TE Vwgh Erkenntnis 1998/2/27 96/21/0664

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Veröffentlicht am 27.02.1998
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §6 Abs2;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Robl,

Dr. Rosenmayr, Dr. Baur und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Oberdorfer, über die Beschwerde des SE (geboren am 10. April 1972), vertreten durch

Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 11. Juni 1996, Zl. Fr 1423/1-1995, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (belangte Behörde) vom 11. Juni 1996, mit welchem der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsbürger, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes (FrG) ausgewiesen wurde. Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid damit, daß der Beschwerdeführer am 2. Februar 1995 illegal und in einem LKW versteckt nach Österreich eingereist sei. Am 3. Februar 1995 habe er einen Asylantrag gestellt, der "rechtswirksam seit 3.4.1995" abgewiesen sei. Der Beschwerdeführer sei nicht im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1991 und halte sich seit seiner Einreise in das Bundesgebiet hier unrechtmäßig auf. Bei Fremden, die sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten, sehe das Gesetz die zwingende Ausweisung vor. Der unrechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers stelle vor allem im Hinblick auf das Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar. Die Erlassung einer Ausweisung sei in solchen Fällen gemäß § 19 FrG dringend geboten. Zwar habe der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 5. Juli 1995 der vom Beschwerdeführer gegen den im Instanzenzug ergangenen Bescheid betreffend die Abweisung seines Asylantrages erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung im Umfang der Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 zuerkannt. Dies habe allerdings nicht, wie vom Beschwerdeführer fälschlich vertreten, ohne weiteres zur Folge, daß dem Beschwerdeführer für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eine Aufenthaltsberechtigung zugekommen sei. Nur für den Fall, daß dem Beschwerdeführer eine solche Berechtigung bereits zugekommen sei, würde dieser Beschluß bewirken, daß er sie auch weiterhin habe. Selbst wenn man dem Beschwerdeführer zubilligen wollte, daß durch die Ausweisung auf eine im Sinne des § 19 FrG relevante Weise in sein Privat- und Familienleben eingegriffen würde, wäre für ihn nichts gewonnen, weil seine Ausweisung gemäß § 19 FrG zum Schutz der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens dringend geboten sei. Die Ausweisung bewirke jedoch keinen relevanten Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers, weil sich dieser erst kurz im Bundesgebiet aufhalte und (nur) seine Geschwister in Österreich lebten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.

Die belangte Behörde verwies auf die zum Beschwerdeverfahren Zl. 96/21/0663 bereits vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens und sah von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet die maßgebliche Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde nicht, daß er unrechtmäßig auf einem Lastwagen versteckt nach Österreich eingereist sei. Er bekämpft auch die Annahme der belangten Behörde nicht, daß er sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, weil er weder behauptet, im Besitz eines Sichtvermerkes, einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz oder sonst eines aufenthaltsrechtlichen Titels zu sein. Der Beschwerdeführer hat nach seiner Einreise zwar einen Asylantrag gestellt und gegen dessen rechtskräftige Abweisung eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, welcher zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides die aufschiebende Wirkung zuerkannt war. Zwar setzt sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid mit der Frage, ob dem Beschwerdeführer allenfalls eine - durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung seiner gegen die rechtskräftige Abweisung des Asylantrages gerichteten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof neuerdings in Wirksamkeit gesetzte - vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 des Asylgesetzes 1991 zukam, nicht auseinander. Auch der Beschwerdeführer behauptet dies jedoch nicht; er gibt insbesondere keinen Hinweis darauf, daß er gemäß § 6 des Asylgesetzes 1991 direkt aus einem Gebiet, wo sein Leben oder seine Freiheit im Sinne des Art. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention - seinen Behauptungen zufolge - bedroht war (Art. 31 Z. 1 der Konvention), oder direkt aus dem Staat, in dem Verfolgung befürchten zu müssen er behauptet (§ 6 Abs. 1 Asylgesetz 1991), nach Österreich eingereist sei; ferner ist der Beschwerde und dem Akteninhalt kein Anhaltspunkt für die Annahme zu entnehmen, der Beschwerdeführer hätte gemäß § 37 FrG wegen Vorliegens der dort genannten Gründe nicht in den Staat, aus dem er direkt einreiste, zurückgewiesen werden dürfen, und es wäre ihm die Einreise gestattet worden oder zu gestatten gewesen (§ 6 Abs. 2 zweiter Fall Asylgesetz 1991) - vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1997, Zl. 96/21/0210. Ein Anhaltspunkt für das Vorliegen eines derartigen Sachverhaltes ergibt sich auch für den Verwaltungsgerichtshof nicht. Der belangten Behörde ist daher kein Vorwurf dahingehend zu machen, daß sie von der Rechtswidrigkeit des Aufenthaltes des Beschwerdeführers ausging und daraus den rechtlichen Schluß zog, daß er gemäß § 17 Abs. 1 FrG auszuweisen sei.

Für rechtswidrig hält der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid im Hinblick darauf, daß es die belangte Behörde unterlassen habe, ihn zu seinem in Österreich bestehenden Privat- und Familienleben "niederschriftlich einzuvernehmen". Er habe nämlich am 23. Februar 1996 - somit nach Erlassung des Bescheides der Behörde erster Instanz vom 21. August 1995 - mit einer österreichischen Staatsbürgerin die Ehe geschlossen und sei zusammen mit seiner Ehegattin im Bundesgebiet ordnungsgemäß gemeldet. Die belangte Behörde habe es entgegen §§ 37 bis 55 AVG unterlassen, diesen Umstand festzustellen.

Mit diesem Vorbringen gelingt es dem Beschwerdeführer indes nicht, die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Selbst wenn man nämlich davon ausginge, daß der Umstand der Eheschließung des Beschwerdeführers mit einer österreichischen Staatsbürgerin und seine gemeinsame polizeiliche Meldung mit dieser die Ausweisung des Beschwerdeführers im Grunde des § 19 FrG als unzulässig erscheinen lassen würde, so wäre es doch dem Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren oblegen, die Behörde auf diesen Umstand hinzuweisen. Dem Verwaltungsgerichtshof bleibt es jedenfalls verwehrt, diesen Umstand bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides erstmals in Betracht zu ziehen (§ 41 VwGG). Die Beziehungen des - volljährigen - Beschwerdeführers, der sich zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides etwa eineinhalb Jahre - rechtswidrig - in Österreich aufhielt, zu seinen im Bundesgebiet lebenden Geschwistern reichen jedenfalls nicht aus, um seine Ausweisung im Sinne des § 19 FrG nicht als dringend geboten erscheinen zu lassen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der von der belangten Behörde auch im vorliegenden Beschwerdefall zu Zl. 96/21/0664 begehrte Kostenersatz für die Aktenvorlage war nicht zuzusprechen, weil die Verwaltungsakten bereits im Verfahren Zl. 96/21/0663 vorgelegt worden sind.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996210664.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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