Gbk 2019/10/17 GBK III/225/18

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Veröffentlicht am 17.10.2019
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Norm

§31 Abs1 iVm §32 Abs2 und 3 GlBG

Diskriminierungsgrund

Ethnische Zugehörigkeit

Diskriminierungstatbestand

Mittelbare Diskriminierung durch 3-jähriges Wohnsitzerfordernis zum Abschluss einer Haushaltsversicherung

Text

Senat III der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

GBK III/225/18

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission (GBK) beim Bundeskanzleramt gelangte am 17. Oktober 2019 über die am … eingelangte Mitteilung gemäß § 13 Abs. 1 GBK/GAW-Gesetz der Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied des Geschlechts oder der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen und der darauf folgenden amtswegigen Einleitung eines Verfahrens betreffend die Überprüfung einer mittelbaren Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen und einer Anweisung zur Diskriminierung, durch den Antragsgegner

X Versicherung

gemäß § 31 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 2 und § 32 Abs. 3 Gleichbehandlungsgesetz (in der Folge GlBG; idF BGBl. I Nr. 34/2015) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz (idF BGBl. I Nr. 107/2013) iVm § 11 Gleichbehandlungskommissions-GO (idF BGBl. II Nr. 275/2013) zur Auffassung, dass

1.) durch den Antragsgegner eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, vorliegt.

2.) durch den Antragsgegner eine Anweisung zur Diskriminierung nicht vorliegt.

Der Sachverhalt stellte sich laut Antrag im Wesentlichen wie folgt dar:

Ein anerkannter Flüchtling habe im Zuge seines Einzugs in eine neue Wohnung eine Haushaltsversicherung abschließen wollen und sich für die Suche nach passenden Angeboten einer Internet-Plattform bedient. Er habe als günstigsten Anbieter den Antragsgegner gewählt.

Am … habe der Betroffene eine Antwort der Plattform bekommen, dass sein Antrag vom Antragsgegner nicht angenommen worden sei, da dieser nur Anträge von Personen annehme, wenn diese mindestens drei Jahre einen aufrechten Wohnsitz in Österreich nachweisen könnten. Der Betroffene sei von dieser Zurückweisung enttäuscht gewesen und habe angenommen, dass diese in Zusammenhang mit seiner ethnischen Zugehörigkeit stehe.

Vom Antragsgegner langte zu den Vorwürfen am im Wesentlichen folgende Stellungnahme ein:

Es treffe zu, dass eine Haushaltsversicherung nur dann abgeschlossen werden könne, wenn der Antragsteller während der letzten drei Jahre seinen Hauptwohnsitz (im Sinne des Meldegesetzes) in Österreich gehabt habe.

Diese Regelung würde jedoch auf sämtliche Antragsteller, unabhängig von deren Herkunft, Staatsbürgerschaft, etc. und somit etwa auch auf sämtliche Österreicher und Österreicherinnen angewendet. Aufgrund dessen liege (wohl unbestrittener Weise) keine unmittelbare Diskriminierung vor. Aus folgenden Gründen liege jedoch auch keine mittelbare Diskriminierung vor:

Es verhalte sich zwar wohl so, dass in der Gesamtheit derjenigen Personen, die das Kriterium eines dreijährigen Hauptwohnsitzes vor Antragstellung in Österreich nicht erfüllen würden, die Gruppe derjenigen, die nicht Österreicher seien, größer als diejenige der Österreicher sein würde.

Der Antragsgegner sei jedoch äußerst darauf bedacht, sozialadäquate Tarife anzubieten und damit gerade auch Personen mit geringem Einkommen die Möglichkeit zu bieten, sich gegen finanzielle Risiken zu schützen. Dass dies gelungen sei, zeige sich bereits daran, dass auch im Antrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft ausgeführt sei, dass das Angebot des Antragsgegners das günstigste gewesen sei.

Diese moderate Prämiengestaltung sei jedoch nur dann möglich, wenn im Vorhinein sowohl das Risiko eines Prämienausfalls so weit als möglich minimiert, als auch das Risiko von Schadensfällen, in denen hohe Zahlungen zu leisten seien, so gering als möglich gehalten werden könne. In der bisherigen beigelegten Korrespondenz sowie auch im Antrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft sei hinsichtlich des Schadensrisikos bislang unberücksichtigt geblieben, dass sämtliche angebotenen Haushaltsversicherungen auch Haftpflicht- sowie Privathaftpflichtversicherungen beinhalten würden. Dies gelte insbesondere auch für die im gegenständlichen Fall gewünschte Versicherung.

Wie den vorgelegten Vertragsgrundlagen für diese Versicherung zu entnehmen sei, gliedere sich der „Abschnitt B – Haushaltsversicherung“ in die Punkte „I. Sachversicherung“, „II. Haftpflichtversicherung“, und „III. Allgemeine Bestimmungen“.

Im Rahmen der „Allgemeinen Haftpflichtversicherung“ sei der Antragsgegner jedoch nicht nur zur Deckung von Schäden die der Versicherungsnehmer selbst Dritten verursacht habe, sondern auch von solchen, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Versicherungsnehmer lebende Ehegatten oder Lebensgefährten, minderjährige Kinder oder Personen, die für den Versicherungsnehmer aus einem Arbeitsvertrag oder gefälligkeitshalber häusliche Arbeiten verrichten, Dritten zugefügt hätten. Ferner gelte diese auch für Schäden aufgrund von Gebäuden und Grundstücken. Darüber hinaus bestehe hier Versicherungsschutz nicht nur für Schadensereignisse, die sich in Österreich ereignet hätten, sondern auch für solche in Europa im geographischen Sinn, einem außereuropäischen Mittelmeeranlegerstaat sowie auf den Kanarischen Inseln, Madeira, den Azoren sowie Island.

Im Rahmen der Privathaftpflichtversicherung erweitere sich die Deckungspflicht gemäß den besonderen Bedingungen für die Haushaltsversicherung insofern, als Versicherungsschutz für Schadensereignisse auf der ganzen Erde bestehe. Weiters seien etwa auch Schäden an gemieteten Räumlichkeiten und darin befindlichem Inventar, die vom Versicherungsnehmer verursacht würden, gedeckt, sofern das Mietverhältnis nicht länger als einen Monat dauere. Darüber hinaus seien auch Schäden, die der Versicherungsnehmer Angehörigen, ausgenommen mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Verwandter, verursache, mitversichert.

Gerade die Abwicklung von Haftpflichtfällen, die sich im Ausland ereignen würden, sei jedoch mit erheblich höheren Kosten als im Inland verbunden. So seien zum einen erhöhte Ausgaben für die Ermittlung des Sachverhalts durch Zwischenschaltung von Korrespondenzversicherungs-und Schadensregulierungsanstalten zwecks bei Schaffung von Behördenprotokollen, Abwicklung der Schäden etc. sowie auch Kosten für die Übersetzung von Unterlagen zu berücksichtigen. Zum anderen seien auf fremde Rechtsordnungen sowie der Umstand zu beachten, dass in anderen Ländern, wie etwa insbesondere in den USA, eklatant höhere Schadenersatzbeträge als in Österreich oder der EU zugesprochen würden, was erhebliche Auswirkungen auf das Leistungsrisiko des Antragsgegners innerhalb der Höchstsumme im jeweiligen Schadensfall habe.

Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person, die nicht längere Zeit einen durchgehenden Wohnsitz in Österreich gehabt habe, häufiger als eine solche, die dieses Kriterium erfülle, im Ausland aufhältig sei, sei jedoch definitiv größer, sodass durch den Abschluss von Versicherungsverträgen mit derartigen Personen auch das Risiko entsprechend höher und eine sozialadäquate Prämiengestaltung nicht mehr möglich wäre. Ein weiterer Grund für die vom Antragsgegner gewählte Vorgangsweise sei auch, dass die Einbringlichmachung der Versicherungsprämien im Interesse der Versichertengemeinschaft so weit als möglich sichergestellt werden solle. Das Argument der Gleichbehandlungsanwältin, dass bei fehlender Prämienzahlung auch keine Leistung zu erbringen wäre, greife diesbezüglich zu kurz.

So könne nicht übersehen werden, dass gerade bei bzw. unmittelbar nach Abschluss des Versicherungsvertrages für den Antragsgegner durch Anlegen des neuen Versicherungsvertrages samt entsprechenden Daten, Polizzierung, etc. der höchste Aufwand bzw. die höchsten Kosten auflaufen würden. Nach dieser Anfangsphase würden nur dann relevante Kosten auftreten, wenn sich tatsächlich ein Schadensfall ereignen würde. Würde nun aber bereits die erste Prämie nicht bezahlt bzw. würden nur einige wenige Prämien geleistet, so seien die „regulären“ Kosten, die dem Antragsgegner aus einem solchen Vertrag erwachsen würden, nahezu so hoch wie diejenigen, die sich bei einer mehrjährigen, komplikationslosen Vertragsdauer ergeben würden. Im Hinblick auf diese Anlaufkosten würde der Antragsgegner seine Haushaltsversicherung auch nur über eine längere Vertragslaufzeit anbieten, damit ein größerer Zeitraum zur Verfügung stehe, in dem sich die Kosten amortisieren und somit auch Versicherungen zu geringeren Preisen angeboten werden könnten.

Dazu komme, dass im Falle des Prämienverzuges auch Mahnschritte zu setzen seien und für den Fall, dass eine außergerichtliche Bereinigung nicht möglich sei, auch gerichtliche Schritte gesetzt werden müssten, was wiederum mit erhöhtem Personalaufwand sowie Kosten in Form von Pauschalgebühren, Anwaltskosten etc. verbunden sei. Würden demnach nur einige wenige Prämien beglichen und könnten die restlichen nicht einbringlich gemacht werden (sei es, weil der Versicherungsnehmer ins Ausland verzogen sei oder bei diesem nichts einbringlich gemacht werden könne), sei es dem Antragsgegner natürlich nicht möglich, die „Anlaufkosten“ aus Prämieneinkünften abzudecken.

Während es dann, wenn sich der Prämienschuldner in Österreich aufhalte, immer wieder gelinge, die Prämien durch fortgesetzte gerichtliche Schritte doch noch einbringlich zu machen, würden ausständige Forderungen dann, wenn die Schuldner ins Ausland verziehen würden, regelmäßig als uneinbringlich ausgebucht werden müssen. Dies deshalb, da dem Antragsgegner letztlich dann nur die Information zur Verfügung stehe, dass der Schuldner in Österreich nicht gemeldet sei, nicht jedoch diejenige, wohin er verzogen sei. In mehreren Ländern gewissermaßen auf Verdacht getätigte Meldeanfragen in der Hoffnung, dass der Schuldner vielleicht dort aufhältig sei, durchzuführen, verursachten jedoch erhebliche, vielfach uneinbringlich zusätzliche Kosten, die letztlich wiederum von der Gemeinschaft der Versicherten zu tragen seien. Darüber hinaus sei selbst dann, wenn Prämienschuldner im Ausland ausfindig gemacht werden können, ein österreichischer Exekutionstitel im Ausland entweder nicht oder nur nach vorheriger Ausstellung einer Amtsbestätigung, Anerkennung der Vollstreckbarkeit oder dergleichen vollstreckbar. Auch diese Schritte seien wiederum mit zusätzlichen Kosten verbunden. Wenn aber jemand nicht einmal drei Jahre seinen Aufenthalt in Österreich gehabt habe, sei die Wahrscheinlichkeit, dass er Österreich aufgrund fehlender sozialer Bindung verlasse wohl größer als bei einer Person, die bereits längere Zeit in Österreich wohnhaft sei.

Eine eingehende individuelle Prüfung jedes potentiellen Versicherungsnehmers, für den noch keine Daten in einer Auskunftei vorlägen, sei weder logistisch, noch mit wirtschaftlich vertretbaren Mitteln möglich. Vielmehr hätte dies zur Folge, dass ein erheblicher Teil der Prämien, die von einem Großteil der Versicherungsnehmer aufgebracht würden, für die Prüfung von Vertragsabschlüssen mit einem verhältnismäßig geringen Teil der Versichertengemeinschaft aufgewendet werden müsse. In diesem Zusammenhang könne auch nicht übersehen werden, dass sämtliche Versicherungsunternehmen Österreichs die von Ihnen angebotenen Haushaltsversicherung stets nur in Kombination mit Haftpflichtversicherungen anbieten würden und allesamt zumindest ähnliche bzw. größtenteils noch deutlich weitergehende Beschränkungen beim Abschluss von Versicherungsverträgen pflegen würden.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt sei auch, dass die Überprüfung der Bonität potentieller Versicherungsnehmer nur dann möglich sei, wenn Auskunfteien über entsprechende Daten der potentiellen Versicherungsnehmer verfügen würden. Die von diesen zur Verfügung gestellten Daten würden aus sogenannten „lebenden Datenbanken“ stammen. Bis eine einmal gesammelte Information Eingang in eine solche Datenbank finde, dauere es bereits mindestens sechs Monate, sodass erfahrungsgemäß erst ab einem Zeitraum von drei Jahren aussagekräftige Daten, anhand derer die Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls für die nächsten zwölf Monate prognostiziert werden könne, vorliegen würden.

Aus den oben dargelegten Gründen sei das vom Antragsgegner herangezogene Kriterium sachlich gerechtfertigt. Ferner könne auch nicht übersehen werden, dass es zur Erreichung der oben angeführten Ziele erforderlich sei, allgemeine Kriterien, deren Vorliegen relativ einfach überprüft werden könne, heranzuziehen, da eine Einzelfallprüfung aufgrund erhöhter Bearbeitungszeit bzw. Personalkosten wiederum erhebliche Kostensteigerungen, die sich negativ auf die Prämienhöhe und somit die Versichertengemeinschaft auswirken würde, zur Folge hätten. Somit sei dieses Kriterium auch im Interesse des Schutzes der Versichertengemeinschaft, der gegenüber der Antragsgegner verpflichtet sei, gerechtfertigt. Darüber hinaus sei es in Ermangelung gangbarer Alternativen auch verhältnismäßig.

In der ergänzenden Stellungnahme vom … führte der Antragsgegner im Wesentlichen folgendes aus:

Der Antragsgegner dürfe nur in Österreich tätig sein bzw. nur Risiken im Zusammenhang mit österreichischen Interessen versichern. § 7 Abs. 1 VAG bestimme zwar, dass die Konzession eines Versicherungsunternehmens grundsätzlich für das Gebiet aller Mitgliedstaaten des EWR-Raums gelte. Voraussetzung dafür, dass eine österreichische Versicherung tatsächlich außerhalb von Österreich tätig werden könne, sei jedoch, dass entweder eine Zweigniederlassung im Sinne des § 21 VAG gegründet oder aber die Tätigkeit im Wege der Dienstleistungsfreiheit gemäß § 23 VAG aufgenommen würde. Für Letzteres sei das in der zuletzt genannten Bestimmung geregelte Anmeldeverfahren erforderlich. In beiden Fällen habe die FMA als Aufsichtsbehörde zu prüfen, ob die in den genannten Bestimmungen vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllt seien. Der Antragsgegner habe jedoch weder eine Zweigniederlassung gegründet, noch eine Anmeldung im Sinne des § 23 VAG vorgenommen und beabsichtige dies auch nicht.

In der Sitzung des Senates III der Gleichbehandlungskommission am … und … wurden der Vertreter des Antragsgegners, Herr Y, als Auskunftsperson Herr A und als Fachexperte Herr Dr. Ludwig Pfleger befragt:

Der Vertreter des Antragsgegners erläuterte in seiner Befragung … im Wesentlichen, dass der Antragsgegner nur deswegen günstig die Versicherung anbieten könne, weil sie im Vorfeld im Rahmen der Vertragsfreiheit überprüfen würden, ob sie es mit einem Kunden zu tun hätten, der eine ausreichende Bonität habe. Eine Bonitätsabfrage könne aber erst gemacht werden, wenn es eine gewisse Aufenthaltsdauer in Österreich gebe. Es sei irrelevant, wo der Kunde herkomme. Es würde auch bei einem Schweizer, der nach Österreich ziehe, die Bonität abgefragt werden. Auch er müsse das dreijährige Wohnsitzerfordernis erfüllen. Auch wenn ein Österreicher länger im Ausland gewesen und hier nicht gemeldet gewesen sei in den letzten drei Jahren, würde ihm kein Vertrag verkauft werden. Es gehe nicht um die Staatszugehörigkeit oder Volksgruppenzugehörigkeit, es gehe einfach darum, dass die Voraussetzung eine dreijährige Meldung in Österreich sei.

In Vorbereitung dieser Sache habe der Befragte versucht eine Bonitätsauskunft für den konkreten Antragsteller einzuholen. Der Antrag sei im Frühjahr 2017 gestellt worden und auch nach anderthalb Jahren gebe es noch keine Bonitätsauskunft. Es müsse demnach ein gewisser Beobachtungszeitraum vorhanden sein, nämlich mindestens sechs Monate aufwärts, eher ein Jahr und mehr. Man kenne leider keine Möglichkeit, wie die Bonität besser sicherzustellen sei.

Auch dürfe der Antragsgegner gemäß der Konzession der Finanzmarktaufsicht nur österreichisches Risiko versichern.

Das Problem sei auch, wenn sich ein Kunde im Ausland befinde. Es sei schwierig Bonitätsabfragen zu machen und Schäden zu beurteilen. Es würden Protokolle in beglaubigter Abschrift benötigt und man müsse Schadensermittler im Ausland einsetzen. Auch würden ausländische Akten beigeschafft werden müssen. Dies sei alles sehr schwierig. Insbesondere in Hinblick auf die Privathaftpflichtversicherung.

Keine Probleme hinsichtlich dieser Regelung sehe der Vertreter des Antragsgegners mit dem Unionsrecht. Es würde nicht auf die Staatsbürgerschaft Bezug genommen oder auf irgendeine Ethnie, sondern nur auf das Erfordernis eines gemeldeten Wohnsitzes. Ein EU Wohnsitz sei aber nicht ausreichend, weil der Antragsgegner aus der EU keine Daten bekommen würde. Der Aufwand, beispielsweise aus Spanien oder Italien Melde- oder Bonitätsauskünfte einzuholen wäre zu groß.

Es sei hier ein sehr günstiger Tarif, der auch als günstigste Anbieter herausgekommen sei. D. h., es müsse ja irgendwo dieser Tarif möglich werden, indem das Prämienaufkommen sichergestellt werden müsse. Personen, die jetzt drei Jahre nicht in Österreich gewesen seien, seien wahrscheinlich auch eher geneigt, sich durch ihre Bindungen im Ausland wieder öfter im Ausland aufzuhalten. Man brauche daher ein Kriterium, das relativ leicht handhabbar sei. Es könne nicht jeder Versicherungsnehmer individuell beurteilt werden. Dies würde einen Aufwand nach sich ziehen, sodass auch die Prämien entsprechend in die Höhe schnellen würden und man einkommensschwachen Versicherungsnehmern keine Versicherung mehr anbieten könnte.

Auch würden sich die Kosten der Versicherung nicht nur auf die Vertragserrichtungsgebühren beschränken, da die Antragsgegnerin zur vorläufigen Deckung verpflichtet sei. Sollte es am nächsten Tag nach Vertragsabschluss in der Wohnung brennen, würde der Antragsgegner schon leisten und sei in der Deckungspflicht. Die Deckungspflicht ende erst dann, wenn keine Zahlung geleistet würde. Wobei aber der ganze Aufwand für den Antragsgegner schon entstanden sei.

Der Antragsgegner verwende Daten der Kreditauskunftei CRIF seit etwa fünf Jahren. CRIF verwende ein Ampelsystem und vergebe Punkte, aus denen man die Bonität einer Person herauslesen könne. Bei nach Österreich hinzugezogenen Personen würde es eine gewisse Zeit dauern, in etwa drei Jahre, bis eine CRIF Abfrage überhaupt möglich sei. Daher verlange der Antragsgegner das dreijährige Wohnsitzerfordernis. Aus dem Umstand, dass es im CRIF keine Daten gebe, könne jedoch nicht wirklich etwas abgeleitet werden. Man habe dann eben keine Bonitätsdaten.

Nicht vorhandene Bonitätsdaten und ein unter dreijähriger Wohnsitz würden beide zur Verweigerung der Annahme des Versicherungsnehmers führen. Alle Personen, die nach Österreich zuziehen würden, würden diese Qualifikation tendenziell schwerer erreichen, als jemand, der sein ganzes Leben in Österreich verbracht habe. Aber der Antragsgegner würde die Bonitätsabfrage brauchen, dass er das Risiko bewerten und abschätzen könne.

Es würden daher sachliche Gründe für das dreijährige Wohnsitzerfordernis sprechen und es sei auch das gelindeste Mittel. Der Antragsgegner wolle ja nur sicherstellen, dass auch die Prämien hereinkommen würden. Es würde den Antragsgegner keine Gruppe interessieren, und von wem die Prämie kommt sei auch völlig egal. Dieses System sei einfach durchzuführen, weil eine Meldeabfrage einfach durchzuführen sei. Auch sei sie billiger als die CRIF Abfrage, da diese im Centbereich und die CRIF Abfrage im Eurobereich liege.

Herr A erläuterte in seiner Befragung … im Wesentlichen, dass er in einer Beratungsstelle für geflüchtete Menschen arbeite. Die Beratungsstelle unterstütze zu allen Fragen des Themas Wohnen und da spiele natürlich die Haushaltsversicherung eine Rolle. In Österreich sei es üblicherweise wichtig, eine Haushaltsversicherung abzuschließen. Teilweise würden Mieter sogar verpflichtet eine Haushaltsversicherung abzuschließen und sei dies auch nicht verhandelbar. Dies geschehe über das Internetportal „Durchblicker.at“. Man würde die wesentlichen Eckpunkte der Wohnung eingeben und das Portal würde alle Versicherungen auflisten, die alle Kriterien erfüllen würden. Die billigste Versicherung würde zuerst angegeben.

Im Anlassfall, welcher sie angehalten habe die Gleichbehandlungsanwaltschaft zu kontaktieren, aber auch in anderen Fällen, entspreche der Antragsgegner den Kriterien und sei auch am günstigsten. Nicht nur in diesem Fall ist es zur Rückmeldung gekommen, dass der Aufenthalt in Österreich nachgewiesen werden müsse. Wenn dieser weniger als drei Jahre betrage, sage die Versicherung, dass sie nicht abschließen könne. Ihrer Erfahrung nach stellte sich dieses Thema nur beim Antragsgegner.

Die Beratungsstelle habe dann aufgehört den Antragsgegner zu probieren. Bei anderen Versicherungen sei es aber gelungen eine Versicherung abzuschließen. Bei diesen Versicherungen würde auch nicht nach einem Aufenthalt gefragt. Der Befragte würde nicht sagen, dass diese Versicherungen teurer sind. Es seien 5-6 Versicherungsanbieter in einer Spannweite von fünf Euro.

Der Finanzmarktaufsicht wurde … ein Schreiben mit einer anonymisierten Darstellung des Anlassfalles mit der Bitte um Entsendung eines Fachexperten übermittelt.

Am … wurde der vom Senat hinzugezogene Fachexperte der Finanzmarktaufsicht, Herr Dr. Ludwig Pfleger, befragt:

Das Versicherungsunternehmen benötige eine Konzession des Landes, in dem das Risiko gelegen sei. Dieser Grundsatz gelte bei Immobilien, zu dem auch der „Haushalt“ zähle. Liege das Risiko in Österreich, sprich, der Haushalt liege in Österreich, dann genüge es, wenn das Versicherungsunternehmen eine österreichische Konzession habe, um das Risiko versichern zu dürfen.

Grundsätzlich gebe es keine Vorschrift und keine Aufsichtsnorm, die anordne, dass man einen mindestens einjährigen, zweijährigen oder dreijährigen Wohnsitz haben müsse, um haushaltsversichert zu werden.

Personenversicherungen würden die Risikobelegenheit an den gewöhnlichen Aufenthalt der natürlichen Person anknüpfen. Beim gewöhnlichen Aufenthalt gehe es um die Prüfung, ob der Versicherungsnehmer den Mittelpunkt seiner Interessen und momentanen Schwerpunkt im jeweiligen Land habe. Also, ob sie sich als Person die überwiegende Zeit Österreich aufhalten würden. Es sei logischerweise davon auszugehen, dass man bei einem gewöhnlichen Aufenthalt einen Wohnsitz habe. Dies gelte auch, wenn jemand zum ersten Mal nach Österreich komme und am Tag seiner Ankunft eine Haftpflichtversicherung abschließen wolle. Dies begründe schon die Absicht des gewöhnlichen Aufenthalts. Die Meldung bei der Wohnsitzgemeinde gelte dafür als Indiz. Bei der Haushaltsversicherung stelle sich dieses Problem jedoch nicht, da sie ja an den Haushalt bzw. an die Örtlichkeit anknüpfe und somit das versicherte Risiko in Österreich gelegen sei.

Zur Frage der Bonität und der Bonitätsprüfung gebe es im Aufsichtsrecht keine harte Vorschrift, die etwas anordnen würde. Die Finanzaufsicht unterstelle grundsätzlich, dass Versicherungsunternehmen ihr Geschäft so betreiben müssten, dass sie natürlich Gewinne erzielen und das Risiko in der Risikogemeinschaft ausgleichen würden. Es gelte die Privatautonomie und es bleibe natürlich jedem Versicherungsunternehmen überlassen, wie und ob es bei welchen Verträgen in welchem Ausmaß oder welchen Kreditausfallsrisiko, eine Bonitätsprüfung mache. Um sicherzustellen, dass man im Portfolio möglichst viele Versicherungsnehmer habe, die auch in der Lage seien, die Prämien laufend zu bezahlen. Vorgaben, wie ein Unternehmen kalkulieren müsse, gebe es jedoch nicht.

Bei Haushaltsversicherungen sei das Ausfallsrisiko nicht dramatisch hoch bzw. lasse es das Versicherungsvertragsrecht zu, dass unter Einhaltung bestimmter Fristen, man sich von einem Kunden auch wieder trennen könne.

Der Befragte sei im behördlichen Versicherungsaufsichtsbereich tätig. Ihm sei keine Beschwerde in diese Richtung bekannt, dass es irgendein Problem mit dem Abschluss einer Haushaltsversicherung aufgrund eines mehrjährigen Wohnsitzerfordernisses gegeben habe.

Die Bonität des Versicherungsnehmers könne auch alternativ geprüft werden. Es gebe Auskunftsstellen für Private, wo Informationen gesammelt würden. Ob der Versicherungsnehmer seine Zahlungsverpflichtungen erfülle oder nicht - diese Informationen seien am Markt verfügbar. Diese seien jedoch klassisch für Sachverhalte gedacht, in denen ein relativ hohes Kreditausfallsrisiko herrsche.

Das Ausfallrisiko bei einer Haushaltsversicherung könne als gering eingeschätzt werden bzw. gebe es natürlich Alternativen. Das Versicherungsunternehmen könne verlangen, dass zum Beispiel die Jahresprämie im Vorhinein gezahlt werden müsse. Auch sei die Tatsache zu beachten, dass nach Versicherungsvertragsrecht man sich von seinem Vertragspartner nach einem Jahr trennen bzw. unter bestimmten Voraussetzungen bei Schadensfällen den Versicherungsvertrag kündigen könne.

Zur Frage, ob die Voraussetzung eines mehrjährigen Wohnsitzes branchenüblich sei, habe der Befragte kein Wissen. Die Einholung einer Bonitätsauskunft sei aufsichtsrechtlich aber keine zwingende Vorgabe. Das bleibe dem Unternehmen überlassen.

Ob von der Haftpflichtversicherung auch Urlaubsreisen umfasst seien, hänge ganz vom Versicherungsvertrag ab. Reisen könne man zulässigerweise mitdecken. Bei einer Haushaltsversicherung sei aber in der Regel keine Reiseversicherung dabei.

Die Haftpflichtkomponente sei unterschiedlich gestaltet. Es könne sein, dass sie auf das Inland beschränkt sei, dass Reisen dabei seien und es könne sein, dass teilweise Deckungszusagen auch für vorübergehende Auslandsaufenthalte vorlägen. Theoretisch sei man hierbei in der Vertragsgestaltung offen und könne auch das Risiko für die Haftpflichtversicherung auf Österreich begrenzen. Weiters gebe es keinen Kontrahierungszwang und das Versicherungsunternehmen könne die Vergabe einer Haftpflichtversicherung an eine Person auch ablehnen.

Auch sehe das Versicherungsvertragsgesetz Schritte vor, die das Versicherungsunternehmen ergreifen könne und müsse, wenn jemand einer Prämienzahlungsverpflichtung nicht nachkomme. Insbesondere sei in diesem Fall auch die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens nicht mehr gegeben.

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

Der Senat III hatte den Fall einer mittelbaren Diskriminierung gemäß § 32 Abs. 2 leg.cit. zu prüfen, nämlich, ob durch die Voraussetzung, dass eine Haushaltsversicherung bei der Antragsgegnerin nur dann abgeschlossen werden kann, wenn der/die Antragsteller/in während der letzten drei Jahre seinen/ihren Hauptwohnsitz in Österreich hatte, eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes durch eine mittelbare Diskriminierung auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit vorliegt oder diese Voraussetzung einem Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 32 Abs. 2 zugänglich ist.

Die relevanten Gesetzesstellen des hier anzuwendenden Gleichbehandlungsgesetzes (GlBG) bestimmen Folgendes:

§ 30. (2) Für das Merkmal der ethnischen Zugehörigkeit gelten die Bestimmungen dieses Abschnittes für Rechtsverhältnisse einschließlich deren Anbahnung und Begründung und für die Inanspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum, sowie für Rechtsverhältnisse einschließlich deren Anbahnung und Begründung und für die Inanspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses

1.       beim Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste,

         2.       bei sozialen Vergünstigungen,

         3.       bei der Bildung,

sofern dies in die unmittelbare Regelungskompetenz des Bundes fällt.

§ 31. (1) Auf Grund des Geschlechts oder der ethnischen Zugehörigkeit darf niemand unmittelbar oder mittelbar beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum, diskriminiert werden. Diskriminierungen von Frauen auf Grund von Schwangerschaft oder Mutterschaft sind unmittelbare Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts.

§ 32. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 31 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen eines Geschlechts oder Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.

§ 38.

(1) Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 31 hat die betroffene Person Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.

(3) Insoweit sich im Streitfall die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 31 oder 35 beruft, hat er/sie diesen glaubhaft zu machen. Dem/der Beklagten obliegt es bei Berufung auf § 31 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 32 Abs. 2 oder des § 33 vorliegt. Bei Berufung auf § 35 obliegt es dem/der Beklagten zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die vom/von der Beklagten glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

Unstrittig ist, dass wie im Antrag vom … ausgeführt und in der Stellungnahme des Antragsgegners vom … bestätigt, eine Haushaltsversicherung (inkl. Haftpflicht- sowie Privathaftpflichtversicherungen) nur dann abgeschlossen werden kann, wenn der/die Antragsteller/in während der letzten drei Jahre seinen/ihren Hauptwohnsitz in Österreich hatte.

Der Antragsgegner gesteht zu, dass in der Gesamtheit derjenigen Personen, die das Kriterium eines dreijährigen Hauptwohnsitzes vor Antragstellung in Österreich nicht erfüllen würden, die Gruppe derjenigen, die nicht Österreicher seien, größer als diejenige der Österreicher sein würde.

Der Antragsgegner sei jedoch darauf bedacht, sozialadäquate Tarife anzubieten und damit gerade auch Personen mit geringem Einkommen die Möglichkeit zu bieten, sich gegen finanzielle Risiken zu schützen. Diese moderate Prämiengestaltung sei jedoch nur dann möglich, wenn im Vorhinein sowohl das Risiko eines Prämienausfalls so weit als möglich minimiert, als auch das Risiko von Schadensfällen, in denen hohe Zahlungen zu leisten seien, so gering als möglich gehalten werden könne.

Weiters argumentiert der Antragsgegner, dass die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person, die nicht längere Zeit einen durchgehenden Wohnsitz in Österreich gehabt habe, häufiger als eine solche, die dieses Kriterium erfülle, im Ausland aufhältig sei, sodass durch den Abschluss von Versicherungsverträgen mit derartigen Personen auch das Risiko entsprechend höher und eine sozialadäquate Prämiengestaltung nicht mehr möglich wäre. Auch sei die Wahrscheinlichkeit - wenn jemand nicht einmal drei Jahre seinen Aufenthalt in Österreich gehabt habe - höher, dass er Österreich aufgrund fehlender sozialer Bindung verlasse, als bei einer Person, die bereits längere Zeit in Österreich wohnhaft sei.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt sei auch, dass die Überprüfung der Bonität potentieller Versicherungsnehmer nur dann möglich sei, wenn Auskunfteien über entsprechende Daten der potentiellen Versicherungsnehmer verfügen würden. Bis eine einmal gesammelte Information Eingang in eine solche Datenbank finde, dauere es mindestens sechs Monate, sodass erfahrungsgemäß erst ab einem Zeitraum von drei Jahren aussagekräftige Daten, anhand derer die Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls für die nächsten zwölf Monate prognostiziert werden könne, vorliegen würden. Eine eingehende individuelle Prüfung jedes potentiellen Versicherungsnehmers, für den noch keine Daten in einer Auskunftei vorlägen, sei weder logistisch, noch mit wirtschaftlich vertretbaren Mitteln möglich.

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:

Der Senat III bejahte in seiner Sitzung vom 17. Oktober 2019 die Frage einer mittelbaren Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit durch den Antragsgegner gemäß § 32 Abs. 2 leg.cit. Der Vorwurf der Anweisung zur Diskriminierung gemäß § 32 Abs. 3 leg.cit. wurde verneint.

Bei der durch den Antragsgegner angebotenen Versicherungsleistung handelt es sich um eine Dienstleistung iSd § 30 GlBG und fällt daher in den Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgesetzes.

Vom Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung gemäß § 32 Abs. 2 leg.cit. ist auszugehen, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen eines Geschlechts oder Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.

Bei der Anforderung, dass eine Person während der letzten drei Jahre ihren Hauptwohnsitz im Sinne des Meldegesetzes in Österreich haben muss, handelt es sich um ein neutrales Kriterium. Personen, egal welcher ethnischen Zugehörigkeit können dieses grundsätzlich erfüllen. Es sind von dieser Regelung jedoch Menschen, die nicht Österreicherlnnen sind, verhältnismäßig häufiger betroffen, da Österreicherlnnen in der Regel während der letzten drei Jahre in Österreich gemeldet waren. Personen anderer ethnischer Zugehörigkeit leben häufiger erst seit kürzerer Zeit in Österreich. Es werden also Personen, die nicht Österreicherinnen sind, von dieser Regelung in besonderer Weise benachteiligt, da sie die Voraussetzungen für einen Vertragsabschluss häufiger nicht erfüllen können.

In Fällen von mittelbaren Benachteiligungen ist zu prüfen, ob diese durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Ausnahmen vom Diskriminierungsverbot sind stets eng auszulegen, da das Ziel der RL 2000/43/EG eine diskriminierungsfreie Gesellschaft zu ermöglichen, ansonsten nicht erreicht würde.

Laut Stellungnahmen des Antragsgegners und dessen informierten Vertretern gründet sich diese Regelung auf die Vermeidung unregelmäßiger oder ausbleibender Prämien sowie daraus resultierender kostenintensiver Mahn- und Klagsverfahren. Auch würden dadurch die Risiken eines Schadensfalles so gering als möglich gehalten. Diese Vorgehensweise und die dadurch erzielten Einsparungen würden dem Antragsgegner die Möglichkeit eröffnen, „sozialadäquate Tarife“ anzubieten.

Nach Ansicht des Senates geht der Antragsgegner aber unbewiesenermaßen davon aus, dass ein direkter Zusammenhang zwischen einem mindestens dreijährigen Wohnsitz in Österreich und der Zahlungsmoral bzw. dem Schadensrisiko der Versicherungsnehmerlnnen besteht. Der Antragsgegner stellt diesen Zusammenhang zwischen vorangegangener Mobilität und zukünftigem Risiko für den Versicherungsverein als Tatsache auf Grund von Erfahrungswerten hin ohne Nachweise dafür zu liefern.

Ebenso wenig kann sich der Senat dem Argument anschließen, dass eine Person, welche nicht längere Zeit einen durchgehenden Wohnsitz in Österreich gehabt hat, ein höheres Leistungsrisiko durch im Ausland gelegene Privathaftpflichtfälle darstellt.

Ein weiteres Argument des Antragsgegners ist, dass keine Bonitäts- oder Zahlungserfahrung über Kundenlnnen‚ die während der letzten drei Jahre nicht im Inland wohnten, vorliege. Abgesehen davon, dass das gleiche Problem wohl auch bei jungen Neukunden und Neukundinnen besteht, kann dadurch eine sachliche Rechtfertigung der Komplettverweigerung der Dienstleistung nicht begründet werden.

Damit von einem sachlich gerechtfertigten Ziel ausgegangen werden kann, hätte der Antragsgegner sowohl den Konnex zwischen dem vorangegangenen Wohnsitz im Ausland und vermehrten Zahlungsausfällen nachweisen müssen sowie, dass daraus eine gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die Risikogemeinschaft resultiert. Der Versicherungsverein hätte belegen müssen, dass die effektiven Prämieneinnahmen von Personen, die ihren Wohnsitz im Ausland hatten, die Ausgaben für diese übersteigen. Und selbst wenn dieser Zusammenhang tatsächlich bestünde, ist zu bedenken, dass der EuGH in seiner bisherigen Rechtsprechung finanzielle Belastungen oder wirtschaftliche Gründe als Rechtfertigung von Diskriminierungen abgelehnt hat.

Der Senat kommt auf Grund der angeführten Argumente zu dem Schluss, dass das Kriterium zur Erlangung einer Haushaltsversicherung, während der letzten 3 Jahre in Österreich einen Hautwohnsitz gehabt zu haben, sachlich nicht gerechtfertigt ist. Somit ist die Angemessenheit und Erforderlichkeit nicht zu prüfen. Auch besteht keine gesetzliche Vorgabe, das 3-jährige Wohnsitzerfordernis als Voraussetzung der Vergabe einer Haushaltsversicherung zugrunde legen zu müssen.

Festzuhalten ist, dass das vom Antragsgegner gewählte Kriterium zwingend ist und die Betroffenen dadurch keinerlei Möglichkeit haben, eine Haushaltsversicherung beim Antragsgegner abzuschließen. Um die in wirtschaftlicher Hinsicht verständlichen Argumente des Antragsgegners zu erfüllen, existieren darüber hinaus weniger drastische Maßnahmen, wie z.B. das Verlangen von Prämienvorauszahlungen und/oder vertragliche Einschränkungen des Leistungsbereichs.

Der Senat III kam daher zur Auffassung, dass durch den Antragsgegner eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes durch eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit gemäß § 31 Abs. 2 Gleichbehandlungsgesetz, aber keine Anweisung gemäß § 31 Abs. 3 Gleichbehandlungsgesetz vorliegt.

Der Senat III der Gleichbehandlungskommission hält es daher für notwendig, dass der Antragsgegner sich mit der geltenden Rechtslage vertraut macht, das Gleichbehandlungsgesetz respektiert und in Hinkunft alle Menschen, ungeachtet ihrer ethnischen Zugehörigkeit, gleichbehandelt.

Der Senat III schlägt vor, dass der Antragsgegner bei der Vergabe von Haushaltsversicherungen auf das diskriminierende 3-jährige Wohnsitzerfordernis verzichtet und seine Leistungen künftig ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit offeriert.

Ferner soll auf der Homepage des Antragsgegners (www….com) ab sofort ein gut erkennbarer und dauerhafter Hinweis auf die Existenz des Gleichbehandlungsgesetzes aufgenommen werden, sowie an derselben Stelle explizit darauf hingewiesen werden, dass niemand aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit diskriminiert wird und dass sich Personen zur Beratung an die Gleichbehandlungsanwaltschaft wenden können.

17. Oktober 2019

Mag. Robert Brunner

(Vorsitzender)

Hinweis: Gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz sind die Vorschläge der Gleichbehandlungskommission binnen zwei Monaten umzusetzen. Wenn einem Auftrag gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz (siehe obige Vorschläge des Senates III) nicht binnen zwei Monaten entsprochen wird, kann jede im Senat III vertretene Interessenvertretung gemäß § 12 Abs. 4 GBK/GAW-Gesetz auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.

Zuletzt aktualisiert am

06.07.2020
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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