheidungsfällung über den gegenständlichen Antrag vom 6.8.2014 beantragt“. Es kann nach dem Inhalt des gesamten Schriftsatzes, der mehrfach auf die bereits am 6. August 2014 beantragte Subvention für das Folgejahr 2014/15 abstellt, keinem Zweifel unterliegen, dass damit die Entscheidung über diesen Antrag begehrt wird. Es handelt sich bei diesem Schriftsatz daher um eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) und nicht um einen neuen Antrag auf Gewährung einer Subvention für das Schuljahr 2014/15.

25       Dementsprechend hat die Revisionswerberin mit ihrem Bescheid vom 13. Mai 2019 auch nicht über einen - nicht gestellten - Antrag vom 28. Jänner 2019 entschieden, sondern in der Begründung als Verfahrensgegenstand den Antrag vom 6. August 2014 angeführt.

26       Die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde setzt die Säumnis der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde voraus, deren Entscheidungspflicht geltend gemacht wird, und somit die Verpflichtung dieser Behörde, über den bei ihr eingebrachten Antrag mittels Bescheid zu entscheiden. Fehlt es an der Säumnis der Behörde, so ist die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen (vgl. VwGH 28.3.2019, Ra 2018/14/0286; 10.12.2018, Ro 2018/12/0017).

27       Es ist daher in einem nächsten Schritt zu prüfen, ob eine Säumnis der Behörde vorliegt. Diesbezüglich ist insbesondere relevant, ob bzw. inwieweit bereits eine Antragserledigung vorliegt.

28       Das BVwG qualifizierte das Begehren der mitbeteiligten Partei vom 6. August 2014 als Antrag auf Gewährung einer Subvention für das Schuljahr 2014/15.

29       Unstrittig stellte die mitbeteiligte Partei auch mit Schreiben vom 8. Juli 2015 einen Antrag auf Subventionierung für das Schuljahr 2014/15.

30       Aufgrund des zuletzt genannten Antrages sprach die Revisionswerberin mit Bescheid vom 25. November 2015 - soweit das hier in Rede stehende Schuljahr betreffend - über die Subventionierung der Schule für das Schuljahr 2014/15 dahingehend ab, dass ihr für dieses Schuljahr 149,5 Lehrerwochenstunden zukämen. Mit Erkenntnis vom 29. September 2016 wies das BVwG die dagegen von der mitbeteiligten Partei erhobene Beschwerde „im zeitlichen Ausmaß“ ab. Diese Abweisung des BVwG ist so zu werten, als ob es diesbezüglich eine mit dem angefochtenen Bescheid vom 25. November 2015 im Spruch übereinstimmende Entscheidung getroffen hätte (vgl. VwGH 26.8.2019, Ro 2018/10/0036). Es hat daher im Spruch seiner Entscheidung ausgesprochen, dass der mitbeteiligten Partei für das Schuljahr 2014/15 eine - aufgrund der Aufhebung des Bescheides „hinsichtlich des betraglichen Ausmaßes“ und diesbezüglicher Zurückverweisung an die Behörde - noch zu bestimmende Anzahl an Lehrerwochenstunden zukommt.

31       Mit Ersatzbescheid der Revisionswerberin vom 10. Februar 2017 wurde erneut festgestellt, dass der Schule für das Schuljahr 2014/15 149,5 Lehrerwochenstunden zukämen.

32       Was Gegenstand eines in Rechtskraft erwachsenen Bescheides einer Behörde ist, bestimmt sich ausschließlich nach dem Inhalt des Spruches des Bescheides. Nur er erlangt rechtliche Geltung (Verbindlichkeit) und legt dadurch die Grenzen der Rechtskraft fest. Die Bescheidbegründung spielt hierfür nur insoweit eine Rolle, als (auch) sie zu der (nach den für Gesetze maßgebenden Regeln vorzunehmenden) Auslegung (Deutung), nicht aber zur Ergänzung eines in sich unklaren Spruches heranzuziehen ist (vgl. VwGH 8.3.2019, Ra 2019/11/0024, mwN).

33       Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt eine Auslegung des Spruchs eines Bescheides nach dessen Begründung nur in jenen Fällen in Betracht, in denen der Spruch für sich allein Zweifel an seinem Inhalt offen lässt. Dagegen kommt eine Umdeutung (oder auch Ausweitung) eines klar gefassten Spruches anhand der Begründung des Bescheides nicht in Betracht. Ist somit der Spruch des Bescheides eindeutig, dann kommt der Begründung eine den Inhalt des Bescheides modifizierende Wirkung nicht zu. Selbst ein Widerspruch der Begründung zum Spruch ist unerheblich, wenn nach dem Wortlaut des Spruches eines Bescheides über dessen Inhalt kein Zweifel herrschen kann. Eine über den formalen Spruchinhalt hinausgehende Gesamtbetrachtung von Spruch und Begründung findet somit ihre Grenze dann, wenn der formale Spruchinhalt durch Ausführungen im Begründungsteil nicht ergänzt bzw. komplettiert wird, sondern mit diesem in Widerspruch gerät (vgl. VwGH 25.10.2018, Ra 2018/09/0110, mwN).

34       Der hier maßgebliche Spruch lautet dahingehend, dass der Schule für das Schuljahr 2014/15 149,5 Lehrerwochenstunden für Lehrkräfte zukommen.

35       Gemäß § 2 Abs. 1 Schulzeitgesetz beginnt das Schuljahr in den Bundesländern Burgenland, Niederösterreich und Wien am ersten Montag im September und dauert bis zum Beginn des nächsten Schuljahres.

36       Bei der verfahrensrelevanten Schule handelt es sich um eine Schule in Wien. Nach Kalenderdaten bedeutet das, dass das Schuljahr 2014/15 am 1. September 2014 begonnen und am 6. September 2015 geendet hat.

37       Der Spruch, mit dem der Schule eine Subvention von Lehrerwochenstunden „für das Schuljahr 2014/15“ zuerkannt wurde, ist somit in zeitlichem Umfang bestimmt, weil § 2 Abs. 1 Schulzeitgesetz festlegt, was unter einem Schuljahr zu verstehen ist. Der Begriff „Schuljahr“ umfasst einen für alle Schulen bzw. Schüler generell bestimmten Zeitraum (VwGH 20.6.1994, 94/10/0061). Aufgrund der ausreichenden Bestimmtheit des Spruchs ist im Sinn der oben wiedergegebenen Judikatur die Begründung nicht zur Auslegung des normativen Inhaltes heranzuziehen. Es ist daher unerheblich, dass in der Begründung des Erkenntnisses des BVwG vom 29. September 2016 ausgeführt ist, dass von einer Wirksamkeit der Feststellung der der Schule zukommenden Lehrerwochenstunden für das Schuljahr 2014/15 mit 1. August 2015 ausgegangen werde. Eine solche Festlegung hätte, um Verbindlichkeit zu erlangen, im Spruch des Erkenntnisses erfolgen müssen. Dass § 18 Abs. 6 PrivSchG normiert, dass die Feststellung der den einzelnen konfessionellen Schulen zukommenden Lehrerdienstposten mit Beginn des auf die Einbringung des Antrages folgenden Monatsersten wirksam wird, sofern der Antrag jedoch für ein bevorstehendes Schuljahr oder einen bevorstehenden Teil eines Schuljahres vorgelegt wird, frühestens mit Beginn des Schuljahres beziehungsweise des Teiles des Schuljahres, ersetzt nicht die Konkretisierung des Wirksamkeitsbeginns der Subventionierung im Einzelfall im Spruch der Entscheidung.

38       Für den vorliegenden Fall ist daher davon auszugehen, dass der Schule Lehrerwochenstunden für das gesamte Schuljahr 2014/15 (von 1. September 2014 bis 6. September 2015) rechtskräftig zuerkannt wurden.

39       Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem vom BVwG als Antrag qualifizierten Begehren vom 6. August 2014 um einen die Entscheidungspflicht der Behörde auslösenden Antrag handelt, weil über diesen keinesfalls mehr abgesprochen hätte werden dürfen:

40       Läge ein solcher Antrag vor, so wäre sein Antragsgegenstand, nämlich die Subventionierung für das Schuljahr 2014/15, bereits in dem anlässlich des inhaltsgleichen Antrages vom 8. Juli 2015 durchgeführten Verfahren miterledigt worden. Über einen gestellten Antrag kann seiner Natur nach nur einmal entschieden werden, gleichgültig, ob er einmal oder mehrmals an die Behörde herangetragen wird (vgl. z.B. VwGH 15.9.2003, 2003/10/0196). Denselben Antrag wiederholende Eingaben bilden eine Einheit, sodass nur ein Antrag desselben Inhalts vorliegt (VwGH 29.2.2012, 2011/10/0137).

41       Wurde aber über diesen, mit dem Antrag vom 8. Juli 2015 eine Einheit bildenden, Antrag bereits rechtskräftig entschieden, so lag der Revisionswerberin kein offener Antrag zum Schuljahr 2014/15 mehr vor, sodass ihr Bescheid vom 13. Mai 2019 ohne Vorliegen eines dafür erforderlichen Antrages ergangen wäre.

42       Wäre das Begehren vom 6. August 2014 dagegen nicht als Antrag zu qualifizieren, so hätte darüber nicht förmlich entschieden werden dürfen. Auch insoweit hätte die Revisionswerberin ihren Bescheid vom 13. Mai 2019 ohne Vorliegen eines dafür erforderlichen Antrages erlassen.

43       Der Bescheid der Revisionswerberin vom 13. Mai 2019, mit dem der Antrag vom 6. August 2014 wegen res iudicata zurückgewiesen worden war, wurde daher vom BVwG im Ergebnis zu Recht wegen Unzuständigkeit der Revisionswerberin behoben, weil kein entsprechender Antrag (mehr) vorlag (vgl. VwGH 13.2.2020, Ra 2018/01/0402; 26.1.2012, 2011/21/0266; 29.1.1979, 1088/78).

44       Die Revision war daher, soweit sie sich gegen die Aufhebung der Zurückweisungsentscheidung der Revisionswerberin (Spruchpunkt A.) I. des angefochtenen Erkenntnisses) richtet, abzuweisen.

45       Was die inhaltliche Entscheidung des BVwG über den Antrag vom 6. August 2014 (Spruchpunkt A) II. des angefochtenen Erkenntnisses) betrifft, für die sich das BVwG infolge der eingebrachten Säumnisbeschwerde als zuständig geworden betrachtete, so übersieht das BVwG, dass - wie oben dargelegt - über den Subventionsantrag für das Schuljahr 2014/15 bereits rechtskräftig entschieden wurde. Da im Zeitpunkt der Einbringung der Säumnisbeschwerde kein unerledigter Antrag vorlag, ist das Vorliegen einer Säumnis der belangten Behörde zu verneinen, weshalb sich die Säumnisbeschwerde als unzulässig erweist und zurückzuweisen ist (vgl. VwGH 12.12.2019, Ra 2019/01/0249 bis 0250; 19.12.2018, Ra 2016/06/0109; 23.8.2017, Ra 2017/11/0150).

46       Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entscheiden, wenn sie entscheidungsreif ist und diese Entscheidung im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt. Dies ist hier der Fall. Der Verwaltungsgerichtshof hat somit von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und der Revision gemäß § 42 Abs. 1 und 4 VwGG aus den dargelegten Gründen im aufgezeigten Umfang Folge gegeben.

47       Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden, zumal schulrechtliche Angelegenheiten weder von Art. 6 EMRK noch von Art. 47 GRC erfasst sind (VwGH 24.4.2018, Ro 2018/10/0004, mwN).

Wien, am 9. Juni 2020

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Spruch Diverses Spruch und Begründung Trennbarkeit gesonderter Abspruch Zurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020100016.L02

Im RIS seit

17.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.07.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten