Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Juni 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer, Mag. Michel, Mag. Fürnkranz und Dr. Brenner in Gegenwart der Schriftführerin FOI Bayer in der Strafsache gegen Markus H***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Geschworenengericht vom 17. Dezember 2019, GZ 40 Hv 24/19m-103, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Eisenmenger, und des Verteidigers Dr. Wallisch zu Recht erkannt:
Spruch
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch einschließlich der Vorhaftanrechnung und der Anordnung der vorbeugenden Maßnahme nach § 21 Abs 2 StGB, nicht jedoch im Ausspruch über die Konfiskation, aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Wiener Neustadt verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 15. April 2019 (rechtskräftig seit dem 25. Juni 2019), GZ 42 Hv 31/19f-20, wurde Markus H***** eines am 18. Jänner 2019 begangenen Vergehens der Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 90 Tagen verurteilt. Mit Urteil vom 17. Juni 2019 (rechtskräftig seit dem 22. Juni 2019), GZ 4 U 5/19t-15, wurde er vom Bezirksgericht Wiener Neustadt eines am 18. August 2018 begangenen Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Tagen verurteilt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil wurde Markus H***** aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt und unter Bedachtnahme auf die Urteile des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 15. April 2019, AZ 42 Hv 31/19f, und des Bezirksgerichts Wiener Neustadt vom 17. Juni 2019, AZ 4 U 5/19t, zu einer Zusatzfreiheitsstrafe (§ 31 Abs 1 StGB) von zwanzig Jahren verurteilt.
Gemäß § 21 Abs 2 StGB wurde der Angeklagte in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.
Danach hat er in der Nacht auf den 23. März 2019 in S***** seine Großmutter Maria P***** durch Würgen und durch das Versetzen mehrerer wuchtiger Schläge gegen den Schädel und zahlreicher Stiche mit einem Küchenmesser und einem Klappmesser in die Gesichts- und Halsregion vorsätzlich getötet.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen wendet sich die zugunsten des Angeklagten aus § 345 Abs 1 Z 13 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft.
Zu Recht macht die Sanktionsrüge (Z 13 erster Fall) geltend, dass im Fall der Verhängung einer zeitlichen Freiheitsstrafe als Zusatzstrafe zu einer solchen die Summe aller Strafen zwanzig Jahre nicht übersteigen darf (§ 18 Abs 2 StGB iVm § 40 erster Satz StGB; RIS-Justiz RS0089916; Lässig in WK2 StGB § 18 Rz 9 und Ratz in WK2 § 31 Rz 10). Die mit den Vor-Urteilen verhängten Geldstrafen entsprechen nach dem Umrechnungsschlüssel des § 19 Abs 3 letzter Satz StGB Ersatzfreiheitsstrafen im Ausmaß von 120 Tagen, als zeitliche Zusatzfreiheitsstrafe hätte das Geschworenengericht somit für das Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB eine solche im Höchstmaß von lediglich neunzehn Jahren und acht Monaten verhängen dürfen (vgl zur Prüfung der Einhaltung der Grenzen des § 31 Abs 1 StGB im Verhältnis zwischen zeitlichen Freiheitsstrafen und Geldstrafen SSt 48/92 und SSt 51/4). Durch den Ausspruch einer Zusatzfreiheitsstrafe von zwanzig Jahren (also einer Gesamtstrafe von zwanzig Jahren und vier Monaten) hat das Geschworenengericht, wie auch die Generalprokuratur zutreffend aufzeigt, seine Strafbefugnis überschritten.
Dieser Rechtsfehler führte zur Aufhebung des Urteils wie aus dem Spruch ersichtlich (§ 288 Abs 2 StPO), wobei der Ausspruch über die vorbeugende Maßnahme des § 21 Abs 2 StGB aufgrund des untrennbaren Zusammenhangs (§ 289 StPO) mit jenem über die Freiheitsstrafe ebenfalls aufzuheben war (RIS-Justiz RS0115054).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Textnummer
E128503European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:0130OS00014.20P.0617.000Im RIS seit
10.07.2020Zuletzt aktualisiert am
10.07.2020