Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely-Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T*****, vertreten durch Dr. Johannes Grahofer, Rechtsanwalt in Amstetten, gegen die beklagten Parteien 1. A*****, 2. E*****, beide vertreten durch Dr. Dietmar Gollonitsch, Rechtsanwalt in Scheibbs, wegen 6.401,61 EUR sA, über die Revision der beklagten Parteien (Revisionsinteresse 2.000 EUR) gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom 4. Dezember 2019, GZ 21 R 226/19x-28, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Scheibbs vom 17. Juli 2019, GZ 2 C 14/19z-22, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 460,40 EUR (darin 76,73 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Der Kläger erwarb mit Kaufvertrag vom 31. 7. 2018 von den Beklagten einen (im November 2011 erstmals zum Verkehr zugelassenen) PKW Audi A5 um 15.200 EUR. Nach Übergabe stellte sich heraus, dass das Fahrzeug einen Ölverbrauch in einer Höhe aufwies, der die Betriebssicherheit des Motors ausschloss.
Der Kläger begehrte von den Beklagten die Zahlung der Reparaturkosten von 6.175,27 EUR sA zuzüglich der Kosten für die Ölverbrauchsmessung von 119,59 EUR und 106,75 EUR sA aus dem Titel der Gewährleistung und des Schadenersatzes.
Das Erstgericht gab der Klage mit Ausnahme eines Mehrbegehrens von 1.087,34 EUR sA statt. Der Motor sei wegen des überhöhten Ölverbrauchs nicht betriebssicher gewesen. Für diesen Mangel hätten die Beklagten aus dem Titel der Gewährleistung einzustehen. Es bestehe aber kein Schadenersatzanspruch gegen die Beklagten.
Das sowohl vom Kläger als auch von den Beklagten angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es ließ die ordentliche Revision zur Frage zu, ob und inwieweit hier eine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung, wonach im Gewährleistungsrecht eine Vorteilsausgleichung nicht gelte, zu erwägen wäre, vor allem im Hinblick auf einen Wertungswiderspruch dahingehend, dass die Beklagten in Bezug auf den allfälligen Vorteilsausgleich als nicht schuldhaft Handelnde und damit keinem Schadenersatzanspruch, sondern nur einem Gewährleistungsanspruch Ausgesetzte schlechtergestellt seien, als wenn sie infolge Fahrlässigkeit oder Vorsatz ausschließlich schadenersatzpflichtig wären.
Die vom Kläger beantwortete Revision der Beklagten ist entgegen dem – nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO):
Rechtliche Beurteilung
1. Entgegen der Meinung des Klägers ist die Revision nicht jedenfalls unzulässig, weil das Revisionsinteresse bloß 2.000 EUR beträgt. Für die Streitwertgrenze der Revisionszulässigkeit nach § 502 Abs 2 ZPO ist der gesamte Entscheidungsgegenstand des Berufungsverfahrens, das sind hier 6.401,61 EUR, maßgebend, auch wenn nur ein Teil davon Gegenstand des Revisionsverfahrens wird (RIS-Justiz RS0042408).
2. Nach § 933a Abs 2 ABGB kann der Übernehmer unter anderem Geldersatz verlangen, wenn der Übergeber die Verbesserung oder den Austausch verweigert oder nicht in angemessener Frist vornimmt.
Lässt der Übernehmer – wie hier – die mangelhafte Sache bei einem Dritten verbessern, kann er die Verbesserungskosten der Berechnung des Geldersatzes zugrunde legen. Voraussetzung für den Ersatz der Verbesserungskosten ist, dass der Übernehmer überhaupt einen Anspruch auf Geldersatz hat, der Übergeber also (in concreto) die Verbesserung (zu Unrecht) verweigert hat (RS0126731).
3.1. In der Literatur sprechen sich gegen eine Berücksichtigung eines Vorteils bei einer Verbesserung und bei einem Austausch insbesondere Zöchling-Jud (in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.02 § 932 Rz 73), P. Bydlinski (in KBB5 § 932 ABGB Rz 13) und Ofner (in Schwimann/Kodek4 § 932 ABGB Rz 13) aus. Nach Fenyves (Vorteilsausgleichung im Gewährleistungsrecht? JBl 1999, 2) soll nur bei einem Verlangen auf Verbesserung, das andernfalls als missbräuchlich zu qualifizieren wäre, ein Anspruch auf Vorteilsausgleichung bestehen. Dagegen befürwortet Kurschel (Gewährleistung beim Werkvertrag 74 ff) einen solchen Ausgleich bei außergewöhnlichen (inkongruenten) Vorteilen. Nach B. Jud (Vorteilsausgleich im Gewährleistungsrecht, JBl 2000, 6 ff) ist durch Vertragsauslegung zu klären, ob die zu einer deutlichen Werterhöhung führende Verbesserung noch als vertraglich geschuldet angesehen werden kann oder nicht. Ergibt die Vertragsauslegung, dass die Verbesserungsleistung nicht mehr von der Erfüllungspflicht umfasst ist, sei der Mangel unbehebbar, eine Verbesserung sei nicht geschuldet.
3.2. In der Entscheidung 6 Ob 134/08m war in ähnlicher Weise ein „Mehrwert“ von 1.500 EUR eines Gebrauchtfahrzeugs (Kaufpreis 12.000 EUR) zu beurteilen, der sich durch eine Reparatur aufgrund des Einbaus eines neuen Motors und dadurch bewirkter verlängerter Laufleistung ergeben hätte. Der 6. Senat gelangte in dieser Entscheidung zur Auffassung, dass – sofern keine Anhaltspunkte für einen im Einzelfall abweichenden konkreten Parteiwillen vorliegen würden – in einem derartigen Fall die – im Sinne der Auffassung B. Juds (JBl 2000, 2 ff) maßgebliche – Vertragsauslegung ergebe, dass ein Fahrzeug mit derart weitreichenden Reparaturen nicht mehr vom Kaufvertrag umfasst sei. Daraus wurde gefolgert, dass die Verbesserung nicht geschuldet war.
3.3. Ausgehend davon hätten die Beklagten aber einwenden müssen, dass ein Fahrzeug mit der durchgeführten Reparatur nicht mehr vom Kaufvertrag umfasst ist. Einen solchen Einwand haben sie aber im gesamten Verfahren nicht erhoben. Auch auf den Einwand der voreiligen Selbstverbesserung sind die Beklagten schon im Berufungsverfahren nicht mehr zurückgekommen.
4. Ausgehend von der bereits vorliegenden Rechtsprechung gelingt es den Beklagten daher nicht, eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Die Revision war daher als unzulässig zurückzuweisen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision der Beklagten in seiner Revisionsbeantwortung hingewiesen (RS0035979 [T16]).
Textnummer
E128531European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:0080OB00022.20Y.0512.000Im RIS seit
15.07.2020Zuletzt aktualisiert am
15.07.2020