Entscheidungsdatum
01.07.2020Index
46/01 BundesstatistikgesetzNorm
BundesstatistikG 2000 §6Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hirn über die Beschwerde des AA, Adresse 1, Z, Spanien, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Y vom 09.09.2019, Zl ***, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem Bundesstatistikgesetz 2000 (belangte Behörde: Bürgermeister der Stadt Y), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von Euro 40,00 zu leisten.
3. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit Straferkenntnis vom 09.09.2019, Zl ***, hat der Bürgermeister der Stadt Y AA, geboren am xx.xx.xxxx, Adresse 2, Y (damalige Adresse), zur Last gelegt, der gemäß § 8 der Erwerbs- und Wohnungsstatistikverordnung 2010 (EWStV 2010), BGBl II Nr 111/2010, bestehenden Auskunftspflicht im Rahmen der betreffenden Mikrozensusstichprobenerhebung für das 2. Quartal 2019 im Zeitraum vom 14.05. bis einschließlich 18.06.2019 nicht nachgekommen zu sein. Dadurch habe er § 66 Abs 1 Bundesstatistikgesetz 2000 (BStG), BGBl I Nr 163/1999 in der Fassung (idF) BGBl I Nr 111/2010 in Verbindung mit (iVm) § 9 Z 1 BStG, BGBl I Nr 163/1999 iVm § 9 Abs 1 EWStV 2010, BGBl II Nr 111/2010, verletzt, weshalb über ihn gemäß § 66 Abs 1 BStG, BGBl I Nr 163/1999 idF BGBl I Nr 111/2010, eine Geldstrafe in Höhe von Euro 200,00 und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden verhängt wurde.
Gegen dieses Straferkenntnis hat AA mit Schriftsatz vom 11.09.2019 Beschwerde erhoben und die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses sowie die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, er sei am 14.05., 16.05., 27.05, 03.06. und 04.06.2019 nicht an seiner (damaligen) Wohnadresse anwesend gewesen und könne dies belegen. Dies gelte auch für die Termine 13.06. und 18.06.2019. Die diesbezüglich an ihn ergangene schriftliche Ankündigung habe er nie erhalten.
Zudem bringt der Beschwerdeführer vor, die zuständige Sachbearbeiterin der Bundesanstalt Statistik Austria ? BB ? habe ihm gegenüber ein unangebrachtes Verhalten an den Tag gelegt.
Mit Schriftsatz vom 12.09.2019, Zl ***, hat der Bürgermeister der Stadt Y den Gegenstandsakt dem Landesverwaltungsgericht Tirol mit dem Ersuchen vorgelegt, über die Beschwerde des AA gegen das Straferkenntnis vom 09.09.2019, Zl ***, zu entscheiden. Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom 27.09.2019 ein an ihn gerichtetes Schreiben der Bundesanstalt Statistik Austria vom 20.09.2019 zur gefälligen Kenntnisnahme übermittelt. Mit Schriftsatz vom 07.10.2019, Zl ***, hat die belangte Behörde eine an sie gerichtete Mitteilung der Bundesanstalt Statistik Österreich vom 07.10.2019 vorlegt.
Zur Anfrage des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 23.10.2019, Zl LVwG-2019/37/1909-4, hat sich die Bundesanstalt Statistik Österreich im Schreiben vom 23.10.2019 geäußert und diesem Schreiben verschiedene Schriftsätze beigefügt.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat bereits am 19.12.2019 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, anlässlich dieser Verhandlung wurde allerdings der Schriftsatz „Ortsabwesenheit“, gültig für den Zeitraum vom 15.10.2019 bis einschließlich 01.04.2020, unterfertigt vom Beschwerdeführer AA und einem Mitarbeiter der Post-AG, vorgelegt. In weiterer Folge hat die Österreichische Post-AG dem Landesverwaltungsgericht Tirol mit Schriftsatz vom 09.01.2020 mitgeteilt, dass laut Auskunft der Zustellbasis Y der Zusteller diese gültige Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers AA im angegebenen Zeitraum übersehen und den Ladungsbeschluss vom 20.11.2019, Zl LVwG-2019/37/1909-5, hinterlegt habe.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat daher mit den Ladungsbeschlüssen vom 04.05.2020, Zlen LVwG-2019/37/1909-12, neuerlich eine mündliche Verhandlung für 10.06.2020 anberaumt. Den Ladungsbeschluss vom 04.05.2020, Zl LVwG-2019/37/1909-12, hat das Landesverwaltungsgericht Tirol dem Beschwerdeführer zudem an dessen E-Mail-Adresse zugesandt.
Der Beschwerdeführer hat sich mit E-Mail vom 12.05.2020 zum Schriftsatz vom 11.05.2020, Zl LVwG-2019/37/1909-14, geäußert und darin bestätigt, den Ladungsbeschluss vom 04.05.2020, Zl LVwG-2019/37/1909-12, erhalten zu haben und zudem erklärt, über „Videokonferenz“ an der Verhandlung teilnehmen zu können. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat mit Schriftsatz vom 25.05.2020, Zl LVwG-2019/37/1909-17, dem Beschwerdeführer gemäß § 6 Abs 1 iVm § 3 Abs 3 des Verwaltungsrechtlichen COVID-19-Begleitgesetzes, BGBl I Nr 16/2020 idF BGBl I Nr 42/2020, Gelegenheit gegeben, an der Verhandlung am 10.06.2020 in Form einer „Videokonferenz“ teilzunehmen und ihm auch mitgeteilt, welche technische Einrichtung zur Wort- und Bildübertragung zur Verfügung stehen muss. Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom 26.05.2020 mitgeteilt, über die technischen Möglichkeiten für die Teilnahme an der „Videokonferenz“ zu verfügen, seine Wohnadresse in Spanien bekanntgegeben und sich zu dem von BB verfassten Protokoll ? dieses bildete eine Anlage zum Mahnschreiben vom 28.05.2019 ? geäußert.
An der am 10.06.2020 durchgeführten mündlichen Verhandlung hat der Beschwerdeführer mittels „Videokonferenz“ teilgenommen. Er hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf sein bisheriges Vorbringen verwiesen.
Beweis wurde aufgenommen durch die Einvernahme des Beschwerdeführers AA und der Zeugin BB. Weitere Beweise wurden nicht aufgenommen, der Beschwerdeführer hat auch keinen Beweisantrag gestellt.
Von einer Verlesung der Aktenstücke hat das Landesverwaltungsgericht Tirol gemäß § 48 Abs 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) abgesehen.
Nach der Verhandlung hat der Beschwerdeführer die an ihn gerichtete Mitteilung der Disponentin CC vom 07.12.2018 ? Auflistung verschiedener mehrtätiger Reisen, hauptsächlich in W und Umgebung, für den Zeitraum Mai/Juni 2019 ? dem Landesverwaltungsgericht Tirol übersandt. Der Beschwerdeführer hat in weiterer Folge mit mehreren E-Mails vom 10.06.2020 dem Landesverwaltungsgericht Tirol weitere Unterlagen übermittelt, insbesondere den Schriftverkehr mit DD, einer Mitarbeiterin der Bundesanstalt Statistik Austria, und darauf hingewiesen, dass ihn BB am 09.06. und nicht am 09.05.2020 telefonisch kontaktiert hätte. Die Zeugin BB hat mit E-Mail vom 10.06.2020 ihre anlässlich der mündlichen Verhandlung getroffene Aussage zu den telefonischen Kontakten mit dem Beschwerdeführer AA ergänzt.
Mit Schriftsatz vom 18.06.2020, Zl LVwG-2019/37/1909-25, hat das Landesverwaltungs-gericht Tirol dem Beschwerdeführer die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 10.06.2020 übermittelt und gleichzeitig die Möglichkeit eingeräumt, binnen 14 Tagen ab Zustellung Einwendungen wegen Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Niederschrift zu erheben. Zudem hat das Landesverwaltungsgericht Tirol in diesem Schriftsatz an den Beschwerdeführer eine Frage zu den mehrtägigen Reisen, die in der Mitteilung der Disponentin CC vom 07.12.2018 angeführt waren, gerichtet und um eine Beantwortung binnen 14 Tagen ersucht.
Zur Anfrage des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 18.06.2020, Zl LVwG-2019/37/1909-25, hat sich der Beschwerdeführer im Schriftsatz vom 22.06.2020 geäußert. Einwendungen gegen die Niederschrift hat er in dieser Stellungnahme nicht erhoben.
II. Sachverhalt:
1. Allgemeine Feststellungen:
AA, geboren am xx.xx.xxxx, Adresse 1, Z, Spanien, ist österreichischer Staatsbürger. Er hat derzeit ? aufgrund der COVID-19-Pandemie ? kein Einkommen. Ihn treffen keine Sorgepflichten. Im Zeitraum vom 10.01.2018 bis 16.04.2020 war der Beschwerdeführer mit Hauptwohnsitz an der Adresse „Adresse 2 in Y“, gemeldet. Am 16.04.2020 erfolgte eine Ummeldung der genannten Adresse in „Nebenwohnsitz“.
Der Beschwerdeführer ist unbescholten.
2. Feststellungen zum Tatvorwurf:
Mit Schriftsatz vom 29.04.2019 erging ein Informationsschreiben der Bundesanstalt Statistik Österreich – Direktion Bevölkerung an den Beschwerdeführer an dessen damaliger Wohnadresse. In diesem Schreiben heißt es wörtlich:
„Sehr geehrter Herr AA!
Wir als Bundesanstalt Statistik Österreich (STATISTIK AUSTRIA) erheben Daten im öffentlichen Auftrag und informieren Sie hiermit, dass Ihr Haushalt in der Stichprobe des auskunftspflichtigen Mikrozensus ist. Der Mikrozensus ermittelt seit 1967 laufend die wichtigsten Veränderungen in der Zusammensetzung der Bevölkerung für Merkmale wie Erwerbsbeteiligung, Beruf oder Schulbildung. Durch ein objektives Zufallsverfahren ist jetzt auch Ihre Adresse und somit Ihr Haushalt in diese Erhebung einbezogen.
Es wird um Kenntnisnahme gebeten, dass der Mikrozensus einer gesetzlichen Auskunftspflicht unterliegt (gemäß § 8 Erwerbs- und Wohnungsstatistik-verordnung, BGBl. II Nr. 111/2010, ebenso das Modul 2019 – Arbeitsorganisation und Arbeitszeitgestaltung – gemäß BGBl. II Nr. 19/2019). STATISTIK AUSTRIA ist von Rechts wegen verpflichtet, die Bezirksverwaltungsbehörde in Kenntnis zu setzen, falls keine Auskunft erfolgt.
Der Ordnung halber dürfen wir darauf hinweisen, dass von der Erhebung alle Personen Ihres Haushaltes bzw. alle Personen einer Wohngemeinschaft betroffen sind.
Die zuständige Erhebungsperson – mit Lichtbildausweis der STATISTIK AUSTRIA – hat die Aufgabe mit Ihnen die Befragung durchzuführen. Bitte nehmen Sie für eine Terminvereinbarung Kontakt auf:
Tel *** (BB)
[…]“
Auf der Rückseite des Schreibens vom 29.04.2019 waren die Befragungsmerkmale im Überblick abgedruckt. Unter der Überschrift „Befragungszeiträume/Terminvereinbarung“ fanden sich folgende Hinweise:
„Um eine hohe Qualität bei den Erhebungen zu gewährleisten, ist es erforderlich, Veränderungen in der Wohn- und Arbeitssituation von bereits befragten Haushalten bzw. Personen im Jahresverlauf zu erfassen. Deshalb wird Ihr Haushalt insgesamt fünf Mal erhoben. Wir ersuchen Sie, über die nachstehenden ‚Berichtszeiträume‘ Auskunft zu geben:
Berichtszeiträume
Befragungszeiträume: Die Erhebung soll in der Folgewoche des Berichtszeitraumes erfolgen, in Ausnahmefällen innerhalb der folgenden vier Wochen:
Erstbefragung
06.05.2019 bis 12.05.2019
ab 13.05.2019
1. Folgebefragung
05.08.2019 bis 11.08.2019
ab 12.08.2019
2. Folgebefragung
04.11.2019 bis 10.11.2019
ab 11.11.2019
3. Folgebefragung
03.02.2020 bis 09.02.2020
ab 10.02.2020
4. Folgebefragung
04.05.2020 bis 10.05.2020
ab 11.05.2020“
Dieses Schreiben samt der Beilage „Datenschutzinformation für die Erwerbs- und Wohnungsstatistik (Mikrozensus)“ wurde ohne Zustellnachweis dem Beschwerdeführer übermittelt.
Der Beschwerdeführer hat mit der im Schreiben vom 29.04.2019 angeführten Person ? BB ? keinen Kontakt aufgenommen. BB hat zunächst am 14.05.und 16.05.2019 die (damalige) Wohnadresse des Beschwerdeführers aufgesucht, sie konnte aber mit dem Beschwerdeführer keinen Kontakt aufnehmen. Am 27.05.2019 war BB wiederum an der (damaligen) Wohnadresse des Beschwerdeführers, konnte diesen aber nicht antreffen. Die Bundesanstalt Statistik Österreich hat sich in weiterer Folge mit Mahnschreiben vom 28.05.2019 an den Beschwerdeführer gewandt. In diesem Schreiben machte die Bundesanstalt Statistik Austria den Beschwerdeführer darauf aufmerksam, dass die Mikrozensus-Erhebung bis zum 28.05.2019 noch nicht durchgeführt worden sei. In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführer auf die Bedeutung dieser Erhebung und deren rechtliche Verankerung hingewiesen und nochmals die Erhebungsperson BB samt deren Telefonnummer bekanntgegeben.
Abschließend räumte die Bundesanstalt Statistik Austria dem Beschwerdeführer eine Frist bis 13.06.2019 ein, um die Beantwortung durchzuführen, ansonsten eine entsprechende Meldung bei der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde erfolgen würde. Dieses Schreiben wurde dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung am 04.06.2019 zugestellt. Die Hinterlegungsanzeige hat der Beschwerdeführer im Briefkasten vorgefunden.
BB hat am 03.06. und 04.06.2019 neuerlich die Wohnadresse des Beschwerdeführers aufgesucht, den Beschwerdeführer aber nicht angetroffen. Am 04.06.2019 hat BB im Briefkasten des Beschwerdeführers eine „Voranmeldungskarte“ hinterlassen und auf dieser Karte den 13.06.2019 als Befragungstermin vorgeschlagen. Da auch am 13.06.2019 eine Kontaktaufnahme nicht möglich war, hinterließ BB eine sogenannte „Benachrichtigungsanzeige“ im Briefkasten des Beschwerdeführers. In dieser Benachrichtigung hat BB den Beschwerdeführer auf die erfolglose Kontaktaufnahme am 13.06.2019 hingewiesen und als neuen Befragungstermin den 18.06.2019 vorgeschlagen. BB hat dann am 15.06.2019 ? einem Samstag ? und am 18.06.2019 zum vorgeschlagenen Termin vergeblich den Beschwerdeführer an seiner (damaligen) Wohnadresse anzutreffen versucht.
Am 19.06.2019 hat BB den Beschwerdeführer über ihr Privathandy telefonisch erreicht. Anlässlich dieses Telefongespräches wurde dem Beschwerdeführer klargemacht, dass entgegen seinem Wunsch keine Informationen per E-Mail übermittelt würden, da an ihn alle nötigen Informationen ergangen seien. Der Beschwerdeführer hat dazu lediglich gemeint, die Information, insbesondere die Voranmeldungskarte und die Benachrichtigung, nicht erhalten zu haben. Betreffend das Mahnschreiben hätte er bei der Post nachgesehen, dieser Mahnbrief sei aber nicht im System gewesen.
Dem Beschwerdeführer war bewusst, dass Anlass für den Anruf eine Erhebung durch die Bundesanstalt Statistik Austria war.
Am 20.06.2019 erhielt BB auf ihrem Privathandy die nachfolgende SMS des Beschwerdeführers:
„Hausfrauenstatistik, da brauchst den Pfarrer du“.
Der Beschwerdeführer war im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Mai/Juni 2019 als Reiseleiter tätig und hat im angeführten Zeitraum für die EE GmbH, Adresse 1, X, diverse mehrtägige Reisen ? hauptsächlich in W und Umgebung ? geleitet. Konkret führte er nachfolgende Touren durch:
14.05. bis 20.05.2019 – W 2019 (***)
22.05. bis 27.05.2019 – W (***)
28.05. bis 04.06.2019 – Entdeckung von W (***)
07.06. bis 14.06.2019 – V (***)
17.06. bis 24.06.2019 – W und U (***)
Je nach Lage des Hotels und Herkunft der Reisegruppe übernachtete der Beschwerdeführer während der Touren entweder im jeweiligen Hotel oder in der Wohnung an seiner damaligen Adresse. Zwischen den einzelnen Touren war der Beschwerdeführer an der damaligen Adresse aufhältig und übernachtete auch dort, wobei er untertags teilweise Stadtführungen in Y durchführte. Sohin war er insbesondere im Zeitraum vom 05.06. bis 06.06.2019 sowie vom 15.06. bis 16.06.2019 zumindest kurzzeitig an der damaligen Wohnadresse anwesend. Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum hatte abgesehen vom Beschwerdeführer niemand Zugang zu seinem Briefkasten.
Die für den Haushalt des Beschwerdeführers vorgesehene Befragung im Rahmen der Mikrozensus-Erhebung hat nicht stattgefunden.
Da eine Befragung nicht zustande kam, hat BB eine entsprechende Mitteilung an die Zentrale der Bundesanstalt Statistik Austria erstattet und das Protokoll über die Auskunftsverweigerung angefertigt. In weiterer Folge hat die Bundesanstalt Statistik Austria die Anzeige vom 01.07.2019 erstattet.
III. Beweiswürdigung:
Die allgemeinen Feststellungen des Kapitels 1. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkenntnisses stützen sich auf die Angaben des Beschwerdeführers. Die Meldebestätigung betreffend seinen Wohnsitz in Spanien hat der Beschwerdeführer dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorgelegt. Die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers hat bereits die belangte Behörde im angefochtenen Straferkenntnis festgestellt und ergibt sich überdies aus dem im Akt befindlichen Verwaltungsstrafregisterauszug.
Das Informationsschreiben der Bundesanstalt Statistik Austria vom 29.04.2019 und deren Mahnschreiben 28.05.2019 sowie der Zustellnachweis betreffend das zuletzt genannte Schreiben (Zustellung durch Hinterlegung am 04.06.2019) liegen vor. Der Beschwerdeführer selbst hat in seinem Rechtsmittel vom 11.09.2019 sowie in dem an Frau DD, Bundesanstalt Statistik Austria, gerichteten E-Mail vom 19.09.2019 angegeben, die Hinterlegungsanzeige im Briefkasten vorgefunden zu haben. Die Zeugin BB hat anlässlich ihrer Einvernahme im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 10.06.2020 geschildert, in welcher Form sie ihrer Tätigkeit nachgeht. Sie hat nachvollziehbar geschildert, wie sie versuchte, mit dem Beschwerdeführer Kontakt aufzunehmen. Sie hat auch klar ausgesagt, am 04.06.2019 eine „Voranmeldungskarte“ und am 13.06.2019 eine „Benachrichtigungsanzeige“ im Briefkasten des Beschwerdeführers hinterlassen zu haben.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat aus den nachfolgenden Gründen keine Zweifel daran, dass BB am 04.06.2019 eine „Voranmeldungskarte“ und am 13.06.2019 eine „Benachrichtigungsanzeige“ hinterlassen hat.
BB ist seit Jänner 2016 für die Bundesanstalt Statistik Austria auf Werkvertragsbasis tätig. Im Rahmen von Mikrozensus-Erhebungen hat BB für die Bundesanstalt Statistik Austria die erforderlichen Befragungen durchzuführen. Eine solche Befragung ist innerhalb von fünf Wochen abzuschließen. Um ihrer Aufgabe nachzukommen, hat BB mehrfach versucht, den Beschwerdeführer an seiner Wohnadresse aufzufinden. Für das Landesverwaltungsgericht Tirol ist daher nachvollziehbar, dass sie, um die Befragung fristgerecht abschließen zu können, Besuche im Voraus durch das Hinterlassen einer „Voranmeldungskarte“ und einer „Benachrichtigungsanzeige“ angekündigt hat. Die Zeugin hat auch den Beschwerdeführer anlässlich des Telefongesprächs auf diese Ankündigungen angesprochen und auf diese Terminvorschläge auch in dem von ihr angefertigten Protokoll ? Beilage zur Anzeige vom 01.07.2019 ? hingewiesen.
Die Aussage der Zeugin BB und jene des Beschwerdeführers zum Telefongespräch am 19.06.2019 stimmen im Wesentlichen überein. Insbesondere geht aus beiden Aussagen hervor, dass der Beschwerdeführer gefordert hat, allenfalls per E-Mail Auskünfte erteilen zu können. Bereits in seinem Rechtsmittel hat der Beschwerdeführer festgehalten, im Rahmen des Telefongesprächs am 19.06.2016 sei ihm nicht die Möglichkeit eingeräumt worden, seiner Auskunftspflicht auf elektronischem Weg nachzukommen. Dem Beschwerdeführer war ? dies hat der Beschwerdeführer auch im Rahmen seiner Einvernahme am 10.06.2020 bestätigt ? bewusst, dass der Anruf im Hinblick auf die noch ausstehende Befragung im Zuge der Mikrozensus-Erhebung erfolgt ist.
Die Feststellungen zur Tätigkeit des Beschwerdeführers als Reiseleiter im verfahrensrelevanten Zeitraum ergeben sich aus der an ihn gerichteten Mitteilung der Disponentin CC vom 07.12.2018 und den Darlegungen des Beschwerdeführers im Schriftsatz vom 22.06.2020. Dem Schriftsatz vom 22.06.2020 ist auch zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer abhängig von der Lage des Hotels und der Herkunft der Reisegruppe entweder im Hotel oder in seiner Wohnung übernachtete. Der Beschwerdeführer hat zwar nicht ausdrücklich eingeräumt, sich in den Zeiträumen zwischen den einzelnen Reisen an seiner damaligen Wohnadresse aufgehalten zu haben, allerdings hat er auch nichts Gegenteiliges vorgebracht. Da der Start- und Zielpunkt der einzelnen Reisen jeweils im Umkreis von Y war, ist es für das Landesverwaltungsgericht Tirol naheliegend, dass der Beschwerdeführer zumindest vom 05.06 bis 06.06.2019 sowie vom 15.06. bis 16.06.2019 zu Hause war. Dass er nach dem 04.06.2019 an seiner damaligen Wohnadresse anwesend war, macht auch der Umstand deutlich, dass der Beschwerdeführer die Hinterlegungsanzeige des Mahnbriefes (hinterlegt am 03.06.2019) im Briefkasten vorgefunden hat.
Aufgrund der eben dargelegten Beweiswürdigung zu den vorliegenden Beweismitteln trifft das Landesverwaltungsgericht Tirol die Feststellungen in Kapitel 2. der Sachverhaltsdarstellung des gegenständlichen Erkenntnisses.
IV. Rechtslage:
1. Bundesstatistikgesetz 2000:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Bundesstatistikgesetz 2000 (BStG), BGBl I Nr 163/1999 (§ 9) und in der Fassung BGBl I Nr 111/2010 (§§ 6 und 66), lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„Arten statistischer Erhebungen
§ 6. (1) Sofern in der Anordnung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 oder 2 nichts anderes bestimmt ist, können statistische Erhebungen durch Verordnung auf folgende Arten angeordnet werden:
1. […]
[…]
5. Befragung der Auskunftspflichtigen.
(2) […]
[…]“
„Mitwirkungspflichten der Auskunftspflichtigen
§ 9. Bei einer Befragung gemäß § 6 Abs. 1 Z 5 oder einer Ermittlung von Daten gemäß
§ 6 Abs. 1 Z 4 sind die Auskunftspflichtigen zu folgendem verpflichtet:
1. Zur rechtzeitigen, vollständigen und dem besten Wissen entsprechenden Auskunftserteilung über jene Daten, die Erhebungsmerkmal der angeordneten statistischen Erhebung sind. Der Auskunftspflichtige kann jedoch auch einen Dritten mit der Wahrnehmung dieser Verpflichtung betrauen.
[…]“
„Verwaltungsübertretung
§ 66. (1) Wer den Mitwirkungspflichten gemäß §§ 9 und 10 sowie § 25a Abs. 3 nicht nachkommt oder im Rahmen einer Befragung gemäß § 9 oder § 25 Abs. 4 wissentlich unvollständige oder nicht dem besten Wissen entsprechende Angaben macht, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2 180 Euro zu bestrafen.
[…]“
2. Erwerbs- und Wohnungsstatistikverordnung 2010:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Erwerbsstatistik und Wohnungsstatistik 2010 (Erwerbers- und Wohnungsstatistikverordnung 2010 – EWStV 2010), BGBl II Nr 111/2010, lauten auszugsweise samt Überschriften wie folgt:
„Anordnung zur Erstellung der Erwerbs- und Wohnungsstatistik
„§ 1. Die Bundesanstalt Statistik Österreich (Bundesanstalt) hat zur Erfüllung der Verpflichtungen Österreichs auf Grund der Verordnung (EG) Nr. 577/98 zur Durchführung einer Stichprobenerhebung über Arbeitskräfte in der Gemeinschaft, der Verordnung (EG) Nr. 2494/95 über harmonisierte Verbraucherpreisindizes und der Verordnung (EG) Nr. 2223/96 zum Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen auf nationaler und regionaler Ebene in der Europäischen Gemeinschaft statistische Erhebungen durchzuführen und auf Grundlage der erhobenen Daten
1. Erwerbsstatistiken und
2. Wohnungsstatistiken
für Kalenderquartale und -jahre zu erstellen und zu veröffentlichen.“
„Art der Erhebung
§ 5. (1) […]
[…]
(3) Im Rahmen der Stichprobe gemäß § 6 (Mikrozensus) sind durch Befragung der Angehörigen privater Haushalte zu erheben:
1. die Merkmale gemäß § 4 Z 1 und 2, ausgenommen den Gehalt oder Lohn des Betroffenen, soweit diese als Verwaltungsdaten zum Erhebungszeitpunkt nicht verfügbar sind, und
2. die Merkmale gemäß § 4 Z 3 sowie die Größe und die Ausstattung der Wohnung, das Rechtsverhältnis an der Wohnung, die Zahl der Wohnungen im Gebäude und das Jahr der Errichtung des Gebäudes.
Auswahl der Mikrozensus-Stichprobe
§ 6. Die Bundesanstalt hat für die Erhebung der Merkmale gemäß § 5 Abs. 3 die Stichprobe entsprechend Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 577/98 zur Durchführung einer Stichprobenerhebung über Arbeitskräfte in der Gemeinschaft festzulegen.“
„Auskunftspflicht
§ 8. Alle volljährigen Angehörigen der Privathaushalte, die in die Stichprobe einbezogen sind, sind zur Auskunftserteilung verpflichtet. Bei minderjährigen Personen obliegt die Auskunftserteilung dem zum Haushalt zugehörenden gesetzlichen Vertreter. Das Gleiche gilt bei auf Grund eines körperlichen oder geistigen Gebrechens nicht befragbaren volljährigen Personen. Der Auskunftspflichtige kann jedoch einen anderen volljährigen Haushalts- oder Familienangehörigen mit der Auskunftserteilung betrauen.
Mitwirkungspflicht der Auskunftspflichtigen
§ 9. (1) Die Auskunftspflichtigen (§ 8) sind verpflichtet, vollständig und nach bestem Wissen Auskunft zu erteilen und im Falle einer schriftlichen Erhebung die von der Bundesanstalt aufgelegten Erhebungsformulare auszufüllen und diese der Bundesanstalt innerhalb von drei Wochen an die in der Erhebungsunterlage angegebene Adresse zu übermitteln.
(2) Die Bundesanstalt hat Vorsorge zu treffen, dass die schriftliche Auskunftserteilung und die Übermittlung der Erhebungsformulare auf elektronischem Wege erfolgen können.
(3) Eine allenfalls ergänzend zur Erhebung gemäß § 5 Abs. 3 durchgeführte Befragung unterliegt nicht der Auskunftspflicht, worüber die Bundesanstalt die Befragten zu belehren hat.
[…]“
„Information über Erhebungszweck,
Datenschutz sowie Auskunfts- und Mitwirkungspflichten
§ 11. (1) Die Bundesanstalt Statistik Österreich hat die Auskunftspflichtigen gemäß § 8 vor der erstmaligen Befragung mittels Broschüre über den Erhebungszweck und die getroffenen Datenschutzmaßnahmen zu informieren.
(2) Die Bundesanstalt Statistik Österreich hat die Auskunfts- und Mitwirkungspflichtigen über die Rechtsfolgen gemäß § 66 des Bundesstatistikgesetzes 2000 bei Verweigerung der Mitwirkung oder Auskunft und bei wissentlich unvollständigen oder nicht dem besten Wissen entsprechenden Angaben zu belehren.“
3. Verwaltungsstrafgesetz 1991:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991 in den anzuwendenden Fassungen BGBl I Nr 33/2013 (§ 19) und BGBl I Nr 57/2018 (§ 5) lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„Schuld
§ 5. (1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder der Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
(1a) Abs. 1 zweiter Satz gilt nicht, wenn die Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von über 50 000 Euro bedroht ist.
(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.“
„Strafbemessung
§ 19. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
[…]“
4. Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013, in den Fassungen BGBl I Nr 57/2018 (§§ 50 und 52) lauten auszugsweise samt Überschriften wie folgt:
„Erkenntnisse
§ 50. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen und das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.
[…]“
„Kosten
§ 52. (1) In jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, ist auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
(2) Dieser Beitrag ist für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand des Verwaltungsgerichtes zu tragen hat.
[…]“
V. Erwägungen:
1. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:
Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde vier Wochen.
Das angefochtene Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer eigenhändig mittels Hinterlegung am 12.09.2019 zugestellt.
Die Beschwerde des AA ist bereits am 11.09.2019 und damit innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist beim Bürgermeister der Stadt Y als Bezirksverwaltungsbehörde eingelangt.
2. In der Sache:
2.1. Zur objektiven Tatseite:
Mit dem Beschwerdeführer sollte eine Befragung gemäß § 6 Abs 1 Z 5 BStG durchgeführt werden. Mit dem sogenannten Ankündigungsbrief vom 29.04.2019 hat die Bundesanstalt Statistik Austria den Beschwerdeführer davon in Kenntnis gesetzt, dass er für die Erhebung zufällig ausgewählt wurde. Ihrem Schreiben hat die Bundesanstalt Statistik Austria eine Information über die Befragungsmerkmale im Überblick beigelegt. Zudem hat die Bundesanstalt Statistik Austria dem Beschwerdeführer den Erhebungsablauf beschrieben und eine Kontaktperson bekanntgegeben. Das Schreiben enthält auch eine Belehrung im Sinne des 11 Abs 2 EWStV 2010. Eine bestimmte Frist, innerhalb der die Auskunftspflicht zu erfüllen sein würde, hat die Bundesanstalt Statistik Austria im Schreiben vom 29.04.2019 nicht gesetzt.
Das Mahnschreiben vom 28.05.2019 hat die Bundesanstalt Statistik Austria mittels eines Zustellnachweises an den Beschwerdeführer übermittelt. Neben einer neuerlichen Information über die Bedeutung der Erhebung und die Auskunftspflicht enthält dieses Schreiben eine Belehrung über die Rechtsfolgen gemäß § 66 BStG bei Verweigerung der Mitwirkung oder Auskunft (vgl § 11 Abs 1 und 2 EWStV 2010) und setzte eine Frist zur Beantwortung bis spätestens 13.06.2019.
§ 9 Z 1 EWStV 2010 verpflichtet bei einer Befragung gemäß § 6 Abs 1 Z 5 BStG 2000 zur rechtzeitigen Erteilung von Auskünften. Die zeitgerechte Erfüllung der Auskunftspflicht ist nur dann möglich, wenn eine Frist gesetzt worden war (vgl VwGH 15.12.1965, Zl 1022/65).
Dem Beschwerdeführer wurde eine solche Frist, innerhalb der er die Leistung erbringen hätte müssen, mit Mahnschreiben vom 28.05.2019 gesetzt. Dieses Schreiben wurde durch Hinterlegung am 04.06.2019 zugestellt.
Der Beschwerdeführer hat die Hinterlegungsanzeige auch im Briefkasten vorgefunden. Der Beschwerdeführer hat zwar behauptet, das Mahnschreiben sei bei der Post „nicht im System“ gewesen. Allerdings hat der Beschwerdeführer diesbezüglich keine Bestätigung der Post vorgelegt. Dem Landesverwaltungsgericht Tirol liegen auch keine Hinweise vor, dass das Schreiben nicht an die Absenderin zurückgeschickt wurde. Zudem hat BB am 04.06.2019 im Briefkasten des Beschwerdeführers eine Voranmeldungskarte hinterlassen.
Unabhängig von der im Mahnschreiben vom 28.05.2019 erfolgten Fristsetzung hat der Beschwerdeführer trotz der telefonischen Kontaktaufnahme durch BB am 19.06.2019 keine Bereitschaft erkennen lassen, eine Befragung durchzuführen. Damit hat er die Rechtsvorschrift des § 9 Z 1 BStG iVm § 9 Abs 1 EWStV 2010 verletzt.
Der Beschwerdeführer hat somit den Tatbestand des § 66 Abs 1 iVm § 9 Z 1 BStG 2000 iVm § 9 Abs 1 EWST in objektiver Hinsicht verwirklicht.
2.1.2. Zur subjektiven Tatseite:
Der Deliktstatbestand des § 66 Abs 1 BStG – Verletzung der Mitwirkungspflicht – beschränkt sich auf das bloße Verbot (einer) unerlaubten Verhaltensweise, es bedarf somit nicht des zusätzlichen Eintritts eines tatbestandlichen Erfolgs. Der tatbestandliche Unwert erschöpft sich darin, der Mitwirkungspflicht gemäß den §§ 9 und 10 BStG nicht nachzukommen. Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verwaltungsübertretung ist somit als Ungehorsamsdelikt zu qualifizieren. Bei diesem Ungehorsamsdelikt indiziert der Verstoß gegen den entsprechenden verwaltungsstrafrechtlichen Rechtsbefehl grundsätzlich Fahrlässigkeit. Der Täter hat glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift „kein Verschulden trifft“. Zur Entkräftigung der im Normverstoß gelegenen Indizwirkung fahrlässigen Handelns verlangt der § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG vom Beschuldigten, „sich dagegen zur Wehr zu setzen“ und mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen. Dafür reichen unsubstantiierte allgemeine Behauptungen nicht hin. Der Beschuldigte hat somit initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht [Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG² § 5 Rz 5 ff mit weiteren Nachweisen (Stand 01.05.2017) rdb.at].
Der Beschwerdeführer hat im Wesentlichen vorgebracht, die an ihn ergangenen Schreiben, insbesondere das Mahnschreiben vom 28.05.2019, nicht erhalten zu haben. Das Mahnschreiben vom 28.05.2019 wurde jedoch durch Hinterlegung zugestellt und hat der Beschwerdeführer diese Hinterlegungsanzeige auch dem Briefkasten entnommen. Es liegen auch keine Umstände vor, warum die im Briefkasten des Beschwerdeführers hinterlassenen Terminankündigungen für 13.06. und 18.06. dem Beschwerdeführer nicht zugekommen sein sollten. Darüber hinaus hat am 19.06.2019 ein Telefongespräch zwischen dem Beschwerdeführer und BB stattgefunden und war Gegenstand die noch ausständige Befragung im Rahmen der Mikrozensus-Erhebung.
Es liegen somit keine Umstände vor, dass der Beschwerdeführer seiner Mitwirkungspflicht keinesfalls nachkommen hätte können. Der Beschwerdeführer hat daher die ihm angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver und subjektiver Hinsicht verwirklicht. Die Bestrafung ist sohin dem Grunde nach zurecht erfolgt.
Der Hinweis des Beschwerdeführers auf das an ihn gerichtete Schreiben der Statistik Austria vom 20.09.2019 ändert nichts an der rechtlichen Beurteilung. Das Schreiben bezieht sich auf eine ergänzende Erhebung im Anschluss an den quartalsweisen Mikrozensus. Eine derartige, ergänzend zur Erhebung nach § 5 Abs 3 EWStV 2010 durchgeführte Befragung unterliegt gemäß § 9 Abs 3 EWStV 2010 nicht der Auskunftspflicht.
2.2 Zur Strafbemessung:
Die Bundesstatistik ist gemäß § 1 BStG ein nicht personenbezogenes Informationssystem des Bundes, das Daten über die wirtschaftlichen, demographischen, sozialen, ökologischen und kulturellen Gegebenheiten in Österreich den Bundesorganen zur Planung, Entscheidungsvorbereitung und Kontrolle von Maßnahmen sowie der Wissenschaft, der Wirtschaft und der Öffentlichkeit bereitstellt. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, enthält § 8 BStG eine Auskunftspflicht aller volljährigen Angehörigen jener Privataushalte, die in die Stichprobe einbezogen sind.
Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ? Verletzung der Mitwirkungspflicht ? ist somit erheblich, da die Bundesanstalt Statistik Österreich durch ein derartiges Verhalten gehindert wird, die Daten zu erheben, um das in § 1 BStG formulierte Ziel zu erfüllen.
Beim Beschwerdeführer ist, insbesondere unter Berücksichtigung der am 19.06.2019 erfolgten telefonischen Kontaktaufnahme betreffend die ausständige Befragung, von grober Fahrlässigkeit auszugehen. Unter Berücksichtigung der genannten Strafzumessungskriterien ist die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe in Höhe von Euro 200,00 ? rund 9 % der höchstzulässigen Geldstrafe in Höhe von Euro 2.180,00 – auch unter Berücksichtigung der Unbescholtenheit des Beschwerdeführers, dem Fehlen von Erschwerungsgründen und der derzeitigen Einkommenssituation schuld- und tatangemessen. Die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 36 Stunden entspricht den Vorgaben des § 16 iVm § 19 VStG.
3. Ergebnis:
Der Beschwerdeführer hat den Verwaltungsstraftatbestand des § 66 Abs 1 BStG in objektiver und subjektiver Hinsicht erfüllt. Die für diese Verwaltungsübertretung verhängte Geldstrafe in Höhe von Euro 200,00 ist schuld- und tatangemessen. Die festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 36 Stunden entspricht den Vorgaben des § 16 iVm § 19 VStG.
Die Beschwerde des AA war daher als unbegründet abzuweisen. Dementsprechend lautet Spruchpunkt 1. des gegenständlichen Erkenntnisses.
Der Kostenspruch ? Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Erkenntnisses ? stützt sich auf § 52 Abs 1 und 2 VwGVG, wonach der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens mit 20 % der jeweils verhängten Strafe, mindestens jedoch mit Euro 10,00, zu bemessen ist.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Wesentliche Aufgabe des Landesverwaltungsgerichtes war es, den Sachverhalt festzustellen. Die rechtliche Beurteilung stützt sich auf den klaren Wortlaut der anzuwendenden Bestimmungen des BStG und der EWStV 2010. Da somit die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen eindeutig ist, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, und zwar selbst dann nicht, wenn zu den anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl VwGH 30.08.2019, Ra 2019/17/0035). Bei der Strafbemessung wiederum handelt es sich um eine Ermessensentscheidung für den einzelnen Fall, die keine grundsätzliche Rechtsfrage darstellt (vgl VwGH 09.12.2019, Ra 2019/03/0123). Dementsprechend wird in Spruchpunkt 3. des gegenständlichen Erkenntnisses die ordentliche Revision für nicht zulässig erklärt.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Hinweis:
Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Hirn
(Richter)
Schlagworte
Mikrozensus;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2019.37.1909.26Zuletzt aktualisiert am
15.07.2020