TE Vwgh Erkenntnis 1998/2/25 93/12/0136

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Veröffentlicht am 25.02.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

AVG §52;
BDG 1979 §14;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde der H in F, vertreten durch Dr. Herwig Mayerhofer, Rechtsanwalt in Dornbirn, Bahnhofstraße 9/III, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 25. März 1993, GZ. 105693/III-33/92, betreffend Versetzung in den Ruhestand gemäß § 14 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die 1951 geborene Beschwerdeführerin steht aufgrund des angefochtenen Bescheides in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zum Bund. Ihre letzte Dienststelle war die Funküberwachungsstelle Bregenz bei der Post- und Telegraphendirektion Innsbruck.

Mit Bescheid der Dienstbehörde I. Instanz vom 21. Oktober 1991 wurde die Beschwerdeführerin mit Ablauf des 30. November 1991 in den Ruhestand versetzt. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, maßgebend dafür sei gewesen, daß die Beschwerdeführerin bei der elektronischen Bearbeitung der Funkbewilligungen eine weit über dem Durchschnitt liegende Anzahl von Fehlern begangen habe. Diese Fehler seien nicht nur Flüchtigkeitsfehler, sondern auch eigenmächtige Änderungen bereits rechtskräftiger Bewilligungen gewesen. Erschwerend sei dabei, daß die Beschwerdeführerin sich völlig uneinsichtig gezeigt habe. Aufgrund der "User-ID" ließen sich diese Fehler aber eindeutig der Beschwerdeführerin zuordnen. Desweiteren habe die Beschwerdeführerin Weisungen nur nach ihrem Gutdünken befolgt, teilweise diese als rechtswidrig bezeichnet. Ermahnungen hätten ihre Widerspenstigkeit nur noch gesteigert. An Besprechungen habe sie teilweise gar nicht teilgenommen, teilweise habe sie diese als vorzeitig beendet erklärt und sei eigenmächtig gegangen. Die Dienstzeit habe sie nur ungenügend eingehalten und dem Vorgesetzten Rechenschaft darüber verweigert. Darüber hinaus seien Kollegen von ihr haltlos verdächtigt und beschimpft worden. Ein Verbleiben der Beschwerdeführerin im Dienststand sei daher nicht zu rechtfertigen. Bei der Beschwerdeführerin liege eine grobe krankhafte geistig-seelische Störung vor; auch die Verwendung an einem gleichwertigen Arbeitsplatz sei nicht möglich.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit einem umfangreichen Schriftsatz vom 5. November 1991 Berufung, in der sie zunächst vorbrachte, die "Einleitung und die Durchführung eines Dienstrechtsverfahrens, wie dies in gegenständlicher Angelegenheit ... durchgeführt wurde, ist gesetzwidrig und daher einem Amtsmißbrauch gleichzusetzen". Begründend führte sie dazu aus, man habe ihr bereits kurz nach Beginn ihrer Tätigkeit im Postdienst regelmäßig Schwierigkeiten gemacht. Die Fehler, die ihr zur Last gelegt würden, seien daran gelegen, daß sie nach der Einarbeitungsphase sofort einen schwierigen Akt zur Behandlung bekommen hätte, und ihr die Vorschriften zur Behandlung eines Aktes vorenthalten worden seien. Es sei nicht wahr, daß sie keine Fehler einsehe, aber man habe Kleinigkeiten zu groben Fehlern absichtlich hochstilisiert. Weisungen habe sie immer befolgt, soweit sie die Arbeit beträfen. Einem Psychoterror wolle sie sich aber nicht aussetzen. Desgleichen habe sie Besprechungen nur verlassen, weil sie sich nicht beschimpfen lassen wolle, und dies des öfteren passiert sei. Die Dienstzeit habe sie immer eingehalten, aber sie wolle über ihr Fernbleiben nicht mehr Rechenschaft ablegen, als dies andere Bedienstete auch müßten. Die Verdächtigungen und Beschimpfungen seien in Wahrheit nur durch sinnentstellende Verdrehungen durch die Mitarbeiter entstanden. Als Beilage legte sie u.a. auch einen mit 4. Oktober 1991 datierten Ambulanzbefund des Landes-Nervenkrankenhauses Valduna (Rankweil) vor, wonach vorbehaltlich einer fehlenden Außenanamnese keine nervenärztlicherseits einordenbare Krankheitsstörung zu erheben sei. Die Verstimmungen seien im Rahmen der angegebenen Problematik verständlich, zeigten ebenfalls durchaus realitätsbezogene Züge auf, ohne im Sinne einer psychiatrischen Überwertung zu erscheinen. Empfohlen werde der Versuch der Sanierung der Problemsituation mit den von der Beschwerdeführerin bereits in Angriff genommenen Mitteln, sowie Gruppenpsychotherapie mit autogenem Training, um eventuell weitere Problembereiche zu entschärfen. Medikamentös scheine zum Zeitpunkt der Untersuchung nichts vonnöten zu sein.

Am 27. Februar 1992 beauftragte die belangte Behörde daraufhin Univ. Prof. Dr. Barolin mit der Erstellung eines psychiatrisch-neurologischen Fachgutachtens.

In seinem Gutachten vom 5. September 1992 führte der genannte Sachverständige aus wie folgt:

"Bei Frau S. zeigte sich primär ein geordnetes und intellektuell intaktes Bild ohne kognitive Defekte und ohne klare Zeichen einer Hirnleistungsschwäche. Dies entspricht auch unserem Ambulanzbefund vom 4.10.1991.

Aus Verlauf und eingehender Befassung einschließlich Akteneinsicht, Außenanamnesen etc. ist jedoch der seinerzeitige Befund um einige wesentliche Dimensionen zu ergänzen respektive zu revidieren wie folgt. Im Rahmen vielfacher weiterer Gespräche (wie sie durch die Begutachtung notwendig wurden) kamen die folgend noch näher besprochenen abnormen Inhalte schrittweise zum Ausdruck.

Überdies zeigte sich die Patientin in der nunmehrigen Untersuchungssituation wesentlich auffälliger als seinerzeit bei dem Ambulanzbefund. Damals wirkte sie völlig ruhig, gemessen, gelassen, klar in ihren Aussagen. Diesmal zeigte sie sich fahrig, gespannt, auch zittrig, aggressiv losfahrend und im Gespräch wesentlich weitschweifiger und weniger kohärent als seinerzeit. Dies stimmt sehr wohl mit dem auch aus der Anamnese und dem Schriftwechsel sich ergebenden Eindruck überein, daß eine deutliche Verschlechterung im allgemeinen Zustandsbild der Patientin zwischenzeitig eingetreten ist.

Es zeigte sich das Bild einer abnormen Persönlichkeitsentwicklung mit paranoid-querulatorischen Zügen. Diese Entwicklung scheint schon 1979 ihren Beginn genommen zu haben. Nach Übernahme eines neuen Arbeitsplatzes scheint dann für einige Jahre eine gewisse persönlichkeitsmäßige Konsolidierung eingetreten zu sein, welche durchaus auch mit der routinemäßig guten Personalbeschreibung in Einklang zu bringen ist. Anscheinend hat jedoch Ende der 80er-Jahre die intrapsychische Problematik der Patientin wieder exazerbiert und zu dem derzeitigen Zustand geführt.

Die paranoide Persönlichkeitsstörung ist durch folgende Merkmale geprägt: Eine übertriebene Empfindlichkeit auf Zurückweisung und Zurücksetzung, nachtragend bei Kränkungen oder Verletzungen mit Neigung zu ständigem Groll, Mißtrauen und eine starke Neigung, Erlebtes zu verdrehen, indem neutrale oder freundliche Handlungen anderer als feindlich oder verächtlich mißgedeutet werden, streitsüchtiges und beharrliches, situationsunangemessenes Bestehen auf eigenen Rechten, Neigung zu pathologischer Eifersucht, Tendenz zu überhöhtem Selbstwertgefühl in Verbindung mit ständiger Selbstbezogenheit, Inanspruchnahme durch Gedanken an Verschwörungen als Erklärungen für Ereignisse in der näheren Umgebung und in aller Welt (so die internationale Klassifikation psychischer Störungen ICD- 10).

Aus den eigen- und außenanamnestischen Angaben der Patientin wird dazu folgendes besonders angeführt, das die Zeichen der Irrationalität zum Teil möglicherweise auch wahnhaften Verkennung trägt.

1. Die vielfachen Angaben der Patientin, daß man ihr in das Datenverarbeitungssystem bewußt Fehler hineingemacht habe, kann lt. Auskunft der Sachkundigen nicht aufrechterhalten werden. Es sei das aufgrund der technischen Gegebenheiten gar nicht möglich. Auch auf mehrfache Vorhaltung dieser technischen Details bleibt jedoch Frau S. bei der Angabe, daß man ihr Fehler "hineingemacht habe", ohne die anderseits angeführten technischen Details irgendwie entkräften zu können. Es kann dies nur im Sinne der Unbeirrbarkeit wahnhafter Inhalte durch rationale Argumente gedeutet werden. Dies bezieht sich auf die derzeitige Situation.

2. Hinweise zur Wahrscheinlichkeit, daß auch schon 1979 Verkennungen respektive Beziehungs- und Beachtungsideen wahnhafter Prägung erfolgt sind, ergeben sich aus folgendem:

a) Auf der schriftlichen Eigendarstellung der Patientin Seite 6 schildert sie eine Beerdigung des Oberinspektors Siegfried W. Sie spricht von einer "eigenartigen Stille". Bei der weiteren Befragung zu dieser Angelegenheit gibt Patientin an, daß damals bewußt ein Graben gezogen wurde, damit die Angehörigen des Verstorbenen auf einer anderen Seite stehen müßten als die ehemaligen Mitarbeiter. Es sei ausdrücklich geplant gewesen, daß zwischen diesen beiden Menschengruppen kein Wortwechsel hätte stattfinden können und sollen. Auch das Stocken bei der Grabrede (etwas, das jeder von uns von Grabrednern kennt und keineswegs als abnorm auffaßt), sei ihr sehr merkwürdig und bedeutsam vorgekommen und hätte ihr angezeigt, daß hier keineswegs alles in Ordnung ist. - Aus dieser Beschreibung ist sehr wohl die Möglichkeit gegeben, daß im Rahmen der realen Situation eines Begräbnisses irrationale Beziehungs- und Beachtungsideen bei der Patientin aufgetaucht sind.

b) Auch hinsichtlich dem in ihrem Schriftsatz Seite 8, 9, erwähnten angedrohten Disziplinarverfahren über 3,5 Millionen Schillinge, dem sie nur entgehen könne, wenn sie sich versetzen läßt, ist nichts Bindendes greifbar. Es wurde ausdrücklich über ihre Postdienststelle unserseits eine Akteneinsicht ersucht, die jedoch nichts Betreffendes förderte. - Es muß auch als eher unwahrscheinlich angesehen werden, daß bei einer derartig hohen Summe einerseits ein Verfahren angedroht wird, von diesem jedoch anderseits dann Abstand genommen wird. Es ist jedenfalls darüber nichts akten- oder amtsbekannt (lt. Mitteilung Hofrat H. und spezielle Nachsuche in der betreffenden Angelegenheit).

3. Die von der Patientin geschilderten erotischen Annäherungen am Arbeitsplatz müssen primär keineswegs als wahnhaft und irrational erscheinen. Wir alle wissen, daß es erotische Annäherungen am Arbeitsplatz gibt. Die Möglichkeit einer einmaligen Annäherung und Abweisung erscheint möglich. Eine Schilderung, wie die Patientin sie jedoch gibt, daß sie nämlich durch ein halbes Jahr lang etwa 3x wöchentlich umarmt, betastet und in ein Hotel eingeladen worden sei, auch mehrfach mit ordinären Redensarten belästigt wurde (wie: "wenn sie hereinkommt, bekommt er einen Großen"), muß als unwahrscheinlich angesehen werden.

4. Auch die Angelegenheit mit den aufsteigenden Dämpfen in ihrem Zimmer deutet auf die Möglichkeit einer wahnhaften Verkennung hin. Lt. Mitteilung der Sachkundigen gebe es dort keine Batterien, aus denen Dämpfe aufsteigen könnten. Überdies seien in demselben Zimmer und an demselben Gang andere Angestellte gewesen, die nie etwas von Dämpfen bemerkt hätten. Überdies sei bekanntlich die Patientin erst 14 Tage später deshalb zum Augenarzt gegangen, der eine chronische Conjunctivitis festgestellt hat, keineswegs jedoch eine durch Verätzung entstandene Schädigung.

5. Auch die Mitteilung, daß jedesmal, wenn sie beim Büro des Herrn G. vorbeigegangen sei, dieser gerufen habe "giftige Dämpfe" und "peng, peng", mag einerseits auf einen einmaligen Ausspruch zurückgehen, wie er vorgekommen sein könnte, es erscheint aber kaum wahrscheinlich, daß derartiges "jedesmal" über Wochen und Monate ihr aus dem Zimmer herausgeschallt sei.

6. Die angegebene Abänderung rechtskräftiger Befunde ohne ersichtlichen Grund und ohne ersichtlichen Sinn läßt zumindest daran denken, daß auch hier gewisse Wahn- und Trugvorstellungen mit im Spiele waren. - Die angeführte zunehmende Fehlerhaftigkeit im Rahmen ihrer Tätigkeit bis zu etwa der Hälfte der Arbeitsleistung und (lt. Mitteilung der Dienststelle) weit über ein tolerierbares und sonst im Rahmen der Fehlerhaftigkeit übliches Maß hinausgehend, spricht überdies dafür, daß die inneren Spannungen im Sinne von Sprunghaftigkeit, Zerfahrenheit, möglicherweise auch im Sinne von beginnendem Zerfall des kontinuierlichen Denkablaufes (Gedankenflüchtigkeit) auch zu einem massiven Leistungsabfall geführt haben, der im Zusammenhang mit der Kritiklosigkeit der Patientin das vorliegende Bild mitformte. - Derartige Verläufe sind im Rahmen der hier anzunehmenden Grundkrankheit bekannt und entsprechen dem ärztlichen Erfahrungsgut.

7. Auffallend ist weiters die Überbewertung des gesamten Fragenkomplexes durch Frau S., so daß man sie "österreichweit" durch ihren Akt lächerlich gemacht habe. Es muß auch auffallen, daß zwar einerseits ein spezielles böses "Trio" (G., K., L.) gegen sie verschworen sei, daß aber andererseits alle anderen in diese Absicht, sie zu schädigen, einbezogen wurden, so die Angestellten, die falsch ausgesagt haben, daß keine Dämpfe aufgestiegen sind oder auch die Prüfungskommission in Wien, die sie seinerzeit deshalb ungerecht behandelt habe.

8. Die Wahrscheinlichkeit, daß ihr Rechtsanwalt sich mit der Dienststelle ins Einvernehmen gesetzt hatte, um ihr zu schaden, muß ebenfalls als äußerst unwahrscheinlich und eher in ein wahnhaftes Panorama passend, als der Realität entsprechend, aufgefaßt werden.

Die Patientin zeigt sich in den vielfachen Gesprächen über ihre Situation und die angegebenen Fakten als in keiner Weise diskussions- oder einsichtsbereit. Sie gibt auch keine Gegenargumente an, wenn man ihr die Unwahrscheinlichkeit der Angelegenheiten vorhält. Sie besteht nur darauf, wird zunehmend erregt, wiederholt sich stereotyp, bringt immer wieder die gleichen Argumente vor, holt immer wieder weit aus, um von unwesentlichen anderen Dingen zu berichten, die mit den eigentlichen Fragestellungen nichts zu tun haben.

Die unserseits mehrfach geforderten präzisen Angaben über zeitliche und örtliche Gegebenheiten waren im allgemeinen von Frau S. schwer zu erhalten, kamen immer erst über mehrfaches wiederholtes Befragen heraus.

Die außenanamnestischen Angaben stimmen damit überein, daß Patientin auch im Betrieb heftige Erregungszustände hatte, zu Diskussionen und Besprechungen nicht bereit war, einfach Gespräche abbrach und sich so verhielt, daß eine Zusammenarbeit nicht möglich war.

Es scheint also so zu sein, daß die Exazerbation der paranoiden Symptomatik in den letzten Jahren bei der Patientin so starken inneren Druck und innere Spannung ausgelöst hat, daß sie auch in ihren alltäglichen Umgängen wesentlich verändert wurde im Gegensatz zu der Zwischenzeit (zwischen Ende der 70er- und Ende der 80er-Jahre), wo sie offensichtlich eine relativ gute Arbeitsleistung und auch Zusammenarbeitsmöglichkeit erbrachte.

Dazu kommt überdies die außenanamnetische Angabe ihres Dienstvorgesetzten, daß unter 50 ihrer Bearbeitungen 27 fehlerhaft waren, sie jedoch nie bereit war, darüber in irgendeine Diskussion einzutreten, daß es praktisch nicht mehr möglich gewesen sei, mit ihr zusammenzuarbeiten.

Es ergibt sich somit die gutachtliche Zusammenfassung wie folgt:

Bei der Patientin besteht eine abnorme Persönlichkeitsentwicklung mit paranoiden Inhalten. Diese erscheinen unkorrigierbar und wecken den Anschein, auf kleinen tatsächlichen Gegebenheiten aufbauend zu einer paranoiden und paranoid-querulatorischen irrationalen Überbewertung zu führen. An einzelnen angeführten Beispielen konnte gezeigt werden, daß dabei möglicherweise auch wahnhafte Erlebnisse mitbeteiligt sind.

Es scheint schon Ende der 70er-Jahre eine entsprechende Exazerbation der Symptomatik bestanden zu haben, die sich dann für einige Jahre in einer neuen Umgebung beruhigte. Nun ist jedoch eine neuerliche massive Exazerbation zu bemerken, die zu einer allgemeinen Verhaltensstörung der Patientin führt. Es kommt durch Sprunghaftigkeit auch zu vermehrter Fehlerhaftigkeit, wobei offen bleiben muß, ob hier zusätzlich wahnhafte Inhalte mitverantwortlich sind. Die Patientin wird lt. außenanamnestischen Angaben als weitgehend unkooperativ, aggressiv und unkorrigierbar geschildert.

Es ist daher gutachtlich klarzustellen, daß es sich um eine abnorme Persönlichkeitsentwicklung der Wertigkeit einer Geisteskrankheit handelt, welche eine geregelte berufliche Tätigkeit der Patientin (zumindest im derzeitigen Rahmen) ausschließen läßt.

Im Sinne Ihrer Fragestellung sind die Persönlichkeitsstörungen der Frau S. als so gravierend anzunehmen, daß eine Umschulbarkeit und Ausübung anderer Tätigkeiten mit Matura-Niveau nicht anzunehmen ist.

Der betreffende Zustand ist bei der Patientin als dauernd anzunehmen, wenn auch zwischenzeitig offensichtlich eine Periode von mehreren Jahren der Arbeitsfähigkeit gegeben war. Sollte sich Frau S. zur konsequenten ärztlichen Behandlung entschließen, ist denkbar, daß unter entsprechender Medikation und ärztlicher Führung eine gewisse psychische Konsolidierung eintritt, welche Tätigkeiten auf anderem Bereich möglich erscheinen läßt Es ist jedoch im Rahmen der Kenntnis psychischer Störungen wie der vorliegenden auszusprechen, daß ein Rezidivieren respektive neuerliches Exazerbieren der Symptomatik als jeweils möglich zu erachten ist.

Es wurde auch der Patientin und der Schwester (welche sie als ihre Vertraute bezeichnet hat) mitgeteilt, daß wir eine konsequente ärztliche Behandlung der Patientin diesbezüglich für sinnvoll erachten."

Am 25. September 1992 brachte die belangte Behörde dieses Gutachten der Beschwerdeführerin zur Kenntnis und gab ihr Gelegenheit, dazu binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.

In ihrem Schreiben vom 19. Oktober 1992 bestritt die Beschwerdeführerin die Ergebnisse dieses Gutachtens, beantragte die amtswegige Einholung eines zweiten Gutachtens und ersuchte ferner um Erstreckung der Frist, um selbst ein solches Gutachten einholen zu können.

Nach mehrmaliger Erstreckung dieser Frist legte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 10. Februar 1993 zwei psychologische Tests vor und führte aus, aus diesen Tests sei entnehmbar, daß sie keinesfalls an einer abnormen Persönlichkeitsentwicklung von der Wertigkeit einer Geisteskrankheit leide. Vielmehr sei davon auszugehen, daß sie im Hinblick auf ihre bisher ausgeübte Tätigkeit dienstfähig sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 25. März 1993 entschied die belangte Behörde wie folgt:

"Über Ihre Berufung vom 5. November 1991 gegen den Bescheid der Post- und Telegraphendirektion für Tirol und Vorarlberg in Innsbruck vom 21. Oktober 1991, GZ 27857-1/91, mit dem Ihre Ruhestandsversetzung mit Ablauf des 30. November 1991 verfügt wurde, wird dahingehend entschieden, daß Sie gemäß § 14 Absatz 1 Ziffer 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333, mit Ablauf des 31. März 1993 in den Ruhestand versetzt werden."

In der Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Sachverhaltes und Wiedergabe der angewendeten Rechtsvorschrift aus, zu den beiden vorgelegten Persönlichkeitstests sei erhoben worden, daß es sich dabei um Fragebogentests gehandelt habe. Der "16PF"-Test diene vorwiegend der Bewertung der psychologischen Eigenschaften der Testperson. Der zweite vorgelegte Test ("MMpI"-Test) sei eher auf die Abklärung allfälliger klinisch zu behandelnder Auffälligkeiten ausgerichtet. Beide Tests zeigten im Fall der Beschwerdeführerin durchaus übliche, innerhalb der vorgegebenen Bandbreite gelegene Werte. Dennoch seien diese beiden Persönlichkeitstests nicht geeignet, das ausführliche, überzeugende und schlüssig begründete Gutachten von Dr. Barolin zu entkräften. In diesem Gutachten werde nämlich eingangs ausgeführt, daß sich bei der Beschwerdeführerin primär ein geordnetes und intellektuell intaktes Bild ohne kognitive Defekte und ohne klare Zeichen einer Hirnleistungsschwäche zeige. Dies entspreche auch dem seinerzeitigen Ambulanzbefund vom 4. Oktober 1991, der der Beschwerdeführerin sogar eine überdurchschnittliche intellektuelle Leistungsfähigkeit attestiere. Es stelle daher keinen Widerspruch zum Gutachten vom 5. September 1992 dar, wenn die Beschwerdeführerin in einem Persönlichkeitstest, der aus schriftlich zu beantwortenden Fragen erstellt werde, aufgrund ihrer intellektuell guten Leistungsfähigkeit durchaus im Normbereich liegende Werte erziele und sich daraus vordergründig keine Hinweise für eine Persönlichkeitsstörung ergäben. Die Aussagen im Gutachten vom 5. September 1992, daß bei der Beschwerdeführerin eine Persönlichkeitsentwicklung mit paranoid-querulatorischen Zügen vorliege, würden auch durch Vorkommnisse im dienstlichen Bereich erhärtet. So habe sie z.B. gegen den Präsidenten der Post- und Telegraphendirektion Innsbruck, den Beamten der Fernmeldeinspektion und die Beamten des Aufsichts- und Ausforschungsdienstes wegen des Verdachts des Amtsmißbrauches sowie gegen den Stellvertreter des Leiters der Abteilung 5 der Direktion Innsbruck, wegen des Verdachts der Verleumdung und der üblen Nachrede am 26. November 1991 Anzeige erstattet. Die in der Angelegenheit zuständige Staatsanwaltschaft Innsbruck habe die Anzeige gemäß § 90 StPO zurückgelegt, weil sie keinen Grund zur weiteren Verfolgung gesehen habe. Offensichtlich dürfte die Beschwerdeführerin auch darin eine gegen sie persönlich gerichtete Verschwörung erblickt haben, weil sie sich mit dieser Erledigung der Staatsanwaltschaft nicht abfinden habe wollen und beim Landesgericht Innsbruck den Antrag auf Einleitung der Voruntersuchung gegen die genannten Beamten gestellt habe. Diesem Antrag sei jedoch von der Ratskammer des Landesgerichtes Innsbruck nach nochmaliger Prüfung des Falles nicht stattgegeben worden. Ein weiterer Hinweis für Zeichen von wahnhafter Verkennung von Tatsachen sei auch darin zu sehen, daß die Beschwerdeführerin die von der Dienstbehörde I. Instanz angeordnete Begutachtung durch den Sachverständigen und Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, Univ.-Prof. Dr. Prokop, abgelehnt habe, weil es sich bei dem Gutachter nicht um einen Arzt ihres Vertrauens gehandelt habe. Obwohl die Dienstbehörde I. Instanz im bekämpften Ruhestandsversetzungsbescheid bezugnehmend auf das Fehlen eines ärztlichen Sachverständigengutachtens eindeutig und klar

ausgeführt habe, "Ihr Verhalten ......erweckt den Verdacht

einer krankhaften geistig-seelischen Störung; ......" und

weiter "Es muß allerdings bei einer Vermutung bleiben, weil Sie nicht bereit waren, sich einer fachärztlichen Untersuchung zu unterziehen." behaupte die Beschwerdeführerin in klarer Verkennung der Realität gleich zu Beginn ihrer Berufungsausführungen, die Dienstbehörde I. Instanz verwende ein Gutachten gegen sie, das der genannte Sachverständige aufgrund böswillig verfälschter und einseitig konstruierter Unterlagen erstellt habe, ohne sie je gesehen zu haben. Zusammenfassend werde daher festgestellt, daß bei der Beschwerdeführerin unter Zugrundelegung der ärztlichen Aussagen und aufgrund ihrer habituellen Charaktereigenschaften die soziale Einordenbarkeit in einen Kollegenkreis und das Anerkennen hierarchischer Strukturen nicht mehr oder nur mehr in einem Ausmaß gegeben sei, das vom Dienstgeber eine nicht mehr zumutbare Nachsicht verlange und nicht vertretbare Störungen des Dienstbetriebes mit sich brächte. Es liege somit dauernde Dienstunfähigkeit im Sinn des § 14 BDG 1979 vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht darauf verletzt, nicht entgegen der Bestimmung des § 14 BDG 1979 in den Ruhestand versetzt zu werden.

§ 14 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, in der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 314/1992, lautet (auszugsweise):

"(1) Der Beamte ist von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er

1.

dauernd dienstunfähig oder

2.

infolge Krankheit, Unfalls, oder Gebrechens ein Jahr vom Dienst abwesend gewesen und dienstunfähig ist.

(2) ...

(3) Der Beamte ist dienstunfähig, wenn er infolge seiner körperlichen oder geistigen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm im Wirkungsbereich seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner körperlichen und geistigen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.

(4) ...

(5) Die Versetzung in den Ruhestand wird mit Rechtskraft des Bescheides oder dem darin festgesetzten späteren Tag wirksam.

(6)...

(7)..."

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 14 BDG 1979 ist unter der bleibenden Unfähigkeit eines Beamten, seine dienstlichen Aufgaben ordnungsgemäß zu versehen, alles zu verstehen, was die Eignung des Beamten, diese Aufgaben zu versehen, dauernd aufhebt. Dazu können nicht nur Gesundheitsstörungen, sondern auch habituelle Charaktereigenschaften und leichtere geistige Störungen gehören, welche eine ordnungsgemäße Führung der ihm übertragenen Geschäfte ausschließen. Dabei ist nicht allein auf die Person des Beamten abzustellen, sondern es sind vielmehr auch die Auswirkungen solcher Störungen oder Eigenschaften auf seine Fähigkeit, die ihm gesetzlich obliegenden Pflichten zu erfüllen, und damit auch die Auswirkungen dieser Störungen und Eigenschaften auf den Amtsbetrieb entscheidend. Eine zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung bestehende Dienstunfähigkeit ist dann als dauernd zu werten, wenn nach den Beurteilungsgrundlagen im maßgeblichen Zeitraum die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit zumindest unwahrscheinlich ist; die bloße Möglichkeit der Wiedererlangung der Dienstfähigkeit genügt nicht (siehe dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1990, Zl. 89/12/0143 = Slg. NF 13.343/A, vom 14. Dezember 1994, Zl. 94/12/0095, vom 1. Feber 1995, Zl. 92/12/0286, vom 19. April 1995, Zl. 94/12/0317 uam).

Aufgabe des ärztlichen Sachverständigen ist es, an der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes mitzuwirken, indem er in Anwendung seiner Sachkenntnisse und Erfahrungen - allenfalls unter Zuhilfenahme von Hilfsbefunden - Feststellungen über den Gesundheitszustand des Beamten und die Auswirkungen, die sich aus festgestellten Leiden oder Gebrechen auf die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben ergeben, trifft, wobei auch eine Prognose über den weiteren Verlauf des Gesundheitszustandes zu treffen ist, um der Dienstbehörde eine Beurteilung der Frage der "dauernden Dienstunfähigkeit" zu ermöglichen. Das ärztliche Sachverständigengutachten muß ausreichend begründet, das heißt aus dem objektiven Befund schlüssig ableitbar sein.

Die Beschwerdeführerin bringt als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die belangte Behörde sei einem Sachverständigengutachten gefolgt, das auf logisch unhaltbaren Schlüssen beruhe. Die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen zeichneten sich mithin durch Unschlüssigkeit aus, weil nach den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut nicht ein dergestalt unschlüssiges Sachverständigengutachten als Entscheidungsgrundlage herangezogen werden könne. Der von der belangten Behörde beigezogene medizinische Sachverständige ziehe nach einer scheinbar umfassenden Befundaufnahme schon bei laienhafter Betrachtung - ausgehend von einer gebotenen Durchschnittsbetrachtung - gänzlich unhaltbare Schlußfolgerungen. Eine gewisse Empfindlichkeit auf Zurückweisung und Zurücksetzung sei geradezu Ausdruck einer gesunden, normal sensibilisierten Persönlichkeit. Kaum ein Mensch sei in Wirklichkeit bei Kränkungen oder Verletzungen nicht nachtragend. Immer bleibe eine gewisse Erinnerung an eine einmal erlittene Beleidigung zurück. Mißtrauen scheine kaum eine paranoide Persönlichkeitsstörung zu indizieren, sondern sei vielmehr notwendiges Regulativ, um in einer doch wenig idealen Welt bestehen zu können. Der Vorwurf des medizinischen Sachverständigen, die Beschwerdeführerin "verdrehe Erlebtes", indem sie neutrale oder freundliche Handlungen anderer als feindlich oder verächtlich mißdeute, mangle einer sachlichen, objektiven Grundlage und sei vor allem durch die Befundaufnahme nicht gedeckt. Weder könne der Beschwerdeführerin streitsüchtiges und beharrliches, noch situationsunangemessenes Bestehen auf eigenen Rechten nachgewiesen werden. Die Frage einer allfälligen Neigung zu pathologischer Eifersucht sei nicht Thema der Befundaufnahme gewesen. Sofern der Beschwerdeführerin überhaupt eine gewisse Tendenz zu überhöhtem Selbstwertgefühl in Verbindung mit ständiger Selbstbezogenheit nachgewiesen werden habe können, so erkläre sich dies schon aus der permanenten Konfliktsituation am Arbeitsplatz, welcher die Behörde offensichtlich mit unzulänglichen und gesetzwidrigen Maßnahmen begegnen habe wollen. Der medizinische Sachverständige verlasse sich bei der Einschätzung des bewußten Unterschiebens von "Fehlern in das Datenverarbeitungssystem" durch Kollegen ausschließlich auf die angeblichen Auskünfte der Sachkundigen. Welche Sachkundigen hier bei der Wahrheitserforschung mitgewirkt bzw. als Auskunftspersonen gedient hätten, gebe er nicht an. Die Beschwerdeführerin habe bei der Beschreibung der Atmosphäre am Begräbnis von OI Weindl offenbar den "Fehler" gemacht, ihren subjektiven Eindruck von der Beerdigung in einer blumigen und allegorischen Form zu beschreiben. Aus welchen Erwägungen aus deren Beschreibung des Begräbnisses aber Verkennungen, respektive Beziehungs- und Beachtungsideen wahnhafter Prägung abgeleitet werden könnten, bleibe ihr und dem laienhaften Betrachter unerfindlich. Die Auffassung des Sachverständigen sei nicht zu teilen, daß im Zuge eines langjährigen arbeitsrechtlichen Konfliktes die Androhung eines Disziplinarverfahrens wegen S 3,5 Millionen im Hinblick auf dessen Nichtdurchführung als eher unwahrscheinlich angesehen werden müsse. Vielmehr erscheine die Annahme, daß nach Maßgabe des Sachverhaltes nicht auch ein Disziplinarverfahren angedroht worden sei, absolut lebensfremd zu sein. Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens sei es auch verwunderlich, wenn über das Gespräch, in welchem das Disziplinarverfahren angedroht worden sei, ein Aktenvermerk angelegt worden wäre. Es sei weiters erfreulich, daß der medizinische Sachverständige festzustellen wisse, daß es erotische Annäherungen am Arbeitsplatz gebe. Wenn allerdings der medizinische Sachverständige lediglich die Möglichkeit einer "einmaligen Annäherung und Abweisung" für möglich halte, scheine er schon damit eine vielleicht doch eher lebensfremde Einschätzung zu dokumentieren. Seine Schlußfolgerung, die diesbezügliche Darlegung der Beschwerdeführerin müsse als unwahrscheinlich angesehen werden, sei denn auch unhaltbar und entspreche überhaupt nicht den einschlägigen Erfahrungen des täglichen Lebens. Was die aufsteigenden Dämpfe in ihrem Zimmer betreffe, so bleibe unklar, welche Sachkundigen der medizinische Sachverständige befragt habe. Die Beschwerdeführerin habe anläßlich der Außenanamnese erläutert, daß sich der Arbeitsunfall in einer Büroräumlichkeit zugetragen habe, in welcher sämtliche Funkgeräte der Dienststelle verwahrt sowie die Akkus für die ATNC-Geräte aufgeladen worden seien. Davon ausgehend sei die Vorstellung eines Arbeitsunfalles von der beschriebenen Art sehr wohl möglich und wahrscheinlich. Wenn die belangte Behörde in Abrede stelle, daß im gegenständlichen Zimmer Batterien u. dgl. gelagert worden seien, sei dies im Hinblick auf die Arbeitnehmerschutzbestimmungen durchaus verständlich. Der Beschwerdeführerin aus einer heute jedenfalls nicht mehr objektivierbaren Gegebenheit eine wahnhafte Verkennung einer höchstwahrscheinlich realen Situation zu unterstellen, stoße auf wenig Verständnis und sei im Ergebnis unhaltbar. Auch bei den Äußerungen des Herrn Goetsch ("giftige Dämpfe" und "peng, peng") lasse der medizinische Sachverständige seine subjektive Wertung, die medizinisch kaum untermauerbar sei, einfließen. Natürlich seien der Beschwerdeführerin nicht "jedesmal", wenn sie beim Büro des Herrn Götsch vorbeigegangen sei, die obgenannten Ausdrücke zugerufen worden. Jedesmal sei im normalen Sprachgebrauch jedenfalls so zu verstehen, daß Herr Götsch ihr die gegenständlichen Ausdrücke hin und wieder im unmittelbaren zeitlichen Nahbereich zum Arbeitsunfall zugerufen habe. Was die zunehmende Fehlerhaftigkeit betreffe, so entspreche es einem allgemeinen Erfahrungsgut, daß eine permanent nervenaufreibende, drückende Konfliktsituation am Arbeitsplatz zu einem teils massiven Leistungsabfall führen könne. Auch die vom medizinischen Sachverständigen aufgegriffene "Überbewertung des gesamten Fragenkomplexes" spreche nicht zwingend für eine abnorme Persönlichkeitsentwicklung. Das medizinische Sachverständigengutachten enthalte in weiten Teilen unüberprüfbare Behauptungen und zeige darüberhinaus die Erwägungen nicht auf, aufgrund derer der Sachverständige zu seiner befremdend apodiktischen und beschwerenden Äußerung gelange; das Gutachten stehe außerdem mit den Denkgesetzen und mit den Erfahrungen des täglichen Lebens im Widerspruch. Die belangte Behörde hätte daher vom Ambulanzbefund vom 4. Oktober 1991 und von den beiden international anerkannten Tests vom 26. Jänner 1993 auszugehen gehabt.

Die belangte Behörde meine weiters, daß das Vorliegen einer Persönlichkeitsentwicklung mit paranoid-querulatorischen Zügen auch durch Vorkommnisse im dienstlichen Bereich erhärtet werde und verweise auf die Strafanzeige gegen Bedienstete der Behörde

1. Instanz. Der belangten Behörde sei bekannt, daß diese Strafanzeige ausschließlich auf Anraten der Volksanwaltschaft eingebracht worden sei. Die Beschwerdeführerin sei rechtsunkundig und vermöge nicht zu erkennen, wieso die Befolgung eines Ratschlages der Bundesvolksanwaltschaft eine Persönlichkeitsentwicklung mit paranoid-querulatorischen Zügen indiziere.

Diesen Ausführungen ist folgendes zu entgegnen:

Die Beweiskraft eines Sachverständigengutachtens kann u.a. durch den Nachweis erschüttert werden, daß es mit den Denkgesetzen oder mit den Erfahrungen des täglichen Lebens im Widerspruch steht. Wird jedoch vorgebracht, das Gutachten stehe mit den Erfahrungen der in Betracht kommenden Wissenschaft in Widerspruch, so muß diese Behauptung - und zwar tunlichst unter präziser Darstellung der gegen das Gutachten gerichteten sachlichen Einwände - durch das Gutachten eines anderen Sachverständigen unter Beweis gestellt werden; durch eine bloß gegenteilige Behauptung, die einer sachverständigen Grundlage entbehrt, kann das Gutachten nicht entkräftet werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1991, Zl. 91/09/0019, mit weiteren Nachweisen).

Bei den von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Gründen, wonach das vorliegende Gutachten "untauglich" sein soll, handelt es sich nicht um Argumente, aus denen sich ableiten ließe, daß die Ausführungen des Sachverständigen mit den Erfahrungen des täglichen Lebens oder den Denkgesetzen in einem unlösbaren Widerspruch stünden. Sowohl was die grobe Fehleranfälligkeit ihrer Arbeitsleistung als auch etwa das Erlebnis bei der Beerdigung eines Kollegen anlangt, bis hin zur Darstellung ihres Persönlichkeitsbildes, beschränkt sich die Beschwerdeführerin in ihrem Vorbringen vor dem Verwaltungsgerichtshof darauf, den vom Sachverständigen nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens aus dem Akteninhalt zusammengefaßten Sachverhaltsannahmen abweichende Erklärungen für ihr Verhalten gegenüberzustellen. Auch unter Berücksichtigung der Berufung der Beschwerdeführerin, in der sie auf nahezu hundert Seiten schildert, wie von ihrem Dienstbeginn an alle Kollegen, ob sie nun unmittelbar mit ihr zusammenarbeiteten, oder von den jeweiligen Dienstorten aus lediglich mittelbare Kontakte mit ihr hatten, gegen sie eingestellt waren, vermag es der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner eingeschränkten Kontrollbefugnis zur Prüfung der Beweiswürdigung nicht als unschlüssig zu erkennen, daß die belangte Behörde die Begründung des angefochtenen Bescheides auf die Ausführungen, die diesem Gutachten zugrundegelegt wurden, gestützt hat.

Mit ihrem Vorbringen, daß ihr Verhalten keine krankhaften Ursachen habe, kann die Beschwerdeführerin auch nicht darlegen, daß das Gutachten mit den Erfahrungen der in Betracht kommenden Wissenschaft in Widerspruch stehe. Diese medizinische Fachfrage konnte nur durch ein medizinisches Gutachten gelöst werden. Ein fundiertes medizinisches (Gegen)Gutachten hat die Beschwerdeführerin aber nicht beigebracht. Die beiden von ihr vorgelegten psychologischen Tests - so anerkannt sie auch sein mögen - werden den Anforderungen nicht gerecht, die nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1992, Zl. 90/12/0140, mwN) an Sachverständigengutachten zu stellen sind.

Nach dieser Rechtsprechung muß ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund besteht in der Angabe der tatsächlichen Grundlagen, auf denen das Gutachten aufbaut, und der Art, wie sie beschafft wurden. Mit anderen Worten: Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlußfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteils (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen beschafft wurden, erkennen läßt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht. Der Sachverständige muß also, damit eine Schlüssigkeitsprüfung seines Gutachtens vorgenommen werden kann, auch darlegen, auf welchem Wege er zu seinen Schlußfolgerungen gekommen ist.

Diese Voraussetzungen werden von den beiden von der Beschwerdeführerin vorgelegten Tests deshalb nicht erfüllt, weil sie weder einen Befund noch ein Gutachten im engeren Sinn enthalten; sie ermöglichten es dem Bescheiderlasser daher nicht, sie auf ihre Schlüssigkeit zu überprüfen und vermochten daher auch die Beweiskraft des Gutachtens Dris. Barolin nicht zu erschüttern.

Die Beschwerdeführerin sieht schließlich Verfahrensvorschriften dadurch verletzt, daß die belangte Behörde ihrem Antrag, "von Amts wegen ein zweites nervenärztliches Gutachten" einzuholen, begründungslos nicht entsprochen habe. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin lag es jedoch in Anbetracht der sie treffenden Mitwirkungspflicht an ihr, das auf einem ausreichenden Befund beruhende schlüssige Gutachten durch Beibringung eines qualifizierten Gegengutachtens in Frage zu stellen. Diese Mitwirkungspflicht glaubt die Beschwerdeführerin dadurch erfüllt zu haben, daß sie zwei "Kapazitäten aus Heidelberg und Erlangen" ins Auge gefaßt und beauftragt habe, die jedoch mit dem Hinweis, sie dürften nur über staatliche Anforderung Fachgutachten erstellen, von der Erstattung einer qualifizierten Expertise Abstand genommen hätten. Da der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen vermag, welche Hinderungsgründe gegeben sein könnten, einen anderen als die beiden namentlich genannten Sachverständigen (z.B. aus der inländischen Sachverständigenliste) mit der Erstellung eines psychiatrisch-neurologischen Gutachtens zu beauftragen, liegen auch die diesbezüglich behaupteten Verletzungen von Verfahrensvorschriften nicht vor.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung, BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Gutachten Beweiswürdigung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1993120136.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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