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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1991 §6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Robl,
Dr. Rosenmayr, Dr. Baur und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Oberdorfer, über die Beschwerde der am 1. Dezember 1971 geborenen J O in Graz, vertreten durch Dr. Walter Poschinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Burggasse 12/IV, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 30. Juni 1997, Zl. Fr 152/1997, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (der belangten Behörde) vom 30. Juni 1997 wurde die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Ghana, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Die Beschwerdeführerin sei am 17. Juni 1996 unter Umgehung der Grenzkontrolle "über die grüne Grenze" (slowenisch-österreichische Grenze) in das Bundesgebiet eingereist und halte sich seit ihrer illegalen Einreise unberechtigt in Österreich auf. Die Beschwerdeführerin verfüge über "keinerlei Bewilligungen nach dem Asyl-, Fremden- oder Aufenthaltsgesetz". Der Asylantrag sei mit dem am 24. Juli 1996 erlassenen Bescheid des Bundesasylamtes abgewiesen worden. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stelle die Übertretung fremdenpolizeilicher Vorschriften einen gravierenden Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung dar. Der Verwaltungsgerichtshof habe u.a. in seinem Erkenntnis vom 13. Jänner 1994, Zl. 93/18/0594, ausgeführt, daß ein geordnetes Fremdenwesen für den österreichischen Staat von eminentem Interesse sei. Dies umso mehr in einer Zeit, in der der Zuwanderungsdruck kontinuierlich zunehme. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Beachtung durch die Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zu.
Aus dem Fehlen einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach § 7 Asylgesetz (1991) ergebe sich, daß der Anwendung des § 17 FrG infolge von § 9 Abs. 1 Asylgesetz (1991) kein rechtliches Hindernis entgegenstehe. Die allfällige Gefährdung der Beschwerdeführerin in ihrem Heimatstaat im Sinne des § 37 Abs. 1 FrG stehe der Erlassung einer Ausweisung nicht entgegen; diesbezüglich stehe der Beschwerdeführerin das Verfahren nach § 54 FrG offen.
Die verfügte Ausweisung stelle keinen relevanten Eingriff in das Privat- und/oder Familienleben der Beschwerdeführerin dar. Die Beschwerdeführerin könne sich auf keine familiären Bindungen im Bundesgebiet berufen, die vom Schutzbereich des § 19 FrG erfaßt wären. Im Rahmen des bisherigen illegalen Aufenthaltes sei es zu keiner Integration der Beschwerdeführerin gekommen. So gehe sie keiner Beschäftigung nach und bestreite ihren Unterhalt durch Unterstützungszahlungen seitens des Sozialamtes. Selbst unter der Annahme, daß die Ausweisung in relevanter Weise in das Privatleben der Beschwerdeführerin eingriffe, sei ein derartiger Eingriff im Lichte des Art. 8 Abs. 2 MRK zulässig, weil dringend geboten. Aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung sei diesfalls der mit der Vollziehung des angefochtenen Bescheides verbundene Eingriff jedenfalls gerechtfertigt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst ist festzuhalten, daß der angefochtene Bescheid nicht gemäß § 114 Abs. 5 des insoweit mit 1. Jänner 1998 in Kraft getretenen Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75/1997, außer Kraft getreten ist.
Die Beschwerde läßt die maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid, wonach die Beschwerdeführerin gesetzwidrig unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet gelangt sei und sich hier seit ihrer Einreise am 17. Juni 1996 unberechtigt aufhalte, unbekämpft, insbesondere wird nicht bestritten, daß der Beschwerdeführerin keine vorläufige Berechtigung nach dem Asylgesetz zukomme.
Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften macht die Beschwerdeführerin zusammengefaßt geltend, die belangte Behörde habe ihre private und familiäre Situation nur unzureichend ermittelt. Bei Durchführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens wäre die belangte Behörde zum Ergebnis gelangt, daß die Beschwerdeführerin im Bundesgebiet integriert sei. Die belangte Behörde habe sie nicht einvernommen und auch nicht darüber aufgeklärt, welche Beweismittel für das Verfahren notwendig gewesen wären. Die belangte Behörde beziehe sich lediglich auf die Ermittlungen, die im Zuge des Asylverfahrens durchgeführt worden seien, jedoch verkenne die Behörde, daß es sich beim Asylverfahren und beim fremdenpolizeilichen Verfahren um zwei getrennte Verfahrensabschnitte handle. Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, die Beschwerdeführerin einzuvernehmen, damit diese ihre familiären und privaten Bindungen im Bundesgebiet darlegen könne.
Die belangte Behörde sei weiters ihrer Begründungspflicht gemäß §§ 58 und 60 AVG nicht nachgekommen. Es hätte der Anführung entsprechender Beweismittel im Bescheid bedurft, auf welche die belangte Behörde den festgestellten Sachverhalt gestützt habe. Nicht ersichtlich sei, von welchen Feststellungen die belangte Behörde überhaupt ausgegangen sei und welchen Sachverhalt sie ihrer rechtlichen Beurteilung zugrundegelegt habe. Die Beschwerdeführerin habe während des Aufenthaltes im Bundesgebiet weder verwaltungs- noch strafrechtliche Handlungen gesetzt, sodaß die verfügte Ausweisung nicht dringend geboten sei.
Dem ist entgegenzuhalten: Der Vorwurf der Beschwerde, der Bescheid lasse die der rechtlichen Schlußfolgerung auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 FrG zugrundegelegten Sachverhaltsfeststellungen nicht erkennen, ist nicht berechtigt. Die belangte Behörde hat - wie schon ausgeführt - festgestellt, daß die Beschwerdeführerin unrechtmäßig unter Umgehung der Grenzkontrolle (der slowenisch-österreichischen Grenze) in das Bundesgebiet gelangt sei und weder über einen Sichtvermerk noch über eine Aufenthaltsbewilligung verfüge.
Eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 kommt - unter der Voraussetzung rechtzeitiger Antragstellung - nur jenen Asylwerbern zu, die gemäß § 6 Asylgesetz 1991 eingereist sind. Daß die dort genannten Voraussetzungen auf die Beschwerdeführerin zuträfen, wird im angefochtenen Bescheid nicht festgestellt und in der vorliegenden Beschwerde nicht behauptet.
Die belangte Behörde hat ausdrücklich festgestellt, die sich erst für die Dauer eines Jahres im Bundesgebiet aufhaltende Beschwerdeführerin habe keine nennenswerten privaten und familiären Bindungen im Bundesgebiet. Sie gehe keiner Beschäftigung nach, sie lebe aus den Mitteln der Sozialhilfe. Ausgehend von diesen Feststellungen kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie selbst unter der Annahme eines relevanten Eingriffes - der im hier vorliegenden Fall vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen ist - der verfügten Ausweisung in die Privatsphäre der Beschwerdeführerin die Zulässigkeit dieser Maßnahme gemäß § 19 FrG als gegeben ansah. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1997, Zl. 97/21/0644, mwN).
Die Pflicht, einen Bescheid schlüssig zu begründen, stellt im übrigen keinen Selbstzweck dar. Ein Begründungsmangel führt nur dann zur Bescheidaufhebung, wenn er entweder die Parteien des Verwaltungsverfahrens an der Verfolgung ihrer Rechte oder den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit hindert. Dies ist hier keineswegs der Fall. Insoweit die Beschwerdeführerin geltend macht, die belangte Behörde habe ihr Recht auf Gehör verletzt und kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt, zeigt sie die Relevanz dieses behaupteten Verfahrensmangels nicht auf. Nach ständiger hg. Judikatur kann eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung der Verfahrensvorschrift des § 45 Abs. 3 AVG nicht herbeigeführt werden, wenn sich der Beschwerdeführer darauf beschränkt, diesen Mangel aufzuzeigen, ohne jedoch die dem angefochtenen Bescheid zugrundegelegten tatsächlichen Feststellungen zu bekämpfen und ohne darzulegen, was er vorgebracht hätte, wenn ihm Gelegenheit zur Stellungnahme geboten worden wäre (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage 1996, zu § 45 Abs. 3 leg. cit. angeführte hg. Judikatur). In diesem Sinne kann dem Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht entnommen werden, welche familiären Bindungen und welche maßgeblichen Sachverhaltselemente sich bei Durchführung des vermißten "ordentlichen Ermittlungsverfahrens" herausgestellt hätten. Somit ist nicht ersichtlich, ob und inwiefern weitergehende, nach Auffassung der Beschwerdeführerin unterlassene
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allerdings nicht konkret aufgezeigte - Ermittlungen eine für sie günstigere Entscheidung zur Folge gehabt hätten.
Da sohin die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt
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was schon der Beschwerdeinhalt erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Demgemäß erübrigt sich ein Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Schlagworte
Parteiengehör Erhebungen ErmittlungsverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998210008.X00Im RIS seit
20.11.2000