TE Vwgh Erkenntnis 1998/2/25 96/12/0379

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Veröffentlicht am 25.02.1998
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Index

L24008 Gemeindebedienstete Vorarlberg;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
GdBedG Vlbg 1988 §91 Abs2 idF 1995/050;
GdBedG Vlbg 1988 §91 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde des A in L, vertreten durch Mag. Dr. Harald Schicht, Rechtsanwalt in Wien I, Freyung 6/11, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 30. Oktober 1996, Zl. I-5/I-Lu/96, betreffend die Weitergewährung des Waisenversorgungsgenusses nach dem Vorarlberger Gemeindebedienstetengesetz (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Lustenau, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der am 15. Mai 1969 geborene Beschwerdeführer bezog eine Waisenpension nach dem Vorarlberger Gemeindebedienstetengesetz (in der Folge kurz: GBedG), die mit Ablauf des Monates, in welchem er das 26. Lebensjahr vollendet hatte, also mit Ende Mai 1995, eingestellt wurde.

Mit Schreiben vom 31. Oktober 1995 beantragte der Beschwerdeführer, den Waisenversorgungsgenuß rückwirkend ab 1. Juni 1995 bis zur Vollendung seines 27. Lebensjahres zu gewähren; er verwies dabei auf § 91 Abs. 2 leg. cit. und brachte vor, ihm gebühre dieser Anspruch weiterhin, weil sein Studium durch die Ableistung des Zivildienstes im Jahre 1989 verzögert worden sei.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 22. November 1995 wurde dieser Antrag abgewiesen. Dies wurde im wesentlichen damit begründet, daß vorliegendenfalls von einer Verzögerung der Ausbildung durch die Ableistung des Zivildienstes nicht gesprochen werden könne.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Er führte aus, die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides beruhe auf der unrichtigen Annahme, daß er den eingeschlagenen Berufsausbildungsweg geändert habe und daß dadurch der "nach einmaliger oder mehrmaliger Änderung letztlich gewählte Ausbildungsweg durch die vorangegangene Willensbildung" (im Original unter Anführungszeichen) verzögert worden sei. Abgesehen davon, daß mit dieser Argumentation auf die studienverzögernde Wirkung des Präsenz- bzw. Zivildienstes in keiner Weise eingegangen werde, sei die Annahme unzutreffend, weil er keineswegs vom ursprünglich gewählten Berufsziel abgegangen sei, sondern dieses vielmehr bereits seit der Matura zielstrebig verfolgt habe, was aber sowohl durch schwere familiäre Schicksalsschläge als auch durch Erfüllung seiner Präsenz- bzw. Zivildienstpflicht erschwert worden sei. Von allem Anfang an habe ihm ein die Tätigkeit eines Volks- und Musikschullehrers kombinierendes Berufsziel vorgeschwebt und er habe die Verwirklichung dieses Vorhabens konsequent angestrebt. Diese Kombination sei weit verbreitet und keineswegs ungewöhnlich. Allerdings gäbe es für diesen Berufswunsch keinen einheitlichen Ausbildungsweg, sodaß in der Regel zwei separate Studiengänge zu absolvieren seien. Aufgrund "der neuen Rechtslage" fänden nur mehr Musikschullehrer mit abgeschlossener Konservatoriums- oder Hochschulausbildung Beschäftigung an öffentlichen Musikschulen. Die sich aus der Kombination von zwei Studiengängen ergebende Ausbildungsdauer für einen derartigen Berufswunsch sei keineswegs überlang, sondern durchaus mit den tatsächlichen Durchschnittszeiten akademisch geschulter Berufsanwärter vergleichbar. Die Verwandtschaft der beiden Studiengänge zeige sich auch in teilweisen Lehrplanüberschneidungen (Instrumentalmusik, Pädagogik). Von einer Änderung des Ausbildungsweges könne daher keine Rede sein.

Er sei kein Studienabbrecher, sondern habe das Studium an der Pädagogischen Akademie in der vorgesehenen Mindeststudienzeit absolviert und sich sogar bereits während dieser Zeit intensiv auf das Konservatorium vorbereitet, was auch dadurch ersichtlich sei, daß er aufgrund seiner bei der Aufnahms- und Einstufungsprüfung erbrachten Leistungen unmittelbar in den 2. Jahrgang eingestuft worden sei und dadurch ein Jahr habe überspringen können.

Mit der geplanten Verwirklichung dieses Berufszieles stehe die Aufnahme der Erwerbstätigkeit nach der Matura keineswegs im Widerspruch, weil diese Erwerbstätigkeit nur befristet und mit dem Ziel aufgenommen worden sei, für das spätere Studium entsprechende Geldmittel anzusparen. Die damalige finanzielle Situation seines (zu ergänzen: in weiterer Folge verstorbenen) Vaters habe es nämlich erforderlich gemacht, daß er einen Teil der Studienkosten selbst übernehme. Die ursprünglich geplante zweijährige Ansparphase hätte zu einem Studienbeginn im September 1989 geführt, was aber durch die Ableistung des Zivildienstes vom 1. Februar 1989 bis zum 30. September 1989 unmöglich gemacht worden sei: Zum einen habe durch den Minderverdienst während der Zivildienstzeit das angestrebte Sparziel nicht erreicht werden können, zum anderen habe die Zivildienstleistung im Monat September 1989 die pünktliche Inskription und Aufnahme des Studiums an der Pädagogischen Akademie in Feldkirch, welche regelmäßig Mitte September stattfinde und die persönliche Anwesenheit des Studierenden erfordere, unmöglich gemacht. Da diese Akademie nur einmal im Jahr, nämlich im September, Neuinskribierende aufnehme, sei daher der Studienbeginn um ein Jahr verzögert worden. Daß er die "Stehzeit" (im Original unter Anführungszeichen) zwischen der Ableistung des Zivildienstes und der Neuinskription im September 1990 durch Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit genutzt habe, könne ihm wohl nicht zum Vorwurf gemacht werden. Darauf sei nicht Bedacht genommen worden (wurde näher ausgeführt). Bei Weiterbezug des Waisenversorgungsgenusses bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres sowie durch Finanzierung aus Ersparnissen im darauffolgenden 28. Lebensjahr könne er sein Studium planmäßig im Juli 1997 beenden.

Mit Bescheid der Berufungskommission der mitbeteiligten Gemeinde vom 5. Juli 1996 wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen. Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, führte die Berufungsbehörde begründend aus, daß der Beschwerdeführer am 22. Juni 1987 maturiert und vom 1. Februar 1989 bis 30. September 1989 den ordentlichen Zivildienst abgeleistet habe. Im November 1989 sei sein Vater verstorben. "Mit Wirkung mit 17.09.1990" sei der Beschwerdeführer an der pädagogischen Akademie des Bundes in Vorarlberg als ordentlicher Studierender aufgenommen worden, und habe dort den sechssemestrigen Studiengang absolviert, den er am 23. Juni 1993 mit der Lehramtsprüfung für Volksschulen abgeschlossen habe. Seit dem 6. September 1993 sei der Beschwerdeführer Student am Vienna Konservatorium in Wien in der Abteilung Jazz, Studienrichtung Diplomstudium. In den Zeiträumen von der Matura bis zum Beginn des Zivildienstes, demnach vom 23. Juni 1987 bis zum 31. Jänner 1989 und vom Ende des Zivildienstes bis zum 16. September 1990, sei der Beschwerdeführer in keiner Schul- oder Berufsausbildung gestanden, sondern sei überwiegend einer Erwerbstätigkeit nachgegangen.

Nach Darstellung der Rechtslage führte die Berufungsbehörde weiter aus, Sinn und Zweck des Waisenversorgungsgenusses sei es, dem Kind eine sichere Schul- und Berufsausbildung zu ermöglichen. Das Kind solle die Gelegenheit erhalten, eine Schul- oder Berufsausbildung rechtzeitig beginnen und rechtzeitig vollenden zu können. Hiebei werde allerdings an das Kind die Anforderung gestellt, seinerseits alles zu unternehmen, um seinen Ausbildungsweg nicht zu verzögern. Nur dann, wenn der Ausbildungsweg durch ein unüberwindbares Hindernis im Sinne des § 91 GBedG verzögert werde, könne unter Umständen über das 26. Lebensjahr hinaus ein Waisenversorgungsgenuß weitergewährt werden. An das Kriterium der Unüberwindbarkeit eines solchen Hindernisses seien jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Richtig sei, daß der Zivildienst als demonstratives Beispiel eines solchen unüberwindbaren Hindernisses im Gesetz angeführt sei. Für die Beurteilung, ob dadurch eine Verzögerung der Berufsausbildung herbeigeführt worden sei, seien aber auch die Zeiträume heranzuziehen, während denen keine schulische oder berufliche Ausbildung erfolgt sei. Der Beschwerdeführer habe nach der Matura durch rund 19 Monate und nach dem Zivildienst durch ca. 11 Monate aus eigenem eine Verzögerung seiner Berufsausbildung bzw. seines Studiums bewirkt, welche keineswegs ein unüberwindbares Hindernis gewesen sei. Das in der Berufungsschrift angeführte Motiv, die erforderlichen Mittel für seine Ausbildung anzusparen, rechtfertige keinesfalls die daraus resultierende "Verlängerung der Kindeseigenschaft zu Lasten der Allgemeinheit", wenn eine bescheidene Lebensgrundlage gesichert sei; aufgrund der Höhe des ausbezahlten Waisenversorgungsgenusses könne zweifelsfrei davon ausgegangen werden, daß dies der Fall gewesen wäre. Dabei sei zudem noch zu berücksichtigen, daß gemäß dem Studienförderungsgesetz Studienbeihilfe für die Dauer eines Hochschulstudiums gewährt werden könne. Nur vom Willen des Betroffenen unabhängige, in dessen Person gelegene Hindernisse, die trotz aller Bemühungen nicht beseitigt werden könnten, seien als Umstände anzuerkennen, die die "Kindeseigenschaft" verlängerten (Hinweis auf Rechtsprechung der Zivilgerichte). Hätte der Beschwerdeführer sein, wie er behaupte, stets angestrebtes Ausbildungsziel beharrlich unter Aufbietung der ihm zumutbaren Anstrengungen angestrebt, hätte er sein Ausbildungsziel wesentlich früher erreichen können. Eine Verzögerung der Berufsausbildung im Sinne des § 91 Abs. 2 GBedG ist jedenfalls nicht gegeben bzw. ist durch die nicht zur Berufsausbildung gehörenden Zeiträume insbesondere nach der Matura (19 Monate) bzw. nach dem Zivildienst (11 Monate) mehr als kompensiert worden".

Zuletzt sei darauf hinzuweisen, daß § 91 Abs. 2 GBedG mit Wirkung vom 1. Jänner 1996 dahingehend novelliert worden sei, daß der ordentliche monatliche Waisenversorgungsgenuß nunmehr bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres (zuvor bis zur Vollendung des 26. Lebensjahres) gebühre. "Eine Übergangsbestimmung zur gegenständlichen Gesetzesnovellierung ist nicht ergangen, sodaß für die rechtliche Beurteilung noch nicht die ab 01.01.1996 geltende Normen anzuwenden waren. Für den Bezug eines monatlichen Waisen- und Versorgungsgenusses nach der neuen Gesetzeslage ab 01.01.1996 ist darüber hinaus ein Antrag des Berechtigten erforderlich".

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung an die belangte Behörde, die mit dem nun angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde.

Nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage führte die belangte Behörde zusammengefaßt aus, unstrittig sei, daß der vom Beschwerdeführer abgeleistete Zivildienst ein unüberwindbares Hindernis im Sinne des § 91 Abs. 2 GBedG darstelle. Die Ableistung des Zivildienstes allein habe allerdings, wie die Gemeindebehörden zutreffend ausgeführt hätten, nicht zu einer Ausbildungsverzögerung über das 26. Lebensjahr hinausgeführt. "Die Ausbildung hätte fristgerecht beendet werden können". Demzufolge sei die Ausbildungsverzögerung über das 26. Lebensjahr hinaus durch ein Zusammenwirken der Faktoren "Zivildienst und Erwerbstätigkeit" (im Original unter Anführungszeichen) erfolgt. Aber auch die vom Beschwerdeführer ausgeübte Erwerbstätigkeit sei kein unüberwindbares Hindernis im Sinne dieser Gesetzesstelle (wurde näher ausgeführt, wobei die Vorstellungsbehörde den Ausführungen der Berufungsbehörde beitrat).

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit "bzw. unrichtiger sowie unvollständiger Tatsachenfeststellungen".

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das (Vorarlberger) Gemeindebedienstetengesetz, LGBl. Nr. 49/1988, anzuwenden.

Im Beschwerdefall ist, wie die Behörden des Verwaltungsverfahrens zutreffend erkannt haben, insbesondere § 91 Abs. 2 leg. cit. relevant.

Diese Bestimmung lautete in der Stammfassung:

"(2) Dem Kind eines verstorbenen Gemeindebeamten, das das

18. aber noch nicht das 26. Lebensjahr vollendet hat, gebührt auf Antrag ein monatlicher Waisenversorgungsgenuß, solange es in einer Schul- oder Berufsausbildung steht, die seine Arbeitskraft überwiegend beansprucht. Zur Schul- oder Berufsausbildung zählt auch ein angemessener Zeitraum für die Vorbereitung auf die Ablegung der entsprechenden Abschlußprüfungen und auf die Erwerbung eines akademischen Grades. Ist die Schul- oder Berufsausbildung durch Ableistung des Präsenz- oder Zivildienstes, durch Krankheit oder ein anderes unüberwindbares Hindernis verzögert worden, so gebührt der Waisenversorgungsgenuß über das 26. Lebensjahr hinaus für einen der Dauer der Behinderung angemessenen Zeitraum."

Mit dem Gesetz LGBl. Nr. 50/1995 wurden verschiedene Bestimmungen des GBedG geändert, darunter auch (Artikel I Punkt 57.) § 91 Abs. 2 dahin, daß es in dieser Bestimmung statt

"26. Lebensjahr" nunmehr "27. Lebensjahr" zu lauten habe. Diesbezüglich enthält diese Novelle, die gemäß ihrem Art. II am 1. Jänner 1996 in Kraft trat, keine Übergangsbestimmungen.

Der Beschwerdeführer hat im Mai 1995 das 26. Lebensjahr vollendet und strebt die Verlängerung des Waisenversorgungsbezuges bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres, also bis Mai 1996 an; er begründet dies weiterhin, wie schon im Verwaltungsverfahren, damit, daß der Abschluß des Studiums durch die Ableistung des Zivildienstes um ein Jahr verzögert worden sei; auf die weitere Verzögerung des Studiums durch die von ihm ausgeübte Erwerbstätigkeit berufe er sich (ohnedies) nicht. Er macht geltend, der von den Behörden festgestellte Sachverhalt reiche zu einer abschließenden rechtlichen Beurteilung nicht aus.

Die Beschwerde ist berechtigt.

Zutreffend hat die Berufungsbehörde erkannt, daß die Novelle LGBl. Nr. 50/1995 am 1. Jänner 1996 in Kraft getreten ist und hinsichtlich der Änderungen des § 91 Abs. 2 GBedG keine Übergangsbestimmungen enthält. Unzutreffend ist aber die Auffassung der Berufungsbehörde, daß diese Bestimmung in der geänderten Fassung im Beschwerdefall ohne Belang sei. Streitverfangen ist, wie gesagt, der Zeitraum vom 1. Juni 1995 bis Mai 1996. Richtig ist, daß die Novelle - mangels entsprechender Anordnung des Gesetzgebers - nicht zurückwirkt, also § 91 Abs. 2 GBedG im Zeitraum bis zum Ablauf des 31. Dezember 1995 in der Fassung vor dieser Novelle anzuwenden ist; für den Zeitraum ab dem 1. Jänner 1996 ist aber das Begehren des Beschwerdeführers - abermals mangels Übergangsbestimmungen, die Abweichendes anordnen würden - auf Grundlage der novellierten Fassung zu beurteilen. Eines eigenen, weiteren Antrages des Beschwerdeführers bedurfte es entgegen der Auffassung der Berufungsbehörde nicht, weil das Verfahren über den Antrag des Beschwerdeführers vom 31. Oktober 1995 ja noch anhängig war.

Dadurch, daß die Berufungsbehörde dies verkannte und den Antrag des Beschwerdeführers für den Zeitraum ab 1. Jänner 1996 nicht auf Grundlage der neuen Fassung des § 91 Abs. 2 leg. cit. prüfte, belastete sie den Berufungsbescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 1995 gilt folgendes:

Um beurteilen zu können, ob eine Schul- oder Berufsausbildung durch die im § 91 Abs. 2 GBedG umschriebenen Umstände "verzögert" wurde, muß zunächst der reguläre Verlauf einer solchen Ausbildung klargestellt werden, weil ja ansonsten nicht geprüft werden kann, ob und inwieweit eine Verzögerung eingetreten ist. Diesbezüglich mangelt es aber an den entsprechenden Tatsachenfeststellungen, wobei dieser Mangel rechtserheblich ist:

Der Beschwerdeführer hat im Juni 1987 maturiert. Er hat vom September 1990 bis Juni 1993 die Pädagogische Akademie besucht (3 Jahre), und studiert seit September 1993 am "Vienna Konservatorium in Wien". Nach seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren war ein Abschluß dieser Ausbildung im Juli 1997 vorgesehen. Daraus ergibt sich - den Behauptungen des Beschwerdeführers zufolge - eine Gesamtstudiendauer von 7 Jahren. Er bringt vor, diese Studiendauer sei angemessen.

Ginge man nun davon aus, daß der Beschwerdeführer diese Studien unmittelbar im Anschluß an die Matura, also im September 1987 aufgenommen hätte, hätte er dieses 7jährige Studium (bei ansonsten vergleichbaren Verhältnissen) im Juli 1994 beendet. Er bringt aber weiters mit näherer Begründung vor, durch die Ableistung des wenngleich achtmonatigen Zivildienstes habe sich die Ausbildung um ein ganzes Jahr verzögert; träfe dies zu, würde dies bedeuten, daß die Ausbildung erst im Juli 1995, also erst nach Vollendung des 26. Lebensjahres und erst im streitgegenständlichen Zeitraum, abgeschlossen worden wäre. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers kann daher von vornherein Beachtlichkeit nicht abgesprochen werden; hingegen sind die Ausführungen der Berufungsbehörde, die Verzögerng durch den Zivildienst sei "durch die nicht zur Berufsausbildung gehörenden Zeiträume" nach der Matura und nach dem Zivildienst "mehr als kompensiert worden", Annahmen, die unzureichend begründet sind, weil es an näheren Feststellungen zum regulären Verlauf der vom Beschwerdeführer eingeschlagenen Studien fehlt.

Dadurch, daß die belangte Behörde diese Mängel des Verfahrens auf Gemeindeebene verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996120379.X00

Im RIS seit

27.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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