TE Lvwg Erkenntnis 2020/6/4 LVwG-2020/25/0847-5

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Veröffentlicht am 04.06.2020
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Entscheidungsdatum

04.06.2020

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §5 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hohenhorst über die Beschwerde von AA, geboren am ***, Adresse 1, Z, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 2, Y, vom 20.03.2020 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 17.02.2020, Zl ***, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die Beschwerdeführerin hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von Euro 220,00 zu leisten.

3.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Im bekämpften Straferkenntnis wird Frau AA folgender Sachverhalt angelastet und Strafe über sie verhängt:

„Sie haben es als gewerberechtliche Geschäftsführerin der CC mit Sitz in Z, Adresse 3 zu verantworten, dass die CC zumindest am 10.10.2019 in Z, Adresse 3, Karosseriebau - und Lackierarbeiten durchgeführt und diese Tätigkeit selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben hat, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, ohne über die erforderliche Gewerbeberechtigung „Karosseriebau- und Karosserielackiertechniker“ zu verfügen.

Sie haben somit eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 1 iVm §§ 1 Abs 2 und 5 Abs 1 GewO 1994 begangen.

Gemäß § 366 Abs. 1 GewO 1994 wird über Sie in Anwendung des § 47 Verwaltungsstrafgesetz 1991(VStG), BGBl. Nr. 52/1991, idgF eine Geldstrafe in Höhe von EUR 1100,-- verhängt.

Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 8 Tagen.

Ferner haben Sie als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens gemäß § 64 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991, idgF EUR 110,-zu bezahlen.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe und Kosten) beträgt daher EUR 1210.“

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Beschwerde, in welcher Frau AA durch ihren Rechtsvertreter im Wesentlichen ausführt, dass die belangte Behörde aufgrund des Umstandes, dass am 10.10.2019 sich in den Betriebsräumlichkeiten 2 Fahrzeuge befunden hätten, nämlich mit einem kleinen Schaden hinten und ein Fahrzeug mit einer demontierten Motorhaube, davon ausgehe, dass hier ungerechtfertigter Weise Karosserie- und Lackierarbeiten durchgeführt worden wären, ohne einen Nachweis dafür erbringen zu können, dass diese Fahrzeuge tatsächlich von der CC repariert wurden bzw was repariert wurde. Die CC und die DD würden regelmäßig Vorbereitungsplätze sowie Lackierboxen an andere Firmen vermieten. Im Zeitraum um den 10.10.2019 hätten sich EE sowie FF und GG in den Räumlichkeiten der beiden Gesellschaften eingemietet bzw dort gearbeitet. Die zum Zeitpunkt der Nachschau vorhandenen Fahrzeuge seien offensichtlich von diesen Personen eingebracht worden, wobei der Beschuldigten auch nicht bekannt sei, was genau bei diesen Fahrzeugen repariert wurde. Am 10.10.2019 sei der Autoaufbereiter JJ angestellt gewesen und habe nur die diesbezüglichen Arbeiten durchgeführt, wobei das Aufbereiten von Fahrzeugen auch das Durchführen von kleineren Lackierarbeiten umfasse. Seit 15.10.2019 sei EE gewerberechtlicher Geschäftsführer der CC. Bereits im erstinstanzlichen Verfahren habe die Beschuldigte Rechnungen vom 02.12.2019 und 29.10.2019 vorgelegt, mit welchen den Mietern EE sowie FF die zur Verfügung Stellung von Lackierboxen bzw Vorbereitungsplätzen in Rechnung gestellt worden seien. Der Behörde liege keinerlei Nachweis vor, dass ein Angestellter der CC unzulässige Arbeiten tatsächlich durchgeführt hätte, weshalb die Bestrafung rechtswidrig sei. Die Strafhöhe von Euro 1.100,00 sei völlig unangemessen. Die Beschuldigte sei bisher unbescholten, sodass mit einer Geldstrafe in der Höhe von maximal Euro 150,00 das Auslangen zu finden gewesen wäre, wobei auch keinesfalls von einem schweren Verschulden auszugehen sei. Es werde deshalb Aufhebung der Bestrafung und Verfahrenseinstellung beantragt, in eventu Herabsetzung der Höhe der Geldstrafe.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht sagte der Zeuge EE Folgendes aus:

„Der Verhandlungsleiter zeigt mir die Rechnung der CC vom 02.12.2019. Ich bestätige den Erhalt dieser Rechnung. Überwiesen ist das Geld noch nicht. Die Rechnung besteht jedoch zu Recht. Leistungsgegenstand ist die Miete für die Lackierbox, damit ich dort etwas lackieren kann, wenn es gerade notwendig ist. Dasselbe gilt für das Vorbereiten von Autos zum Lackieren durch Schleifen, Kitten und Ähnliches. Ich habe selbst in X eine KFZ-Werkstätte, die jedoch nicht mit einer Lackierbox ausgestattet ist. Aus diesem Grund miete ich für derartige Arbeiten die Lackierbox der CC.

Ich habe die Gewerbeberechtigung als KFZ-Techniker und die Berechtigung für die Reparatur aller Marken. Die Gewerbeberechtigung „Karosseriebau- und Karosserie-lackiertechniker“ habe ich nicht, diese läuft jedoch in geringfügigem Ausmaß mit dem KFZ-Techniker-Gewerbe mit. Mein Dienstverhältnis zur CC hat im Oktober vergangenen Jahres begonnen. Ich bin dort als gewerberechtlicher Geschäftsführer tätig.

Wenn mir der Verhandlungsleiter vorhält, dass jedoch im GISA weiterhin Frau AA als gewerberechtliche Geschäftsführerin eingetragen ist, führe ich an, dass ich mit der Eintragung ins Gewerberegister nichts zu tun habe.

Wenn ich gefragt werde, an welchen 8 Kalendertagen zwischen 01.07. und 15.10.2019 ich die Lackierbox der CC gemietet hatte, so kann ich diese Tage heute nicht mehr rekonstruieren und angeben. Es ist so, dass ich wieder einmal ein paar Stunden dort bin, um verschiedene Arbeiten zu machen, dann bin ich wieder in meinem Betrieb in X und so kann ich das heute nicht mehr sagen.

Der Verhandlungsleiter zeigt mir die Lichtbilderbeilage im Akt des LVwG, worin sich die Aufnahmen des Erhebungsdienstes der Bezirkshauptmannschaft Y vom 10.10.2019 finden.

Wenn ich gefragt werde, ob ich eines der dort abgebildeten Fahrzeuge bearbeitet habe, führe ich an, dass der rote Ford Focus mit dem Kennzeichen *** von mir bearbeitet wurde, dort war die Hinterachse zu reparieren, da der Längslenker beschädigt war und die Stoßstange und die Seitenwand hinten waren zu erneuern. Es handelt sich dabei um ein Auto, welches einen Auffahrunfall erlitten hatte. Den Auftrag zur Reparatur hatte vom Fahrzeughalter ich übernommen.

Wenn mir dazu der Aktenvermerk der Bezirkshauptmannschaft Y vom 10.10.2019 vorgehalten wird, wonach der Zulassungsbesitzer dieses Pkws, KK aus W, mitgeteilt hatte, dass der Auftrag, das Auto fachmännisch reparieren zu lassen, und das Bekommen des Leihautos mit Herrn LL persönlich ausgemacht wurde, führe ich an, dass es so war, dass wir damals beide, Herr LL und ich, in der Werkstätte anwesend waren, als das Fahrzeug zum Reparaturauftrag der Werkstätte übergeben wurde. Zuerst war Herr LL da und ich bin erst danach dazu gekommen. Mit dem Kunden selbst habe ich nichts zu tun gehabt, die KFZ-Techniker-Arbeiten habe ich erledigt, mit Herrn LL zusammen wurde das Fahrzeug auf der Richtbank wieder Instand gesetzt.

An welchem Tag dieses Fahrzeug von der Werkstätte zur Reparatur übernommen wurde, kann ich heute nicht mehr angeben. Wenn der Zulassungsbesitzer der BH Y gegenüber angegeben hat, dass er das Auto am Freitag, den 04.10.2019, in die Betriebsstätte des Herrn LL schleppen hätte lassen, so ist diese Angabe nachvollziehbar.

Wenn ich gefragt werde, ob ich am 10.10.2019 in der Werkstätte der CC anwesend war, so verneine ich dies, ich war erst wieder am 11.10.2019 dort. Die Reparatur für den Ford Focus mit dem Kennzeichen *** wurde seitens der CC mit dem Kunden abgerechnet. Ich verfüge nicht über ein derartiges Programm. Ich habe wohl für KFZ-Technik in meinem Betrieb ein derartiges Programm, nicht aber für Spenglerarbeiten. Mir wurde für diese Reparatur nichts bezahlt, das ist alles mit der Miete an die CC ausgeglichen.

In der Werkstätte befinden sich mehrere verschiedene Autos, ich frage dann aber nicht nach, von wem die jeweiligen Autos sind und was bei diesen Autos zu reparieren ist. Wenn Herr LL mich anruft und mir sagt, dass er mich zu dieser oder jener Zeit zur Unterstützung braucht, dann fahre ich nach Z in die Werkstätte und komme zu ihm, die übrige Zeit arbeite ich in meiner Werkstätte. So geht es sich dann aus, dass ich die 20 Wochenstunden zusammenbekomme.

Nachdem die Tatzeit am 10.10.2019 war und ich erst seit 15.10.2019 bei der CC beschäftigt bin, und mich der Verhandlungsleiter fragt, wie sich dies vor dem 15.10.2019 abgespielt hat, gebe ich an, dass sich da eigentlich keine Änderung ergeben hat.

Der Name GG ist mir ein Begriff, das ist der Sohn von LL. Meines Wissens nach hat er auch die Ausbildung als KFZ-Spengler und Lackierer. Er hat auch teilweise in der väterlichen Werkstätte gearbeitet.“

Die Zeugin FF sagte vor dem Verwaltungsgericht Folgendes aus:

Der Verhandlungsleiter zeigt mir die Rechnung der DD vom 29.10.2019. Ich bestätige den Erhalt dieser Rechnung und habe sie auch bereits bezahlt. Leistungsgegenstand des Rechnungsinhaltes war die Vermietung der Lackierbox durch Herrn LL an mich. Ich betreibe eine KFZ-Werkstätte in Z, Adresse 4. Wenn ich Spengler- bzw Lackiererarbeiten machen will, verwende ich dafür die Lackierbox der DD. Ich bin Inhaberin des Gewerbes der KFZ-Technik. Meine Gewerbeberechtigung ist unter meinem Namen FF im Gewerberegister eingetragen, die Firmenbezeichnung lautet MM.

Wenn ich gefragt werde, an welchen 11 Kalendertagen zwischen 01.05. und 23.11.2019 ich die Lackierkabine von der DD gemietet hatte, so kann ich dies heute auswendig nicht mehr angeben. Ich habe diesbezüglich auch keine Aufzeichnungen geführt. Ich kann deswegen auch nicht angeben, ob ich am 10.10.2019 die Lackierkabine angemietet hatte.

Der Verhandlungsleiter zeigt mir die Lichtbilder, die vom Erhebungsdienst der Bezirkshauptmannschaft Y am 10.10.2019 in der Werkstätte CC aufgenommen wurden. Ich sehe mir diese Lichtbilderbeilage an. Wenn ich gefragt werde, ob eines der dort abgebildeten Fahrzeuge von mir bearbeitet bzw repariert wurde, so verneine ich dies. Ich habe in meinem Betrieb keine Angestellten, ich arbeite alles selbst. Das Einzige wäre, dass einmal mein Freund bei mir ist und mir hilft, sonst habe ich aber niemanden bei der Arbeit. Wenn es sich um größere Arbeiten handelt, stehen die Fahrzeuge von mir dann schon mehrere Tage in der Werkstätte, weil es an einem Tag nicht fertigzustellen ist.

Der Name GG (Sohn von LL) sagt mir etwas, ich kenne ihn jedoch nicht persönlich.“

II.      Sachverhalt:

AA ist seit *** handelsrechtliche Geschäftsführerin der CC in Adresse 3, Z. Die CC ist seit *** Inhaberin des freien Gewerbes „Wartung und Pflege von Kraftfahrzeugen (KFZ-Service)“. Seit dem selben Tag ist AA gewerberechtliche Geschäftsführerin dieser Gesellschaft.

Seit *** ist EE, geboren am ***, bei der CC mit 20 Wochenstunden beschäftigt. Als gewerberechtlicher Geschäftsführer dieser Gesellschaft ist er nicht eingetragen.

Die Betriebsanlage der CC bzw DD in Adresse 3 ist mit Vorbereitungsplätzen sowie einer Lackierbox ausgestattet. Diese werden immer wieder an Inhaber des reglementierten Gewerbes der Kraftfahrzeugtechnik vermietet, deren eigene Werkstätten über keine Lackierboxen verfügen. So vermietete die CC an EE die Lackierbox inklusive Vorbereitungsplätze im Zeitraum 01.07.2019 bis 15.10.2019 für 8 Kalendertage. Die DD vermietete die Lackierkabine im Zeitraum 01.05 bis 23.11.2019 an FF an 11 Kalendertagen. Nicht festgestellt werden kann, an welchen konkreten Tagen die Vermietungen an diese beiden Mieter stattgefunden haben.

Bei einer behördlichen Kontrolle am 10.10.2019 in der Betriebsanlage Adresse 3 bot sich folgendes Bild:

Auf der Hebebühne befand sich der rote Ford Focus mit dem Kennzeichen ***, der auf KK in Adresse 5, W, zugelassen ist. Dieser Wagen war durch einen Auffahrunfall beschädigt, es waren hinterer Stoßfänger, rechter hinterer Kotflügel und das rechte Hinterrad demontiert, da bei diesem Wagen der Längslenker beschädigt und die Hinterachse zu reparieren war. Ebenso waren Stoßstange und Seitenwand zu erneuern.

Innerhalb der Betriebsräumlichkeiten befand sich der silberfarbene Skoda Fabia mit dem Kennzeichen ***, bei dem die hintere Stoßstange und die Leuchten hinten und seitlich abmontiert waren. In aufgebocktem Zustand befand sich der schwarze VW Sharan mit dem Kennzeichen ***, bei dem rechts hinten die Seitenwand samt Beleuchtung demontiert war. Im rechten Bereich der Heckklappe ist bei diesem Wagen ein Aufkleber mit dem Schriftzug „CC“ angebracht.

Weiters vorgefunden wurde in der Betriebsanlage ein weißer VW Bus, der auf der linken Seite etwas angehoben war, mit deutlich sichtbaren Rostspuren im Bereich der Heckklappe. Weiters befand sich an diesem Tag ein schwarzer Chevrolet Pritschenwagen mit demontierten Türen in den Betriebsräumlichkeiten; bei diesen Türen fehlte die Innenverkleidung.

Darüber hinaus befanden sich in der Werkstätte andere demontierte Türen bzw Karosserieelemente (insbesondere Stoßfänger), die nur noch die Metallteile bzw offenbar zu lackierenden Teile umfassten. Auch am Vorplatz des Betriebsgebäudes befanden sich mehrerer Personenkraftwagen, wobei bei einem dieser Wagen vorne Stoßfänger und Kotflügel abmontiert waren.

In der Betriebsanlage aufgehängt waren Preislisten für das Jahr 2019, auf welcher die Arbeitsstunde Spenglermeister bzw Lackierermeister bei der DD mit jeweils Euro 145,00 angeschrieben sind und bei der CC mit jeweils Euro 109,00. Dabei handelt es sich um Nettopreise, die am Standort Z gelten. Beide Preislisten sind mit „KFZ Meister LL“ ausgefertigt.

Bei der behördlichen Kontrolle am 10.10.2019 wurde der Autoaufbereiter JJ angetroffen.

Keines der am 10.10.2019 in der Betriebsanlage vorgefundenen Fahrzeuge wurde von der Mieterin FF repariert bzw bearbeitet. Der Mieter EE war am 04.10.2019 in der Betriebsanlage anwesend, als der beschädigte rote Ford Focus mit dem Kennzeichen *** vom Zulassungsbesitzer KK der Werkstätte zur Reparatur übergeben wurde. Den Reparaturauftrag nahm LL vom Kunden entgegen, EE und LL zogen den Wagen in die Werkstätte hinein und setzen diesen gemeinsam auf der Richtbank wieder in Stand. EE war am 10.10.2019 in der Werkstätte in Adresse 3 nicht anwesend, er kam wieder am 11.10.2019 dort hin. Die Reparatur des roten Ford Focus *** wurde seitens der CC mit dem Auftraggeber abgerechnet. An keinem anderen der am 10.10.2019 in der Betriebsanlage vorgefundenen Fahrzeuge wurden von EE Reparaturarbeiten ausgeführt, er hat für keines dieser Fahrzeuge einen Reparaturauftrag angenommen bzw dafür eine Rechnung erstellt.

III.     Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den Akten der Bezirkshauptmannschaft Y und des Landesverwaltungsgerichtes Tirol sowie aus den Aussagen der beiden Zeugen EE und FF. Das Verwaltungsgericht hatte keine Veranlassung, Zweifel an der Richtigkeit der Angaben der Zeugen zu hegen.

IV.      Rechtslage:

Im gegenständlichen Verfahren sind insbesondere folgende Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 maßgeblich:

„Allgemeine Bestimmungen

1. Geltungsbereich

§ 1.

[…]

(2) Eine Tätigkeit wird gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.

(3) Selbständigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes liegt vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird.

(4) Auch eine einmalige Handlung gilt als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen wird der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten. Die Veröffentlichung über eine den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit in Registern gilt nicht als Ausübung, wenn die Veröffentlichung auf Grund von gesetzlichen Verpflichtungen erfolgt.

[…]

2. Einteilung der Gewerbe

§ 5.

(1) Soweit dieses Bundesgesetz hinsichtlich einzelner Gewerbe nicht anderes bestimmt, dürfen Gewerbe bei Erfüllung der allgemeinen und der bei einzelnen Gewerben vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen auf Grund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes (§ 339) ausgeübt werden.

[…]

§ 370.

(1) Wurde die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt, so sind Geld- oder Verfallsstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen.

[…]“

V.       Erwägungen:

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass kein einziges der am 10.10.2019 in der Betriebsanlage Adresse 3 vorgefundenen zu reparierenden Fahrzeuge von einem der beiden Mieter EE bzw FF zur Reparatur im eigenen Namen und auf eigene Rechnung übernommen wurde. Dass eines dieser Fahrzeuge von jemand anderem als einem dieser beiden Mieter in den Betriebsräumlichkeiten repariert wurde, wurde seitens der Beschwerdeführerin nicht behauptet bzw kein in die Richtung gehendes konkretisiertes Vorbringen erstattet. Es verbleibt somit die einzige Schlussfolgerung, dass diese Fahrzeuge allesamt von der CC, deren gewerberechtliche Geschäftsführerin die Beschwerdeführerin ist, zur Reparatur übernommen wurden, weshalb diese gewerbliche Tätigkeit der CC zu zurechnen ist.

Wenn seitens der Beschwerdeführerin damit argumentiert wird, dass im Zuge der Wartung und Pflege von Kraftfahrzeugen auch Lackierarbeiten durchgeführt werden dürften, so ist dem entgegenzuhalten, dass bei der Autoaufbereitung neben der Autoglasreparatur, wenn das Glas bei einem Steinschlag beschädigt worden ist, auch das Anbringen von Sonnenschutzfolien, die Beseitigung von Hagelschäden und das Entfernen von kleineren Lackkratzern von der Servicetätigkeit mit umfasst sind. Davon kann aber bei den in der Betriebsanlage am 10.10.2019 vorgefundenen Fahrzeugen keine Rede sein, wo Stoßfänger, Türen, Seitenwände entfernt waren, um diese entweder in der Lackierbox zu spritzen oder aufgrund von Unfallschäden zu reparieren bzw neue Teile anzubringen. Wenn beispielsweise beim Skoda Fabia die Heckleuchten und das Blinkerlicht auf der rechten vorderen Seite demontiert waren, kann jedenfalls nicht davon die Rede sein, dass hier nur kleinere Lackkratzer ausgebessert worden wären. Die Arbeiten, die bei den am 10.10.2019 vorgefundenen Fahrzeugen auszuüben waren, können bei weitem nicht mehr dem Berechtigungsumfang des KFZ Service zugeordnet werden, sondern sind eindeutig Tätigkeiten, für die das reglementierte Gewerbe des Karosseriebau- und Karosserielackiertechnikers erforderlich ist, über welches die CC bzw deren gewerberechtliche Geschäftsführerin AA nicht verfügten. Der Tatvorwurf im Straferkenntnis, wonach die Beschuldigte als gewerberechtliche Geschäftsführerin der CC es zu verantworten habe, dass diese am 10.10.2019 in Adresse 3 gewerbsmäßig Tätigkeiten des reglementierten Gewerbes Karosseriebau- und Karosserielackiertechniker ausgeübt habe, ohne über diese erforderliche Gewerbeberechtigung zu verfügen, ist zutreffend und gerechtfertigt, weshalb der Schulspruch zu Recht ergangen ist.

Als Verschulden kann nur Vorsatz gegeben sein, da der Ehemann der Beschuldigten, LL, nach seinem Ausscheiden als gewerberechtlicher Geschäftsführer der belangten Behörde anlässlich einer Vorsprache (Aktenvermerk vom 18.07.2019) unverblümt mitgeteilt hat, dass er nun seine Ehefrau als Geschäftsführerin für das KFZ Service eintragen lassen werde und den Betrieb so weiterführen würde, als wäre es eine Karosserie- und Lackierwerkstatt. Dies bestätigt auch der Umstand, dass LL in der Werkstätte zugegen ist und die Reparaturaufträge von Kunden – so wie früher - annahm und ausführte. Es ist denkunmöglich, dass seine Ehefrau davon nicht genau Kenntnis gehabt hätte.

Die Beeinträchtigungsintensität einer derartigen Übertretung ist jedenfalls erheblich, da befugte Gewerbetreibende vor einer Konkurrenz geschützt werden müssen, die die Voraussetzungen zur Ausübung dieses Gewerbes nicht erfüllt. In Anbetracht dessen erachtet das Verwaltungsgericht bei einem Strafrahmen bis zu Euro 3.600,00 trotz Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 1.100,00 nicht als überhöht, zumal durch diese unbefugte Gewerbeausübung Umsätze in ganz anderen Dimensionen erzielt werden mussten. Eine Herabsetzung der Strafhöhe würde überhaupt keine vorbeugende Wirkung erwarten lassen und müsste geradezu als Einladung betrachtet werden, künftig auf eben solche Art vorzugehen.

Aus diesen Gründen konnte der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein, war das Rechtsmittel als unbegründet abzuweisen und in Folge dessen der 20%ige Verfahrenskostenbeitrag nach §  52 Abs 1 und 2 VwGVG vorzuschreiben.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hohenhorst

(Richter)

Schlagworte

Wartung und Pflege von Kraftfahrzeugen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.25.0847.5

Zuletzt aktualisiert am

03.07.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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