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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde der H in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 6. Juli 1995, Zl. A 17-K-12.636/1994-4, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: O in L), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid vom 7. März 1995 wurde dem Mitbeteiligten unter gleichzeitiger Vorschreibung von Auflagen die Baubewilligung zur Errichtung eines teilweise unterkellerten, zweigeschoßigen Wohngebäudes mit ganz ausgebautem Dachgeschoß für sechs Wohneinheiten und eingebauter Garage für vier Pkw"s und zwei Pkw-Stellplätze erteilt. Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin einer im Nordwesten an das verfahrensgegenständliche Grundstück angrenzenden Liegenschaft. Das projektsgegenständliche Gebäude soll eine Gesamtlänge von 19,06 m aufweisen und mit der Traufenseite parallel zur Grundgrenze der Beschwerdeführerin errichtet werden; es weist an der zur Grundgrenze der Beschwerdeführerin gelegenen Seite über dem Eingang eine erkerartige Ausbildung (die plangemäß 38 cm vor die Front der Außenwand vorspringt und 226 cm breit ist) auf. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Einwendungen wurden als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte die Behörde zum Einwand des Widerspruches der bewilligten Bebauungsdichte zum Flächenwidmungsplan aus, daß gemäß § 3a Steiermärkische Bauordnung 1968 der Bewilligungswerber einen Rechtsanspruch auf die Auschöpfung der für das Baugebiet im Flächenwidmungsplan festgesetzten höchstzulässigen Bebauungsdichte habe. Unter Zugrundelegung der rechtskräftigen Widmungsbewilligung müsse im Bauverfahren lediglich überprüft werden, ob das Bauvorhaben die zulässige Dichte einhalte. Da dies vom Sachverständigen überprüft worden sei, könne der diesbezügliche Einwand nicht zu einer Abänderung des Baubescheides führen. Auch die Abstandsbestimmungen des § 4 Steiermärkische Bauordnung seien entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin eingehalten. Im Hinblick auf das Vorbringen, die Gebäudehöhe entspreche aufgrund des derzeitigen Geländeniveaus nicht dem Widmungsbescheid, wurde auf die anläßlich der Widmung getroffene Festsetzung verwiesen, derzufolge die Gebäudehöhen vom natürlich gewachsenen Gelände aus zu messen seien. Zu diesem Zwecke sei eine Auflage in den Baubescheid aufgenommen worden, wonach das derzeitige Geländeniveau vor Baubeginn anhand eines Bezugspunktes festzulegen sei.
2. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Bebauungsdichte geltend, daß weder aus der gutachterlichen Äußerung noch aus den Plänen hervorgehe, ob das unterste Geschoß, welches für die Abstellung von Personenkraftwagen bestimmt sei, bei der Ermittlung der zulässigen Bebauungsdichte einbezogen worden sei. Die Feststellung des Sachverständigen, daß die Bebauungsdichte von 0,8 eingehalten worden sei, könne aufgrund der Aktenunterlagen nicht nachvollzogen werden. Betreffend die Einhaltung der gesetzlichen Abstände führt die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung aus, daß durch den parallelen Verlauf von Hauskante und Grundgrenze und durch die wegen des beabsichtigten Dachgeschoßausbaues notwendige Erhöhung des Kniestockes auf 1,5 m eine den Lichteinfall auf das Nachbargrundstück beeinträchtigende Gebäudehöhe entstehe, die zwingend dazu führe, daß das vollständig ausgebaute Dachgeschoß als weiteres Geschoß zu werten sei und bei der Ermittlung des gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabstandes zur Nachbargrundstücksgrenze berücksichtigt werden müsse. Die Abstandsverletzung beziehe sich auf die gesamte Länge des zu errichtenden Gebäudes. Es könne durch das höher gelegene Dach nicht davon ausgegangen werden, daß die für das Dachgeschoß notwendige Raumhöhe erst an einem Punkt erreicht werde, der etwa 6 m von der Grundgrenze entfernt sei. Es stelle eine Mißachtung der zwingenden gesetzlichen Vorschriften dar, wenn der Mitbeteiligte das Dachgeschoß, welches dieselbe Konfiguration wie das darunter liegende Obergeschoß aufweise, im Dachbereich integrierend auf der der Liegenschaft der Beschwerdeführerin zugewandten Seite geringfügig abschräge.
Infolge einer Überprüfung stellte die Baubehörde fest, daß die im Widmungsbewilligungsbescheid festgesetzte Bebauungsdichte von 0,8 durch das geplante Projekt überschritten werde und der Gebäudemindestabstand zur Grundgrenze der Beschwerdeführerin nicht eingehalten werde. Der Mitbeteiligte wurde zur entsprechenden Abänderung der eingereichten Unterlagen aufgefordert. Infolge dessen wurde das Ansuchen seitens des Mitbeteiligten insofern abgeändert, als im Erdgeschoß im Bereich der überdachten Pkw-Abstellplätze die südliche Außenwand entfallen sollte und somit eine Fläche von 50 m2 nicht in die Bebauungsdichte miteinzuberechnen sei. Weiters sollte die Dachtraufe an der nordwestlichen Gebäudefront herabgesetzt und somit die Einhaltung der Abstandsbestimmungen bewirkt werden.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben. Durch die vom Mitbeteiligten vorgenommene Änderung des Bauprojektes sei der Bereich der vier Pkw-Abstellplätze im Ausmaß von 50 m2 nicht mehr in die Bebauungsdichte miteinzurechnen. Daraus resultiere, daß die Summe der Geschoßflächen für das gegenständliche Projekt 519,36 m2 betrage, was im Verhältnis zur Bauplatzfläche von 660 m2 eine Bebauungsdichte von 0,7 m ausmache. Die Dichte liege somit unter dem höchstzulässigen Bebauungsdichtewert von 0,8 m. Im Hinblick auf die Abstandsfrage führte die belangte Behörde aus, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Berechnung des Seitenabstandes die jeweils der Grundgrenze nächstliegende Außenwand des Gebäudes maßgebend sei. Die Außenwand werde an der Traufenseite eines Gebäudes in vertikaler Richtung einerseits durch das Gebäude und andererseits durch die Dachtraufe begrenzt. Durch die Abänderung des Bauprojektes dergestalt, daß die nordwestliche Gebäudefront nur mehr aus zwei für den Gebäudemindestabstand zur Grundgrenze maßgeblichen Vollgeschoßen und einem Dachgeschoß bestehe, wobei der Kniestock des Dachgeschoßes eine Höhe von 1,41 m aufweise und eine Dachneigung von 40 Grad bestehe, werde der erforderliche Abstand eingehalten. Die für ein Dachgeschoß erforderliche Raumhöhe von 2,40 m werde in einem Abstand von 5,0 m zur Nachbargrenze erreicht, sodaß die Abstandsbestimmungen eingehalten würden. Bezugnehmend auf die von der Beschwerdeführerin geäußerte Meinung, die Projektsänderungen würden die im Zuge des Berufungsverfahrens zulässigen Modifikationen überschreiten, verwies die belangte Behörde auf die Zulässigkeit von Modifikationen im Zuge des Berufungsverfahrens, wenn die Modifikation dazu diene, einen Versagungsgrund zu beseitigen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei die Berufungsbehörde sogar verpflichtet, den Bauwerber zu einer Abänderung des Bauvorhabens aufzufordern, wenn ein Versagungsgrund durch eine Modifikation des Bauansuchens beseitigt werden könne. Im gegenständlichen Fall betreffe die Modifikation nicht den Charakter des Bauvorhabens, vielmehr liege ein identer Bauwille vor, sodaß es sich um ein und dieselbe Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG handle.
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde erstattete unter gleichzeitiger Vorlage der Verwaltungsakten eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerdeführerin macht zunächst die Mangelhaftigkeit des Verfahrens infolge Verletzung des Parteiengehörs geltend. Nach Abänderung des Projektes im Zuge des Berufungsverfahrens durch den Mitbeteiligten sei der Beschwerdeführerin nicht die Möglichkeit zur Erhebung von Einwendungen eingeräumt worden. Vergleiche man das ursprüngliche mit dem abgeänderten Bauprojekt, so handle es sich entgegen der Auffassung der belangten Behörde nicht um ein und dieselbe Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG, da es einen wesentlichen Unterschied ausmache, ob gerade oder schräge Wände vorhanden seien.
Dazu ist auf folgendes hinzuweisen:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht nur eine Änderung des Antrags auch im Berufungsverfahren noch zulässig, wenn dadurch nicht die Identität der Sache verändert wird, sondern ist vielmehr die Berufungsbehörde auch verpflichtet, den Bauwerber zu einer Änderung seines Bauvorhabens aufzufordern, wenn ein Versagungsgrund durch eine Modifikation des Bauansuchens (hier: Verletzung der zulässigen Bebauungsdichte) beseitigt werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1991, Zl. 91/06/0006, mwN). Ein gegenüber den ursprünglichen Bauplänen geändertes Projekt kann nicht als ein "aliud" beurteilt werden, wenn im Zuge des Berufungsverfahrens Modifikationen erfolgen, welche - nach Art und Ausmaß geringfügig - dem Zweck dienen, das Projekt zur Gänze dem Gesetz anzupassen. Auch wenn nicht nur Einschränkungen des ursprünglichen Bauvorhabens vorgenommen werden, so sind Änderungen des ursprünglichen Bauvorhabens im Berufungsverfahren zulässig, die insgesamt betrachtet kein Ausmaß erreichen, daß das Bauvorhaben als ein anderes zu beurteilen wäre bzw. die das Wesen (den Charakter) des Vorhabens nicht betreffen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. März 1994, Zl. 93/05/0117, u.v.a).
Der belangten Behörde ist daher kein Vorwurf zu machen, wenn sie die vorgenommenen Modifikationen des Mitbeteiligten (Entfall der südlichen Außenwand und Veränderung der nordwestlichen Gebäudefront) mit der Begründung als zulässig erachtet hat, diese Abänderungen träfen nicht das Wesen des ursprünglichen Bauvorhabens. Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Auffassung nicht zuletzt unter Berücksichtigung seiner bisherigen Judikatur in diesem Zusammenhang, derzufolge der ursprüngliche Charakter eines Bauvorhabens etwa durch die Einschränkung des Dachgeschoßes, des Wegfalles von Stiegenhäusern oder der Änderung der Stellplatzzahl nicht beseitigt werde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 13. Oktober 1992, Zl. 92/05/0064, sowie vom 29. Dezember 1987, Zl. 87/06/0107). Im Gegensatz dazu hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß eine Projektänderung, die ein weiteres Geschoß und eine wesentliche Änderung der Gebäudehöhe vorsehe, mit § 66 Abs. 4 AVG nicht vereinbar sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 1987, Zl. 86/06/0253). Im Beschwerdefall erfolgte die Änderung des Projekts aufgrund der Einwendungen der Beschwerdeführerin dahingehend, daß bei grundsätzlicher Beibehaltung des geplanten Bauwerks (auch hinsichtlich seiner Lage auf dem Bauplatz) Änderungen hinsichtlich der Garagen im Erdgeschoß (Entfall von Wänden) bzw. hinsichtlich der Gestaltung des Dachgeschoßes an der der Beschwerdeführerin zugekehrten Gebäudeseite vorgesehen wurden. Derartige Änderungen bewirken entsprechend der dargestellten Rechtsprechung keine Änderung des Wesens des Vorhabens, sodaß durch sie keine Änderung der "Sache" eingetreten ist.
Der Vorhalt der Beschwerdeführerin, sie hätte keine Gelegenheit gehabt, eine Stellungnahme zu den abgeänderten Plänen abzugeben, geht aufgrund der Aktenlage ins Leere. Wie sich daraus nämlich eindeutig ergibt, wurde der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin von den verfahrensgegenständlichen Modifikationen schriftlich in Kenntnis gesetzt und ausdrücklich unter Setzung einer zweiwöchigen Frist zur Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert. Eine derartige Stellungnahme wurde auch abgegeben. Eine Verletzung des Parteiengehörs liegt somit weder im Hinblick auf die Frage, ob es sich um ein und dieselbe Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG handle, noch hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin angesprochenen inhaltlichen Fragen der Abgas- und Lärmentwicklung bzw. der Gebäudehöhe vor.
2. Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit bekämpft die Beschwerdeführerin den angefochtenen Bescheid dahingehend, daß die belangte Behörde unter Zugrundelegung nicht nachvollziehbarer Berechnungen im Zusammenhang mit der Bebauungsdichte fälschlicherweise von einer Geschoßflächendichte von 519,36 m2 ausgegangen sei.
In diesem Zusammenhang ist festzustellen, daß die im Bescheid angeführte Geschoßfläche von 519,36 m2 auf einem offensichtlichen Rechenfehler beruht, da die ursprünglich verbaute Geschoßfläche von 579,36 m2, abzüglich der nunmehr weggefallenen Fläche von 50 m2, 529,36 m2 und nicht 519,36 m2 beträgt. Auf diesen Fehler hat die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift Bezug genommen und zu Recht darauf hingewiesen, daß auch eine Fläche von 529,36 m2, geteilt durch die Bauplatzfläche von 666 m2, eine Bebauungsdichte von 0,79 m ergebe. Insofern handelt es sich zwar um einen Begründungsmangel des angefochtenen Bescheides, da die belangte Behörde ihre rechtliche Beurteilung (Einhaltung der zulässigen Bebauungsdichte) auf eine fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung stützte. Wie eben dargelegt, hätte die belangte Behörde aber auch bei Zugrundelegung der richtigen Geschoßfläche zu keinem anderen Ergebnis kommen können. Der Verfahrensmangel ist daher nicht wesentlich im Sinne des § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG.
Ähnliches gilt auch für den von der Beschwerdeführerin aufgegriffenen Hinweis auf eine im Bescheid angegebene Bauplatzfläche von 660 m2. Wie sich aus dem Zusammenhalt mit der übrigen Bescheidbegründung zweifelsfrei ergibt, meint die belangte Behörde 666 m2. Von einer Bauplatzfläche dieses Ausmaßes spricht die belangte Behörde auch im übrigen Bescheid, weshalb insoferne eindeutig ein Schreibfehler vorliegt.
Da somit die Einhaltung der maximal zulässigen Bebauungsdichte aus dem Bescheid erkennbar ist, liegt keine Verletzung von subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten der Beschwerdeführerin vor.
3. Die Beschwerdeführerin wendet sich weiters gegen die Auffassung der belangten Behörde, daß die Abstandsvorschrift des § 4 Steiermärkische Bauordnung eingehalten sei.
Dazu ist folgendes festzustellen:
Das geplante Bauvorhaben besteht aus einem Kellergeschoß, zwei oberirdischen Vollgeschoßen und einem ausgebauten Dachgeschoß.
Gemäß § 4 Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 43/1992 sowie die Kundmachung LGBl. Nr. 54/1992, hängt der erforderliche Abstand von Gebäuden von der Grundgrenze von der Anzahl der Geschoße ab. Eine Gebäudefront, die nicht unmittelbar an einer Nachbargrundgrenze errichtet wird, muß nämlich gemäß § 4 Abs. 1 Steiermärkische Bauordnung 1968 von der Grenze mindestens soviele Meter entfernt sein als die Anzahl der Geschoße vermehrt um 2 ergibt.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. Oktober 1994, Zlen. 93/06/0236 und 0237, ausgesprochen hat, kommt es bei der Bestimmung der Geschoßanzahl im Hinblick auf die Rechtsprechung, daß der Nachbar stets nur einen Anspruch auf Einhaltung des Seitenabstandes an der ihm zugekehrten Front habe, darauf an, in welcher Lage auf dem Bauplatz sich das projektierte Gebäude befindet (bzw. hinsichtlich des Abstandes von Gebäuden zueinander: in welcher Lage die Gebäude zueinander sich befinden). Da im Beschwerdefall das Gebäude mit der Traufenseite parallel zur Grundgrenze der Beschwerdeführerin errichtet werden soll, weist das Gebäude - wie die belangte Behörde zutreffend zugrunde gelegt hat - gegenüber der Beschwerdeführerin an der Außenfront zwei Geschoße auf. Es kann nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde ausgehend von dem genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes die Auffassung vertreten hat, daß der Abstand von 5 m erst ab jenem Punkt einzuhalten sei, an dem die Raumhöhe im Dachgeschoß 2,40 m übersteige. Darauf, ob die Wand des Dachgeschoßes auf eine bestimmte Höhe "mit der übrigen Gebäudefront übereinstimmt", kommt es entgegen den Ausführungen in der Beschwerde nicht an, da die Aufmauerung eines Kniestocks dem Geschoß nicht die Eigenschaft als Dachgeschoß nimmt (vgl. demgegenüber nunmehr § 13 Abs. 5 Stmk. Baugesetz 1995, LGBl. Nr. 59). Der von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang genannte Erker ändert an dieser Beurteilung im Hinblick auf seine geringe Breite nichts. Wenn die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auf die
hg. Rechtsprechung zur Nichtberücksichtigung von Erkern bei der Abstandsberechnung verweist und daraus offenbar ableiten möchte, daß bei einer Aufmauerung eines Kniestocks, der mehr als 50% der Raumhöhe ausmacht, das Dachgeschoß als Geschoß im Sinn des § 4 Stmk Bauordnung 1968 zu werten sei, ist dazu zu bemerken, daß es bei der Beurteilung der Eigenschaft als Dachgeschoß und der Wertung eines Dachgeschoßes als Geschoß im Sinne des § 4 Abs. 1 Steiermärkische Bauordnung 1968 nicht in der von der Beschwerdeführerin vermeinten Weise auf Quantifizierungen der Kniestockhöhe ankommt.
Abgesehen davon ist zum Einwand der Beschwerdeführerin betreffend die Heranziehung des Teils der Wand, der durch den Erker gebildet wird, für die Bestimmung des Abstandes des Gebäudes von der Grundgrenze folgendes festzustellen:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 4 Steiermärkische Bauordnung 1968 ist für die Berechnung des Seitenabstandes jeweils die der Grundgrenze nächstliegende Außenwand des Gebäudes maßgebend (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Mai 1993, Zl. 93/06/0031). Dabei sind die genannten Abstände vom aufgehenden Mauerwerk und nicht von vorspringenden Bauteilen zu berechnen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1990, Zl. 88/06/0145, und das hg. Erkenntnis vom 15. Juni 1989, Zl. 87/06/0051). Balkone und Erker bleiben daher bei der Bestimmung des Abstandes außer Betracht.
Zwar ist der Beschwerdeführerin darin Recht zu geben, daß das oben Gesagte dann nicht gilt, wenn durch die Anbringung von Balkonen und Erkern in einem Ausmaß, daß die Außenwand des Gebäudes im Grunde gar nicht mehr die Gebäudefront darstellt, sondern diese durch die überwiegend und dominierend in Erscheinung tretenden vorspringenden Teile gebildet wird. Doch übersieht die Beschwerdeführerin den Umstand, daß der im ersten Obergeschoß und im Dachgeschoß befindliche Erker lediglich eine Breite von 2,26 m im Vergleich zur Gesamtlänge des Gebäudes von 19,06 m aufweist und von der Gebäudefront auch nur 38 cm vorspringt. Es ist daher mit der belangten Behörde davon auszugehen, daß die Außenwand des Gebäudes auch die Gebäudefront darstellt und der Erker bei Berechnung des Mindestabstandes unberücksichtigt bleibt.
Somit liegt auch keine Verletzung der gesetzlichen Mindestabstände nach § 4 Steiermärkische Bauordnung 1968 vor.
4. Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Berufungsverfahren BauRallg11/2 Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Änderung von Anträgen und Ansuchen im Berufungsverfahren Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Abstandsvorschriften BauRallg5/1/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1995060185.X00Im RIS seit
03.05.2001