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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1993 §37 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Robl,
Dr. Rosenmayr, Dr. Baur und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Oberdorfer, über die Beschwerde der S B in Traismauer, geboren am 12. Oktober 1971, vertreten durch Dr. Franz Amler und Dr. Michael Schwarz, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Brunngasse 12/2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 23. Oktober 1997, Zl. Fr 4376/97, betreffend Feststellung gemäß § 54 Fremdengesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) wurde gemäß § 54 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, iVm § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, die Beschwerdeführerin sei in der Türkei gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht.
Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, die Beschwerdeführerin sei türkische Staatsangehörige und am 29. Jänner 1997 illegal in das Bundesgebiet eingereist. Sie habe den mittlerweile vom Bundesminister für Inneres im Instanzenzug abgewiesenen Asylantrag vom 6. Februar 1997 damit begründet, mit ihrer Familie in einem Dorf in der Provinz Malatya bis Mitte November 1996 (von der Landwirtschaft) gelebt zu haben. Sie sei nie Mitglied einer politischen Partei gewesen, sie habe keine strafbaren Handlungen begangen und sei von den türkischen Behörden auch nicht gesucht worden. Sie sei jedoch - wie auch die übrigen jungen Leute in ihrem Dorf - ständig "unterdrückt und verfolgt" gewesen. Sie sei aber nie festgenommen worden. Über Aufforderung, die "Verfolgung" näher zu beschreiben, habe die Beschwerdeführerin ausgeführt, sie "hätte nicht alles kaufen dürfen", was sie wollte. Man habe "eine Art Ausweis" erhalten, den man habe vorweisen müssen. Alle 15 Tage habe man Hauptnahrungsmittel einkaufen können. Der Grund sei der gewesen, daß man ständig verdächtigt worden sei, die PKK zu unterstützen und "für diese Terroristen" Lebensmittel einzukaufen. Mehrere Male, im Sommer und im Herbst 1996, sei sie von Mitgliedern der Spezialeinheit "TIM" angehalten worden und man habe ihr Lebensmittel mit der Begründung, sie hätte zuviel eingekauft, weggenommen. Bei einer Auseinandersetzung mit Angehörigen dieser Spezialeinheit habe sie einmal eine Ohrfeige erhalten. Der Beschwerdeführerin sei vorgehalten worden, die PKK zu unterstützen. Es sei schließlich "in letzter Zeit" nicht mehr möglich gewesen, die Tiere weiden zu lassen. Dies deshalb, weil in diesem Gebiet "Krieg herrsche". Es sei lebensgefährlich gewesen, einfach auf die Straße zu gehen. Sie habe (mit ihrer Familie) ausschließlich von der Landwirtschaft gelebt, die sie dann nicht mehr habe betreiben können.
Mitte November 1996 sei sie mit ihrer Familie nach Istanbul gereist, wo sie bis zu ihrer Ausreise - vermutlich am 26. Jänner 1997 - gelebt habe. Dort sei sie "von Angehörigen der Partei MHP unterdrückt" worden. Die Leute gehörten auch der Spezialeinheit "TIM" an. Es sei nicht möglich gewesen, in Istanbul Arbeit zu finden. Auf die Frage, warum sie Istanbul verlassen habe, habe die Beschwerdeführerin angegeben, sie habe sich Hoffnungen gemacht, in Istanbul von einer Menschenrechtsorganisation Unterstützung zu erhalten. Dies sei aber dann nicht der Fall gewesen. Auf die Frage, welchen konkreten Verfolgungshandlungen sie in Istanbul ausgesetzt gewesen sei, habe die Beschwerdeführerin angegeben, sie sei zwar nicht festgenommen worden, doch sei sie mehrmals auf der Straße "perlustriert" worden. Es sei ihr die kurdische Abstammung vorgehalten worden.
Im vorliegenden Verfahren habe die Beschwerdeführerin den Antrag gemäß § 54 FrG damit begründet, daß sie Kurdin sei. Die Tatsache der Verfolgung der Kurden sei evident. Überdies habe sie "zwischenzeitig" in Erfahrung bringen können, daß vor ca. zwei Monaten einer ihrer früheren Bekannten verhaftet worden sei. Dieser sei von den zuständigen Sicherheitsbehörden unmenschlich gefoltert worden und habe unter Folter angegeben, daß auch die Beschwerdeführerin einer militanten kurdischen Gruppe angehöre. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen sei damit zu rechnen, daß sie in der Türkei bereits zur Verhaftung ausgeschrieben sei. Besonders weibliche Angehörige der Kurden würden in den Gefängnissen der Türkei regelmäßig subtilen Folterungen - auch sexueller Natur - ausgesetzt sein.
Zum Beweis habe die Beschwerdeführerin die Aussage des Zeugen A S angeführt, der am 1. Juli 1997 von der Behörde erster Instanz niederschriftlich einvernommen wurde. Dieser habe angegeben, die Beschwerdeführerin sei geflüchtet, weil sie Drohungen ausgesetzt gewesen sei. Sie habe mit ihrem Vater an Demonstrationen teilgenommen. Die Beschwerdeführerin und ihre Familie hätten nur begrenzt Lebensmittel kaufen können. Man habe ihnen immer angedroht, sie würden ins Gefängnis kommen. Für jugendliche Kurden sei das Leben in der Türkei sehr schwer, wenn sie an Demonstrationen teilgenommen hatten. Die Eltern und Geschwister der Beschwerdeführerin würden in Istanbul leben und müßten dort alle zwei bis drei Monate die Wohnung wechseln, weil sie von den Behörden gesucht werden. Die Polizei glaube, die Beschwerdeführerin sei zur PKK gegangen, weshalb man sie einsperren würde. Von der Familie der Beschwerdeführerin sei nur ihr Vater ein Jahr im Gefängnis gewesen.
Unmittelbar anschließend habe die Behörde die Beschwerdeführerin einvernommen. Diese habe dabei als Fluchtgrund angegeben, sie sei Kurdin und die Heimatbehörde habe gedacht, daß sie PKK-Mitglied sei und mit ihrem Vater demonstriert hätte. Der Vater sei bereits 1995 ein Jahr im Gefängnis gewesen, weil er verdächtigt worden sei, mit Lebensmitteln die PKK zu unterstützen. Ihre Geschwister seien nicht im Gefängnis gewesen.
Mit Schreiben vom 7. August 1997 habe die Beschwerdeführerin ein türkisches Originaldokument vorgelegt, aus dem sich ergeben solle, daß ihr Vater lediglich aufgrund seiner kurdischen Abstammung als Terrorist behandelt und entsprechend inhaftiert worden sei. Zugleich habe die Beschwerdeführerin auf den Jahresbericht 1996 von Amnesty International und die Kurdenproblematik in der Türkei hingewiesen.
Nach Darstellung der wesentlichen Gesetzesstellen führte die belangte Behörde aus, das entscheidende Beurteilungskriterium sei die Erstaussage der Beschwerdeführerin vor der Asylbehörde erster Instanz. Es entspreche den üblichen und rationalen Denkgesetzen, daß diejenigen Aussagen, die ein Flüchtling unmittelbar nach seiner Einreise in das Bundesgebiet tätige, der Wahrheit am nächsten kämen. Aus dem Vorbringen vor der Asylbehörde erster Instanz sei jedoch nicht ersichtlich, daß die Beschwerdeführerin in der Türkei im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder 2 FrG bedroht wäre. Die dort geschilderten Vorfälle reichten nicht hin, eine ausreichende Verfolgungsintensität im Sinne des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG zu begründen. Die Beschwerdeführerin habe ihren eigenen Angaben zufolge bis zu ihrer Ausreise keine besonderen Schwierigkeiten mit den Behörden gehabt. Sie habe lediglich auf die allgemeine Unterdrückung der Kurden in der Türkei hingewiesen. Sie habe keiner politischen Partei angehört und sei von den Behörden nicht gesucht worden. Die belangte Behörde gelange vielmehr aufgrund dieser Angaben zu der Auffassung, daß die Beschwerdeführerin wegen wirtschaftlicher Umstände aus der Türkei geflohen sei. Der Hinweis auf die Verhaftung von Bekannten in der Türkei bzw. ihres Vaters sowie des Umstandes, daß dieser bereits im Gefängnis gewesen sei, könne nicht eine die Beschwerdeführerin selbst treffende individuelle Gefährdung belegen. Überdies werde diesem ergänzenden Vorbringen im fremdenpolizeilichen Verfahren keinerlei besonderes Gewicht beigemessen. Die Beschwerdeführerin habe derartige Verfolgungshandlungen, insbesondere gegenüber ihrem Vater, im Asylverfahren nicht erwähnt. Zu dem vorgelegten Urteil vom 26. Dezember 1995 ihren Vater betreffend sei anzumerken, daß sich die darin genannten Vorfälle bereits im Jahr 1995 ereignet hätten. Es sei nicht verständlich, warum die Beschwerdeführerin, wenn sie in diesem Zusammenhang eine Verfolgung befürchte, diese Umstände nicht schon anläßlich ihrer Einvernahme am 6. Februar 1997 vorgebracht habe. Überdies handle es sich dabei offensichtlich um eine Anklageschrift wegen terroristischer Machenschaften, weil danach ihr Vater aufgrund der Überlassung einer Pistole an einen gewissen G - der einen Anschlag gegen ein Wahlkampfbüro führen sollte - zur Anklage gebracht worden sei. Es sei das souveräne Recht eines jeden Staates, allfällige Terroristen bzw. diejenigen, die solche unterstützen, strafrechtlich zu verfolgen. Auch hätten die Geschwister der Beschwerdeführerin ungeachtet dieser Verurteilung in der Türkei ohne gravierende Folgen weiterleben können. Den Aussagen des Zeugen A S werde keine besondere Glaubwürdigkeit geschenkt. Diese seien bloß pauschale Angaben und vor dem Hintergrund der Ausführungen der Beschwerdeführerin vor der Asylbehörde erster Instanz lediglich als Schutzbehauptungen zu werten. Auch die "vagen Aussagen" bezüglich des vor zwei Monaten festgenommenen und angeblich gefolterten Bekannten, der die Beschwerdeführerin unter Zwang als Mitglied einer militanten Gruppe angegeben habe, würden als "nicht maßgeblich" bewertet. Es sei nicht nachvollziehbar, daß die Beschwerdeführerin bis zu ihrer Ausreise keine nennenswerten behördlichen Schwierigkeiten gehabt habe und "gerade in ihrer Abwesenheit derartige Verfolgungsgefahren entstehen würden". Angesichts ihrer Angaben vor der Asylbehörde erster Instanz sei ihr nachträgliches Vorbringen als nicht glaubwürdig einzuschätzen und diene lediglich der Herbeiführung eines positiven Ausganges des Verfahrens nach § 54 Fremdengesetz. Daran ändere auch der vorgelegte Bericht einer Menschenrechtsorganisation über die Lage in der Türkei nichts, weil daraus keine Rückschlüsse auf die konkrete Verfolgungssituation der Beschwerdeführerin selbst gezogen werden könnten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
In der Beschwerde gesteht die Beschwerdeführerin zunächst zu, sie habe im Asylverfahren die Umstände ihrer Flucht "nicht so detailliert" dargelegt, jedoch sei "dies aber verständlich, wenn man aus einem Staat flieht, der gegenüber seinen Angehörigen restriktiv ist, und überdies im Umgang mit Behörden nicht geübt ist". Es sei allerdings "amtsbekannt, daß in der Türkei Sippenhaftung praktiziert wird, und ich daher durch die Anklage und Verurteilung meines Vaters in höchster Gefahr bin, ohne jedwedes Verfahren gefoltert, eingesperrt, oder sonstwie menschenunwürdig behandelt zu werden". Die Aussage des Zeugen A S werde ohne weitere Begründung als unglaubwürdig und "leichtgewichtig" seitens der belangten Behörde eingestuft. "Vorsichtshalber" bringe die Beschwerdeführerin auch vor, daß ihr eben verschiedene Ereignisse wie die Festnahme und Anklage ihres Vaters sowie die im Akt bekanntgemachten Freunde und Bekannten erst nach ihrer Einvernahme vor der Asylbehörde bzw. die Tragweite dieser Umstände bekannt geworden seien.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 54 Abs. 1 FrG hat auf Antrag eines Fremden die Behörde mit Bescheid festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG bedroht ist.
Nach § 37 Abs. 1 FrG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Fremden in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß er Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.
Nach § 37 Abs. 2 FrG ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung eines Fremden in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dort sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z. 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974).
Zwar wird bei Anwendung des § 37 Abs. 1 und 2 FrG im Verfahren gemäß § 54 FrG nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom Antragsteller nicht verlangt, die ihm in dem von ihm bezeichneten Staat drohende Gefahr förmlich nachzuweisen. Im Verfahren gemäß § 54 FrG hat der Fremde aber mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben das Bestehen einer aktuellen, also im Falle seiner Abschiebung in den von seinem Antrag erfaßten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder von diesen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 19. Februar 1997, Zl. 96/21/0093, und vom 16. April 1997, Zl. 96/21/0269). Die Auffassung der belangten Behörde, daß dies der Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall nicht gelungen sei, kann auf Grundlage des Bescheidinhaltes und des erstatteten Beschwerdevorbringens nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Nach den in der Beschwerde nicht bestrittenen Feststellungen bezüglich ihrer Aussage vor der Asylbehörde war die Beschwerdeführerin in der Türkei politisch nicht tätig und aus solchen Gründen weder verfolgt noch jemals festgenommen worden. Nach ihren Angaben im Asylverfahren habe die Beschwerdeführerin in ihrem Heimatdorf unter der gegen die dort lebende kurdische Bevölkerung allgemein sehr repressiven Vorgangsweise des türkischen Militärs im Zusammenhang mit den kriegerischen Auseinandersetzungen gegen Angehörige der PKK gelitten. Es habe "Krieg geherrscht". Vor diesem Hintergrund ist auch ihre Aussage, sie habe einmal anläßlich einer Straßensperre von einem Organ einer speziellen militärischen Einsatzgruppe eine "Ohrfeige" erhalten, zu sehen. Aufgrund der somit allgemein schwierigen Lebenssituation für die in diesen umkämpften Gebieten lebenden Kurden sah sich die Familie der Beschwerdeführerin veranlaßt, nach Istanbul zu übersiedeln. Dort sei die Beschwerdeführerin mehrmals "perlustriert" worden, darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin bei ihrer Einvernahme lediglich auf ihre Probleme bei der Erlangung eines Arbeitsplatzes verwiesen, jedoch keine konkreten Verfolgungshandlungen türkischer Organe gegen ihre Person erwähnt. Von daher gesehen bestehen keine Bedenken gegen die Auffassung der belangten Behörde, daß die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen vor der Asylbehörde eine sie betreffende aktuelle und konkrete Bedrohung im Sinne des § 37 Abs. 1 und/oder 2 FrG nicht darzutun vermochte. Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die allgemein schwierige Situation der kurdischen Bevölkerung in der Türkei ist nicht geeignet, die von der Rechtsprechung geforderte individuelle und konkrete Bedrohung des Antragstellers gemäß § 54 FrG selbst zu ersetzen, weshalb es auch der Einholung der als Bescheinigungsmittel angebotenen Auskunft der bezeichneten Menschenrechtsorganisation nicht bedurfte. Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 37 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltungspunkte dafür vorliegen, daß gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 4. Dezember 1996, Zl. 96/21/0688, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte).
Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich weiters, daß die belangte Behörde den Angaben der Beschwerdeführerin im fremdenpolizeilichen Verfahren, insoweit diese eine Verfolgungsgefahr im Zusammenhang mit der behaupteten Verhaftung eines Bekannten in der Türkei sowie der Verurteilung ihres Vaters im Jahr 1995 belegen sollen, insgesamt keinen Glauben geschenkt hat. Dazu führte die belangte Behörde aus, daß die Beschwerdeführerin im Asylverfahren derartiges nie behauptet habe, sie ihre Fluchtgründe dort vielmehr auf wirtschaftlich ungünstige Verhältnisse gestützt habe. Sie habe weder die Festnahme ihres Vaters erwähnt noch behauptet, daß daraus für sie oder ihre Geschwister nachteilige Konsequenzen entstanden wären. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, in der Türkei sei ein Bekannter verhaftet worden, der sie unter Folter als Angehörige einer militanten kurdischen Gruppe angegeben habe, stelle lediglich eine Schutzbehauptung dar. Auch die Aussagen des Zeugen A S seien sehr allgemein und vage gehalten und nicht als glaubwürdig anzusehen.
Diese Beweiswürdigung kann im Hinblick darauf, daß die unmittelbar nach der Einreise gemachten - unbeeinflußten - Aussagen erfahrungsgemäß am ehesten der Wahrheit entsprechen, nicht als unschlüssig erkannt werden und begegnet daher im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Überprüfungsbefugnis (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keinen Bedenken. Die Behauptung der Beschwerde, die Beschwerdeführerin habe mangels hinreichender Übung im Umgang mit Behörden im Asylverfahren nicht "so detailliert alle Umstände" darlegen können, ist nicht überzeugend. Die Beschwerdeführerin hat durchaus detailliert die schwierigen Lebensbedingungen der kurdischen Bevölkerung in den Gebieten, in denen infolge der Kämpfe des türkischen Militärs gegen die Angehörigen der PKK der Ausnahmezustand besteht, geschildert und die Übersiedlung nach Istanbul konkret auf die dadurch bedingten nachteiligen wirtschaftlichen Lebensumstände zurückgeführt. Sie hat weder eine ihre Person betreffende konkrete politische Verfolgung noch Verfolgungshandlungen aufgrund ihrer kurdischen Volkszugehörigkeit erwähnt. Daß die im fremdenpolizeilichen Verfahren erwähnte Verurteilung ihres Vaters im Jahr 1995 lediglich "wegen seiner kurdischen Volkszugehörigkeit" erfolgt wäre, ergibt sich weder aus den Feststellungen der belangten Behörde noch aus dem Beschwerdevorbringen, geschweige denn aus den Angaben des Zeugen A S, wonach auch die Beschwerdeführerin die genauen Umstände der Verhaftung ihres Vaters nicht wisse. Wenn die Beschwerdeführerin aufgrund der Verurteilung ihres Vaters eine konkrete Verfolgung zu befürchten gehabt hätte, so hätte sie wohl einen derart markanten Umstand bei ihrer Einvernahme im Asylverfahren erwähnt. Tatsächlich hat sie aber dort weder die Inhaftierung ihres Vaters noch irgendeine politische Zusammenarbeit (etwa die vom Zeugen A S behaupteten Demonstrationen) erwähnt. Ihre Aussagen lassen vielmehr entgegen dem Beschwerdevorbringen keinerlei Anhaltspunkte für eine "Sippenhaftung" erkennen. Ebensowenig hat die Beschwerdeführerin Erwähnungen dahingehend gemacht, daß ihre Geschwister politisch tätig gewesen wären oder aber aufgrund der Verurteilung ihres Vaters in der Türkei Probleme gehabt hätten. Wenn daher die belangte Behörde auch der Aussage des Zeugen A S die Glaubwürdigkeit abgesprochen hat, weil dieser entgegen den Angaben der Beschwerdeführerin im Asylverfahren davon sprach, sie sei Drohungen von Seiten der Behörde ausgesetzt gewesen, weil sie mit ihrem Vater an Demonstrationen teilgenommen habe, und die Eltern und Geschwister der Beschwerdeführerin würden in Istanbul leben und dort von den Behörden gesucht werden, ist dies nicht unschlüssig. Abgesehen davon, daß von einer amtsbekannten "Sippenhaftung" in der Türkei keine Rede sein kann, stellt demgemäß die Beschwerdebehauptung, die Beschwerdeführerin sei
"daher durch die Anklage und Verurteilung meines Vaters in höchster Gefahr, ohne jedwedes Verfahren gefoltert, eingesperrt oder sonst wie menschenunwürdig behandelt zu werden", ein unsubstanziiertes Vorbringen dar. Nach dem zuvor Gesagten ist auch die in der Beschwerde weiters allgemein aufgestellte Behauptung, die Beschwerdeführerin habe bei ihrer Einvernahme vor der Asylbehörde die "Tragweite" der Verhaftung ihres Vaters nicht erkannt bzw. die Festnahme ihrer Bekannten nicht gewußt, nicht geeignet, die Beweiswürdigung der belangten Behörde maßgeblich zu erschüttern.
Die belangte Behörde hat somit die von der Beschwerdeführerin erst im fremdenpolizeilichen Verfahren erwähnte Gefährdung wegen einer ihr unterstellten Zugehörigkeit zu einer militanten kurdischen Partei bzw. infolge des in der Türkei verurteilten Vaters aufgrund einer unbedenklichen Beweiswürdigung nicht festgestellt. Da dieser Beweiswürdigung in der Beschwerde nicht substanziell entgegengetreten wird, kann die Auffassung im angefochtenen Bescheid, es bestünden keine stichhaltigen Gründe für die Annahme einer Gefährdung und/oder Bedrohung der Beschwerdeführerin in der Türkei im Sinne des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG, nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997210839.X00Im RIS seit
20.11.2000