Kopf
Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 5. Juni 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden und den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm als weiteren Richter sowie die Rechtsanwälte Dr. Wippel und Dr. Strauss als Anwaltsrichter in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, AZ D 8/17, über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Vorsitzenden des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich vom 26. November 2018, GZ D 8/17-18, nach Einsichtnahme durch die Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH-Geo 2019 den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird dahin Folge gegeben, dass die vom Disziplinarbeschuldigten zu ersetzenden Pauschalkosten auf 400 Euro herabgesetzt werden.
Text
Gründe:
Mit Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich vom 16. Oktober 2017, AZ D 8/17, wurde Rechtsanwalt ***** der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung sowie der Verletzung von Ehre oder Ansehen des Standes schuldig erkannt, weil er einerseits auf seine Mandanten durch Androhung einer Strafanzeige unzulässig Druck ausgeübt und andererseits trotz einer pauschalen Honorarvereinbarung seine Tätigkeit nach Einzelleistungen abgerechnet hat.
Mit Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 6. November 2018, AZ 28 Ds 3/18g, wurde aus Anlass der Berufung des Disziplinarbeschuldigten die Unterstellung der Androhung einer Strafanzeige als Berufspflichtenverletzung ersatzlos aufgehoben, der Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld nicht Folge gegeben und die Geldbuße auf 2.000 Euro herabgesetzt. Weiters wurde der Beschuldigte auch zum Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens verpflichtet.
Mit Kostenbeschluss des Vorsitzenden des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich vom 26. November 2018 wurden die vom Disziplinarbeschuldigten zu ersetzenden Verfahrenskosten mit dem Betrag von 1.000 Euro festgesetzt.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Disziplinarbeschuldigten, mit der er beantragt, ihm die Kosten zu erlassen bzw diese für uneinbringlich zu erklären oder zumindest deutlich geringer zu bestimmen.
Gemäß § 41 Abs 2 DSt sind die Pauschalkosten nach Maßgabe des Umfangs und des Ausgangs des Verfahrens unter Vermeidung unbilliger Härten zu bemessen; sie dürfen fünf Prozent des in § 16 Abs 1 Z 2 DSt genannten Betrags, derzeit also 2.250 Euro nicht übersteigen. Die Pauschalkosten sind mit einem einzigen Betrag festzusetzen; zur Vermeidung unbilliger Härten ist auch die Leistungsfähigkeit des Disziplinarbeschuldigten zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0118083).
Der angefochtene Beschluss hat zwar zutreffend den Umfang des Verfahrens berücksichtigt, nämlich das Vorverfahren, eine Verhandlung in erster Instanz, den Schriftsatzaufwand im Rechtsmittelverfahren und eine Verhandlung im Rechtsmittelverfahren. Eine Prüfung, ob der sich daraus ergebende Betrag von 1.000 Euro eine unbillige Härte darstellen könnte, ist jedoch unterblieben. Wie der Disziplinarbeschuldigte ausführt und durch vorgelegte Urkunden bescheinigt, liegt sein Einkommen deutlich unter dem Durchschnitt. Unter Berücksichtigung dieses Umstands sind daher die von ihm zu ersetzenden Pauschalkosten auf 400 Euro herabzusetzen.
In § 41 DSt findet sich keine Grundlage dafür, die Kosten zu erlassen. Wenn auch keine Untergrenze normiert ist, so ist doch eine Maßeinheit der genannten Währung, somit zumindest ein Euro, anzusetzen, sodass eine Bemessung mit null Euro von vornherein nicht in Betracht kommt (RIS-Justiz RS0132215).
Soweit die Beschwerde begehrt, die Kosten des Verfahrens für uneinbringlich zu erklären (§ 391 Abs 2 StPO iVm § 77 Abs 3 DSt), fällt die Erledigung nicht in die Kompetenz des Obersten Gerichtshofs.
Zu dem mit der Beschwerde verbundenen Antrag des Disziplinarbeschuldigten auf nachträgliche Strafmilderung im Sinne des § 31a StGB ist anzumerken, dass darüber der Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich zu entscheiden haben wird (vgl § 410 Abs 1 StPO).
Textnummer
E128319European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:0280DS00001.19I.0605.000Im RIS seit
17.07.2020Zuletzt aktualisiert am
17.07.2020