Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers S***** C*****, vertreten durch Mag. Peter Mayerhofer, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, gegen die Antragsgegnerin E***** M*****, vertreten durch Dr. Silvia Franek, Rechtsanwältin in Baden, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 15. März 2017, GZ 16 R 57/17x-8, in der Fassung des Beschlusses vom 31. Juli 2017, GZ 16 R 57/17x-13, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Wiener Neustadt vom 30. November 2016, GZ 15 Fam 51/16v-3, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Ehe der Parteien wurde mit am 10. 8. 2015 vom Erstgericht verkündeten Urteil für nichtig erklärt. Der Antragsteller gab unmittelbar in dieser Tagsatzung einen Rechtsmittelverzicht ab, wogegen die Antragsgegnerin ein Rechtsmittel anmeldete. Nach Zustellung des Urteils an beide Parteien am 28. 8. 2015 erhob die Antragsgegnerin am 16. 9. 2015 Berufung, allerdings nur wegen des fehlenden Verschuldensausspruchs. Im Hinblick auf die Einmaligkeit des Rechtsmittels erwuchs damit die Entscheidung über die Nichtigkeit der Ehe am 17. 9. 2015 in Rechtskraft.
Der Antragsteller beantragte (erst) am 23. 9. 2016, das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse dahin aufzuteilen, dass eine bestimmte Liegenschaft samt Einrichtungsgegenständen und Hausrat ihm alleine zugewiesen werde.
Das Erstgericht wies den „Aufteilungsantrag“ infolge Ablaufs der Jahresfrist (des § 95 EheG) ab.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, sprach (ergänzend) aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige, und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Im außerordentlichen Rechtsmittel argumentiert der Antragsteller, dass die Jahresfrist für den Antrag bei dessen Einbringung noch offen gewesen sei, weil die „formelle Rechtsmittelfrist“ bis 24. 9. 2015 gelaufen sei. Eine Rechtsansicht, nach der es lediglich an einer Partei liegen würde, das Ende einer Frist herbeizuführen, würde gegen Treu und Glauben verstoßen. Die Rechtsansicht des Rekursgerichts hätte auch zur Folge, dass er „zur Sicherheit“ schon vor Eintritt der Rechtskraft irgendwann den Aufteilungsantrag hätte stellen müssen, dieser Zeitpunkt jedoch für ihn nicht sicher beurteilt werden könne.
Mit diesen Ausführungen zeigt er keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG auf. Dass mit der Erhebung der Berufung, die ausschließlich das Fehlen des Verschuldensausspruchs bekämpft hat, die Entscheidung über die Nichtigerklärung in Rechtskraft erwachsen ist, stellt er ebensowenig in Frage wie die ständige Rechtsprechung, nach der die bloße Erhebung eines Rechtsmittels in der Verschuldensfrage den Eintritt der Rechtskraft des Urteils über die Scheidung der Ehe nicht hindert (vgl dazu RIS-Justiz RS0057493) und mit formeller Rechtskraft der Eheauflösung die Jahresfrist des § 95 EheG zu laufen beginnt (RIS-Justiz RS0057726 [T7]; RS0110013 [T5]). Das muss auch für die Nichtigerklärung gelten.
Davon, dass er „zur Sicherheit“ schon vor Eintritt der Rechtskraft irgendwann den Aufteilungsantrag hätte stellen müssen und der maßgebliche Zeitpunkt für ihn nicht sicher beurteilt werden hätte können, kann keine Rede sein. Zu welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang die Antragsgegnerin das Nichtigkeitsurteil mit Berufung bekämpft hat, war durch Akteneinsicht im Zusammenhang mit der Zustellung der Berufung an ihn leicht zu ermitteln. Jedenfalls nach Ablauf der „formellen Rechtsmittelfrist“ (nach seinen Behauptungen mit 24. 9. 2015) wäre noch ausreichend Zeit dafür gewesen, sich darüber Gedanken zu machen, wann die Jahresfrist des § 95 EheG begonnen hat und wann sie enden wird.
Die Berufung der Antragsgegnerin wurde seinem Rechtsvertreter am 17. 9. 2015 zugestellt. Ab diesem Zeitpunkt musste ihm klar sein, dass das Berufungsrecht der Antragsgegnerin in der Sache selbst konsumiert war und das Urteil im unbekämpften Umfang in Rechtskraft erwachsen war. Von einer Unklarheit über den Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft ist jedenfalls – wovon das Rekursgericht im Aufteilungsverfahren vertretbar ausging – keine Rede.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Textnummer
E128444European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00114.17X.0830.000Im RIS seit
08.07.2020Zuletzt aktualisiert am
08.07.2020