Index
82/02 Gesundheitsrecht allgemeinNorm
B-VG Art139 Abs1 Z3Leitsatz
Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung einer COVID-19-Verordnungsbestimmung betreffend die 14-tägige selbstüberwachte Heimquarantäne bei Einreise in das österreichische Bundesgebiet auf Grund zu engen AnfechtungsumfangsSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. Antragsvorbringen
1. Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z3 B-VG gestützten Antrag begehrt der Antragsteller, der Verfassungsgerichtshof möge die Wortfolge "und sich zu einer unverzüglich anzutretenden 14-tägigen selbstüberwachten Heimquarantäne verpflichten und dies mit ihrer eigenhändigen Unterschrift bestätigen. Wenn ein währenddessen durchgeführter molekularbiologischer Test auf SARS-CoV-2 negativ ist, kann die 14-tägige Heimquarantäne beendet werden." in §2 Abs1 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über Maßnahmen bei der Einreise aus Nachbarstaaten, BGBl II 87/2020, idF BGBl II 195/2020 als verfassungswidrig aufheben.
2. Dem Antrag liegt nach den Angaben des Antragstellers folgender Sachverhalt zugrunde: Der Antragsteller sei österreichischer Staatsbürger und Unionsbürger mit Wohnsitz in Österreich sowie Eigentümer einer unter österreichischer Flagge fahrenden Segelyacht, die in einem Yachthafen in Kroatien vor Anker liege. Nachdem Kroatien seine Grenzen auf Grund der Ausbreitung des Coronavirus am 19. März 2020 geschlossen habe, sei seit 9. Mai 2020 ausländischen Besitzern von Immobilien und Booten die Einreise unter Einhaltung der epidemiologisch vorgeschriebenen Maßnahmen wieder gestattet. Der Transit durch Slowenien sei möglich, sofern die Einreise nach Kroatien gesichert sei. Als Eigentümer einer in Kroatien ankernden Segelyacht sei der Antragsteller somit unzweifelhaft zur Einreise nach Kroatien und zum Transit durch Slowenien berechtigt. Bei Rückkehr nach Österreich wäre der Antragsteller auf Grund von §2 Abs1 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über Maßnahmen bei der Einreise aus Nachbarstaaten, BGBl II 87/2020, idF BGBl II 195/2020 jedoch verpflichtet, sich unverzüglich in eine 14-tägige selbstüberwachte Heimquarantäne zu begeben, welche nur durch einen negativen molekularbiologischen Test auf SARS-CoV-2 vorzeitig beendet werden könne.
3. Zu seiner Antragslegitimation bringt der Antragsteller zusammengefasst vor, die Verordnung greife unmittelbar und aktuell in seine Rechtssphäre ein, weil er auf Grund der innerstaatlichen Quarantänebestimmungen derzeit außer Stande sei, seine Segelyacht in Kroatien aufzusuchen und zu nutzen, ohne dass seine Rückkehr mit einer verpflichtenden 14-tägigen Heimquarantäne verbunden wäre. Die Verordnung sei ohne Entscheidung einer Behörde oder eines Gerichtes anwendbar. Ein Zuwiderhandeln gegen die angefochtene Norm und die Inkaufnahme eines Strafverfahrens sei nicht zumutbar.
4. In der Sache behauptet der Antragsteller eine Verletzung seines Rechtes auf Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit gemäß Art45 GRC sowie seines Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art17 GRC, Art1 1. ZPEMRK und Art5 StGG, weil §2 Abs1 der angefochtenen Verordnung "nach Österreich einreisende Staatsbürger pauschal als ansteckungsverdächtig ansieht und aus diesem Grund eine 14-tägige Heimquarantäne anordnet, derer man sich lediglich mittels eines (kostenpflichtigen) negativen SARS-CoV-2 Test entziehen kann" (ohne Hervorhebungen im Original). Die angefochtene Verordnung differenziere nicht zwischen den "epidemiologischen Situationen in den jeweiligen EU-Mitgliedsstaaten" und sei unverhältnismäßig.
II. Rechtslage
1. §25 Epidemiegesetz 1950 (im Folgenden: EpidemieG 1950), BGBl 186/1950, lautet wie folgt:
"Verkehrsbeschränkungen gegenüber dem Auslande.
§25. Durch Verordnung wird auf Grund der bestehenden Gesetze und Staatsverträge bestimmt, welchen Maßnahmen zur Verhütung der Einschleppung einer Krankheit aus dem Auslande der Einlaß von Seeschiffen sowie anderer dem Personen- oder Frachtverkehre dienenden Fahrzeuge, die Ein- und Durchfuhr von Waren und Gebrauchsgegenständen, endlich der Eintritt und die Beförderung von Personen unterworfen werden."
2. Die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über Maßnahmen bei der Einreise aus Nachbarstaaten, BGBl II 87/2020, idF BGBl II 92/2020, BGBl II 104/2020, BGBl II 111/2020, BGBl II 129/2020, BGBl II 149/2020, BGBl II 195/2020, BGBl II 218/2020, BGBl II 233/2020, BGBl II 242/2020 und BGBl II 263/2020 nahm folgende Entwicklung:
2.1. Die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über Maßnahmen bei der Einreise aus Italien (seit BGBl II 149/2020 als "Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über Maßnahmen bei der Einreise aus Nachbarstaaten" bezeichnet), lautete in ihrer Stammfassung BGBl II 87/2020 wie folgt:
"Gemäß §25 Epidemiegesetz 1950, BGBl Nr 186/1950, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 37/2018, und die Bundesministeriengesetz-Novelle 2020, BGBl I Nr 8/2020, wird verordnet:
§1. (1) Personen, die von Italien nach Österreich einreisen wollen, haben ein ärztliches Zeugnis (in deutscher, englischer oder italienischer Sprache beispielsweise entsprechend den Anlagen A, B und C) über ihren Gesundheitszustand mit sich zu führen und vorzuweisen, dass der molekularbiologische Test auf SARS-CoV-2 negativ ist. Das ärztliche Zeugnis darf bei der Einreise nicht älter als vier Tage sein.
(2) Personen, die ein Zeugnis nach Abs1 nicht vorlegen können, ist die Einreise zu verweigern.
§2. Abweichend von §1 ist Personen erlaubt, nach Österreich einzureisen, die österreichische Staatsbürger sind, oder die ihren Haupt- oder Nebenwohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich haben, und sich zu einer unverzüglich anzutretenden 14-tägigen selbstüberwachten Heimquarantäne verpflichten und dies mit ihrer eigenhändigen Unterschrift bestätigen. Im Falle, dass ein währenddessen durchgeführter molekularbiologischer Test auf SARS-CoV-2 negativ ist, kann die Heimquarantäne beendet werden.
§3. Abweichend von den §§1 und 2 ist die Durchreise durch Österreich ohne Zwischenstopp erlaubt, sofern die Ausreise sichergestellt ist.
§4. Diese Verordnung ist auf den Güterverkehr und den gewerblichen Verkehr (mit Ausnahme der gewerblichen Personenbeförderung) sowie den Pendler-Berufsverkehr nicht anwendbar. Insbesondere auf Lenker und Betriebspersonal ist die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend medizinische Überprüfungen bei der Einreise im Zusammenhang mit dem '2019 neuartigen Coronavirus', BGBl II Nr 81/2020, anwendbar.
§5. Diese Verordnung gilt nicht für Insassen von Einsatzfahrzeugen im Sinne des §26 StVO, Fahrzeugen im öffentlichen Dienst im Sinne des §26a StVO, sowie für diplomatisches Personal.
§6. (1) Diese Verordnung tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.
(2) Diese Verordnung tritt am 3. April 2020, um 12:00 Uhr außer Kraft.
[…]"
2.2. Die Novellen BGBl II 92/2020 und BGBl II 104/2020 erstreckten diese Regelungen der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über Maßnahmen bei der Einreise aus Italien auch auf die Einreise aus der Schweiz und aus Liechtenstein bzw auch auf die Einreise aus Deutschland, Ungarn und Slowenien. Die Novelle BGBl II 111/2020 erweiterte §4 leg. cit. um "Repatriierungsfahrten" und verschob ihr Außerkrafttreten auf den Ablauf des 13. April 2020. Die Novelle BGBl II 129/2020 fügte der Verordnung ua §3a über die Einreise zu oder nach medizinischen Behandlungen ein. Die Novelle BGBl II 149/2020 fasste den Titel der Verordnung neu, fügte ua §2 leg. cit. den letzten Halbsatz über die vorzeitige Beendigung der selbstüberwachten Heimquarantäne bei negativem Ergebnis eines medizinischen Tests (wieder) an (ein entsprechender Satz war zuvor durch BGBl II 104/2020 entfallen) und verschob das Außerkrafttreten der Verordnung auf den Ablauf des 30. April 2020. Durch BGBl II 195/2020, ausgegeben am 30. April 2020, hat die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über Maßnahmen bei der Einreise aus Nachbarstaaten weiters folgende Änderungen erfahren (ohne Hervorhebungen im Original):
"Die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über Maßnahmen bei der Einreise aus Nachbarstaaten, BGBl II Nr 87/2020, zuletzt geändert durch BGBl II Nr 149/2020, wird wie folgt geändert:
1. Der bisherige §1 erhält die Bezeichnung §1a und es wird folgender §1 vorangestellt:
'§1. (1) Diese Verordnung regelt gesundheits- bzw sanitätspolizeiliche Maßnahmen, die zur Verhinderung der Verbreitung von SARS-CoV-2 anlässlich der Einreise in das Bundesgebiet auf dem Landweg zu treffen sind.
(2) Die Einreise von Personen nach Österreich ist zu gestatten, sofern dies aufgrund direkt anwendbarer verfassungs- und unionsrechtlicher Vorschriften zwingend zu ermöglichen ist.'
2. Der bisherige Wortlaut des §2 erhält die Absatzbezeichung (1), im zweiten Satz wird das Wort 'wenn' durch das Wort 'Wenn' ersetzt und es werden folgende Abs2 und 3 angefügt:
'(2) Abweichend von Abs1 ist es Saisonarbeitskräften im Wirtschaftszweig Land- und Forstwirtschaft sowie Pflege- und Gesundheitspersonal erlaubt, nach Österreich auf dem Schienenweg oder mit dem Bus einzureisen, sofern der Zug ohne weitere planmäßige Haltestellen vom Ausgangsbahnhof zum inländischen Endbahnhof geführt wird oder der Bus direkt vom Ausgangspunkt zum Endpunkt ohne weiteren planmäßigen Halt fährt. Diese Personen sind nach der Einreise nach Österreich verpflichtet, unverzüglich eine 14-tägige selbstüberwachte Heimquarantäne anzutreten und dies mit einer eigenhändigen Unterschrift zu bestätigen.Wenn ein währenddessen durchgeführter molekularbiologischer Test auf SARS-CoV-2 negativ ist, kann die 14-tägige selbstüberwachte Heimquarantäne beendet werden.
(3) Können die in Abs2 genannten Personen eine Heimquarantäne nicht antreten, haben sie eine Bestätigung der Verfügbarkeit einer geeigneten Unterkunft für die Dauer der 14-tägigen Quarantäne nachzuweisen, deren Kosten sie selbst oder ein Dritter zu tragen haben. Wenn ein währenddessen durchgeführter molekularbiologischer Test auf SARS-CoV-2 negativ ist, kann die 14-tägige Quarantäne beendet werden.'
3. In §4 wird nach dem Wort 'Repatriierungsfahrten' ein Beistrich eingefügt, ein Beistrich hinter der Wortfolge 'welche bei der Kontrolle glaubhaft zu machen sind' gestrichen und nach der Wortfolge 'Begleitperson nach §3a' die Wortfolge ', die Gemeinden Vomp-Hinterriss, Mittelberg und Jungholz' eingefügt.
4. In §3a Abs1 wird nach dem Wort 'unterliegen' die Wortfolge 'oder die über eine aus besonders berücksichtigungswürdigen medizinischen Gründen ausgestellte Behandlungszusage einer österreichischen Krankenanstalt verfügen' eingefügt.
5. Nach §4 wird folgender §4a eingefügt:
'§4a. Diese Verordnung gilt nicht für Passagiere öffentlicher Verkehrsmittel, wenn das Verkehrsmittel auf seiner planmäßigen Route ohne Zwischenstopp ausländisches Territorium quert.'
6. In §6 Abs2 wird die Wortfolge '30. April 2020' durch die Wortfolge '31. Mai 2020' ersetzt.
7. Nach §6 Abs2 wird folgender Abs3 eingefügt:
'(3) Die §§1, 1a und 4a und die Änderungen der §§2, 3a und 4 in der Fassung der Novelle BGBl II Nr 195/2020 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.'"
2.3. Die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über Maßnahmen bei der Einreise aus Nachbarstaaten, BGBl II 87/2020, idF BGBl II 195/2020 lautete wie folgt (die angefochtene Wortfolge ist hervorgehoben):
"Gemäß §25 Epidemiegesetz 1950, BGBl Nr 186/1950, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 37/2018, und die Bundesministeriengesetz-Novelle 2020, BGBl I Nr 8/2020, wird verordnet:
§1. (1) Diese Verordnung regelt gesundheits- bzw sanitätspolizeiliche Maßnahmen, die zur Verhinderung der Verbreitung von SARS-CoV-2 anlässlich der Einreise in das Bundesgebiet auf dem Landweg zu treffen sind.
(2) Die Einreise von Personen nach Österreich ist zu gestatten, sofern dies aufgrund direkt anwendbarer verfassungs- und unionsrechtlicher Vorschriften zwingend zu ermöglichen ist.
§1a. (1) Personen, die aus Nachbarstaaten nach Österreich einreisen wollen, haben ein ärztliches Zeugnis (in deutscher, englischer, italienischer oder französischer Sprache beispielsweise entsprechend den Anlagen A, B, C und D) über ihren Gesundheitszustand mit sich zu führen und vorzuweisen, dass der molekularbiologische Test auf SARS-CoV-2 negativ ist. Das ärztliche Zeugnis darf bei der Einreise nicht älter als vier Tage sein.
(2) Personen, die ein Zeugnis nach Abs1 nicht vorlegen können, ist die Einreise zu verweigern.
§2. (1) Abweichend von §1 ist Personen erlaubt, nach Österreich einzureisen, die österreichische Staatsbürger sind, oder die ihren Haupt- oder Nebenwohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich haben, und sich zu einer unverzüglich anzutretenden 14-tägigen selbstüberwachten Heimquarantäne verpflichten und dies mit ihrer eigenhändigen Unterschrift bestätigen. Wenn ein währenddessen durchgeführter molekularbiologischer Test auf SARS-CoV-2 negativ ist, kann die 14-tägige selbstüberwachte Heimquarantäne beendet werden.
(2) Abweichend von Abs1 ist es Saisonarbeitskräften im Wirtschaftszweig Land- und Forstwirtschaft sowie Pflege- und Gesundheitspersonal erlaubt, nach Österreich auf dem Schienenweg oder mit dem Bus einzureisen, sofern der Zug ohne weitere planmäßige Haltestellen vom Ausgangsbahnhof zum inländischen Endbahnhof geführt wird oder der Bus direkt vom Ausgangspunkt zum Endpunkt ohne weiteren planmäßigen Halt fährt. Diese Personen sind nach der Einreise nach Österreich verpflichtet, unverzüglich eine 14-tägige selbstüberwachte Heimquarantäne anzutreten und dies mit einer eigenhändigen Unterschrift zu bestätigen.Wenn ein währenddessen durchgeführter molekularbiologischer Test auf SARS-CoV-2 negativ ist, kann die 14-tägige selbstüberwachte Heimquarantäne beendet werden.
(3) Können die in Abs2 genannten Personen eine Heimquarantäne nicht antreten, haben sie eine Bestätigung der Verfügbarkeit einer geeigneten Unterkunft für die Dauer der 14-tägigen Quarantäne nachzuweisen, deren Kosten sie selbst oder ein Dritter zu tragen haben. Wenn ein währenddessen durchgeführter molekularbiologischer Test auf SARS-CoV-2 negativ ist, kann die 14-tägige Quarantäne beendet werden.
§3. Abweichend von den §§1 und 2 ist die Durchreise durch Österreich ohne Zwischenstopp erlaubt, sofern die Ausreise sichergestellt ist.
§3a. (1) Abweichend von §§1 und 2 ist es österreichischen Staatsbürgern sowie Personen, die der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung in Österreich unterliegen oder die über eine aus besonders berücksichtigungswürdigen medizinischen Gründen ausgestellte Behandlungszusage einer österreichischen Krankenanstalt verfügen, erlaubt, nach Österreich einzureisen, wenn dies zur Inanspruchnahme unbedingt notwendiger medizinischer Leistungen in Österreich erfolgt. Bei der Einreise ist eine Bestätigung über die unbedingte Notwendigkeit der Inanspruchnahme einer medizinischen Leistung (Anlage E und F) vorzuweisen. Die Mitnahme einer Begleitperson ist zulässig.
(2) Weiters ist abweichend von §§1 und 2 für Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich die Wiedereinreise nach Inanspruchnahme unbedingt notwendiger medizinischer Leistungen in einem in §1 genannten Staat zulässig. Bei der Wiedereinreise ist eine Bestätigung über die unbedingte Notwendigkeit der Inanspruchnahme einer medizinischen Leistung (Anlage E und F) vorzuweisen. Die Mitnahme einer Begleitperson ist zulässig.
§4. Diese Verordnung ist auf den Güterverkehr und den gewerblichen Verkehr (mit Ausnahme der gewerblichen Personenbeförderung), Repatriierungsfahrten, unter besonders berücksichtigungswürdigen Gründen im familiären Kreis oder zwingenden Gründen der Tierversorgung im Einzelfall, welche bei der Kontrolle glaubhaft zu machen sind, die Begleitperson nach §3a, die Gemeinden Vomp-Hinterriss, Mittelberg und Jungholz sowie den Pendler-Berufsverkehr nicht anwendbar. Insbesondere auf Lenker und Betriebspersonal ist die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend medizinische Überprüfungen bei der Einreise im Zusammenhang mit dem '2019 neuartigen Coronavirus', BGBl II Nr 81/2020, anwendbar.
§4a. Diese Verordnung gilt nicht für Passagiere öffentlicher Verkehrsmittel, wenn das Verkehrsmittel auf seiner planmäßigen Route ohne Zwischenstopp ausländisches Territorium quert.
§5. Diese Verordnung gilt nicht für Insassen von Einsatzfahrzeugen im Sinne des §26 StVO, Fahrzeugen im öffentlichen Dienst im Sinne des §26a StVO.
§6. (1) Die Z3 und 4 in der Fassung der Novelle BGBl II Nr 149/2020 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag, der Titel und die Z2 in der Fassung der Novelle BGBl II Nr 149/2020 mit Ablauf des 13. April 2020 in Kraft.
(2) Diese Verordnung tritt mit Ablauf des 31. Mai 2020 außer Kraft.
(3) Die §§1, 1a und 4a und die Änderungen der §§2, 3a und 4 in der Fassung der Novelle BGBl II Nr 195/2020 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.
[…]"
2.4. Mit Z2 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der die Verordnung über die Maßnahmen bei der Einreise aus Nachbarstaaten geändert wird, BGBl II 218/2020, wurde ua in §2 Abs1 der zitierten Verordnung der Ausdruck "§1" mit Wirkung vom 21. Mai 2020 durch den Ausdruck "§1a" ersetzt. Die weitere Novelle BGBl II 233/2020 verschob das Außerkrafttreten der Verordnung auf den Ablauf des 15. Juni 2020; die Novelle BGBl II 242/2020 ersetzte Anlage E zur Verordnung. Gemäß §7 Abs1 der (gestützt auf §25 EpidemieG 1950 erlassenen) Verordnung über die Einreise nach Österreich in Zusammenhang mit der Eindämmung von SARS-CoV-2, BGBl II 263/2020, trat (ua) die "Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über Maßnahmen bei der Einreise aus Nachbarstaaten, BGBl II Nr 87/2020 idgF" mit Ablauf des 15. Juni 2020 außer Kraft.
III. Erwägungen
1. Gemäß Art139 Abs1 Z3 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass die Verordnung in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie – im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit – verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 Z3 B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl zB VfSlg 8594/1979, 15.527/1999, 16.425/2002 und 16.426/2002).
2. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Gesetzmäßigkeit hin zu prüfenden Verordnungsbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Verordnungsprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Verordnungsteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Verordnungsstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.
3. Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Verordnungsprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl zB VfSlg 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997, 16.212/2001). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Gesetzwidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Gesetzwidrigkeit sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.972/2015). Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Bestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).
4. Der Antrag ist infolge zu eng gewählten Anfechtungsumfanges unzulässig:
4.1. Die angefochtene Wortfolge bildet den zweiten Teil eines Relativsatzes, der zwei weitere (neben der ersten – nicht angefochtenen – Bedingung der Staatsbürgerschaft bzw des Wohnsitzes bzw des gewöhnlichen Aufenthaltes in Österreich) kumulativ zu erfüllende Bedingungen für Personen enthält, die nach §2 der Verordnung nach Österreich einreisen, nämlich den Antritt einer 14-tägigen selbstüberwachten Heimquarantäne und die Abgabe einer Bestätigung darüber mittels eigenhändiger Unterschrift. Daran schließt sich ein – ebenfalls angefochtener – Satz über die Beendigung der Heimquarantäne nach einem negativen Test auf SARS-CoV-2 an. Diese Wortfolge steht in folgendem Regelungszusammenhang mit den übrigen Verordnungsbestimmungen:
4.2. Nach §1a Abs1 iVm Abs2 der Verordnung, der zum Antragszeitpunkt bereits in Kraft stand, durften Personen (unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit) – nur – dann aus einem Nachbarstaat einreisen, wenn sie ein höchstens vier Tage altes ärztliches Zeugnis über einen negativen SARS-CoV-2-Test mit sich führten.
4.3. Die Betrachtung beider Regelungen, insbesondere ihrer (oben bei II. dargestellten) Entwicklung, zeigt, dass sie zueinander in einem untrennbaren Zusammenhang stehen. §2 Abs1 bildet eine lex specialis zu §1a und insoweit eine Begünstigung (ua) für österreichische Staatsbürger, als sie ihnen auch dann die Einreise erlaubt, wenn sie bei der Einreise kein ärztliches Zeugnis vorweisen können oder den Test erst nach ihrer Einreise nachholen. Auch schließt §2 Abs1 leg. cit. die (Wieder-)Einreise gerade im Fall des Antragstellers nicht abschließend aus, weil er mit einem entsprechenden ärztlichen Zeugnis auch einreisen hätte können, ohne sich in Heimquarantäne zu begeben. Vor dem Hintergrund des Antragsvorbringens, nämlich dass der Antragsteller wegen der Schwierigkeiten bei der Wiedereinreise nach Österreich seine Segelyacht in Kroatien nicht aufsuchen und nutzen könne, erweist sich der Antrag insoweit als zu eng gefasst, weil er sich nicht auch auf Aufhebung des §1a bezieht, und zwar ungeachtet des Umstandes, dass sich die einleitende Wortfolge des §2 Abs1 der Verordnung ("Abweichend von") infolge eines Redaktionsversehens zum Antragszeitpunkt wörtlich noch auf "§1" und erst mit Wirkung vom 21. Mai 2020 auch explizit auf "§1a" (vgl Z2 BGBl II 218/2020) bezog.
4.4. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Prüfung der Frage, ob die nachträgliche Einfügung des §1 Abs2 leg. cit. durch BGBl II 195/2020 iVm Art3 Abs2 4. ZPEMRK, wonach niemandem das Recht entzogen werden darf, in das Hoheitsgebiet des Staates einzureisen, dessen Staatsangehöriger er ist, §2 Abs1 der angefochtenen Verordnung derogiert hat und ob diese Bestimmung demnach im Zeitpunkt der Antragstellung überhaupt (noch) in die Rechtssphäre des Antragstellers eingegriffen hat.
IV. Ergebnis
1. Der Antrag ist als unzulässig zurückzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren und ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, VfGH / Prüfungsumfang, Gesundheitswesen, COVID (Corona)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2020:V432.2020Zuletzt aktualisiert am
22.06.2022