TE Vwgh Beschluss 1998/2/27 AW 97/07/0058

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Veröffentlicht am 27.02.1998
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
14/01 Verwaltungsorganisation;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AWG 1990 §45 Abs11;
AWG 1990 §7a;
AWG 1990 §7b;
VerpackV 1996 §11 Abs7;
VwGG §30 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der

A GmbH in W, vertreten durch Schönherr, Barfuß,

Torggler und Partner, Rechtsanwälte in Wien I,

Tuchlauben 13, der gegen den Bescheid

des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie vom 14. Oktober 1997, Zl. 31 3510/235-III/1/97-Gl, betreffend Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Sammel- und Verwertungssystems nach dem Abfallwirtschaftsgesetz, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

Mit Bescheid vom 14. Oktober 1997 erteilte die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei gemäß §§ 7a und 7b AWG in Verbindung mit der Verpackungsverordnung 1996 die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Sammel- und Verwertungssystems.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde macht die beschwerdeführende Partei als Mängel des angefochtenen Bescheides im wesentlichen eine unbegründete und sachlich nicht gerechtfertigte Befristung der Genehmigung auf fünf Jahre, eine unzureichende bzw. fehlende Systembeschreibung, die Unvereinbarkeit der vorgeschriebenen Erfassungs- und Verwertungsquoten mit der Zielverordnung, die zu unbestimmte Regelung der Packmittelzuordnung zwischen haushaltsnahen und gewerblichen Systemen, die Verpflichtung, Lizenznehmerdaten auch gegen den Willen der betreffenden Unternehmen an die belangte Behörde zu übermitteln, die Festlegung einer Analysepflicht, die sehr hohe Aufwendungen verursachen würde und zur Sicherung der Erfüllung der Ausgaben des Systems nicht geeignet sei, und die in Auflage 13 verankerte Regel, daß Komplementärmengen im Folgejahr zuzurechnen seien, geltend.

Die beschwerdeführende Partei beantragt die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Sie begründet dies damit, die sofortige Umsetzung des angefochtenen Bescheides wäre für sie mit großen Nachteilen verbunden. So könnte sie bis zur Klärung der Frage, ob der genehmigte Wirkungsbereich auch ihre einzelnen Vertragspartner erfasse, praktisch keine Vertragskündigungen oder - adaptierungen ohne Genehmigung der belangten Behörde

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was jedes Mal ein sehr aufwendiges Verfahren bedeute - vornehmen. Darüber hinaus müßte sie 11.000 Lizenzverträge

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gegen den zweifellos nachhaltigen Widerstand ihrer Vertragspartner - dahingehend abändern, daß ihr die Lizenzpartner ein nahezu uneingeschränktes Recht auf Weiterleitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einräumten. Schließlich würde die Einhaltung der rechtswidrigen und unbestimmten Auflagen für sie ganz erhebliche zusätzliche Kosten verursachen. Allein die Abfallanalysen würden einen Aufwand von jährlich rund 40 Millionen Schilling erfordern. Dies entspreche mehr als 20 % der Gesamtkosten der beschwerdeführenden Partei in dem vom angefochtenen Bescheid betroffenen Gewerbebereich und würde eine sofortige außerordentliche Tariferhöhung im gleichen Ausmaß erforderlich machen. Dies wäre nicht nur ein gravierender Schaden für die Lizenzpartner der beschwerdeführenden Partei, sondern würde auch für diese selbst erhebliche und auch unwiederbringliche Wettbewerbsnachteile bedeuten. Umgekehrt seien keine zwingenden öffentlichen Interessen ersichtlich, die einen sofortigen Vollzug des Bescheides erforderlich machten. Das von der beschwerdeführenden Partei betriebene System habe jahrelang ohne Anstände operiert. Dies werde auch im AWG insofern anerkannt, als der Fortbetrieb des Systems im bestehenden Umfang bis zum Abschluß des Genehmigungsverfahrens im § 45 Abs. 11 AWG für zulässig erklärt werde. Der Fortbetrieb des Systems in der gewohnten Art und Weise bis zum Abschluß des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens führe zu keiner Beeinträchtigung öffentlicher Interessen, welche die der beschwerdeführenden Partei und ihren Lizenzpartnern erwachsenden Nachteile aus der sofortigen Umsetzung des Bescheides auch nur ansatzweise aufwiegen würden.

Die belangte Behörde hat sich gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ausgesprochen und dies damit begründet, bei Erteilung der Systemgenehmigungen seien im Sinne der Gleichbehandlung aller Antragsteller Auflagen und Befristungen nach gleichen Grundsätzen vorgeschrieben worden. Sämtliche bereits genehmigten Mitbewerbersysteme, die keine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben hätten bzw. nicht dieselben Auflagen bekämpften und keine aufschiebende Wirkung der Beschwerde beantragt hätten, seien durch die im rechtskräftigen Bescheid erteilten Auflagen bereits zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen verpflichtet. Es käme demnach für diese Systeme und damit für sämtliche Systemteilnehmer, für die das System die Verpflichtungen nach der Verpackungsverordnung übernehme, zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen, wenn der Beschwerde der beschwerdeführenden Partei die aufschiebende Wirkung zuerkannt würde. Bei Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde wäre die beschwerdeführende Partei auch nicht verpflichtet, die gemäß § 11 Abs. 7 VerpackungsVO auflagenmäßig festgelegten Mindesterfassungs- und Mindestverwertungsquoten zu erreichen. Die Öffentlichkeit habe jedoch ein Interesse daran, daß so viel wie möglich gesammelt und einer Verwertung zugeführt werde, um insbesondere zu bewirken, daß die Menge der Abfälle, die in Österreich ansonsten einer Deponierung zugeführt würden, so gering wie möglich gehalten werde. In diesem Zusammenhang sei der volkswirtschaftliche und der damit im öffentlichen Interesse stehende Nutzen, der aus dem Vermeiden von Deponiegasen, aus der Einsparung von Primärresourcen oder aus dem Hintanhalten der Grundwasserverschmutzung sowie aus dem Gefährdungsabbau der Trinkwasserversorgung resultiere, von entscheidender Bedeutung.

Nach § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluß zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Voraussetzung für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist, daß überhaupt ein Vollzug des angefochtenen Bescheides möglich ist (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 257, angeführte Rechtsprechung).

Nach § 45 Abs. 11 AWG können die Betreiber bestehender Sammel- und Verwertungssysteme innerhalb von 3 Monaten ab Inkrafttreten von Verordnungen gemäß § 7 Abs. 2 und § 7c Abs. 1 um eine Genehmigung gemäß § 7a ansuchen. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den rechtzeitig eingebrachten Antrag dürfen sie die Tätigkeit im bisherigen Umfang weiter ausüben.

Der angefochtene Bescheid bringt die gemäß § 45 Abs. 11 AWG bestehende Berechtigung der beschwerdeführenden Partei zur weiteren Ausübung der Tätigkeit des Betreibens eines Sammel- und Verwertungssystems im bisherigen Umfang zum Erlöschen. Er führt daher für die beschwerdeführende Partei einen Rechtsverlust herbei. Aus diesem Grund ist er auch "vollzugstauglich" (vgl. Oberndorfer, Die Österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 120).

Die von der belangten Behörde inhaltlich gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vorgebrachten Gründe vermögen gegen die von der beschwerdeführenden Partei angeführten Argumente nicht durchzuschlagen.

Daß andere Betreiber von Sammel- und Verwertungssystemen ihre Genehmigungsbescheide und die darin enthaltenen Auflagen nicht angefochten haben, war deren freie Entscheidung und kann nicht dazu führen, daß deshalb der beschwerdeführenden Partei der vorläufige Rechtsschutz in Form einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verweigert wird.

Die beschwerdeführende Partei hat in konkreter Form Nachteile aufgezeigt, die mit dem angefochtenen Bescheid verbunden sind. Diese Nachteile überwiegen nach Meinung des Verwaltungsgerichtshofes jene, die von der belangten Behörde für den Fall der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ins Treffen geführt wurden.

Die aufschiebende Wirkung war daher zuzuerkennen.

Schlagworte

Begriff der aufschiebenden Wirkung Interessenabwägung Vollzug

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:AW1997070058.A00

Im RIS seit

24.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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