Entscheidungsdatum
06.05.2020Norm
GewO 1994 §74 Abs2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter Mag. Gindl über die Beschwerden der A, vertreten durch B, Rechtsanwältin in ***, ***, gegen die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom
- 27. Jänner 2020, ***, betreffend Änderung der Betriebsanlage im Standort ***, ***, durch Betrieb eines Imbisslokals mit 8 Verabreichungsplätzen samt technischer und maschineller Ausstattung,
- 31. Jänner 2020, ***, betreffend Abweisung der Einwendung der Frau A vom 7. Jänner 2020, die Voraussetzungen für die Anwendung des Genehmigungsverfahrens nach § 359b GewO 1994 würden nicht vorliegen,
zu Recht:
1. Die Beschwerde gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 27. Jänner 2020, ***, wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG als unbegründet abgewiesen.
2. Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 31. Jänner 2020, ***, wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG aufgehoben.
3. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG eine ordentliche Revision im Sinne des Art. Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Bescheid der der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg (in der Folge: belangte Behörde) vom 27. Jänner 2020, ***, wurde mit Spruchpunkt I. der C OG (in der Folge: Konsenswerberin) die gewerberechtliche Genehmigung für die Änderung der Betriebsanlage im Standort ***, ***, durch Betrieb eines Imbisslokals mit 8 Verabreichungsplätzen samt technischer und maschineller Ausstattung im vereinfachten Verfahren gemäß § 359b GewO erteilt. Mit Spruchpunkt II. wurden die Auflage 4. des Bescheides vom 14. August 2008, ***, aufgehoben. Weiters wurden der Konsenswerberin Kosten vorgeschrieben.
Gegen diesen Bescheid erhob Frau A (in der Folge: Beschwerdeführerin), vertreten durch ihre ausgewiesene Rechtsvertreterin, fristgerecht mit Schreiben vom 5. März 2020 Beschwerde. In dieser führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass sie fristgerecht am 07.01.2020 Gründe vorgebracht habe, weshalb kein vereinfachtes Verfahren durchzuführen sei, sondern ihre Rechte nur gewahrt werden können, so dieser Parteistellung in dem Betriebsanlagengenehmigungsverfahren zukomme. Es dürfe diesbezüglich auf die Beschwerde verwiesen werden, welche gegen den Bescheid vom 31.01.2020 erhoben worden sei, mit welchem die Einwände der Beschwerdeführerin abgewiesen worden seien. Am 08.01.2020 sei eine gewerbebehördliche Augenscheinverhandlung durchgeführt worden, zu welcher die Beschwerdeführerin nicht geladen worden sei, gleichwohl zu diesem Zeitpunkt dieser jedenfalls Parteistellung zugekommen sei. Der Beschwerdeführerin seien demnach sämtliche Ausführungen der Sachverständigen bzw. Erörterung in der Verhandlung unbekannt. Durch den Umstand, dass die Beschwerdeführerin keine Gelegenheit zur Teilnahme an der Verhandlung und Wahrung ihrer Rechte hatte, sei der angefochtene Bescheid rechtswidrig und werde daher aufzuheben sein. Rein der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass es der Beschwerdeführerin aus dem vorliegenden Bescheid nicht möglich sei, zu erschließen, welchen Betrieb die Konsenswerberin nun in dem Geschäftslokal betreiben dürfe. Nach dem Wortlaut im Punkt I. sei dies ein Imbisslokal mit 8 Verabreichungsplätzen. Wozu ein Mehllager und eine Teigmaschine für ein Imbisslokal notwendig sei, erschließe sich der Beschwerdeführerin nicht. Vielmehr müsse die Befürchtung gehegt werden, dass die ursprünglich vom Verantwortlichen der Konsenswerberin, Herr D, eingereichte Betrieb einer Bäckerei von dieser geführt werde. Diesbezüglich sei auch auf den Inhalt der Beschwerde gegen den Bescheid vom 31.01.2020 verwiesen, wonach die Geräuschkulisse auf diesen Umstand schließen ließe. Im Bescheid werde ausgeführt, dass, wenn die Anlage fertiggestellt sei, dies der belangten Behörde
bekanntzugeben sei. Eine Frist werde der Konsenswerberin nicht erteilt.
Gleichwohl die Anlage offensichtlich nicht fertiggestellt sei, werde diese seit 31.01.2020 betrieben, was zu unerträglichen Lärm- und Geruchsbelästigungen führe.
Hinsichtlich des Umstandes, dass die Voraussetzung zur Durchführung eines vereinfachten Verfahrens nicht vorliegend sei, werde um Wiederholungen zu vermeiden auf die Ausführungen in der Beschwerde gegen den Bescheid vom 31.01.2020, verwiesen.
Es wurde beantragt, der Beschwerde Folge zu geben, festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens nicht vorliegen und den Betriebsanlagengenehmigungsbescheid, GZ. ***, vom 27.01.2020 aufzuheben.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 31. Jänner 2020, ***, wurde die Einwendung der Beschwerdeführerin vom 07.01.2020, die Voraussetzungen für die Anwendung des Genehmigungsverfahrens nach § 359b GewO 1994 würden nicht vorliegen, abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin, vertreten durch ihre ausgewiesene Rechtsvertreterin, fristgerecht mit Schreiben vom 5. März 2020 Beschwerde erhoben. In dieser führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass der Betrieb bereits vor rechtskräftiger Erteilung der Betriebsanlagengenehmigung am 31.01.2020 aufgenommen worden sei. Die Augenscheinverhandlung am 08.01.2020 sei ohne die Beschwerdeführerin vorgenommen worden, gleichwohl diese mit Eingabe vom 07.01.2020 fristgerecht begründet ausgeführt habe, weshalb die Voraussetzungen zur Durchführung eines Genehmigungsverfahrens nach § 359b GewO 1994 nicht vorliegen würden.
Die Behörde führe sodann in ihrem Bescheid aus, welche Ergebnisse die Augenscheinverhandlung erbracht hätte, ohne, dass dies für die Beschwerdeführerin überprüfbar sei. Im Wesentlichen begnüge sich die Behörde mit dem zitieren der Bestimmungen der Gewerbeordnung und stelle dies jedenfalls keine rechtliche Begründung des Bescheides dar. Zutreffend sei, dass sich aus der eingeschränkten Parteistellung die Verpflichtung der Behörde ergebe, die diesbezüglichen Parteirechte der Nachbarn zu wahren. Daraus folge allerdings, dass die Behörde den Sachverhalt dahingehend zu überprüfen habe, ob diese ausreichend in der Lage sei, tatsächlich die Parteirechte der Nachbarn zu wahren. Gegenständlich sei dies nicht der Fall. Die Konsenswerberin habe das Geschäftslokal eröffnet, ohne, dass eine rechtskräftige Genehmigung vorgelegen sei. Dies zeige, dass diese mehr oder weniger ignorant den Bestimmungen der Gewerbeordnung bzw. der Rechtsordnung gegenüberstehe. Dies werde deshalb derartig scharf formuliert, zumal Herr D selbst mehrmals gegenüber der rechtsfreundlichen Vertretung der Beschwerdeführerin deponiert habe, dass ihn Gerichtsverfahren und Gerichtsentscheidungen nicht interessieren würden. Die Beschwerdeführerin habe daher nicht so wie die Behörde ausführt, von irgendwelchen Verfahren berichtet, sondern habe dargetan, dass aufgrund der Sach- und Rechtslage die Behörde nicht in der Lage sein werde, die Nachbarrechte der Beschwerdeführerin zu wahren.
Selbstverständlich beziehe sich der Antrag eines Konsenswerbers nur auf das Projekt. Solange es aber ein nicht umgesetztes Projekt sei, würden die Voraussetzungen dieses zu betreiben, nicht vorliegen.
Dennoch werde eine Bäckerei? — lmbisslokal betrieben. Die Belästigungen seien keinesfalls auf ein zumutbares Maß beschränkt.
So befinde sich in der Küche des Geschäftslokales eine Knetmaschine, an der offensichtlich eine Zeitschaltuhr angebracht sei, die sich mindestens dreimal in der Nacht ein- und ausschalte. (Sonntag z.B. um 22:30 Uhr, dann von Mitternacht bis 01:00 Uhr und um 06:00 Uhr in der Früh)
Um 06.30 Uhr sei offensichtlich Arbeitsbeginn und nachdem sich die Küche unterhalb vom Schlafzimmer befinde und zwischen diesen beiden Räumlichkeiten nur eine Hohldecke eingezogen sei, vernehme sich das Arbeiten (Hand auf Teig schlagen) ähnlich wie wenn im Schlafzimmer jemand laufend Ohrfeigen bekommen würde. Über den ganzen Tag herrsche extremer Lärm, es werde geklopft und geschoben, sodass die Geräuschkulisse darauf schließen lasse, dass tatsächlich die nicht bewilligte Bäckerei betrieben werde. Nachdem das Lokal um 20 Uhr sperre, werde dann bis 22 Uhr für den nächsten Tag offensichtlich vorgekocht, z.B. Zwiebel gebraten, sodass es zu einer unerträglichen Geruchsbelästigung komme.
Wie wolle bei dieser Situation die Behörde die Nachbarrechte der Beschwerdeführerin wahren? Dies sei de facto nicht möglich, was auch ausreichend mit dem Schriftsatz vom 07.01.2020 dargelegt worden sei. Bei rechtlich richtiger Würdigung des Sachverhaltes, hätte daher die Behörde zur Ansicht gelangen müssen, dass ein vereinfachtes Verfahren nicht zulässig sei.
Es wurde beantragt den Bescheid vom 31.01.2020, *** aufzuheben und der Beschwerdeführerin im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren der C OG Parteistellung zuzuerkennen.
Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde ergibt sich nachstehender unstrittiger entscheidungsrelevante Sachverhalt:
Für die gegenständliche Betriebsanlage im Standort ***, *** liegt folgender gewerbebehördlicher Genehmigungskonsens vor:
- Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 27. August 1980, ***; Genehmigung einer Gastgewerbebetriebsanlage (für die E GmbH) bestehend aus Gastraum (40 Sitzplätze), Extrazimmer (Stüberl – 16 Sitzplätze), Magazin, WC-Anlage und einem Abteil für die Küche;
Betriebszeit von 10:00 Uhr bis 23:00 Uhr; Anordnung einer (notwendigen) Betriebsbewilligung sowie eines Probebetriebes;
- Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 24. März 1983, ***; Erteilung der Betriebsbewilligung und Vorschreibung zusätzlicher Auflagen;
- Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 31. Juli 2000, ***; Feststellungsbescheid nach § 81 Abs. 2 Z. 9 und Abs. 3 iVm § 345 Abs. 8 Z. 8 GewO 1994; Änderung der Öffnungszeiten auf 8:00 Uhr bis 23:00 Uhr;
- Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 14. August 2008, ***; Genehmigung der Änderung der Betriebsanlage (für Herrn F) durch Adaptierung des bestehenden Gastgewerbebetriebes;
Betriebsanlage im Zuge der Neueröffnung maßgeblich umstrukturiert; Errichtung einer Terrasse mit 20 Verabreichungsplätzen vor der bestehenden Gaststube straßenseitig; Zugang in Gaststube (in dieser sind 38 Verabreichungsplätze eingerichtet) erfolgt über Terrasse und durch Windfang;
Betriebszeiten: MO-SO jeweils von 8:00 – 23:00 Uhr
Mit Schreiben vom 10. Dezember 2019 hat die Konsenswerberin bei der belangten Behörde die Genehmigung der Änderung der Betriebsanlage zur Ausübung des Gastgewerbes in ***, ***, beantragt. Entsprechend dieses Antrages soll nunmehr das Gastgewerbe in Form eines Imbisslokals mit 8 Verabreichungsplätzen geführt werden. Es ist beabsichtigt in der Küche die vorhandenen Zubereitungsgeräte (4-flammiger Gasherd, Wokherd, Dampfgarer, Geschirrspüler, Wärmelampe, Dunstabzug) zu entfernen und anstelle dieser einen Ladenbackofen aufzustellen. Dieser wird direkt an die Abluftanlage angeschlossen. Der Ladenbackofen dient zur Zubereitung der angebotenen Teiggerichte und zum Aufbacken der halbfertig angelieferten Backwaren. Im Anschluss an die Produktion wird der Gastbereich errichtet. Die Backwaren (Gebäck) werden von bestehenden Betrieben zugekauft. Lediglich Blätter– und Germteiggerichte, die mit verschiedenen Lebensmitteln gefüllt werden (z.B. Spinat, Käse, Fleisch, ..) werden in der eigenen Produktion hergestellt.
Anstelle der Küche und der WC-Anlagen (2x 1,47 m³) samt Vorraum wird ein neuer Produktionsraum ausgeführt. In diesem Raum erfolgt die Zubereitung von Teiggerichten, welche verabreicht werden. Der Gastrobereich wird auf 8 Verabreichungsplätze reduziert. Die Fluchtwegführung erfolgt nunmehr ausschließlich über die Eingangstüre zur ***. Der rückwärtige Fluchtweg in Richtung Garten wird aufgelassen und nicht mehr benutzt. Im Erdgeschoß soll ein WC für Arbeitnehmer verwendet werden und wird dies für die Kunden nicht zugänglich eingerichtet. Die derzeit vorhandene Kennzeichnung als WC wird auf „Privat“ geändert. Das WC wird mechanisch entlüftet. Die Fluchtwegorientierungsbeleuchtung wird angepasst.
Im Hinblick auf die Öffnungszeiten wird das Gastronomielokal zukünftig von Montag bis Sonntag jeweils von 08:00 bis 21:00 Uhr genutzt.
Im Freibereich, in Richtung ***, ist eine selbstleuchtende Reklametafel (leuchtende Blockbuchstaben mit einer Höhe von 80 cm; Länge des Schriftzuges beträgt 5 m) angebracht, wobei entgegen dem Projekt der Schriftzug nun lautet „***“. Die Reklametafel leuchtet lediglich während der Betriebszeiten.
Die Beheizung bleibt im Wesentlichen unverändert, sie erfolgt über die erdgasbefeuerte Erdgastherme im Keller. Zusätzlich wird auch die Abwärme des Backofens in der Produktion genutzt. Die Be- und Entlüftung der Betriebsanlage bleibt im Wesentlichen unverändert. Lediglich die Dunstabzugshaube in der ehemaligen Küche wurde durch Spirorohre und werden die beiden Backöfen direkt in die Abluft eingebunden. In die Abluft werden Aktivkohlefilterpatronen für geruchsmindernde Maßnahmen eingebaut. Eine Mehlabsaugung wird nicht installiert. Die Aufgabe an der Teigmaschine erfolgt mittels Sackware händisch. Die Be- und Entlüftung der Kellerräumlichkeiten erfolgt über statische Lüftungsöffnungen bzw. wird der Aufenthaltsraum für das Personal mechanisch über einen Abluftventilator entlüftet, welcher mit dem Lichtschalter gekoppelt wird.
Die Mehllagerung erfolgt im Lager 1. Es wird ein Sacklager eingerichtet. Die projektierte Mehlrutsche im Kellerbereich wird nicht ausgeführt. Stattdessen soll für den innerbetrieblichen Transport der Sackware ein offener Durchgang zwischen Produktion und dem Lager 1 mit einer Breite von mindestens 80 cm und einer Durchgangshöhe von mindestens 2,0 m hergestellt werden.
Die Betriebsanlage wird ausschließlich über eine Lüftungsanlage be- und entlüftet. Fenster sowie Türen werden nicht zu Lüftungszwecken geöffnet. Türen werden lediglich für unmittelbar betriebsbedingte Durchtritte offengehalten.
Die Lüftungsanlage verfügt im Wesentlichen über eine Zuluftleitung im hinteren Betriebsanlagenteil (gartenseitig), eine Abluftleitung u.a. beim Absaugbereich in der Backstube (Abluftleistung 2.000 m²/h mit maximal 45 GE/m³; über diese Abluftlei-tung werden unter anderem zwei ausschließlich wechselweise betriebene Backöfen abgesaugt), sowie eine Abluftleitung in der Gaststube (=Verkaufsraum; 2.400 m³/h Abluftleistung mit maximal 5 GE/m³). Die Abluft wird via Deflektorhaube über First der Betriebsanlage in einer Höhe von ca. 11 m über Bodenniveau senkrecht in die freie Atmosphäre abgeführt.
Folgende Geräte kommen zum Einsatz:
- Ladenbackofen, Debag Mini 8R
- Teigkneter, Gima Forni, 50 l
- Backofen Logiudice LFM-4T-6040
- Tiefkühlschrank, Tecnodom
- Kühlpult, Tecnodom
- Siebträger-Kaffeemaschine, La Cimbali
- Getränkekühlschrank
- Kühlvitrine
Die belangte Behörde hat hierüber im Regime des vereinfachten Genehmigungsverfahren (§ 359b GewO) am 8. Jänner 2020 eine Verhandlung an Ort und Stelle durchgeführt.
Auch wurde seitens der belangten Behörde eine Kundmachung des gegenständlichen Änderungsgenehmigungsverfahren in der Zeit von 30. Dezember 2019 bis 8. Jänner 2020 an der Amtstafel der Stadtgemeinde *** angeschlagen. Darüber hinaus erfolgte seitens der belangten Behörde eine Kundmachung im Internet am 20. Dezember 2019. Ebenso wurde der Beschwerdeführerin selbst eine Kundmachung (am 24. Dezember 2019 durch Hinterlegung) zugestellt.
Diese Kundmachung enthielt auch nachstehenden Hinweise:
„Hinweise:
1. Die Projektunterlagen liegen bis 7. Januar 2020 bei der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg zur Einsichtnahme auf.
2. Nachbarn können innerhalb dieser Frist während der Amtsstunden in die Unterlagen einsehen und von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen.
3. Nachbarn können innerhalb dieser Frist einwenden, dass die Voraussetzungen für die Durchführung des vereinfachten Verfahrens nicht vorliegen. Erheben sie innerhalb der gesetzten Frist keine diesbezüglichen Einwendungen, endet die Parteistellung. Darüber hinaus steht Nachbarn keine Parteistellung zu. Der Schutz ihrer Interessen (Schutz des Lebens oder der Gesundheit, Schutz vor unzumutbaren Belästigungen) obliegt der Behörde von Amts wegen.
4. Nach Ablauf dieser Frist hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen und erforderliche Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 sowie der gemäß § 77 Abs. 3 und 4 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen; dieser Bescheid gilt als Genehmigungsbescheid für diese Anlage (§ 359 b Abs. 1 GewO 1994).“
Mit Eingabe vom 7. Jänner 2020 gab die Beschwerdeführerin, vertreten durch die ausgewiesene Rechtsvertreterin, eine Stellungnahme ab. In dieser wandte sie im Wesentlichen ein, dass die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens nicht vorliegen würden. Die Betriebsweise sei nicht geeignet, die Gesundheit der Beschwerdeführerin sowie deren dingliches Recht (ausschließliche Benützung des Gartens) zu gefährden. Ebenso werde sie durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, belästigt. Die Konsenswerberin sei im Dezember 2019 gegründet worden. Gesellschafter seien Herr D und Herr G. Laut Firmenbuchauszug residiere der Mitgesellschafter G in ***. Unmittelbarer Ansprechpartner sei daher Herr D. Dieser habe bereits zur gleichen Geschäftszahl einen Antrag gestellt mit der Intention eine Backstube zu betreiben.
Um eine Genehmigung zu erhalten, habe sich Herr D mit den rechtlich geschützten Werten als nicht verbunden dargestellt. Er und seine Mitarbeiter hätten nachhaltig den Umstand negiert, dass diesen die Benützung des Gartens nicht zustehe, wobei Höhepunkt sodann die Entfernung der Entlüftungsanlage und das Anbringen einer neuen Entlüftungsanlage, sowie die Entfernung des Blitzableiters gewesen sei. Die Beschwerdeführerin habe deshalb zu *** ein Besitzstörungsverfahren anstrengen müssen, welches mit Endbeschluss vom 08.08.2019 erledigt worden sei. Herr D habe bis dato den rechtmäßigen Zustand nicht hergestellt, dies trotz mehrmaliger Aufforderung und sehe sich die Wohnungsberechtige gezwungen, Exekution zu führen.
In den Projektunterlagen führe die Konsenswerberin zu Punkt 7.4. Lüftung aus, dass die bestehende Lüftungsanlage weiter betrieben werde und Abänderungsarbeiten durchgeführt werden. Wie bereits ausgeführt müsse die bestehende Lüftungsanlage entfernt werden. Die Wohnungsgebrauchsberechtigte habe, nachdem Herr D die Heizungsanlage abdrehte habe, abermals das Gericht anrufen müssen. Mit einstweiliger Vorkehrung des BG ***, GZ. ***, zur Sicherung des Anspruches die Beschwerdeführerin auf Versorgung der von ihr genutzten Wohnung im 1. Stock des Hauses ***, ***, mit Warmwasser und Gas sei Herrn D, bei sonstiger Exekution binnen 3 Tagen nach Zustellung dieser einstweiligen Vorkehrung verpflichtet worden, die Gaszufuhr zur Therme des Hauses, sowie zum Gasherd in der Wohnung der Beschwerdeführerin wiederherzustellen und die Gaszuleitung zur Therme des Hauses sowie zum Gasherd zur Wohnung der Beschwerdeführerin nicht zu unterbinden.
Herr D habe erklärt, weder Heizung noch Wasser zu benötigen, da er kein Geschäft betreiben werde. Außergerichtlich seien, um ein Auffrieren zu verhindern, und die Wohnung im 1. Stock bewohnbar zu halten, Verträge von Herrn F abgeschlossen worden, welche jedoch für den Fall der Inbetriebnahme des Cafes aufgekündigt werden würden. Im Punkt 8. führe die Konsenswerberin aus, dass die Wärmeversorgung vom Vermieter durchgeführt werden würde. Diese Behauptung sei unrichtig.
Schon aus diesen Ausführungen sei unschwer ableitbar, dass der Wohnungsgebrauchsberechtigten Parteistellung zukommen müsse. Anders könne diese weder ihre Gesundheit schützen, noch sich gegen unzumutbaren Lärm, etc. wehren. Festgehalten werde auch, dass offensichtlich eine Entfernung der Geräte, welche ursprünglich für den Betrieb einer Backstube angeschafft worden seien, nicht erfolgte. Diesbezüglich sei auch Punkt 10.1.1. der Projektbeschreibung aufklärungsbedürftig, zu welchem ausgeführt werde, dass aus der Bäckerei (?) Luftschadstoffe emittiert werden würden. Zu Punkt 1.5.1. werde ausgeführt, dass lediglich der Ladenbackofen bedient werden würde, um halbfertige Backwaren aufzubacken. Die bestehende Abluftanlage, welche die Emissionen aus der Bäckerei erfassen soll, werde wie ausgeführt, exekutiv abgebaut werden.
Auch zu Punkt 10.1.2. werde eine Produktion im Backbereich angeführt. Die Abluft soll bis 23 Uhr aktiv sein. Dies obwohl im Punkt 2.3. ausgeführt werde, dass die Öffnungszeiten Montag bis Sonntag jeweils von 8 - 21 Uhr sein sollen.
Eine Belästigung von 8 - 23 Uhr sei unzumutbar und gesundheitsgefährdend. Die allfällig bestehenden Berechnungen betreffen eine Abluftanlage die demontiert werden müsse, bei den Berechnungen sei die unmittelbare Nachbarschaft der Beschwerdeführerin nicht berücksichtigt.
Zumal nunmehr die zum Verkauf angebotenen Waren angeliefert werden sollen, sei damit erhöhter Lärm, sowie Abgase durch die Lieferfahrzeuge zwischen 8 - 18 Uhr zu erwarten.
Die belangte Behörde hat am 8. Jänner 2018 eine Verhandlung mit Lokalaugenschein durchgeführt. Dieser wurden auch Amtssachverständige aus den Gebieten Bautechnik und Maschinenbautechnik beigezogen.
Die Amtssachverständigen für Bautechnik und Maschinenbautechnik führten im Zuge der Verhandlung Folgendes aus:
„Bautechnischer Befund:
Bei dem mit Bescheid vom 14.08.2008 genehmigten Gastgewerbebetrieb sollen diverse Änderungen vorgenommen werden.
Aus bautechnischer Sicht wird ein neuer Produktionsraum anstelle der Küche und der WC-Anlagen (2x 1,47 m³) samt Vorraum ausgeführt. In diesem Raum erfolgt die Zubereitung von Teiggerichten, welche verabreicht werden. Der Gastrobereich wird auf 8 Verabreichungsplätze reduziert. Die Fluchtwegführung erfolgt nunmehr ausschließlich über die Eingangstüre zur ***. Der rückwärtige Fluchtweg in Richtung Garten wird aufgelassen und nicht mehr benutzt. Im Erdgeschoß soll ein WC für Arbeitnehmer verwendet werden und wird dies für die Kunden nicht zugänglich eingerichtet. Die derzeit vorhandene Kennzeichnung als WC wird auf „Privat“ geändert. Das WC wird mechanisch entlüftet. Die Fluchtwegorientierungsbeleuchtung wird angepasst.
Im Hinblick auf die Öffnungszeiten wird das Gastronomielokal zukünftig von Montag bis Sonntag jeweils von 08:00 bis 21:00 Uhr genutzt.
Im Freibereich, in Richtung ***, ist eine selbstleuchtende Reklametafel angebracht, wobei entgegen dem Projekt der Schriftzug nun lautet „***“. Zusätzlich wird am heutigen Tag von den Betreibern erklärt, dass die Reklametafel lediglich während der Betriebszeiten leuchten wird.
Es wird darauf hingewiesen, dass eine Beheizung der Betriebsanlage gemäß Einreichprojekt vorgesehen ist und dies auch zwingend für den Betrieb der Betriebsanlage erforderlich ist. Im Zuge des Lokalaugenscheines wurde auch festgestellt, dass sämtliche Türen vom Stiegenhaus ins Innere des Gebäudes nicht als Brandschutztüren in der geforderten Qualifikation ausgeführt sind (siehe Auflage 1 des Bescheides vom 14.08.2008).
Maschinenbautechnischer Befund:
Heizung, Lüftung:
Die Beheizung bleibt im Wesentlichen unverändert, sie erfolgt über die erdgasbefeuerte Erdgastherme im Keller. Zusätzlich wird auch die Abwärme des Backofens in der Produktion genutzt. Die Be- und Entlüftung der Betriebsanlage bleibt im Wesentlichen unverändert. Lediglich die Dunstabzugshaube in der ehemaligen Küche wurde durch Spirorohre und werden die beiden Backöfen direkt in die Abluft eingebunden. In die Abluft wurden Aktivkohlefilterpatronen für geruchsmindernde Maßnahmen eingebaut. Eine Mehlabsaugung wird nicht installiert. Die Aufgabe an der Teigmaschine erfolgt mittels Sackware händisch. Die Be- und Entlüftung der Kellerräumlichkeiten erfolgt über statische Lüftungsöffnungen bzw. wird der Aufenthaltsraum für das Personal mechanisch über einen Abluftventilator entlüftet, welcher mit dem Lichtschalter gekoppelt wird.
Maschinen und Geräte:
Die zum Einsatz gelangenden Maschinen und Geräte sind in den Einreichunterlagen angeführt. Darin ist auch ersichtlich, welche Geräte aus der Betriebsanlage entfernt wurden.
Die Mehllagerung erfolgt im Lager 1. Es wird ein Sacklager eingerichtet. Die projektierte Mehlrutsche im Kellerbereich wird nicht ausgeführt. Stattdessen soll für den innerbetrieblichen Transport der Sackware ein offener Durchgang zwischen Produktion und dem Lager 1 mit einer Breite von mindestens 80 cm und einer Durchgangshöhe von mindestens 2,0 m hergestellt werden.
Gutachten des Amtssachverständigen für Bautechnik und Maschinenbautechnik:
Nach fachlicher Voraussicht werden durch die Genehmigung der Änderung dieser Betriebsanlage dann
- Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z.1 GewO 1994 vermieden
und
- Belästigungen, Beeinträchtigungen und nachteilige Einwirkungen im Sinne des
§ 74 Abs. 2 Z. 2-5 Gew0 1994 auf ein zumutbares Maß beschränkt, wenn das Vorhaben projektgemäß durchgeführt und die geänderte Anlage sodann projektgemäß betrieben wird und wenn nachstehende Auflagen und Bedingungen erfüllt bzw. eingehalten werden:
1. Über die ordnungsgemäße Ausführung und Prüfung der Elektroinstallationen ist ein Arbeits- und Überprüfungsbericht (z.B. in Form des bundeseinheitlichen Sicherheitsprotokolls), ausgestellt von einem Befugten, im Betrieb zur Einsichtnahme bereitzuhalten. In diesem Protokoll ist auf die Ausführung der Sicherheitsbeleuchtung einzugehen.
Im Hinblick auf die Auflagen des Bescheides vom 14.08.2008 ist die Aufhebung des Auflagepunktes 4 erforderlich und ist diese durch folgenden Auflagepunkt zu ersetzen:
2. Die Betriebsanlage ist mit einer Fluchtwegorientierungsbeleuchtung gemäß TRVB E 102 auszustatten.“
Sodann hat die belangte Behörde die angefochtenen Bescheide erlassen. Diese wurden der Beschwerdeführerin am 6. Februar 2020 zugestellt.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz erkennt das Verwaltungsgericht über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist - über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht hat dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen und nach § 28 Abs. 2 VwGVG grundsätzlich in der Sache zu entscheiden (§ 27 VwGVG). Relevant ist dabei im Bescheidbeschwerdeverfahren – nach h. M. (in diesem Sinn auch VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076) – regelmäßig die in seinem Entscheidungszeitpunkt geltende Sach- und Rechtslage, sodass diesbezügliche Änderungen – zum Vor- und Nachteil des Beschwerdeführers (VwGH 27.3.2007, 2007/18/0059) zu berücksichtigen sind. In seinem Verfahren hat das Verwaltungsgericht – soweit sich nicht aus dem VwGVG anderes ergibt – die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1-5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG).
Sache des Beschwerdeverfahrens ist – ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgesehenen Prüfungsumfanges – jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (vgl. VwGH vom 17.12.2014, Ra 2014/03/0049).
Gemäß § 74 Abs. 2 GewO dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,
2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
Unter einer gewerblichen Betriebsanlage im Sinne der §§ 74 f GewO 1994 ist nach der ständigen Judikatur des VwGH die Gesamtheit jener Einrichtungen zu verstehen, die dem Zweck des Betriebes eines Unternehmens gewidmet sind und in einem örtlichen Zusammenhang stehen. Nicht die einzelnen Maschinen und Geräte oder die beim Betrieb vorkommenden Tätigkeiten bilden daher den Gegenstand der behördlichen Genehmigung, sondern die gesamte gewerbliche Betriebsanlage, die eine Einheit darstellt. VwGH Slg 14.857 A (1998).
Gegenstand des gewerbebehördlichen Genehmigungsverfahrens ist die gewerbliche Betriebsanlage, d.h. die Gesamtheit jener Einrichtungen, die dem Zweck des Unternehmens gewidmet sind und in örtlichem Zusammenhang stehen (vgl. dazu u.a. VwGH 30.10.1990, Zl 90/04/0143).
Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.
Das gegenständliche Verfahren (Betriebsanlage-Änderungs-Genehmigungsverfahren) stellt ein antragsbedürftiges Projektgenehmigungsverfahren dar. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass die „Sache“, über die in einem derartigen Genehmigungsverfahren zu entscheiden ist, durch das Genehmigungsansuchen bestimmt wird. Im gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren sind die Einreichunterlagen zugrunde zu legen und diese auf ihre Genehmigungsfähigkeit zu prüfen. Dementsprechend umfasst die behördliche Genehmigung auch nur das in diesen Unterlagen beschriebene Projekt (vgl. z.B. VwGH vom 22.04.2014, 2012/04/0130, mwN).
§ 359b Abs. 1 GewO lautet:
„Ein vereinfachtes Genehmigungsansuchen gemäß Abs. 2 bis 4 ist durchzuführen, wenn
1. jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Genehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 oder Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind oder die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden, oder
2. das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m² beträgt und die elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 300 kW nicht übersteigt oder
3. die Art der Betriebsanlage in einer Verordnung nach Abs. 5 genannt ist oder
4. das Verfahren eine Spezialgenehmigung (§ 356e) betrifft oder
5. bei einer nach § 81 genehmigungspflichtigen Änderung hinsichtlich der Betriebsanlage einschließlich der geplanten Änderung einer der in Z 1 bis 4 festgelegten Tatbestände erfüllt ist.“
§ 359b Abs. 2 GewO lautet:
„Ergibt sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen (§ 353), dass zumindest eine der Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllt ist, so hat die Behörde das Projekt mit dem Hinweis bekanntzugeben, dass die Projektunterlagen innerhalb eines bestimmten, drei Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen und die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können. Für diese Bekanntgabe ist § 356 Abs. 1 sinngemäß anzuwenden. Innerhalb dieser Frist können Nachbarn (§ 75 Abs. 2) einwenden, dass die Voraussetzungen für die Durchführung des vereinfachten Verfahrens nicht vorliegen. Erheben sie innerhalb der gesetzten Frist keine diesbezüglichen Einwendungen, endet die Parteistellung. Auf diese Rechtsfolge ist in der Bekanntmachung ausdrücklich hinzuweisen. § 42 Abs. 3 AVG gilt sinngemäß. Darüber hinaus gehend steht den Nachbarn keine Parteistellung zu.“
Gemäß § 359b Abs. 5 GewO hat der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft durch Verordnung Arten von Betriebsanlagen zu bezeichnen, die dem vereinfachten Verfahren gemäß Abs. 2 bis 4 zu unterziehen sind, weil auf Grund der vorgesehenen Ausführung der Anlagen (insbesondere der Beschaffenheit und Wirkungsweise der Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, der elektrischen Anschlussleistung der eingesetzten Maschinen und Geräte, der Betriebsweise, der räumlichen Ausdehnung der Anlage, der Art und Menge der in der Anlage gelagerten, geleiteten, umgeschlagenen, verwendeten oder hergestellten Stoffe) nach Art, Ausmaß und Dauer der Emissionen dieser Anlagen zu erwarten ist, dass die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen hinreichend geschützt und Belastungen der Umwelt (§ 69a) vermieden werden.
Gemäß § 1 Z 1 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die im vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind (Betriebsanlagen – vereinfachtes Genehmigungsverfahren), sind Betriebsanlagen zur Ausübung des Gastgewerbes gemäß § 142 Abs. 1 Z 2 bis 4 GewO, in denen bis zu 200 Verabreichungsplätze bereitgestellt werden und in denen weder musiziert noch, z.B. mit einem Tonbandgerät, Musik wiedergegeben wird (nicht unter dieses Musizieren bzw. Wiedergabe von Musik fällt bloße Hintergrundmusik, die leiser ist als der übliche Gesprächston der Gäste) dem vereinfachten Verfahren gemäß § 359b Abs. 1 GewO zu unterziehen.
Gemäß § 75 Abs. 2 GewO sind Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch die Inhaber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten und Heimen, regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen, und die Erhalter von Schulen hinsichtlich des Schutzes der Schüler, der Lehrer und der sonst in Schulen ständig beschäftigten Personen.
Die Beschwerdeführerin ist Nachbarin im Sinn des § 75 Abs. 2 GewO.
Bei den in der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, bezeichneten Betriebsanlagen ist gemäß § 359b Abs. 5 GewO das vereinfachte Betriebsanlagengenehmigungsverfahren durchzuführen.
Im Rahmen ihrer eingeschränkten Parteistellung können Nachbarn somit nur geltend machen, dass die Voraussetzungen des § 1 Z 1 der Verordnung über vereinfachte Betriebsanlagengenehmigungen nicht vorliegen (vgl. VwGH vom 14.11.2007, 2006/04/0134).
Im Erkenntnis vom 24.02.2010, 2009/04/0283, schließt sich der VwGH der Auffassung des VfGH (Slg. 17.165) an, der im Wege einer verfassungskonformen Interpretation zum Ergebnis kommt, dass die Durchführung eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens dann nicht auf verfassungsrechtliche Bedenken stoße, wenn – zusätzlich zum Vorliegen sonstiger Voraussetzungen (Nichtüberschreitung der Messgrößen, Aufzählung in der Verordnung) – „der Behörde eine Einzelfallprüfung zur Pflicht (wenngleich ohne Mitwirkung der Nachbarn als Partei) gemacht wird“. Dem Nachbarn kommen aber auch danach bei der Einzelfallprüfung keine durchsetzbaren subjektiv – öffentlichen Rechte zu (vgl. VwGH vom 24.02.2010, 2009/04/283).
Die eingeschränkte Parteistellung des Nachbarn im vereinfachten Betriebsanlagengenehmigungsverfahren gemäß § 359b Abs. 1 GewO ist auf die Frage beschränkt, ob die Voraussetzungen und in diesem Sinne die Kriterien für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens nach § 359b GewO erfüllt sind (vgl. VwGH 18.03.2015, Ro 2014/04/0034; VwGH 18.02.2015, Ra 2014/04/0014, VwGH 08.08.2018, Ra 2018/04/0131).
Hingegen kommt den Nachbarn kein Recht auf Nichtgenehmigung der Betriebsanlage wegen Nichtvorliegen der in § 74 Abs. 2 GewO 1994 normierten Voraussetzungen zu. Zwar hat die Behörde auch im vereinfachten Genehmigungsverfahren – zusätzlich zur Prüfung der sonstigen Voraussetzungen (Nichtüberschreiten der Messgrößen, Aufzählung in einer Verordnung) – eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, allerdings kommen den Nachbarn bei dieser Einzelfallprüfung keine durchsetzbaren subjektiv-öffentlichen Rechte zu (vgl. VwGH 18.3.2015, Ro 2014/04/0034, u. 18.2.2015, Ra 2014/04/0054).
Da der Beschwerdeführerin im gegenständlichen Verfahren nur eine eingeschränkte Parteistellung zukommt ist lediglich zu prüfen, ob die Änderung der gegenständlichen Betriebsanlage zu Recht im vereinfachten Verfahren gemäß § 359b GewO genehmigt wurden.
Wie sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt ergibt, handelt es sich bei der gegenständlichen Betriebsanlage um eine Gastgewerbe-Betriebsanlage. Aufgrund der gegenständlichen Änderung der gegenständlichen Betriebsanlage verfügt die gegenständliche Betriebsanlage (zukünftig nur mehr) über 8 Verabreichungsplätze. Auch ergibt sich aus dem Projekt, dass lediglich Hintergrundmusik gespielt wird.
Die Änderung fällt somit unter den Fall des § 1 Z 1 Betriebsanlagen – vereinfachtes Genehmigungsverfahren, da diese Gastgewerbe-Betriebsanlage nicht mehr als 200 Verabreichungsplätze zur Verfügung stellt.
Da die gegenständliche Betriebsanlage unter § 1 Z 1 Betriebsanlagen – vereinfachtes Genehmigungsverfahren zu subsumieren ist, wurde seitens der belangten Behörde die Änderung der Betriebsanlage zu Recht im vereinfachten Genehmigungsverfahren genehmigt.
Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 27. Jänner 2020, ***, war daher abzuweisen.
Ergänzend wird ausgeführt, dass sich auf Grund der Prüfungen der belangten Behörde auch ergab, dass nach fachlicher Voraussicht durch die projektgemäße Änderung Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen und nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2-5 GewO auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.
Gemäß § 59 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) hat die Behörde alle die Hauptfrage (im vorliegenden Fall jene betreffend die Genehmigung des beantragten Vorhabens) zu erledigen. Gemäß § 59 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) gelten mit Erledigung des verfahrenseinleitenden Antrages alle Einwendungen als miterledigt. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass auch im Mehrparteienverfahren die Sache durch einen einheitlichen, an alle Parteien gerichteten Bescheid zu erledigen ist. Unter den „die Hauptfrage betreffenden Parteienanträgen“ iSd § 59 Abs. 1 AVG sind insbesondere auch die Einwendungen zu verstehen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 59 [Stand 30.03.2020, rdb.at], Rz 6 mit weiteren Nachweisen).
Aufgrund des § 59 Abs. 1 erster Satz AVG ist somit über Einwendungen in dem Bescheid, mit dem die Hauptfrage entschieden wird, abzusprechen, weil eine gesonderte Entscheidung über die begehrte Bewilligung einerseits und über die dagegen erhobenen Einwendungen andererseits rechtlich nicht möglich ist (vgl. VwGH 25. September 1986, 85/07/0326, mit Hinweis auf VwGH vom 4. März 1965, 1452/64).
Unterlässt die Behörde einen diesbezüglichen Ausspruch, so gelten auch solche Anträge gemäß § 59 Abs. 1 zweiter Satz AVG als mit der Sachentscheidung meritorisch miterledigt (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 59 [Stand 30.03.2020, rdb.at], Rz 7 mit weiteren Nachweisen).
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27. Jänner 2020, ***, hat die belangte Behörde der Konsenswerberin die gewerberechtliche Genehmigung für die Änderung der Betriebsanlage im Standort ***, ***, durch Betrieb eines Imbisslokals mit 8 Verabreichungsplätzen samt technischer und maschineller Ausstattung im vereinfachten Verfahren gemäß § 359b GewO erteilt. Auch wenn der Einwand (Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Verfahrensregimes würden nicht vorliegen) der Beschwerdeführerin in diesem Bescheid nicht ausdrücklich abgewiesen wurde gilt mit Erteilung der Genehmigung dieser Einwand als mitumfasst und somit als abgewiesen.
Ein weiterer Bescheid (angefochtener Bescheid vom 31. Jänner 2020, ***), mit welchem dieser Einwand (nochmal) abgewiesen wird ist nicht notwendig (möglich), da die Abweisung bereits auf Grund der „Miterledigung“ im Bescheid vom 27. Jänner 2020, ***, erfolgte.
Der Bescheid vom 31. Jänner 2020, ***, war daher aufzuheben.
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abzusehen, da eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht hätte erwarten lassen und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S.389, entgegenstanden. Es handelt sich im vorliegenden Beschwerdeverfahren ausschließlich um Rechtsfragen, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (vgl. VwGH vom 24. 6.2014, 2014/05/0059, 17.4.2012, 2012/05/0029 bzw. 21.12.2012, 2012/03/0038).
Zur Nichtzulassung der ordentlichen Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG, welcher grundsätzliche Bedeutung zukommt, war gegenständlich nicht zu lösen, sodass eine ordentliche Revision nicht zulässig ist.
Schlagworte
Gewerberecht; Betriebsanlage; vereinfachtes Genehmigungsverfahren; Nachbar; Verfahrensrecht; Parteistellung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.332.001.2020Zuletzt aktualisiert am
02.07.2020