TE Lvwg Erkenntnis 2020/3/6 VGW-001/085/11044/2019

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Veröffentlicht am 06.03.2020
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Entscheidungsdatum

06.03.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
L40059 Prostitution Sittlichkeitspolizei Wien

Norm

VStG §45 Abs1 Z2
ProstG Wr §17 Abs2 litc

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin MMag. Dr. Salamun über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat C., vom 24.6.2019, Zl. …, betreffend Übertretung des Wiener Prostitutionsgesetzes

zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z  2 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gegen diese Entscheidung ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

Das angefochtene Straferkenntnis richtet sich gegen den Beschwerdeführer als Beschuldigten und enthält folgenden Spruch:

„1.      Datum: 27.03.2019, 22:40 Uhr - 27.03.2019, 22:55 Uhr

Ort: Wien, D.-Straße, Top 3, Bordell E.

Sie haben das Prostitutionslokal E. in Wien, D.-Straße /3 unter Nichteinhaltung der Verordnung über die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen der zur Ausübung der Prostitution verwendeten Gebäude, Gebäudeteile und Räume betrieben, indem sie weder im Empfangsraum noch im Verrichtungszimmer linksseitig hinter dem Empfangsraum funktionstüchtige Feuermelder hatten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1. § 6 Wiener Prostitutionsgesetz 2011

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich, Gemäß

                              Ersatzfreiheitsstrafe von

1. € 1.500,00 9 Tage(n) 0 Stunde(n) § 17 Abs. 2 lit. c Wiener

                             0 Minute(n) Prostitutionsgesetz 2011

Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG zu zahlen:

€ 150,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens 10 Euro für jedes Delikt.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 1.650,00.“

II.

In der vom - rechtsfreundlich vertretenen - Beschwerdeführer eingebrachten Beschwerde wird im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, der Beschwerdeführer erachte sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt.

Die Funktionstüchtigkeit des Rauchmelders, der im Rahmen einer Generalsanierung im Sommer 2018 installiert und wie an allen anderen Tagen auch am 27.3.2019 vom Mitarbeiter Herr F. umfassend kontrolliert und für einwandfrei funktionstüchtig befunden worden sei, sei vom Beamten nicht ausreichend geprüft worden.

Darüber hinaus lege schon die bloße Montage der Rauchmelder nahe, dass diese auch ordnungsgemäß funktionieren. Das gegenständliche Produkt werde nämlich nicht wie üblich durch Batterien, sondern durch eingespeiste Akkus betrieben, wodurch diese jedenfalls mit Energie versorgt gewesen seien, da die Akkus nicht entfernt und die Geräte auch nicht deaktiviert werden könnten. Zudem bestehe für die zum Zeitpunkt der Anzeige noch nicht einmal ein Jahr in Betrieb befindlichen Rauchmelder eine vom Hersteller garantierte Funktionsdauer von mindestens 10 Jahren. Es erscheine somit als nahezu ausgeschlossen, dass der betroffene Rauchmelder nicht funktioniert habe.

Über die oben genannten Vorkehrungen hinausgehende Kontrollen der Funktionstüchtigkeit seien dem Beschwerdeführer nicht zumutbar und zum Teil auch gesetzlich nicht zulässig, da sich dieser nicht täglich rund um die Uhr in den Verrichtungszimmern aufhalten könne und dürfe.

Im Anhang der Beschwerde befindet sich die Fotokopie mit der Abbildung eines Rauchmelders, jedoch ohne die Angabe der Produktbezeichnung.

III.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte im Beschwerdefall im Hinblick auf die Bestimmung des § 44 Abs. 2 und Abs. 3 Z 1 VwGVG abgesehen werden. Die Behörde verzichtete auf die Durchführung einer Verhandlung. Im Beschwerdefall war zudem lediglich auf Grund der eindeutigen Aktenlage eine rechtliche Beurteilung zu treffen. Davon dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur weiteren Klärung der Rechtssache beigetragen hätte, war nicht auszugehen.

IV. Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

IV.1. Rechtsgrundlagen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Prostitutionsgesetzes 2011, LGBl. für Wien Nr. 24/2011, lauten auszugsweise:

„Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) – (5) […]

(6) Als Verantwortliche für Prostitutionslokale gelten alle Personen, die ein Prostitutionslokal betreiben oder in deren Eigentum (Miteigentum) oder faktischer Verfügung die für die Ausübung der Prostitution verwendeten Räume stehen. Als Verantwortliche gelten auch Verwalterinnen und Verwalter im Umfang ihrer Befugnis.

[…]

Prostitutionslokale

§ 6. (1) Gebäude oder Gebäudeteile dürfen zur Ausübung der Prostitution als Prostitutionslokale (§ 2 Abs. 5) nur verwendet werden, wenn

a) – c) […]

d) sie über ausreichende Einrichtungen und Sicherheitsvorkehrungen verfügen, die einer Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Menschen sowie dem Entstehen von Bränden vorbeugen und dem Schutz der Prostituierten dienen;

e) […]

(2) […]

(3) Die näheren Vorschriften über die in Abs. 1 lit. d) und e) vorgesehenen Einrichtungen und Vorkehrungen sind von der Behörde durch Verordnung zu erlassen.

[…]

Meldepflichten für Betreiberinnen und Betreiber von Prostitutionslokalen

§ 7. (1) Natürliche und juristische Personen, die beabsichtigen, ein Prostitutionslokal zu betreiben, haben vorher der Behörde den Betrieb anzuzeigen. Der Anzeige sind in zweifacher Ausfertigung anzuschließen:

a) Unterlagen, aus denen sich Vor- und Familiennamen oder Nachnamen, frühere Namen, Geburtsdatum, Staatsbürgerschaft und Wohnadresse der betreibenden Person, bei juristischen Personen der vertretungsbefugten Organe ergeben;

b) Pläne und Beschreibungen des Prostitutionslokals, die mit einer im Rahmen ihrer bzw. seiner Befugnis ausgestellten Bestätigung einer Ziviltechnikerin oder eines Ziviltechnikers über die bewilligungsgemäße und der Bauordnung für Wien entsprechende Bauausführung versehen sind, aus denen hervorgeht, dass das Prostitutionslokal den Anforderungen dieses Gesetzes und der Verordnung gemäß § 6 Abs. 3 entspricht;

c) […]

(2) Die im Abs. 1 genannten Personen haben folgende Umstände der Behörde anzuzeigen:

a) binnen drei Wochen Änderungen des Namens oder der Wohnadresse des Betreibers und der in § 8 Abs. 1 genannten Personen;

b) binnen drei Wochen Änderungen der in § 8 Abs. 1 genannten Personen;

c) beabsichtigte wesentliche Änderungen des Prostitutionslokals vor deren Vornahme unter Anschluss der in Abs. 1 lit. b) genannten Unterlagen.

(3) Die Behörde hat Anzeigen gemäß Abs. 1 oder 2 lit. c) bescheidmäßig zur Kenntnis zu nehmen, wenn alle rechtlichen Voraussetzungen für den Betrieb des Prostitutionslokales erfüllt sind. Im Bescheid über die Kenntnisnahme der Anzeige können erforderlichenfalls zur Erfüllung der in § 6 genannten Voraussetzungen Aufträge für den Betrieb des Prostitutionslokals erteilt werden. Mit dem Betrieb des Prostitutionslokals oder des veränderten Prostitutionslokals darf erst ab der rechtskräftigen Kenntnisnahme der Anzeige begonnen werden.

Strafbestimmungen

§ 17. (1) […]

(2) Wer als Verantwortliche oder Verantwortlicher gemäß § 2 Abs. 6 ein Prostitutionslokal

a) – b) […]

c) unter Nichteinhaltung der Verordnung über die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen der zur Ausübung der Prostitution verwendeten Gebäude, Gebäudeteile und Räume;

d) […]

betreibt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.000 Euro bis 7.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, zu bestrafen.“

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien vom 18.7.2013, mit der nähere Vorschriften über Sicherheitsvorkehrungen in Prostitutionslokalen erlassen werden, ABl. 2013/29, lauten auszugsweise:

„Prostitutionslokale, die für die Nutzung durch höchstens 10 Personen geeignet sind

§ 3. Auf Prostitutionslokale, die für die gleichzeitige Nutzung durch höchstens 10 Personen geeignet sind und eine Fläche von höchstens 150 m2 aufweisen, finden neben den allgemeinen Sicherheitsanforderungen (§ 2) auch die für Wohnungen geltenden Bestimmungen der Bauordnung für Wien und der Wiener Bautechnikverordnung, soweit durch diese bauliche Sicherheitsvorkehrungen geregelt werden, Anwendung.

Artikel II

Inkrafttreten und Übergangsbestimmungen

(1) – (2) […]

(3) In im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung bestehenden Prostitutionslokalen gemäß § 3 muss bis zum Ablauf eines Jahres ab dem Inkrafttreten dieser Verordnung in allen Aufenthaltsräumen – ausgenommen in Küchen – sowie in Gängen, über die Fluchtwege von Aufenthaltsräumen führen, jeweils mindestens ein Rauchwarnmelder angeordnet werden. Die Rauchwarnmelder müssen so eingebaut werden, dass Brandrauch frühzeitig erkannt und gemeldet wird. Es sind auch unvernetzte Rauchwarnmelder zulässig. […]“

IV.2. Sachverhalt:

Aufgrund des Aktes der belangten Behörde sowie des Aktes des Verwaltungsgerichts Wien wird folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

Mit Bescheid vom 22.11.2012 der Landespolizeidirektion Wien zur AZ: … wurde festgestellt, dass bei Einhaltung der Vorschriften des Wiener Prostitutionsgesetzes alle rechtlichen Voraussetzungen zum Betrieb des angezeigten Prostitutionslokals erfüllt sind und die Anzeige vom 26.9.2012 des Herrn G. H. gemäß § 7 Abs. 3 Wiener Prostitutionsgesetz zur Kenntnis genommen. Integrativer Bestandteil des Bescheides sind die beigestellten Pläne und Beschreibungen des Ziviltechnikers, eingebracht am 29.9.2012 und 15.11.2012.

Die Betriebsbeschreibung vom 25.9.2012 gemäß § 7 Abs. 1 lit. b Wiener Prostitutionsgesetz 2011 und § 6 der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien, mit der nähere Vorschriften über die Einrichtungen und Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz der Prostituierten erlassen werden (Abl. Nr. 2011/45), sieht unter der Überschrift „Ausstattung der Räume mit Rauchmeldern“ vor, dass laut beiliegendem Plan alle Räume mit Rauchmelder ausgestattet sind. Nach der Betriebsbeschreibung entspricht die Nutzfläche des gesamten Prostitutionslokals 36,19 m² und weisen die zur Ausübung der Prostitution verwendeten Räume eine Nutzfläche von insgesamt 13,53 m² auf. Dabei werden 2 Räume als „Separee“, nummeriert mit 1-2 (sexuelle Dienstleistungen), und ein als „Lokal“ bezeichneter Raum (16,73 m²). Im beigelegten Plan sind in den beiden „Separees“ und in dem als „Lokal“ bezeichneten Raum Rauchmelder eingezeichnet. Nach Punkt 3 der Bestätigung des Ziviltechnikers gemäß § 7 Abs. 1 lit. b Wiener Prostitutionsgesetz 2011 entspricht das Prostitutionslokal den Bestimmungen der Bauordnung für Wien.

Laut Niederschrift vom 23.10.2015 zur Anzeige der Änderung des Betreibers gemäß § 7 Abs. 2 lit. b Wiener Prostitutionsgesetz zeigte der nunmehrige Beschwerdeführer als vertretungsbefugtes Organ des Betreibers der K. LTD an, dass das Prostitutionslokal ab sofort durch ihn betrieben wird. Er wurde informiert, dass das Prostitutionslokal nur im Umfang des Bescheides zur AZ: … betrieben werden darf.

Am 27.03.2019 von 22:40 Uhr bis 22:55 Uhr wurde von der Landespolizeidirektion Wien eine Kontrolle dieses Prostitutionslokals durchgeführt. Dabei waren die im Empfangsraum und im Verrichtungszimmer linksseitig hinter dem Empfangsraum installierten Feuermelder nicht funktionstüchtig.

Der Beschwerdeführer war zur angelasteten Tatzeit Betreiber des Prostitutionslokals in Wien, D.-Straße, Top 3.

Die Feststellungen gründen auf folgende Erwägungen:

Der Sachverhalt stützt sich auf den vorliegenden unbedenklichen Akteninhalt.

IV.3. Rechtliche Beurteilung:

IV.3.1.

Als Verantwortliche für Prostitutionslokale gelten gemäß § 2 Abs. 6 Wiener Prostitutionsgesetz 2011 alle Personen, die ein Prostitutionslokal betreiben oder in deren Eigentum (Miteigentum) oder faktischer Verfügung die für die Ausübung der Prostitution verwendeten Räume stehen. Als Verantwortliche gelten auch Verwalterinnen und Verwalter im Umfang ihrer Befugnis.

Der Beschwerdeführer betreibt das gegenständliche Prostitutionslokal und gilt somit als Verantwortlicher für Prostitutionslokale gemäß § 2 Abs. 6 Wiener Prostitutionsgesetz 2011.

Gemäß § 17 Abs. 2 lit. c Wiener Prostitutionsgesetz 2011 begeht, wer als Verantwortliche oder Verantwortlicher gemäß § 2 Abs. 6 ein Prostitutionslokal unter Nichteinhaltung der Verordnung über die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen der zur Ausübung der Prostitution verwendeten Gebäude, Gebäudeteile und Räume betreibt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von EUR 1.000,00 bis EUR 7.000,00, bei Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 6 Wochen zu bestrafen.

§ 17 Wiener Prostitutionsgesetz 2011, welcher die Strafbestimmungen zum Wiener Prostitutionsgesetz 2011 vorsieht, enthält keine Verweisung auf § 6 Wiener Prostitutionsgesetz 2011. Damit kann die Bestrafung nicht, wie dies im gegenständlichen Straferkenntnis erfolgt ist, auf § 6 Abs. 1 lit. d Wiener Prostitutionsgesetz 2011 gestützt werden.

Es stellt sich somit die Frage, ob die Rechtsgrundlage im angefochtenen Straferkenntnis durch eine Bestimmung der Verordnung über die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen der zur Ausübung der Prostitution verwendeten Gebäude, Gebäudeteile und Räume ersetzt werden kann, auf die in § 17 Abs. 2 lit. c Wiener Prostitutionsgesetz 2011 verwiesen wird.

Eine Präzisierung der rechtlichen Grundlage der Bestrafung (Angabe der verletzten Verwaltungsbestimmung und angewendeten Strafnorm) ist zulässig, wenn es nicht zu einem "Austausch der Tat" durch Heranziehung eines anderen als des ursprünglich der Bestrafung zu Grunde gelegten Sachverhalts kommt (vgl. etwa VwGH 17.2.2016, Ra 2016/04/0006). Ist die als erwiesen angenommene Tat durch die Sachverhaltselemente bestimmt, wurde durch die Richtigstellung der im Schuldspruch in erster Instanz enthaltenen Norm durch die belangte Behörde die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht ausgewechselt (vgl. VwGH 22.12.1992, 92/04/0168).

Es wäre somit im Falle einer Bestrafung grundsätzlich zulässig, im angefochtenen Straferkenntnis die Rechtsgrundlage des § 6 Wiener Prostitutionsgesetz 2011 durch eine Bestimmung der Verordnung über die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen der zur Ausübung der Prostitution verwendeten Gebäude, Gebäudeteile und Räume zu ersetzen.

IV.3.2.

Da die Verordnung in § 17 Abs. 2 lit. c Wiener Prostitutionsgesetz 2011 nicht in einer bestimmten Fassung angegeben ist und auch sonst im Wiener Prostitutionsgesetz 2011 keine Bestimmungen zur Art bzw. Qualität von Verweisungen bestehen, stellt sich die Frage, ob eine statische oder eine dynamische Verweisung auf die Norm einer anderen Rechtssetzungsautorität (des Landesgesetzgebers auf eine Verordnung der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich als Verordnungsgeber; vgl. § 3 Abs. 2 Wiener Prostitutionsgesetz 2011) vorliegt.

Mangels verfassungsgesetzlicher Grundlage entsteht ein Widerspruch zum Grundsatz der Gewaltentrennung, wenn eine Verordnung in dynamischer Weise auf Gesetze verweist, und dadurch die verfassungsrechtliche Kompetenzabgrenzung zwischen Legislative und Exekutive verändert wird (vgl. VfSlg. 16.999/2003; Mayer, Die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden im Vollstreckungsverfahren, 52). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Verweisung, die als dynamische Verweisung aus verfassungsrechtlichen (kompetenzrechtlichen) Gründen unzulässig ist, – jedenfalls soweit sie sich auf ordnungsgemäß kundgemachtes Bundesrecht oder Landesrecht bezieht – als statische Verweisung gültig (vgl. VwGH 17.2.1994, 93/06/0208; 19.6.1990, 90/08/0028). Darüber hinaus liegt eine – verfassungsrechtlich zulässige – tatbestandliche Anknüpfung an einen Vollzugsakt vor, wenn die zum Tatbestandselement erhobene (fremde) Norm nicht im verfassungsrechtlichen Sinn vollzogen, sondern lediglich ihre vorläufige inhaltliche Beurteilung dem Vollzug der eigenen Norm zu Grunde gelegt wird (vgl. VfSlg. 16.999/2003; VwGH 24.04.2007, 2006/05/0005).

Begreift man die Verweisung in § 17 Abs. 2 lit. c Wiener Prostitutionsgesetz 2011 (verfassungskonform) als tatbestandliche Anknüpfung, so sieht die Verordnung vom 18.7.2013, mit der nähere Vorschriften über Sicherheitsvorkehrungen in Prostitutionslokalen erlassen werden, ABl. 2013/29, in den Übergangsbestimmungen des Art. II Abs. 3 vor, dass in Prostitutionslokalen gemäß § 3 der Verordnung bis zum Ablauf eines Jahres ab deren Inkrafttreten unter anderem in allen Aufenthaltsräumen jeweils mindestens ein Rauchwarnmelder angeordnet und so eingebaut werden müssen, dass Brandrauch frühzeitig erkannt und gemeldet wird. Aufgrund der Größe des gegenständlichen Prostitutionslokals von 36,19 m² (und der zur Ausübung der Prostitution verwendeten beiden Räume von insgesamt 13,53 m² sowie einem als „Lokal“ bezeichneten Raum von 16,73 m²) erscheint auch hinreichend klar, dass das Prostitutionslokal zur Nutzung durch höchstens 10 Personen im Sinn des § 3 der Verordnung geeignet ist. Diesfalls bestünde somit eine gesetzliche Grundlage für die Verhängung der gegenständlichen Geldstrafe.

Geht man hingegen davon aus, dass eine im oben angeführten Sinn (verfassungskonforme) statische Verweisung vorliegt, so stand beim Inkrafttreten des Wiener Prostitutionsgesetzes 2011 die Verordnung des Magistrats der Stadt Wien vom 5.9.1984, mit der nähere Vorschriften über die Sicherheitsvorkehrungen der zur Ausübung der Prostitution verwendeten Gebäude beziehungsweise Gebäudeteile erlassen werden, ABl. 1984/37, in Geltung. Nach deren § 2 Abs. 7 waren an Decken der Verbindungswege automatische Rauchmelder, die bei ihrem Ansprechen ein akustisches Signal auslösen, lediglich für Gebäude mit mehr als zwei Hauptgeschossen, deren Wohnungen ausschließlich von Personen benützt oder bewohnt werden, die die Prostitution ausüben, vorgeschrieben. Die Rauchmelder waren in gutem und funktionsfähigen Zustand zu erhalten. Bei dem gegenständlichen Prostitutionslokal handelt es sich aber um ein Einzelobjekt, das zur Ausübung der Prostitution verwendet wird. Begreift man die Verweisung in § 17 Abs. 2 lit. c Wiener Prostitutionsgesetz 2011 als im oben angeführten Sinn (verfassungskonforme) statische Verweisung, würde es somit an einer gesetzlichen Grundlage für die Verhängung der gegenständlichen Geldstrafe fehlen.

Darüber hinaus lässt sich bei Vorliegen einer tatbestandlichen Anknüpfung eine hinreichend bestimmte Gebotsnorm betreffend das dauernde Zurverfügunghalten von funktionsfähigen Brandmeldern weder § 3 der Verordnung vom 18.7.2013, ABl. 2013/29, wonach auf die darin geregelten Prostitutionslokale auch die für Wohnungen geltenden Bestimmungen der Bauordnung für Wien und der Wiener Bautechnikverordnung, soweit durch diese bauliche Sicherheitsvorkehrungen geregelt werden, Anwendung finden, noch der darin verwiesenen Wiener Bauordnung oder der Wiener Bautechnikverordnung 2015 entnehmen (vgl. etwa VwGH 4.4.1984, 0301/80, VwSlg. 11391 A/1984). Auf Punkt 3.11 der OIB-Richtlinie 2, 2015, wird hingegen in § 17 Abs. 2 lit. c Wiener Prostitutionsgesetz 2011 nicht ausdrücklich verwiesen (und erscheint eine Anwendung aufgrund von § 1 Wiener Bautechnikverordnung 2015, demzufolge die OIB-Richtlinien die Entsprechung mit den im 9. Teil der Bauordnung für Wien festgelegten bautechnischen Vorschriften im Zeitpunkt der Baubewilligung lediglich bestätigen, aber keine Gebotsnorm betreffend die Aufrechterhaltung des baurechtlichen Konsenses beinhalten, ausgeschlossen).

IV.3.3.

Bei § 17 Abs. 2 lit. c Wiener Prostitutionsgesetz 2011 handelt es sich um eine Blankettstrafnorm, da die Bestimmung kein bestimmtes Tatbild vorsieht, sondern stattdessen auf die Verordnung über die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen der zur Ausübung der Prostitution verwendeten Gebäude, Gebäudeteile und Räume verweist. In VfSlg. 12.947/1991 hat der Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf Blankettstrafnormen festgehalten, dass gegen einen solchen gesetzestechnischen Vorgang der äußeren Trennung von Strafdrohung und -tatbestand an sich keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen; es können sich nur im einzelnen Fall Zweifel darüber ergeben, was Tatbestand der Blankettstrafnorm ist. Der Verfassungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang die Auffassung vertreten, daß nach dem Grundsatz 'nulla poena sine lege' gerade bei Blankettstrafnormen die Abgrenzung des erlaubten vom unerlaubten Verhalten so eindeutig erkennbar sein muß, daß jeder berechtigte Zweifel des Normunterworfenen über den Inhalt seines pflichtgemäßen Verhaltens ausgeschlossen ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommen, wenn auf Vorschriften eines Gesetzes oder einer Verordnung verwiesen wird, als Übertretungsnormen nur solche in Betracht, die dem Normadressaten ein ausreichend genau umschriebenes Verhalten verbieten oder gebieten. Daß einige der verwiesenen Vorschriften allenfalls nicht als Übertretungsnorm in Betracht kommen, macht die Blankettstrafnorm nicht schlechthin unanwendbar (vgl. VwGH 19.3.1996, 94/11/0223).

Ein hinreichend genau umschriebenes Verhalten wäre wohl in der Gebotsnorm des Art. II Abs. 3 der Verordnung vom 18.7.2013, ABl. 2013/29 enthalten, demzufolge Rauchwarnmelder so eingebaut werden müssen, dass Brandrauch frühzeitig erkannt und gemeldet wird.

Die Strafbarkeit des Verhaltens des Beschuldigten scheitert aber wohl an dem vom Verfassungsgerichtshof aus Art. 7 MRK abgeleiteten Klarheitsgebot: Strafnormen müssen so formuliert sein, dass der Einzelne in der Lage ist, sein Verhalten daran auszurichten (vgl. VwGH 8.4.2014, 2011/05/0031; 12.9.2005, 2003/10/0018).

Der Inhalt der Blankettstrafnorm ist nämlich nicht bestimmbar, da unklar ist, ob eine im oben genannten Sinn verfassungskonforme statische Verweisung vorliegt, bei welcher nach der Verordnung vom 5.9.1984, ABl. 1984/37, keine Strafbarkeit gegeben wäre, oder eine tatbestandliche Anknüpfung, bei welcher eine Strafbarkeit nach Art. II Abs. 3 der Verordnung vom 18.7.2013, ABl. 2013/29, gegeben wäre. Da für den Normadressaten nicht klar ist, wie er sich normgemäß zu verhalten hat, scheidet gegenständlich § 17 Abs. 2 lit. c Wiener Prostitutionsgesetz 2011 als Grundlage für eine Bestrafung aus.

IV.3.4.

Somit ist festzuhalten, dass die Verwaltungsübertretung dem Beschwerdeführer nicht angelastet werden kann.

Da mangels Normierung eines hinreichend genau umschriebenen Verhaltens in einer Gebotsnorm Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen, war spruchgemäß zu entscheiden und das Verwaltungsstrafverfahren in Stattgebung der Beschwerde gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen.

IV.4. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war vielmehr festzuhalten, dass die Verwaltungsübertretung dem Beschwerdeführer nicht angelastet werden kann, da die in der Blankettstrafnorm des § 17 Abs. 2 lit. c Wiener Prostitutionsgesetz 2011 enthaltene Verweisung auf die Verordnung über die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen der zur Ausübung der Prostitution verwendeten Gebäude, Gebäudeteile und Räume, – je nachdem ob diese Verweisung als statische Verweisung oder als tatbestandliche Anknüpfung angesehen wird – zur Straflosigkeit oder Strafbarkeit des vorgeworfenen Verhaltens führen kann.

Schlagworte

Prostitutionslokal; erforderliche Sicherheitsvorkehrungen; Tatumschreibung; Präzisierung; Austausch der Tat; Verweis; Verordnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.001.085.11044.2019

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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