Norm
§31 Abs1 iVm §32 Abs1 GlBGDiskriminierungsgrund
GeschlechtDiskriminierungstatbestand
Ungleichbehandlung von Männern durch unterschiedliche VergünstigungenText
GBK III/157/14
Senat III der Gleichbehandlungskommission
Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz
Der Senat III der Gleichbehandlungskommission (GBK) beim Bundesministerium für Bildung und Frauen gelangte am 11. Dezember 2014 über das am 11. September 2014 amtswegig eingeleitete Verfahren betreffend die Überprüfung einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, durch die Antragsgegnerin
X AG
gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 Gleichbehandlungsgesetz (in der Folge „GlBG“; idgF BGBl. I Nr. 107/2013) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz (BGBl. I Nr. 107/2013) iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO (idF BGBl. II Nr. 275/2013) zur Auffassung, dass
durch die Veranstaltung von „Damentagen“ durch die X AG eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, gemäß § 32 Abs. 1 GlBG nicht vorliegt.
Der Sachverhalt stellte sich im Wesentlichen wie folgt dar:
Laut diverser Werbesujets veranstaltet die Antragsgegnerin als Betreiberin von Casinos wöchentlich einen „Damentag“. Der Senat erlangte von folgender Ankündigung der Veranstaltung auf der Homepage der Antragsgegnerin Kenntnis:
„Kommen Sie am Damentag ins Casino … und gewinnen Sie …. Erleben Sie einen spannenden Abend mit Ihren Freundinnen – oder auch einfach in Begleitung Ihres Partners und nutzen Sie die Lady-Vorteile.
Für nur … Euro erhalten Sie Begrüßungsjetons im Wert von … Euro, ein Glas Sekt sowie je ein Gewinnticket für die Tages- und die Schlussverlosung. (…)
Liebe Damen aufgepasst! Je öfter Sie ins Casino kommen, desto mehr Tickets für die Schlussverlosung können Sie sammeln und desto größer ist somit Ihre Gewinnchance. (…) Die persönliche Anwesenheit des/der GewinnerIn bei der Verlosung ist erforderlich.“
Aufgrund dieser Umstände ergab sich für den Senat III der Gleichbehandlungskommission die Vermutung einer nach Geschlechtern differenzierten Preispolitik am „Damentag“. Mit Beschluss vom … leitete der Senat daher amtswegig ein Verfahren gegen die Antragsgegnerin wegen vermuteter Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 GlBG ein.
Von der Antragsgegnerin langte zu den Vorwürfen am … im Wesentlichen folgende Stellungnahme bei Senat III ein:
Die Antragsgegnerin veranstalte in Kooperation mit Sponsoren … „Damentage“, die bis … jeden Mittwoch in den Casinos stattfinden. Das damit beworbene „Damen-Package“ beinhalte die Möglichkeit, für Besucher und Besucherinnen des Casinos um einen Kaufpreis von € … Begrüßungsjetons im Wert von € …, einen Begrüßungsdrink und 2 Gewinnkarten mit der Chance auf einen Tages- bzw. Hauptpreis zu erwerben. Bei der Gestaltung der Teilnahmebedingungen zum „Damentag“ habe die Antragsgegnerin bewusst eine geschlechtsneutrale Formulierung gewählt, weil die Vorteile des „Damentages“ sowohl für Damen als auch für Herren gelten und in Anspruch genommen werden können. Eine Benachteiligung von männlichen Besuchern sei daher auszuschließen. Sollte ein Besucher des Casinos den Wunsch haben, das Damen-Paket zu erwerben, um an den zuvor genannten „Zusatzleistungen“ zu partizipieren, stehe ihm dies frei. Die Bezeichnung des Events als „Damentag“ sei dabei rein vom „Werbegedanken“ getragen. Zielsetzung der Antragsgegnerin sei es, mit besonderen Promotionspreisen (z.B. Schmuck, Shoppingreisen), Präsentationen von Kosmetikprodukten oder Modeschauen das Interesse der Besucherinnen zu wecken und einen Besuch im Casino für diese „spannender“ zu gestalten. Dies hindere jedoch männliche Besucher, die an den Promotionspreisen und den Zusatzangeboten des „Damentag-Packages“ interessiert seien, nicht daran, dasselbe zu erwerben. Als Pendant zu den „Damentagen“ veranstalte die Antragsgegnerin auch regelmäßig sogenannten „Herrenabende“, bei denen man mit z.B. Bier- und Zigarrenverkostungen primär männliche Besucher ansprechen wolle, ohne das jeweils andere Geschlecht von der Teilnahme auszuschließen. Im Ergebnis können daher sowohl Besucherinnen als auch Besucher das „Damen-“ bzw. „Herrenpaket“ mit den Zusatzleistungen unter den gleichen Voraussetzungen erwerben.
In der Sitzung der GBK am … wurde Herr Mag. Y als informierter Vertreter der Antragsgegnerin befragt und gab im Wesentlichen an:
In den 80er-Jahren habe man festgestellt, dass Damen in Casinos gegenüber dem Bevölkerungsschnitt unterrepräsentiert seien. Um das Verhältnis „auf die Waage“ zu bringen, habe die Antragsgegnerin daher in den 80er-Jahren den „Damentag“ eingeführt, der heute bundesweit in allen …Betrieben der Antragsgegnerin veranstaltet werde. Der „Damentag“ habe Wirkung gezeigt, denn heute liege der Anteil der Damen im Jahresschnitt bei 48 %, somit fast beim entsprechenden Bevölkerungsanteil. Trotzdem wolle er den „Damentag“ nicht abschaffen, denn der Mittwoch, an dem wöchentlich der „Damentag“ stattfinde, sei nach Freitag und Samstag der drittstärkste Besuchertag. Am „Damentag“ liege der Anteil der Damen bei 60 %. Die Teilnahmebedingungen seien im Laufe der Zeit natürlich adaptiert worden. Er sei seit sieben Jahren bei der Antragsgegnerin beschäftigt und könne nur für diesen Zeitraum sprechen. Eine unterschiedliche Preisgestaltung habe es aber nie gegeben.
Am Dienstag finde wöchentlich in vielen Casinos ein „Herrentag“ statt, nicht jedoch in sehr kleinen Casinos, weil sich die Promotionspreise, z.B. Uhren, dort ökonomisch nicht rentieren würden. Der Anteil der Herren liege am „Herrentag“ bei ca. 60 %.
Es gebe für Casinos per Bescheid keinen Eintritt. Das Angebot am „Damentag“ sei, dass man bei Bezahlung von € …,- Jetons im Wert von € …,- bzw. bei Bezahlung von € …,- Jetons im Wert von € …,- erhalte. Es gelte für Damen und Herren preislich das gleiche Angebot. Neben dem Jeton-Angebot gebe es am „Damentag“ Gewinnkarten für die Verlosungen der Promotionspreise. Damen bekämen die Teilnahmekarte gleich beim Bezahlen dazu, Herren nur auf Anfrage, weil letztere sie oft gleich wieder entsorgen, wenn es etwa um die Verlosung von Damenparfums gehe. Es sollte in der Praxis aber schon so sein, dass Herren an der Kassa aktiv gefragt werden, ob sie auch an der Verlosung teilnehmen möchten. Der Auftrag der Zentrale sei jedenfalls, geschlechtsneutral vorzugehen und auch die Männer aktiv zu fragen. Zusätzlich werden gelegentlich Sonderpräsentationen veranstaltet, z.B. Frisurenpräsentationen, Modeschauen, Verteilung von Kosmetika-Proben. Bierverkostungen, Zigarrenverkostungen etc. gebe es wiederum eher am „Herrentag“.
Der Modus der Ausspielung der Promotionspreise sei je nach der Größe eines Casinos und der Anzahl der Teilnehmer/-innen unterschiedlich. Ansonsten gebe es keine Unterschiede, es gebe überall dieselben Preise, die ca. drei Mal pro Jahr wechseln. Die Preise seien nicht geschlechtsspezifisch, z.B. bei Parfums und Kosmetikartikeln gebe es nur insofern Unterschiede, als dass der eine Duft eher Damen, der andere eher Männer anspreche.
Die Bezeichnung „Damentag“ sei als zielgruppenspezifische Werbung zu verstehen. An bestimmten Tagen stelle man dadurch die Dienstleistungen der Antragsgegnerin zielgruppenspezifisch in den Vordergrund. Das beziehe sich nicht nur auf die „Damentage“, sondern auch z.B. auf Angebote für Gäste, die noch nie im Casino waren. So gebe es etwa ein Service bzw. eine Dienstleistung, dass man z.B. an „Herrenabenden“ auch Preise für Herren oder Spielerklärungen für neue Gäste anbiete, wovon sich wiederum erfahrene Casinobesucher weniger angesprochen fühlen.
Aus Anlass des Verfahrens habe man gerne eine Klarstellung vorgenommen und aktiv folgenden Absatz auf der Homepage der Antragsgegnerin eingefügt: „Im Sinne der Gleichbehandlung der Geschlechter gelten die Angebote des Damentages selbstverständlich auch für Herren.“ Damit sei jetzt klargestellt, dass die Teilnahmebedingungen für beide Geschlechter gleichermaßen gelten, denn es werde im gesamten Unternehmen so gesehen, dass dieselben Leistungen unabhängig vom Geschlecht ausgelobt sein sollen.
Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hat folgenden Sachverhalt festgestellt:
Der Senat III hatte den Fall einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 GlBG zu prüfen, nämlich, ob Männer durch die Preisgestaltung am „Damentag“ beim Zugang zu Dienstleistungen der Antragsgegnerin aufgrund des Geschlechts eine weniger günstige Behandlung erfahren als Frauen.
Die relevanten Gesetzesstellen des hier zu behandelnden Gleichbehandlungsgesetzes (GlBG) bestimmen Folgendes:
§ 30. (1) Für das Merkmal des Geschlechts gelten die Bestimmungen dieses Abschnittes für Rechtsverhältnisse einschließlich deren Anbahnung und Begründung und für die Inanspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum, sofern dies in die unmittelbare Regelungskompetenz des Bundes fällt.
§ 31. (1) Auf Grund des Geschlechts oder der ethnischen Zugehörigkeit darf niemand unmittelbar oder mittelbar beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum, diskriminiert werden. Diskriminierungen von Frauen auf Grund von Schwangerschaft oder Mutterschaft sind unmittelbare Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts.
§ 32. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 31 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.
(1) Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 31 hat die betroffene Person Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.
(3) Insoweit sich im Streitfall die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 31 oder 35 beruft, hat er/sie diesen glaubhaft zu machen. Dem/der Beklagten obliegt es bei Berufung auf § 31 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 32 Abs. 2 oder des § 33 vorliegt. Bei Berufung auf § 35 obliegt es dem/der Antragsgegner/in zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die vom/von der Beklagten glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.
Unter der Bezeichnung „Damentag“ führt die Antragsgegnerin als Betreiberin von Casinos seit Jahren wöchentlich bundesweit in ihren … Betrieben Veranstaltungen durch, bei denen Gäste unabhängig vom Geschlecht zu einem ermäßigten Preis Jetons erwerben und an der Verlosung von Promotionspreisen teilnehmen können. Im Zeitraum von … bis … konnten Besucherinnen und Besucher … am „Damentag“ gegen Bezahlung von € …,- Jetons im Wert von € …,-, ein Begrüßungsgetränk und zwei Teilnahmekarten an der Verlosung von Promotionspreisen erwerben.
Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:
Der Senat III verneinte in seiner Sitzung vom … die Frage einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts beim Zugang zu Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, durch die Antragsgegnerin iSd § 32 Abs. 1 leg.cit.
Vom Vorliegen einer unmittelbaren Diskriminierung gemäß § 32 Abs. 1 leg.cit. ist auszugehen, wenn eine unterschiedliche Behandlung von Personen beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, in direktem oder ausdrücklichem Bezug auf das Geschlecht erfolgt.
Die Veranstaltung von Glücksspiel sowie die Verlosung von Promotionspreisen als Unterhaltungsprogramm im Rahmen eines Casinos sind als Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, im Sinne des § 30 leg.cit. zu qualifizieren.
Gemäß § 30 Abs. 3 Z 2 leg.cit. sind der Inhalt von Medien und Werbung zwar vom Geltungsbereich des GlBG ausgenommen. Die Ausnahme gilt aber nur für den Inhalt des Mediums und der Werbung selbst, nicht jedoch für die Beurteilung der Zulässigkeit der dort platzierten Angebote von Gütern und Dienstleistungen. Die tatsächliche Inanspruchnahme der Güter und Dienstleistungen ist daher diskriminierungsfrei und unabhängig vom Geschlecht zu ermöglichen. Ein Anwerben von KundInnen mit bestimmten geschlechtsbezogenen Werbemitteln ist somit grundsätzlich möglich. Der Faktor Geschlecht darf aber im Endeffekt nicht zu geschlechtsspezifischen Unterschieden beim einzelnen Gast – konkret zu nach dem Geschlecht unterschiedlichen Jeton-Angeboten und Teilnahmebedingungen – führen.
Die breitenwirksame Bewerbung der Veranstaltung als „Damentag“ und die Informationen auf der Homepage indizierten für den Senat zunächst, dass am „Damentag“ ausschließlich Frauen das ermäßigte Jeton-Angebot samt Teilnahmekarten an der Verlosung von Promotionspreisen erwerben können, während Männer dieses Angebot nicht in Anspruch nehmen können und daher gemäß § 32 Abs. 1 leg.cit. in einer vergleichbaren Situation gegenüber Frauen weniger günstig behandelt werden.
Der Antragsgegnerin ist es nach Ansicht des Senates III jedoch gelungen, den Vorwurf der Diskriminierung gemäß § 31 Abs. 1 leg.cit. zu entkräften. Die Antragsgegnerin konnte glaubhaft machen, dass Frauen und Männer die Dienstleistungen am „Damentag“ unabhängig vom Geschlecht gleichermaßen in Anspruch nehmen können. Damit liegt eine Benachteiligung bzw. „weniger günstige Behandlung“ als elementares Tatbestandselement nicht vor. Auch wenn die Bezeichnung einer Veranstaltung als „Damen-“ bzw. „Herrentag“ nicht mehr zeitgemäß erscheinen mag und sich primär Geschlechterstereotypen bedient, stellt die Bezeichnung für sich alleine noch keine Diskriminierung iSd GlBG dar.
Der Senat hat zur Kenntnis genommen, dass die Antragsgegnerin aus Anlass des Verfahrens Verbesserungen durchgeführt hat, um eine Klarstellung zu bewirken, dass das Angebot am „Damentag“ bzw. „Herrenabend“ ohne Unterschied für beide Geschlechter gleichermaßen gilt.
Der Senat III kam daher zur Auffassung, dass durch die Veranstaltung von Damentagen durch die Antragsgegnerin eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes in Form einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 Gleichbehandlungsgesetz nicht vorliegt.
Wien, im Dezember 2014
Mag. Robert Brunner
(Vorsitzender)
Zuletzt aktualisiert am
06.07.2020