TE OGH 2020/7/1 15Os55/20g

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Veröffentlicht am 01.07.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 1. Juli 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Weinhandl als Schriftführerin in der Strafsache gegen D***** G***** wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 20. Februar 2020, GZ 17 Hv 5/20d-31, ferner über dessen Beschwerde gegen den Beschluss auf Widerruf einer bedingten Entlassung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde D***** G***** jeweils eines Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (A.1.), des Diebstahls nach § 127 StGB (A.2.), der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (B.) sowie des Betrugs nach § 146 StGB (C.) schuldig erkannt.

Danach hat er

A. am 21. Dezember 2019 in D*****

1. A***** A***** „mit Gewalt zu einer Handlung, nämlich ihn in Ruhe zu lassen und von ihm Abstand zu nehmen genötigt, indem er auf ihn zuging, ihn im Gesicht packte, zudrückte und äußerte, ob er diverse Personen kenne“;

2. Gewahrsamsträgern der B***** GmbH eine fremde bewegliche Sache, nämlich eine Jeanshose im Wert von 69,99 Euro, mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er diese anzog, das Etikett entfernte und das Geschäft verließ;

B. am 10. Dezember 2019 in D***** das Mobiltelefon der V***** R***** zerstört, indem er es G***** R***** entriss und von einer Brücke warf;

C. am 16. Dezember 2019 in W***** mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, unter wahrheitswidriger Vorgabe, zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde zu sein, B***** Y***** zur Abholung und Lieferung von Essen im Wert von 37 Euro verleitet, wodurch dieser im genannten Betrag in seinem Vermögen geschädigt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 5 sowie Z 9 lit a und lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

Soweit die Mängelrüge zu A.1. Feststellungen „zur Eignung der vermeintlichen Drohung des Angeklagten“ vermisst (Z 5, der Sache nach Z 9 lit a), orientiert sie sich nicht an den Entscheidungsgründen, wonach dem Angeklagten Gewalt, nicht jedoch (wie noch in der Anklage ON 13) eine gefährliche Drohung als Nötigungsmittel zur Last gelegt wird (US 6). Gleiches gilt für die Kritik der Rechtsrüge (Z 9 lit a; ebenfalls zu A.1.), das Tatbestandsmerkmal „durch gefährliche Drohung“ sei nicht erfüllt, weil es der Äußerung des Angeklagten an der erforderlichen Eignung mangle, den Zeugen in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Dass das festgestellte Verhalten des Angeklagten, wonach er A***** A***** mit der Hand im Gesicht packte, dessen Wange bzw Unterkiefer zusammen und den Kopf nach hinten drückte (US 6), nicht dem Begriff der Gewalt im Sinn des § 105 Abs 1 StGB zu subsumieren wäre, behauptet die Beschwerde (Z 9 lit a) lediglich, ohne dieses gewünschte Auslegungsergebnis argumentativ aus dem Gesetz zu entwickeln (RIS-Justiz RS0116565; zum Gewaltbegriff vgl im Übrigen RIS-Justiz RS0093620).

Bezugnehmend auf den Rechtfertigungsgrund des § 105 Abs 2 StGB bringt die Rüge (Z 9 lit b) weiters vor, „das Ziel des Angeklagten, nämlich in Ruhe gelassen zu werden“, widerstreite „grundsätzlich nicht den guten Sitten“. Der Beschwerdeführer geht dabei allerdings nicht vom Gesetzestext aus, wonach die Tat nur dann nicht rechtswidrig ist, wenn die Anwendung der (hier:) Gewalt als Mittel zu dem angestrebten Zweck nicht den guten Sitten widerstreitet. Weshalb dies bei einem Dieb, der – auf frischer Tat ertappt – Gewalt anwendet, um den Verkäufer „zu zwingen, ihn in Ruhe zu lassen“ (US 6), so sein sollte, erklärt die Rüge nicht (vgl 14 Os 118/96; RIS-Justiz RS0093011).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sogleich zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde ergibt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E128525

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0150OS00055.20G.0701.000

Im RIS seit

15.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

15.07.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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